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Struktur und Rührung - PERRY RHODAN und Atlan im Blick von Spannungskonzeptionen


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8 Antworten in diesem Thema

#1 Tennessee

Tennessee

    Cybernaut

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Geschrieben 06 Februar 2010 - 10:45

Entstanden aus einem Schreibflash hier mal wieder ein Sachtext zu PR. Kommentare gerne gewünscht, bitte aber berücksichtigen, dass mein Text ggf. nach einiger Zeit gelöscht werden müsste.

Struktur und Rührung - PERRY RHODAN und Atlan im Blick von Spannungskonzeptionen

I.

In fiktionalen Texten entsteht Spannung stets auf die gleiche und recht einfache Weise: ein spezifischer Status Quo gerät mit einem Störungselement in Konflikt, was die Akteure, die sowohl vom Status Quo definiert als auch durch das Störelement betroffen sind, dazu zwingt mit diesem Konflikt umzugehen, es zu überwinden oder im negativen Sinn daran zu scheitern, um schließlich einen neuen oder erneut den gleichen Status Quo zu erreichen. Dabei definiert der letztendlich etablierte oder reetablierte Endpunkt des Spannungsbogens die strukturalistische Einstufung des Textes als trivial oder nicht-trivial, wobei in diesem Zusammenhang auf die veränderte Bedeutung des Begriffs „trivial“ hingewiesen werden muss. Denn strukturalistische Untersuchungen definieren „trivial“ nicht als primär qualitativen Wertebegriff, sondern entlehnen seine Bedeutung der Mathematik und verstehen eine triviale Konzeption als einen textlichen Aufbau, der keine neuen Informationen bietet: der Status Quo ist zum Ende weitgehend identisch mit dem des Beginns.

Die Literaturwissenschaft unterscheidet drei grundsätzliche Ausformungen struktureller Spannungskonzeption: die abenteuerliche, die rührende und die belustigende.

Die abenteuerliche Konzeption stellt an den Charakter die Gefahr einer körperlichen oder kognitiven Herausforderung, die durch die Übersteigerung der physischen und intellektuellen Fähigkeiten überwunden werden kann. Dies zeigt sich z.B. in größerer Stärke oder Geschicklichkeit, darin seine intellektuellen Fähigkeit und seinen Ideenreichtum zu steigern oder eine größere Überzeugungskraft und Diplomatie an den Tag zu legen. Herausforderung, Gefahr und Überwindung haben primär physischen Charakter oder erfordern ein disziplinierteres rationales Verhalten.

Rührende Konzeptionen zielen stärker auf die emotionalen Konflikte. Hier ist weniger die körperliche Übersteigerung Mittel zur Überwindung der Bedrohung, sondern es steht die Leidensfähigkeit des Charakters im Mittelpunkt, die Fähigkeit des Duldens und Erdudelns. Spannung entsteht nicht durch die körperliche Herausforderung, sondern durch erlebte emotionale Defizite, die nicht physisch oder intellektuell beseitigt werden können. Gerade Frauenromane bedienen sich sehr häufig dieser Konzeption und definieren ihre Heldinnen durch ihre Duldungsfähigkeit.

Die belustigende Konzeption schließlich ist weder körperlich noch emotional gefährlich, ein Kennzeichen des Humors, sondern stellt ein spezifisches Werte- oder Normensystem in Frage, indem es eine Differenz zwischen Bekanntem und Erlebtem aufbaut. Bedingung ist hierbei allerdings ein Charakter, der die Erkenntnis dieser Differenz besitzt, um diesen Konflikt letztendlich durch das Lachen zu überwinden, den Verursacher der Normverletzung durch das Auslachen zu bestrafen.

Diese drei elementaren Ausformungen sind in einem Text häufig gemeinsam vertreten, so wie, und das ist fast widersprüchlich, eine von ihnen einen Text grundsätzlich bestimmt: In „Romeo und Julia“ muss Romeo im Schwertkampf seinen Feinden gegenübertreten und sich körperlich beweisen, muss planvoll seine und Julias Treffen arrangieren und doch ist das prägendste Element des Stücks die unerfüllte Liebe der zwei Liebenden, die aufgrund ihrer verfeindenden Familien nicht zueinander finden können und fehlendes Liebesglück zu erdulden haben.

II.

Als Abenteuer-Serie, diesen Sub-Titel trägt sie mit sich, bedient die PERRY RHODAN-Serie sehr selbstverständlich eine abenteuerliche Spannungskonzeption. Auf der konzeptionellen Makroebene der Handlungszyklen hat diese Konzeption sogar ausschließlichen Charakter: die „Meister der Insel“ müssen besiegt, das kosmische Rätsel gelöst, die militärische Gefahr durch TRAITOR bestanden oder die Befreiung der Milchstraße von den „Herren der Straße“ durchgeführt werden. Auch auf der Ebene der einzelnen Heftromane finden sich zum Großteil abenteuerliche Spannungskonzepte, die die physischen, sinnlichen oder intellektuellen Fähigkeiten der Protagonisten fordern, um den Konflikt innerhalb des einzelnen Heftes zu überwinden.

In dieser Konzeption unterscheidet sich die PERRY RHODAN-Serie innerhalb ihrer verschiedenen Generationen nicht gravierend. K.H. Scheer nutzte diese Abenteuerkonzeption ebenso, wie es Willi Voltz, Ernst Vlcek/Kurt Mahr oder Robert Feldhoff taten. So banal es klingen mag: unabhängig von ihrer Leser- und Autorengeneration blieb das grundlegende Spannungskonzept der PERRY RHODAN-Serie statisch, folgte stets der gleichen grundlegenden Konzeptionsweise.

Das ist nun nichts negatives. Als Abenteuerserie muss sie dieser Konzeption folgen, die Autoren und Redakteure wären närrisch, konzipierten sie statt abenteuerlicher Spannung ein Sci-Fi-Rührstück. Dabei vereinigt die Zyklenkonzeption von PERRY RHODAN die beiden grundsätzlichen Spannungsformen von linearem und wellenförmigem Aufbau.

Der lineare Aufbau in einem PERRY RHODAN-Zyklus ist gleichzusetzen mit einem Konfliktpunkt zu Beginn eines Zyklus†™, dessen Spannung sich im Verlauf der Handlung weiter steigert und anschwillt, bis er sich am Ende des Zyklus in der Auflösung des Konfliktpunkts entlädt. Im mathematischen Vergleich kann man hier von einer positiv steigenden Geraden sprechen, die an einem bestimmten Punkt (x,y) abbricht. Als Beispiel mag hier der „Linguiden“-Zyklus dienen, dessen konfliktstellender Ausgangspunkt, die Rückgabe der Zellaktivatoren an die verwirrte Superintelligenz ES , u.a. durch das UBI ES-Projekt, die Verleihung der Aktivatoren an die Friedensstifter oder die rätselhaften Umtriebe der Nakken Steigerung erfährt, bis er schließlich in der Heilung ES†™ und der Neuverteilung der Aktivatoren seinen spannungslösenden Ausgangspunkt erhält.

Wellenförmige Konzeptionen beinhalten keine stetig steigende Spannungsgerade, sondern viele kleine Spannungspunkte oder -pyramiden, die aneinandergereiht werden. Innerhalb der PERRY RHODAN-Zyklen sind dies kleine Zwischenrätsel oder -konflikte, die ihre Auflösung finden und spezifisch für die PERRY RHODAN-Serie auch aus früheren Zyklen stammen können. Für das Beispiel des „Linguiden“-Zyklus wären dies u.a. die Enträtselung des linguidischen „Kimas“, die Erkenntnis von „Monos†™ Vater“ oder der wahren Aufgabe der Nakken. Durch die Vereinigung beider Spannungsformen gewinnt die PERRY RHODAN-Serie an konzeptioneller Komplexität, welche positiv als grundlegendes Charakteristikum der Serie definiert werden kann.

PERRY RHODAN bedient, anders als auf der Makroebene der Zyklenkonzeption, auf der Mikroebene einzelner Hefte oder Heftpassagen nicht nur abenteuerliche, sondern auch rührende und belustigende Spannungskonzepte. Grundsätzlich ist dies eine Bereicherung, da durch die emotionalen und die verlachenden Zustände der Charaktere die Serie zusätzlich profiliert wird.

Einschränkend muss jedoch bemerkt werden, dass die tatsächlich konzipierten humoristischen und emotionalen Spannungen nur einen geringen, wenn auch existenten, Bruchteil innerhalb der Serie ausmachen. Charakteristisch für Handlung und Figuren ist physich-intellektuelle Überwindung von Spannungszuständen, nicht die emotionale oder humoristische.

Natürlich ist die PERRY RHODAN-Serie reich an Beschreibungen über lachende oder fühlende Lebewesen, so dass meine Behauptung, in PERRY RHODAN gäbe es zwar einen existenten, aber doch nur geringen Anteil an rührenden und belustigenden Konzeptionen einer genaueren Betrachtung und Beispielgebung bedarf. Denn es ist nicht Charakteristikum einer spezifischen Spannungskonzeption, dass Stärke, Leiden oder Lachen benannt werden, sondern dass sie sich in einem speziellen Handlungskontext befinden. Wie sich dies, durchaus problematisch und differenziert, in humoristischen Textpassagen widerspiegelt, habe ich an anderer Stelle schon dargestellt,[1]  so dass ich nun gerne eine m.E. sehr gut gelungen Passage zur rührenden Konzeption in PERRY RHODAN darstellen möchte.

III.

Band 299 stammt vom Autor William Voltz und trägt den Titel „Am Ende der Macht“. Das Heft ist zugleich Abschlussband des „Meister der Insel“-Zyklus, der innerhalb der PERRY RHODAN-Serie als Klassiker und Highlight unter den Lesern gilt. In diesem Band begegnet der unsterbliche Arkonide Atlan dem sog. „Faktor 1“, dem Anführer der „Meister der Insel“, einer kleinen Gruppe von ebenfalls unsterblichen humanoiden Lebewesen, die über Jahrtausende eine brutale Diktatur über die Galaxis Andromeda errichtet haben. Hinter dem bisher anonym agierenden „Faktor 1“ verbirgt sich die Tefroderin Mirona Thetin, eine verführerisch schöne Frau, der Atlan bereits zuvor in ihrer Tarnidentität als Oppositionelle zu den „Meistern der Insel“ begegnet war. Atlan und Mirona Thetin verlieben sich ineinander, ohne dass der Arkonide die wahre Identität Mironas kennt, im Gegensatz zu der Tefroderin, die von der Aufgabe des Arkoniden, ihre eigene Herrschaft zu beenden, durch ihre Tarnidentität weiß. Nach einer Liebesnacht kommt es zum Konflikt zwischen den Liebenden, der zunächst einen abenteuerlichen Charakter besitzt: Atlan, von Mirona betäubt, muss seine körperliche Lähmung überwinden und die Frau durch die geheime Operationsbasis der „Meister der Insel“ verfolgen, ihre Spur aufnehmen und sie finden. Seine Suche ist schließlich in einem Raum beendet, wo Mirona Thetin einen Zeittransmitter aktivieren will, um in der Vergangenheit die Entstehung des „Solaren Imperiums“ und damit des Bedrohungsfaktors ihrer Macht zu verhindern. Sie bietet Atlan an, gemeinsam mit ihr in die Vergangenheit zu reisen, ihre gemeinsame Liebe zu erhalten und seiner Pflicht und Aufgaben zu entsagen. Es ist für den Arkoniden die Entscheidung zwischen Liebe und Pflicht. Atlan wiederum macht Mirona den Vorschlag, ihre Macht aufzugeben und bei ihm zu bleiben, für Mirona die Wahl zwischen Macht und Liebe. Letztendlich verletzt Atlan die Tefroderin tödlich, als sie den Zeittransmitter betreten will. Bevor sie stirbt, demonstriert Mirona dem Arkoniden allerdings, dass sie ihn jederzeit hätte töten können und sich, bewusst oder unbewusst, für die Liebe und gegen die Macht entschieden hatte. Für Mirona Thetin geht die Entscheidung für die Liebe einher mit ihrem Tod. 

Atlans Entscheidung für die Pflicht und Mirona Thetin zu töten ist zugleich die Entscheidung gegen die Liebe und damit die Entscheidung für die (emotionale) Einsamkeit, diese erdulden zu müssen, statt seine Pflicht aufzugeben. Es ist zugleich die Entscheidung, zuungunsten des privaten Glücks eine Galaxis von ihrer Diktatur zu befreien. Während Mirona Thetin dem klassischen, und durchaus nicht neuen, Heldentod zugunsten des überlebenden Geliebten erliegt, erlebt Atlan das klassische Heldenleid, zugunsten ideeller und auch soldatischer Prinzipien die Einsamkeit ertragen zu müssen.

Die Figur Atlan wird in der PERRY RHODAN-Serie häufig mit dem Charakteristikum „Einsamer der Zeit“ beschrieben. Ursprünglich gedacht für ein Lebewesen, das fast 10.000 Jahre auf der Erde im Tiefschlaf lag und durch regelmäßiges Aufwecken immer wieder sehr „uneinsam“ am kulturellen Leben der Menschheit teilnahm, erhält dieses Charakteristikum durch die rührende Konzeption einer unerfüllten Liebe an zusätzlicher Tiefe und profiliert die Figur Atlan zu einem vielschichtigeren Charakter. „Einsamer der Zeit“ zu sein, bedeutet für die Figur Atlan nicht nur im sozialen Sinn allein zu sein, sondern auch, emotionale Unerfülltheit erdulden zu können. Diese charakterliche Verfeinerung ist durch eine rein abenteuerliche Konzeption nicht zu erzielen, weswegen meine anfängliche Bemerkung, rührende oder belustigende Konzeptionen seien eine Bereicherung für PERRY RHODAN, hiermit einen treffenden Beweis erhalten hat. Zugleich ist es auch ein Beleg dafür, dass Benennungen von Leidempfindungen ohne konzeptionelle Ausformungen und damit ohne Tiefgang - und die PERRY RHODAN-Serie hebt sich in meinem Beispiel von einer trivialen Konzeption positiv ab - vergleichsweise häufig anzutreffen sind. Denn eine m.E. so gut gelungene Konzeption rührender Spannung, die ja immer auch die Möglichkeit bietet, die emotionalen Charakteristika einer Figur zu beleuchten, sind in PERRY RHODAN eher selten anzutreffen. Gerade in der Frühzeit der Serie wurde das Potential, dass durch bestimmte rührende Handlungskonzeptionen die charakterliche Tiefe der Protagonisten ausgelotet wird, zugunsten einer abenteuerlichen Konzeption verworfen. Als Beispiel mag hier der Konflikt Perry Rhodans mit seinem Sohn Thomas Cardif dienen. Vom eigenen Sohn abgelehnt, der sich später als Verbrecher gegen die Menschheit entpuppt, der Superintelligenz ES in naiver Manier die Unsterblichkeit abschwatzt, seinen eigenen Vater gefangen nimmt und ihm in einem diabolischen Plan letztendlich zum Tode verurteilt, stellt sich Perry Rhodan dem Konflikt mit seinem Sohn, indem er versucht, ihn argumentativ zu überzeugen, also seine intellektuellen, sprachlichen Fähigkeiten nutzt. Dem weiteren Schritt zum emotionalen Leid, den in meinem vorherigen Beispiel Atlan bei Mirona Thetin vollzogen hat, wird Perry Rhodan enthoben: Atlan und Gucky dringen in das Versteck Thomas Cardifs ein und befreien Rhodan, während ES unter Gelächter Thomas Cardif tötet. Die Möglichkeit dem Charakter Perry Rhodans durch eine leidvolle Entscheidung und Erduldungsproblematik, so beispielsweise seinen Sohn selbst töten zu müssen, ein größeres Maß an Profil zu verleihen, wird durch die Passivität Rhodans vertan. Letztendlich bleibt er moralisch unbefleckt und macht sich nicht schuldig, was sich ebenso an der mangelhaften Reflexion Rhodans zu diesem Vater-Sohn Konflikt ablesen lässt. 

Die überraschende Dominanz, die die nur zwei Mal aktiv auftretende Mirona Thetin in der PERRY RHODAN-Serie hinterlassen hat, da sie zum einen immer wieder in den Leserphantasien auftritt und zum anderen als bedeutende Erinnerung Atlans Teil späterer Hefthandlungen ist (hier sei z.B. an die Illusionen der Abruse erinnert, PR 1748) lässt den Schluss zu, dass die rührende Spannungskonzeption  in der PERRY RHODAN-Serie eine nachhaltigere Charakterprofilierung kreiert, als die abenteuerliche. Dies kann sie aber nur tun, eben weil sie nicht das übliche Spannungskonzept der PERRY RHODAN-Serie darstellt, sondern als Ausnahme innerhalb der abenteuerlichen Spannungskonzepte an Ausdruckskraft gewinnt, exzeptionell bleibt und nicht zur Gewohnheit wird.



 
[1]Ralf Wohlgemuth: „Ich muss mich echauffieren!“ - Humorkonstruktionen in der PERRY RHODAN-Serie und ihre Auswirkungen auf die Erzählwelt. In: mauerschau 1/2009, S. 44-63.
"Mit meiner Frau in 'Romeo und Julia'. Das schlechteste Stück, das ich je gesehen habe, und dazu schauderhaft gespielt. Habe beschlossen, nie wieder in eine Premiere zu gehen, weil die Schauspieler dauernd ihren Text vergessen." (Samuel Pepys, 23.02.1633)

#2 Kritikaster

Kritikaster

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Geschrieben 07 Februar 2010 - 20:12

Hi, Ten!



Entstanden aus einem Schreibflash hier mal wieder ein Sachtext zu PR. Kommentare gerne gewünscht, bitte aber berücksichtigen, dass mein Text ggf. nach einiger Zeit gelöscht werden müsste.

Sorry, ist Schreibflash ein Fachbegriff für irgendwas oder nur die Bezeichnung für Lust auf und Drang zum Schreiben? Und dass der Text ggf. wieder (wann?) gelöscht werden müsste, leuchtet mir nicht ein. Womit hängt das zusammen (Das Löschen, nicht das Nichteinleuchten)?



Die Literaturwissenschaft unterscheidet drei grundsätzliche Ausformungen struktureller Spannungskonzeption: die abenteuerliche, die rührende und die belustigende....es steht die Leidensfähigkeit des Charakters im Mittelpunkt, die Fähigkeit des Duldens und Erdudelns.



Wunderschöne Zusammenfassung der Ausformungen zwei und drei. (SCNR)





Dabei vereinigt die Zyklenkonzeption von PERRY RHODAN die beiden grundsätzlichen Spannungsformen von linearem und wellenförmigem Aufbau. ...Durch die Vereinigung beider Spannungsformen gewinnt die PERRY RHODAN-Serie an konzeptioneller Komplexität, welche positiv als grundlegendes Charakteristikum der Serie definiert werden kann.



Sehr schöne Darlegung, sicherlich auch eine ganz wesentliche Komponente der sogenannten Leserbindung über den jeweiligen Zyklus hinaus.



Die überraschende Dominanz, die die nur zwei Mal aktiv auftretende Mirona Thetin in der PERRY RHODAN-Serie hinterlassen hat, †¦lässt den Schluss zu, dass die rührende Spannungskonzeption in der PERRY RHODAN-Serie eine nachhaltigere Charakterprofilierung kreiert, als die abenteuerliche. Dies kann sie aber nur tun, eben weil sie nicht das übliche Spannungskonzept der PERRY RHODAN-Serie darstellt, sondern als Ausnahme innerhalb der abenteuerlichen Spannungskonzepte an Ausdruckskraft gewinnt



Im Sinne Deiner Darlegungen eine schlüssige Konsequenz. Ich bestreite allerdings, dass nachhaltige Charakterprofilierung in Zusammenhang mit der sogenannten rührenden Spannungskonzeption steht. Man denke nur etwa an ebenso profilierte Charaktere wie Ratber Tostan, der sich über militärstrategische Finessen und Action definierte oder Tek, der zeitweilig ganz überzeugend über Psychospielchen definiert wurde. Die Tatsache, dass Mirona noch immer so gut erinnert wird, dürfte weniger an der epochalen Tragik des emotionalen Geschehens im Sinne von rührender Spannung gelegen haben, sondern mehr an der überraschenden Zusammenführung eigentlich unvereinbarer Rollen in einer Person, wie es in dieser radikalen Form später trotz vereinzelter Versuche nicht noch einmal gelungen ist (z.B. Monos).

Warum ich hier extra darauf hinweise? Weil ich nicht möchte, dass unter Bezug auf das Spannungskonzept einer Abenteuerserie die tiefergehende Charakterisierung der Personen aufgrund ihrer physischen und intellektuellen Anstrengungen für grundsätzlich unmöglich erklärt wird. Wenn diese - von mir seit Serienjahrtausenden unverdrossen erbetene - bessere Charakterisierung dann verstärkt auch emotionale Aspekte beinhaltet, bedeutet das nicht, dass man sich zwangsläufig einer eher rührenden Spannungskonzeption zuwenden und von der abenteuerlichen abwenden müsste.






#3 Tennessee

Tennessee

    Cybernaut

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Geschrieben 08 Februar 2010 - 12:15

Salut Kritikaster,

Hi, Ten!

Entstanden aus einem Schreibflash hier mal wieder ein Sachtext zu PR. Kommentare gerne gewünscht, bitte aber berücksichtigen, dass mein Text ggf. nach einiger Zeit gelöscht werden müsste.

Sorry, ist Schreibflash ein Fachbegriff für irgendwas oder nur die Bezeichnung für Lust auf und Drang zum Schreiben? [...]


es ist einfach nur eine Beschreibung einer Laune. So wie manche Leute einen Essflash bekommen; nimm es als "neumodisches Wort". :) Als Fachbegriff ist mir das noch nie untergekommen.

Die Literaturwissenschaft unterscheidet drei grundsätzliche Ausformungen struktureller Spannungskonzeption: die abenteuerliche, die rührende und die belustigende....es steht die Leidensfähigkeit des Charakters im Mittelpunkt, die Fähigkeit des Duldens und Erdudelns.

Wunderschöne Zusammenfassung der Ausformungen zwei und drei. (SCNR)


Ein "Sorry" ist doch nicht nötig...

Die überraschende Dominanz, die die nur zwei Mal aktiv auftretende Mirona Thetin in der PERRY RHODAN-Serie hinterlassen hat, †¦lässt den Schluss zu, dass die rührende Spannungskonzeption in der PERRY RHODAN-Serie eine nachhaltigere Charakterprofilierung kreiert, als die abenteuerliche. Dies kann sie aber nur tun, eben weil sie nicht das übliche Spannungskonzept der PERRY RHODAN-Serie darstellt, sondern als Ausnahme innerhalb der abenteuerlichen Spannungskonzepte an Ausdruckskraft gewinnt

Im Sinne Deiner Darlegungen eine schlüssige Konsequenz. Ich bestreite allerdings, dass nachhaltige Charakterprofilierung in Zusammenhang mit der sogenannten rührenden Spannungskonzeption steht. Man denke nur etwa an ebenso profilierte Charaktere wie Ratber Tostan, der sich über militärstrategische Finessen und Action definierte oder Tek, der zeitweilig ganz überzeugend über Psychospielchen definiert wurde.


Oh, diese Charakterisierungen würde ich auch gar nicht bestreiten. Es geht ja nicht um ein "entweder/oder" sondern um ein ...mh... "zusätzlich". Du kannst einen Charakter definieren, indem du z.B. bei Atlan schreibst, dass er sehr litt, als er Mirona tötete .. oder du kannst es ihn als Handlung erleiden lassen. Das eine ist Beschreibung, das andere Spannung innerhalb der Handlung entstanden durch eine bestimmte Konzeption.

Die Tatsache, dass Mirona noch immer so gut erinnert wird, dürfte weniger an der epochalen Tragik des emotionalen Geschehens im Sinne von rührender Spannung gelegen haben, sondern mehr an der überraschenden Zusammenführung eigentlich unvereinbarer Rollen in einer Person, wie es in dieser radikalen Form später trotz vereinzelter Versuche nicht noch einmal gelungen ist (z.B. Monos).


Epochale Tragik würde ich auch so nicht unterschreiben. Rührendes muss ja nicht epochale Tragik sein, die Engel müssen nicht weinen, die Erde muss nicht beben.

Warum ich hier extra darauf hinweise? Weil ich nicht möchte, dass unter Bezug auf das Spannungskonzept einer Abenteuerserie die tiefergehende Charakterisierung der Personen aufgrund ihrer physischen und intellektuellen Anstrengungen für grundsätzlich unmöglich erklärt wird.


Das tue ich auch gar nicht. Da liest du etwas hinein, was ich niemals so angesprochen habe. Es geht - und da ist mein Atlan Beispiel glaube ich sehr klar - um eine *zusätzliche* Profilierung. Nicht um eine ausschließliche. Als Leser wirst du dich sehr viel schneller an einen Held binden/identifizieren können, wenn du seine Fertigkeiten als Handlung erliest/erlebst. Auch hier wieder: du kannst schreiben, dass Tek ein guter Taktiker ist oder sehr geschickt (Beschreibung), du kannst es ihn auch erleben lassen (hier: abenteuerliche Spannungskonzeption).

Wenn diese - von mir seit Serienjahrtausenden unverdrossen erbetene - bessere Charakterisierung dann verstärkt auch emotionale Aspekte beinhaltet, bedeutet das nicht, dass man sich zwangsläufig einer eher rührenden Spannungskonzeption zuwenden und von der abenteuerlichen abwenden müsste.


Das hielte ich auch für einen Fehler. Für eine Abenteurserie ist eine abenteuerliche Konzeption unbedingt nötig, auch für die Charaktere; aber spricht nichts dagegen eine andere Konzeption *zusätzlich* zu nutzen. Und wie ich ja auch schrieb, funktioniert das bei rührend m.E. am besten, wenn es punktuell ist und *keine* Normalität.

lg
Ten.








"Mit meiner Frau in 'Romeo und Julia'. Das schlechteste Stück, das ich je gesehen habe, und dazu schauderhaft gespielt. Habe beschlossen, nie wieder in eine Premiere zu gehen, weil die Schauspieler dauernd ihren Text vergessen." (Samuel Pepys, 23.02.1633)

#4 Arl Tratlo

Arl Tratlo

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Geschrieben 11 Februar 2010 - 19:27

Zunächst mal nur eine kurze Anmerkung:

Denn strukturalistische Untersuchungen definieren „trivial“ nicht als primär qualitativen Wertebegriff, sondern entlehnen seine Bedeutung der Mathematik und verstehen eine triviale Konzeption als einen textlichen Aufbau, der keine neuen Informationen bietet: der Status Quo ist zum Ende weitgehend identisch mit dem des Beginns.


So gesehen, handelt es sich bei PR weitgehend nicht um eine triviale Konzeption: der Status Quo zum Ende war selten weitgehend identisch mit dem des Beginns. Die Ausnahme - das Feldhoffsche Total-Reset - wurde ja u.a. auch deswegen kritisiert, weil der Altleser eine solche Konzeption weder gewohnt war noch goutierte.

Und das würde ich in der Tat auch so sehen (womit du eine hervorragende Begründung für den im Kern nicht-trivialen Charakter von PR geliefert hast). PR ist eben etwas anderes als Jerry Cotton, der nach Dekaden des aktiven Diensts weder befördert wurde noch seinen mehr als verdienten Schreibtischjob bekommen hat - und das alles ohne ZA.

PS: der Verweis auf die Mathematik gefällt mir...
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  • • (Buch) Neuerwerbung: Joanne Harris - Runemarks
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  • • (Film) Neuerwerbung: N.a.

#5 Puh

Puh

    Giganaut

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Geschrieben 11 Februar 2010 - 21:17

Langes Hmmmmm. Ich finde das ja schon recht anregend, was Du da schreibst. Gut, mir ist Deine Unterteilung zu schematisch aber da ich mich durchaus erfolgreich durch die Universität geschlängelt habe, weiß ich ja, dass so etwas da gemocht wird. Sei's drum, einen Punkt, gibt es, bei dem ich einhaken möchte.

Und wie ich ja auch schrieb, funktioniert das bei rührend m.E. am besten, wenn es punktuell ist und *keine* Normalität.

Gut, dass man das Mittel nur punktuell nutzen sollte, das mag ja sein, die Frage, die sich mir stellt ist allerdings, wieso die Erzählsätze dann immer so unendlich lang und die Punkte so selten sein müssen. Vielleicht wären kürzere Sätze und mehr Punkte ein sinnvolle Alternative. :fun: Kleines Scherzle. :rolleyes:
Mal etwas ernsthafter, weil ich mich da jetzt auf Kritikasters Seite schlage. Für mich gibt es da zwei Probleme: die Charakterisierung von Personen erfolgt doch wohl am besten dadurch, dass der Autor sie handeln und Dinge erleben läßt. Sie erfolgt nicht durch Beschreibung, da gehen wir konform, denke ich. Bei diesen Handlungen ist es eigentlich selbstverständlich, dass die Personen auch Emotionen erleben (und diese nicht nur irgendwie beschrieben werden), das bringt uns diese Personen Nahe, weil wir ja genaus das aus unserem eigenen Erleben (hoffentlich) kennen. Ich gebe mal zwei Beispiele. Natürlich kann man eine Forumlierung verwenden, wie "das alte Ehepaar ging sich auf die Nerven". Das wäre im Moment rhodansches Niveau. Man kan aber auch eine Situation konsturieren, die das vielleicht zeigt. So vielleicht:
„Komm Rex, Gassi gehen.“

„HeinriCH?“ -

- ): -

„Heeiinrichh?“!

„JaahH?“

„Was hast du jetzt vor, Heinrich?“

„Was schon? Ich führ den Hund Gassi, den dir deine Tochter geschenkt hat, nicht, dass er einfach wieder auf den Teppich scheißt - du weißt doch, er braucht viel Bewegung.“

„Aber nicht, dass du in den Wald gehst, Heinrich, zu den Huren. Du weißt, die sind gar nicht gut für dein Herz, nicht dass du wieder nen Herzkasper bekommst wie letztes Jahr, und ich den Hund Gassi führen muss. Geh lieber zum Edeka, da kannst du mir gleich noch †˜n paar Zeitungen kaufen, damit ich †˜n paar Rätsel zu raten habe.“

- ): -

„HEINrich?!“

„JahH, Elvira, ich bring dir †˜n paar Zeitungen zum raten mit. Komm Rex, lass uns Gassi gehen.“

[/size][size="2"]Ich kann natürlich schreiben: aus dem Nebenzimmer kam ein unterdrückter Schmerzlaut; ich kann aber auch schreiben:

Während einer Untersuchung hatte er einmal einen Schlachthof besuchen müssen. Noch Wochen später hatten ihn die Angstschreie der Tiere aus dem Schlaf gerissen.

Der Laut aus dem Nebenzimmer war schlimmer.

Ein gequältes Entsetzen, um Verborgenheit bemüht: als stäche man ein Ferkel unter einer dicken Daunendecke ab.


Mein Problem, wenn ich solche Spielereien mache, ist einfach, dass ich mein sarkastisches Naturell nicht loswerde. :D Grundsätzlich gilt aber wohl, dass Emotionen Emotionen auslösen und das Emotionen uns erst Menschen vorstellbar machen. So dass eine Romanfigur uns erst durch erlebte, nicht beschriebene Emotionen vorstellbar wird. Von daher möchte ich gerne mehr emotionale (von mir aus auch rührende) Spannungskonstruktionen in den Text eingeflochten haben. Ich möchte sie nicht als marginale Gipfelpunkte haben. Und ansonten - zweiter Punkt - sollte man sich vielleicht auch einfach einmal die Frage stellen, ob das dauerhafte Setzen auf die abenteuerliche Konzeption mit ihren ja auch beschränkten Möglichkeiten, nicht genau diese überfordert. Wenn ich mir die Serie so ansehe, gerade einmal die beiden jüngsten Romane, ein Gutteil der Langeweile und der Vorhersehbarkeit entstehen doch durch solche eindimensionalen Schemata. Ein Oxtorner, der wegen einer misslungenen "Gehirnwäsche" überläuft, mag zwar das abenteuerliche Schema bedienen (selbst darüber wird man streiten können); ein Oxtorner, der auch emotionalen Gründen sich überzeugen läßt, dabei innere Zweifel erlebt, das wäre hingegen etwas gewesen.


Viele Grüße


Puh

Bearbeitet von Puh, 11 Februar 2010 - 21:22.


#6 Tennessee

Tennessee

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Geschrieben 11 Februar 2010 - 23:56

Salut Puh,

zunächst zur meiner methodischen Orientierung:

Langes Hmmmmm. Ich finde das ja schon recht anregend, was Du da schreibst. Gut, mir ist Deine Unterteilung zu schematisch aber da ich mich durchaus erfolgreich durch die Universität geschlängelt habe, weiß ich ja, dass so etwas da gemocht wird.



Du wirst nicht darum herum kommen, wenn du mit strukturalistischen oder konzeptbezogenen Blicken auf einen Text schaust, ein bisl arg "schematisch" zu werden. Das ist manchmal ein bisl dröge, vor allem wenn man so wie du, was man ja aus deinen Texten gut lesen kann, einen anderen Zugang bevorzugt.

Mal etwas ernsthafter, weil ich mich da jetzt auf Kritikasters Seite schlage.

Auf eine Seite musst du dich nicht schlagen - außer du magst gerne. *zwinker* Und wenn ich kritikaster richtig verstanden habe, vertritt er die Meinung, rührende Konzepte nicht überhand nehmen zu lassen, um die abenteuerlichen nicht zu vernachlässigen. Du bist doch eher der Meinung - und da sind wir d'accord -, dass PR von einer stärkeren Nutzung von rührenden/emotionalen Konzepten profitieren würde. Ich meine aber auch, dass PR das nicht zu sehr erstarken lassen sollte, um einfach den Charakter einer abenteuerlichen Serie beizubehalten. Das ist eine Frage der Balance: Wie viel Rührung verträgt PR?

Für mich gibt es da zwei Probleme: die Charakterisierung von Personen erfolgt doch wohl am besten dadurch, dass der Autor sie handeln und Dinge erleben läßt. Sie erfolgt nicht durch Beschreibung, da gehen wir konform, denke ich. Bei diesen Handlungen ist es eigentlich selbstverständlich, dass die Personen auch Emotionen erleben (und diese nicht nur irgendwie beschrieben werden), das bringt uns diese Personen Nahe, weil wir ja genaus das aus unserem eigenen Erleben (hoffentlich) kennen.


D'accord.


„HeinriCH?“ -
[...]

"...mir graust vor dir!" *zwinker*

Grundsätzlich gilt aber wohl, dass Emotionen Emotionen auslösen und das Emotionen uns erst Menschen vorstellbar machen. So dass eine Romanfigur uns erst durch erlebte, nicht beschriebene Emotionen vorstellbar wird. Von daher möchte ich gerne mehr emotionale (von mir aus auch rührende) Spannungskonstruktionen in den Text eingeflochten haben.


Ich hielte das auch für einen Gewinn für PR oder auch die Möglichkeit gerade Charaktere zusätzliche Profilierungen hinzuzufügen. Denn das seltsame Dilemma ist ja, dass auch ein Taktiker, ein Abenteuerer, ein Intellektueller in abenteuerlichen Situationen empfindet! Ich stehe vor den Armeen der FM und habe Angst, meine Familie nich mehr wiedersehen zu können - doch der Punkt diese Angst zu überwinden, und das unterscheidet diese Situation von einer rührenden ist, dass ich nur geschickt genug, taktisch genug, stark genug, clever genug sein muss, um überleben zu können. Rührende Konflikte haben das Spannungselement in sich, dass sie über diesen Weg *nicht* überwunden werden können.

Ich möchte sie nicht als marginale Gipfelpunkte haben.


Innerhalb einer Abenteuerserie werden sie nur punktuell sein können. Das finde ich auch erst mal nicht dramatisch. Es ist aber bedauerlich, dass sie m.E. so leicht verschenkt werden.

Und ansonten - zweiter Punkt - sollte man sich vielleicht auch einfach einmal die Frage stellen, ob das dauerhafte Setzen auf die abenteuerliche Konzeption mit ihren ja auch beschränkten Möglichkeiten, nicht genau diese überfordert. Wenn ich mir die Serie so ansehe, gerade einmal die beiden jüngsten Romane, ein Gutteil der Langeweile und der Vorhersehbarkeit entstehen doch durch solche eindimensionalen Schemata. Ein Oxtorner, der wegen einer misslungenen "Gehirnwäsche" überläuft, mag zwar das abenteuerliche Schema bedienen (selbst darüber wird man streiten können); ein Oxtorner, der auch emotionalen Gründen sich überzeugen läßt, dabei innere Zweifel erlebt, das wäre hingegen etwas gewesen.


Die Frage ist nicht, ob die Konzeption sich auslaugt. Du wirst dich letztendlich immer wieder innerhalb einer dieser drei Konzeptionen wiederfinden. Und für eine Abenteurserie - und das ist PR in Selbstdefinition - kommst du um sie nicht herum. Die Kritik liefe dann eher darauf hinaus, dass die Konzeption *inhaltlich* mangelhaft gefüllt ist. Das kann das inhaltliche Exposée oder die konkrete Umsetzung durch den Einzelautor sein. Damit bewegst du dich aber in einer Betrachtungsweise, die den inhaltlichen Aspekt stärker in den Vordergrund rückt: nicht die Knochen wären faul, aber das Fleisch, dass sie umhüllt.

Viele Grüße
Puh


Grüße zurück,
Ten.
"Mit meiner Frau in 'Romeo und Julia'. Das schlechteste Stück, das ich je gesehen habe, und dazu schauderhaft gespielt. Habe beschlossen, nie wieder in eine Premiere zu gehen, weil die Schauspieler dauernd ihren Text vergessen." (Samuel Pepys, 23.02.1633)

#7 Tennessee

Tennessee

    Cybernaut

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Geschrieben 12 Februar 2010 - 09:21

[...]
So gesehen, handelt es sich bei PR weitgehend nicht um eine triviale Konzeption: der Status Quo zum Ende war selten weitgehend identisch mit dem des Beginns. Die Ausnahme - das Feldhoffsche Total-Reset - wurde ja u.a. auch deswegen kritisiert, weil der Altleser eine solche Konzeption weder gewohnt war noch goutierte.



Salut Arl,

da meinem Text ja jede tiefere Beschäftigung mit der Materie fehlt, sprich keine Textstellen oder "Konzeptpassagen" zitiert werden, bin ich mit einer solchen Schlussfolgerung erst mal vorsichtig. Vom ersten Überlegen her finde ich schon, dass PR eine Konzeption aufweist, die für eine - gehen wir erst mal davon aus - Trivialserie komplexer ist, als man das vermuten würde. Aber dass PR weitgehend *nicht trivial* ist, dazu wage ich mich noch nicht zu äußern.


Und das würde ich in der Tat auch so sehen (womit du eine hervorragende Begründung für den im Kern nicht-trivialen Charakter von PR geliefert hast). PR ist eben etwas anderes als Jerry Cotton, der nach Dekaden des aktiven Diensts weder befördert wurde noch seinen mehr als verdienten Schreibtischjob bekommen hat - und das alles ohne ZA.



Das nennt man floating timeline. Ist auch ein mögliches Konzeptionselement für Serien oder Reihen, James Bond bedient das z.B. ganz herrlich. Die "Peanuts" übrigens auch.




lg


Ten.

Bearbeitet von Tennessee, 12 Februar 2010 - 09:23.

"Mit meiner Frau in 'Romeo und Julia'. Das schlechteste Stück, das ich je gesehen habe, und dazu schauderhaft gespielt. Habe beschlossen, nie wieder in eine Premiere zu gehen, weil die Schauspieler dauernd ihren Text vergessen." (Samuel Pepys, 23.02.1633)

#8 Arl Tratlo

Arl Tratlo

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Geschrieben 12 Februar 2010 - 11:46

Salut Arl,

da meinem Text ja jede tiefere Beschäftigung mit der Materie fehlt, sprich keine Textstellen oder "Konzeptpassagen" zitiert werden, bin ich mit einer solchen Schlussfolgerung erst mal vorsichtig. Vom ersten Überlegen her finde ich schon, dass PR eine Konzeption aufweist, die für eine - gehen wir erst mal davon aus - Trivialserie komplexer ist, als man das vermuten würde. Aber dass PR weitgehend *nicht trivial* ist, dazu wage ich mich noch nicht zu äußern.


Na ja, diese Schlusssfolgerung leitet sich aus deiner Definition trivialer Texte ab ("verstehen eine triviale Konzeption als einen textlichen Aufbau, der keine neuen Informationen bietet").

Andernfalls wäre diese Definition nicht hinreichend und demnach zu erweitern.

Das nennt man floating timeline. Ist auch ein mögliches Konzeptionselement für Serien oder Reihen, James Bond bedient das z.B. ganz herrlich. Die "Peanuts" übrigens auch.


Oder - um im Heftromanbereich zu bleiben - John Sinclair. Das Bond-Phänomen ist noch mal ein anderes, weil sich hier m.E. die Faszination bereits auf die Metaebene verlagert hat, so nach dem Motto "Ist der neue Bond - also der neue Schauspieler - jetzt besser oder schlechter als der davor? Und wie schlägt er sich im Vergleich mit Sean Connery oder Roger Moore?"
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#9 Tennessee

Tennessee

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Geschrieben 12 Februar 2010 - 14:41

Na ja, diese Schlusssfolgerung leitet sich aus deiner Definition trivialer Texte ab ("verstehen eine triviale Konzeption als einen textlichen Aufbau, der keine neuen Informationen bietet").

Andernfalls wäre diese Definition nicht hinreichend und demnach zu erweitern.


Salut Arl,
diese Schlussfolgerung ist möglich, ich will ihr auch nicht widersprechen um des Widersprechens willen, aber derzeit bleibt diese Schlussfolgerung aufgrund mangelnder Textbelege im Status einer These. Textlich bewiesen ist die Schlussfolgerung noch nicht. Das hat mit der Definition dann auch nichts zu tun...

Oder - um im Heftromanbereich zu bleiben - John Sinclair. Das Bond-Phänomen ist noch mal ein anderes, weil sich hier m.E. die Faszination bereits auf die Metaebene verlagert hat, so nach dem Motto "Ist der neue Bond - also der neue Schauspieler - jetzt besser oder schlechter als der davor? Und wie schlägt er sich im Vergleich mit Sean Connery oder Roger Moore?"


Das Bond-Phänomen, das du ansprichst hat ja nichts mit der floating time zu tun, sondern behandelt einen ganz anderen Bereich.

lg
Ten.

Bearbeitet von Tennessee, 12 Februar 2010 - 14:41.

"Mit meiner Frau in 'Romeo und Julia'. Das schlechteste Stück, das ich je gesehen habe, und dazu schauderhaft gespielt. Habe beschlossen, nie wieder in eine Premiere zu gehen, weil die Schauspieler dauernd ihren Text vergessen." (Samuel Pepys, 23.02.1633)


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