Fabienne Siegmund: Hinter den fallenden Blättern
Fallendes Laub, verschwundene Geschichten, Herbstmelancholie und sinkende Sterne - "Hinter den fallenden Blättern", die neue Novelle von Fabienne Siegmund, entführt die Leser erneut in die schwermütig-magische Stimmung der Herbstlande, einer Welt, deren Mitbegründerin die Autorin ist. Insgesamt vier Novellen erschienen in diesem Herbst neu, und Fabienne Siegmund hat mit ihrem Beitrag erneut einen besonderen Glanzpunkt gesetzt.
Unter allen Teilen der Herbstlande ist der "Zinnober" eine Besonderheit, ein Rätsel. Ein Ort oder eine Zeit im Herzen des Herbstes, zwischen Oktober und November gelegen, an dem Wirkliches und Unmögliches verschwimmen, nah und gleichzeitig fern, weder gestern noch heute noch morgen, ein Ort, in dem Ideen und Gedanken wohnen, heißt es.
Yva, die Heldin dieses von Damaris Rech zauberhaft und pfiffig illustrierten Büchleins, ist eine "Zinnobergeborne". Dieser Menschenschlag gilt als empfindsam, Zinnobergeborne schauen nie nur auf die Oberfläche, kennen womöglich die Grenze zur anderen Welt, so erklärt es der Wahrsager Arabas. Zinnobergeborne sind anders, besonders, und man sagt, dass sie die Sprache der fallenden Blätter verstehen. Allerdings heißt es auch, dass sie einen hohen Preis dafür zahlen müssen.
Das Schweigen der Blätter
Yva versteht tatsächlich die Sprache der fallenden Blätter und hört ihren Geschichten zu. Das macht sie zum Außenseiter. Doch plötzlich verliert sie ihre Fähigkeit. Und ihre Freundin, das Vogelscheuchenmädchen, verliert ein Knopfauge. Warum musste das kleine Kastanienmännchen ausgerechnet diesen Knopf stehlen? Und was hat es zu bedeuten, dass Yva im Wahrsagewagen des Zauberers ausgerechnet die Karte "Unsichtbar" zieht - eine Tarotkarte, die es überhaupt nicht gibt? Zusammen mit ihrem Begleiter Oliver macht sich Yva auf dem Weg durch die Herbstlande. Eine silberne Münze und Nadel und Faden sollen ihnen unterwegs nützlich sein.
Wiedersehen und neue Bekanntschaften
Die Geschichte bietet nicht nur ein Wiedersehen mit bekannten und Begegnungen mit unbekannten Herbstlande-Bewohnern, sie greift auch in die Welt des befreundeten Autors Thilo Corzilius hinüber und lässt ihre Heldin auf dessen Herrn der Laternen treffen. Der heimliche Held dieser Reise ist jedoch das kleine Kastanienmännchen, das sich zwischen den beiden "Riesen" manchmal sehr fremd vorkommt, aber das Herz auf dem rechten Fleck hat und der Geschichte ein wenig auf die Sprünge hilft.
Erneut ein zauberhafter Ausflug in eine Welt, die inzwischen schon zu einem umfangreichen Kosmos angewachsen ist. Mögen den Bewohnern und Besuchern die Geschichten des fallenden Laubes niemals ausgehen.
Fazit: Zauberhafte, melancholische Geschichte mit einer besonderen Heldin und ihren Begleitern. Autorin und Illustratorin nehmen den Leser mit in eine märchenhafte Welt, in der Schwermut und die Leichtigkeit zu Boden trudelnder Blätter eine traurigschöne Magie entfalten.
Fabienne Siegmund: Hinter den fallenden Blättern. Mit Illustrationen von Damaris Rech. Meitingen/Erlingen: Verlag Torsten Low, 2023. 94 S., Euro 10,90.
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© Petra Hartmann