Hi Joe!
Einige Anmerkungen zu deinen Gedanken:
schada dass der erste Einduck dies wegfegt durch das Wort "seltsam" im deutschen Titel
Überhaupt finde ich es mal wieder ärgerlich, wie der Titel verschlimmersetzt wurde. Diesmal (mal wieder) sinnentfremdend. "The World Jones made" misst Jones nämlich die viel aktivere Rolle an der Gestaltung der Welt zu als der deutsche Titel dies täte. Das ist für die Beurteilung der Geschichte schon von Bedeutung. Der ein Jahr in die Zukunft blickende Jones kann die Welt zwar scheinbar nicht aktiv verändern bzw. Einfluss auf die bereits determinierte Zukunft nehmen - aber vielleicht
hatte er ja bereits Einfluss genommen, dann wäre seine Fähigkeit nicht eindimensional . Diese Assoziation drängt sich aber beim englischen Titel eher auf als bei dem deutschen, würde allerdings einen Determinismus dieser Welt, den wir (Joe und ich) nicht so ganz nachvollziehbar fanden, negieren. Wenn ich das Buch erneut lese, werde ich es nochmal genau unter diesem Aspekt (Kann Jones Einfluss nehmen? Hatte er schon zuvor "irgendwie" Einfluss genommen? Bleibt das nebulös?) lesen!
Der Roman stammt aus 1954, 9 Jahre nach Ende des Nationalsozialismus (so lange wie heute WTC zurückliegt)
und Dick schrieb es eindeutig unter diesem Einfluss
Es gibt genug Vergleiche im Buch (...) was ich noch vermisste war eine bessere/genauere Dartstellung Jones´Diktatur
Also, die Andeutungen des brennenden Drifters und die Armbinden könnten auch auf den KKK hin gemünzt sein. Konkrete Assoziationen an den NS hatte ich nicht unbedingt, mag vielleicht was überlesen haben. Etwa wird Jones meines Erachtens weder mit Hitler verglichen noch seine "Bewegung" mit der NSDAP.
Mit einigen Ausarbeitungen Dicks bin ich nihct zufrieden - trotzdem finde ich "Jones" als gutes Buch - und im Gegensatz zu einem Rezensenten auf Amazon ist es NICHT zu voll gepackt mit Ideen.
Es passt eigentlich alles zusammen - Dick hätte dem Roman lediglich da und dort ein paarSeiten hinzufügen sollen um dem Ganzen mehr Volumen zu geben (...) vielleicht ist der Roman tatsächlich stark gekürzt (obwohl ich nihct glaube, dass wesentliche Elemente hier entfernt wurden
Ganz meine Meinung! Und ich stelle die von mir nicht begründbare These auf, dass der Roman doch gekürzt wurde. Möglicherweise investiere ich mal die 10 Tack und kaufe mir die englische Ausgabe. Wobei, die könnte ja auch gekürzt worden sein!
Ja ich stimmer Uwe Anton hier zu - ich glaube Dick ging es meistens darum das Medium SF als Plattform für Meinung und Kritik an Zuständen der Wirklichkeit zu nutzen.
Puh - das schreit nach einem neuen Thread
http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/smile2.gif
Nicht bei Werken wie Flow my tears, wo auch der Hintergrund so bekannt ist. Aber die subtile Gesellschaftskritik vielerlei Art auszumachen und zuzuordnen wäre eine spannende, wenn auch mühsame Aufgabe!
Es zeigt sich ja sehr gut wenn man seine Gesellschatsromane mit den SF Romanen vergleicht: Politisch wirds erst in der Science Ficiton
ebeso nutzt er seine Erzählungen und Roman um seine Geistige Haltung zu transportieren.
Zum Glück aber nie aufdringlich, von einzelnen Ausnahmen abgesehen. Aber: Seine Mainstreamromane sind durchaus politisch. Ob "Der Mann dessen Zähne alle exakt gleich waren" - aus der Skizzierung des einzelnen Juden in der Kleinstadt mit dem permanenten Erzählgegensatz - einerseits der stereotyp-jüdischen Attribuierung (Z.B. "Makler"), andererseits hierzu augenscheinlich unpassende Wendungen - können durchaus politische, jedenfalls gesellschaftspolitische Ambitionen abgeleitet werden.... Oder "Unterwegs in einem kleinen Land", was ja für manche der "Abgesang auf den american dream" darstellt, für andere ein sozialpolitische Milieustudie. (Auch aus meiner Sicht sind zugegebenermaßen zumindest Elemente letzterer enthalten.)
Er war sicher nicht der einzige SF Schriftsteller der dies tat - ein Jammer, dass Perlen wie die Romane Dicks aus diesem Grund nie einem breiten Publikum zugänglich wurden - weil sie in der Genre Schublade mit lächerlichen Buchumschlägen ihr dasein fristen mussten.
Nun, da hast du absolut Recht, welch schöne Formulierung ist dir da gelungen!
Auf bald,
Leibowitz
P.S.: Was lesen wir denn als nächstes?
Bearbeitet von leibowitz, 01 Februar 2010 - 20:00.
Realität ist das, was nicht verschwindet, wenn man aufhört, daran zu glauben. (P.K.Dick)