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BuchmesseCon 2009

Geschrieben von Nina , 01 November 2009 · 2.220 Aufrufe

Neulich stand wieder eine Veranstaltung an, die für mich inzwischen zum jährlichen Höhepunkt geworden ist: Der BuchmesseConvent, eine kleine Buchmesse in Dreieich nahe Frankfurt für Kleinverleger aus dem phantastischen Bereich. Nahe ist es ja nicht gerade hin, aber das hat mich wieder mal nicht abgeschreckt.
Ich verzichtete dieses Mal gänzlich auf eine Übernachtung vor Ort, auch wenn ich schon am Vortag losfuhr. Die Fahrt im Nachtzug nach Frankfurt dauert immerhin elf Stunden.

Ist aber auch witzig, dass man auf solchen Reisen tatsächlich mit Fremden zum Plaudern kommt. Abends und dann wieder frühmorgens unterhielt ich mich am Gang mit einer sehr netten Dame eines benachbarten Abteils, die zum ersten Mal das Abenteuer Frankfurter Buchmesse anging - dann Probeliegen im Abteil, wo ein Italiener in der obersten Koje bereits vor Abfahrt in Wien selig schlummerte. Die beiden anderen aus meinem Abteil, ein junger Koch und ein Theaterwissenschaftsstudent, hatten ebenso wie ich erst einmal Einschlafprobleme auf den harten, schmalen und geländerlosen Pritschen des ungarischen Zugs - also noch mal ab in den Speisewagen, wo wir zusammen noch ein Bier als Schlummertrunk zu uns nahmen. Danach ging es auch ganz gut, immerhin bin ich inzwischen schon ausgerüstet mit eigenem Schlafsack und Polster, ganz im Gegenteil hatte ich dann morgens Stress, weil wir doch recht knapp geweckt wurden und ich in etwa einer halben Stunde Kaffee trinken, zwei Semmeln frühstücken, mich umziehen, schminken, kämmen, waschen und meine Sachen zusammenpacken sollte, was sich in der Zeit unmöglich ausgehen kann - selbst wenn der Waschraum nicht besetzt ist.
Ein Teil davon blieb dann auf der Strecke, aber selbst nach S-Bahn und Bus war ich noch relativ zeitig in Dreieich. Draußen schon traf ich auf das erste bekannte Gesicht, das des Fantasyautors Philipp Bobrowski, der mich auch gleich auf einen Kaffee einlud. Ich nehme mal, zerstrubbelt und verschlafen wie ich war, sah ich wohl so aus, als könnte ich einen vertragen.
Nach und nach füllte sich auch der Messeraum und die letzten Stände wurden aufgebaut, während ich erst noch mal mit dem Kamm in der Hand verschwand. Besonders bei den Geschichtenwebern, die wie jedes Jahr als besonders große Gruppe zusammenkamen, gab es ein großes Hallo.

Besonders freute ich mich dann auch, als der Verleger Torsten Low eintraf. Ich weiß, wenn man jemanden trifft, sollte man diesem erst einmal ins Gesicht sehen, aber bei Torsten fiel mir das schwer. Der Grund dafür war sein T-Shirt, auf dem groß das Cover zu unserer Anthologie Metamorphosen - Auf den Spuren H.P. Lovecrafts prangte!
Ich hatte das druckfrische Buch, das ich später auch präsentieren sollte, bislang noch nicht in Händen gehalten, umso gespannter war ich darauf.
Es ist aber einfach toll geworden! Das von Chris Schlicht gestaltete Titelbild natürlich auf jeden Fall, aber dazu noch der Druck und die Aufmachung, die liebevollen Details wie die Zierrahmen zu Beginn jeder neuen Geschichte ...!

Die nächsten Stunden über war ich praktisch die ganze Zeit auf Achse. Die Programmpunkte sind praktisch alle so interessant, dass ich sie mir über ein Jahr verteilt irgendwo in Wien wohl größtenteils anhören würde - dass ich relativ selten zu Lesungen gehe, liegt nämlich daran, dass es fast nie etwas in meinen bevorzugten Genres gibt.
Beim BuCon kam ich aber nicht sehr weit, ohne auf Leute zu stoßen, die mich in ein Gespräch verwickelten. Oder ich sie. Vor allem natürlich Personen, die mir schon von früheren BuCons her bekannt waren, wie beispielsweise Thomas „Gus“ Backus, der meine Blödeleien in Horrorforum zum Thema Signieren tatsächlich erst genommen hatte und ein Autogramm „auf die nackte Haut“ wollte. Nach einigen Sprüchen wie „dafür ist dein Name ja zu kurz“ (habe ich übrigens schon mal erwähnt, dass der Mann ein großes Ego hat? - In dem Zusammenhang möchte ich besser nicht mutmaßen, welchen Körperteil Gus ursprünglich im Sinne hatte) nahm ich dann doch lieber seinen Arm als Schreibfläche.


Der signierte Thomas Backus

Oder dann traf ich auch auf Leute, die mich schon sehr früh gefördert haben: Zum einen Uwe Post, in dessen Fanzine Thunderyear ich meine erste Genreveröffentlichung überhaupt hatte und der unser Zusammentreffen auch gleich für ein Foto mit dem Earth Rocks Magazin nutzte.
Oder Michael Schneider, bei dem ich meine erste Anthologieveröffentlichung in Schattenseiten absolviert habe und zu dem ich die Jahre über immer wieder Kontakt hatte - allerdings noch nie die Möglichkeit, ihn jenseits des BuCons zu treffen.
Im Takt von wenigen Minuten sprach ich mit interessanten Menschen, teilweise war es leider nur ganz kurz. Bei Markus Korb war ich zunächst so verpeilt, dass ich keine Ahnung hatte, wer das sein sollte und warum er zu mir kam. Ich hatte ja nach der bewegten Nacht - die wie erwähnt auf die unruhige Fahrt im Zug und die unbequemen Liegen zurückzuführen war, und nicht, wie böse Zungen behaupten könnten, darauf, dass ich im wahrsten Sinne des Wortes nachts zwischen zwei jungen Männern gelegen hatte - und immer wieder phasenweise kleinere Aussetzer. Und Aussagen wie „ich bin doch wegen der Anthologie hier!“ tragen auch nicht gerade dazu bei, die Verwirrung aufzulösen.
Daneben gab es aber für mich wirklich neue Gesichter, wie Bernd Perplies, mit dem ich neulich über Myspace näher in Kontakt kam und mit dem ich auch einen Büchertausch (Fluchbringer gegen Schildkröte) gemacht hatte.
Und und und ...


Uwe Post und ich posieren mit dem neuen Earth Rocks Magazin.

Sogar das Mittagessen war sozusagen eine Geschäftsbesprechung mit einem Verleger, mit dem ich was Neues aushecke. Was genau und mit wem schreibe ich hier sicher noch, sobald es spruchreif ist, aber es sieht so aus, als könnte ich in ein paar Monaten wieder eine Anthologie ausschreiben.
Aber wie gesagt, das ist erst einmal Zukunftsmusik und erst einmal stand die Verleihung zum Deutschen Phantastik Preis an. Zu dem Zeitpunkt hatte ich auch endlich durch viel Rumfragen eine Mitfahrgelegenheit an den Frankfurter Hauptbahnhof gefunden, da ich sonst mit dem einmal stündlich fahrenden Bus und der S-Bahn wohl mit sehr viel zeitlichem Puffer aufbrechen hätte müssen. Notfallplan B wäre noch gewesen, mir zusammen mit Hermann Urbanek, der ein Hotel in Bahnhofsnähe hatte, ein Taxi zu teilen.
So kam das freundliche Angebot genau richtig und ich fragte dann auch gleich für Hermann mit, wobei ich hier dann auch gleich auf die Bühne zeigen konnte: „Ach ja, das ist der da ganz rechts.“ Den DPP hat er zwar dieses Jahr nicht gewonnen, aber immerhin eine Ehrenurkunde des Deutschen Science-Fiction Clubs überreicht bekommen, was auch sehr feierlich war. Bei mir bricht ja dann immer bei Landsleuten ein wenig der Lokalpatriotismus aus. Finde ich überhaupt witzig, mir sind neben Hermann noch drei weitere Österreicher über den Weg gelaufen, Berta Berger als Geschichtenweberin sowieso, dann noch Bettina Ferbus, die ich zuletzt auf der Vienna Fantasy Gaming Con gesehen hatte, sowie Christian Pree, der für seine umfangreiche SF-Bibliographie bekannt ist.


Hermann Urbanek bekommt eine Ehrenurkunde. Also wirklich, verkehrt halten ist schlecht für Fotos!

Nach der Preisverleihung, die auch wirklich gut moderiert wurde, ging es dann an die Lesung der Geschichtenweber. Dieses Mal hatten wir da relativ wenig Stress mit dem Rübergehen, aber auch vor Ort. Wir lachten sogar noch herzhaft, als wir sahen, dass man durch Verhängen der Tische mein Markenzeichen, die extravagante Strumpfhose, sabotiert hatte.


Geschichtenweberlesung. Von links nach rechts: Berta Berger, ich, Maike Schneider

Dieses Mal sollte ich gleich zweifach mitwirken, die Anthologie Metamorphosen vorstellen und auch gleich daraus lesen. Ich lese sehr gerne vor, aber frei reden mag ich gar nicht. Andererseits dachte ich mir dann auch, dass es ja eigentlich bei guten Reden, die ich gehört habe, gar nicht so sehr darauf ankam, was derjenige erzählt hat, sondern wie. Und was sollte die Worte besser tragen als die Freude über ein neues Werk und jahrelange Begeisterung für ein Thema?
Also dieses Mal einfach drauf los, ohne Stichwortzettel und es ging dann auch tatsächlich ganz gut. OK, es schreibt ja auch keiner mit und analysiert den Text durch, was mein Glück ist.


Das Publikum bei der Lesung der Geschichtenweber.

Das Lesen klappte auch, aber ich war wegen des Mikrofons etwas unzufrieden. Abgesehen davon, dass es andauernd zu kippen drohte, war es zu weit oben und auch so eingestellt, dass es sofort seine Wirkung verlor, wenn man den Kopf nur wenige Zentimeter bewegte. Notiz für mich: Das nächste Mal weg mit dem Mikrofon und einfach so lesen. Dann kann ich Augenkontakt mit dem Publikum halten und meine Aufmerksamkeit wird nicht durch den Gedanken abgelenkt, wie lange es wohl dauert, bis das Gerät Übergewicht bekommt und mir auf die Nase fällt.
Danach konnte ich noch den Rest der Lesung genießen - am Anfang war es ja leider so, dass ich mir zu sehr überlegt habe, was ich sagen will, als dass ich mich da wirklich zurücklehnen hätte können.
Danach brach die Gruppe in ein Lokal auf, ich musste allerdings schon kurz nach elf wieder in Frankfurt sein, da dann mein Zug zurückging. Ich wäre ja lieber später gefahren, aber das war der letzte ohne Umsteigen bis Wien.

Zumindest theoretisch. Praktisch sah es so aus, dass ich völlig geschafft war und mich darauf freute, die Augen zuzumachen - aber der Zug kam nicht. Erst eine Stunde später.
Danach wollte ich es mir so richtig gemütlich machen. Rein in den Jogginganzug, das Gepäck auf die Ablage, den Polster zurechtgerückt und rein in den eigenen, kuschelig warmen Schlafsack.
Als ich dann endlich den Schlaf der Gerechten schlief, fing es an, im Abteil zu stinken. Ich war viel zu müde, um mich darum zu kümmern und dachte noch, dass das wieder mal die Bremsen sind, aber der Geruch nach verschmortem Gummi wurde penetranter. Meine Mitreisenden fingen schließlich an zu diskutieren und machten das Licht an.

Letztendlich vermuteten die Bahnangestellten einen Kabelbrand, der Zug hielt an und wir mussten alle mit Sack und Pack mitten in der Nacht außen rum marschieren und in einen anderen Wagon.
Dabei ist auch meine Jacke auf der Strecke geblieben. Aber das habe ich dann erst morgens gemerkt, erst einmal war mein einziger Gedanke: Schlafen. Was mit dem einzigen Gedanken einer Mitreisenden kollidierte: Raus hier.
Denn hier gab es eine Milchglasscheibe in der Tür, was wiederum Platzangst auslöste.
Natürlich weiß ich, dass Menschen mit Platzangst nicht anders können, aber kann man es mir unter den Umständen verübeln, dass allein meine Müdigkeit mich davon abgehalten hat, die Dame von oben herab mit Gepäckstücken zu bewerfen?
Na toll, erst mal Diskussion eines Ehepaars und dann blieb die Tür einen Spalt offen. Als würde es nicht auch schon so laut genug rattern und rumpeln!
Morgens gab es nicht mal Frühstück, dabei wäre angesichts der nächtlichen Unannehmlichkeiten eigentlich ein Kaviarbrötchen fällig gewesen.

Und trotzdem: Es ist weit, es ist eine widrige Anreise, man erlebt unangenehme Überraschungen mit der Bahn, aber: Ich will auch nächstes Jahr wieder zum BuCon!!!




Interessante Beiträge zum BuchmesseConvent 2009:

Simone Edelberg:
http://wortkuss.word...toimpressionen/

Thomas Backus:
http://backus.blogg....=111#kommentare

Philipp Bobrowski:
http://philippbobrow...on-war-zu-kurz/

Torsten Scheib :
http://torstenscheib...bucon-2009.html

Anke Brandt:
http://www.geistersp....html~mainFrame

Linda Köberl:
http://www.literra.i...SESSID=whqjbzwp

Fantasyguide:
http://blog.fantasyguide.de/?p=938



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ShockWaveRider
Nov 03 2009 14:03
Danke für den ausführlichen und lebendigen Conbericht, liebe Nina!
Jetzt weiß ich, was ich versäumt habe: Eine Tattoo-Signatur von Dir!

Gruß
Ralf
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Hallo Nina,

dann muss ich mich doch mal auf einen Event im Süden trauen, damit ich, Michael Schneider tongue.gif , dich mal außerhalb des Bucons treffe.

Bis bald,
Michael
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Liebe Nina, danke nocheinmal für das tolle Autogramm. Mittlerweile ist es leider verblasst (ja, ich gebe es zu, ich habe mich gewaschen!), aber die Erinnerung, die verblasst nicht!

Gruß
GUS

P.S. dass ich im wahrsten Sinne des Wortes nachts zwischen zwei jungen Männern gelegen hatte.

Da bin ich aber neidisch! Auf dei beiden Männer, nicht auf Dich!
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