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Ward Moore - Der große Süden


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35 Antworten in diesem Thema

#31 Kopernikus

Kopernikus

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Geschrieben 19 April 2010 - 07:45

doch fürchte ich dass mir die USA in dieser Alternativwelt ein wenig zuuu zurückgeblieben ist im Moment
es hat stellenweise den Anschein, als ob der genze Planet schlecht entwickelt wäre -aber abwarten
gespannt bin ich


Nicht unbedingt schlechter entwickelt, aber definitiv anders, was aufgrund der Prämisse das die Weltkriege anders bzw. gar nicht abgelaufen sind auch logisch ist. Vor allem die Luftfahrt und die Massenmotorisierung kam als Resultat der beiden Weltkriege in Schwung. In Moores Realität haben andere Technologien dafür rasante Fortschritte gemacht, so wird z.B. der Ärmelkanaltunnel Jahrzehnte früher gebaut und selbst die Koreastraße wird in der ersten Hälfte des Jahrhunderts mit einem Eisenbahntunnel gequert - Logische Konsequenzen, da die Eisenbahn ihre dominierende Rolle im Verkehrswesen ohne Auto und Flugzeug ja beibehält.

Wenn ich das bislang richtig verstanden habe findet in dieser fiktiven Parallelwelt der 2. Weltkrieg
nicht statt. Dieses Statement muß man sich mal vor Augen führen.... Kein Weltpolizist -
kein Weltkrieg. Das kann dem gemeinen Ami eigentlich nicht schmecken.


Das es keinen zweiten Weltkrieg gegeben hat, ist in diesem Szenario wohl eher auf den anders verlaufenden ersten Weltkrieg zurückzuführen, der ja scheinbar überhaupt keiner wahr, sondern lediglich eine regionale Auseinandersetzung zwischen Deutschland und Frankreich. Leider geht Moore in seinem Szenario nicht darauf ein, wie sich Europa von 1863 bis 1914 entwickelt hat, z.B. warum es eine "Deutsche Union" statt eines Kaiserreiches gibt und warum die Entente aus England und Frankreich scheinbar nicht zustande gekommen ist.

Übrigens fühle ich mich oft an Julian Comstock erinnert, obwohl dieses Buch ja eine ganz andere Welt beschreibt und in der Zukunft spielt und von einer Zivilisation nach dem Kollaps erzählt.


Der Vergleich springt einen in der tat gerade zu an. Obwohl man natürlich den Zusammenbruch des Nordens auch als eine Art Kollaps interpretieren kann.

Mir hat das Buch insgesamt ziemlich gut gefallen, trotz seines Alters ein schön zu lesender Text, der die Geschichte ohne unnötiges Gerede knackig und spannend präsentiert. Einschränkend muss man allerdings sagen, das die Grundprämisse, ein Sieg der Konföderierten bei Gettysburg führt zu deren Unabhängigkeit, etwas an den Haaren herbei gezogen ist. Ein Verlust der Round Hills hätte sicherlich zu einer Niederlage der Union geführt, aber für die Konföderierten wäre dies höchstens ein taktischer Sieg gewesen. Ihr fehlten schlicht die personellen und materiellen Möglichkeiten, um dies auch in einen strategischen Vorteil umzusetzen. Der Krieg hätte sich höchstens verlängert, aber die Union war den Konföderierten an Truppen und Industriekapazitäten derartig überlegen, das sie langfristig auf jeden Fall gewonnen hätte. Die einzig plausible Möglichkeit für einen Konföderierten Sieg hätte sich 1862 bei der Schlacht von Antietam geboten. Ohne den Sieg der Union und die darauf folgende Proklamation der Sklavenbefreiung hätten sich aller Voraussicht nach England und/oder Frankreich zu Gunsten der Konföderierten in den Konflikt eingemischt.
Aber trotzdem ist das Buch ein Interessantes Gedankenexperiment. Interessant ist natürlich noch die Frage, ob die Wahrnehmung von Hodge, das durch sein versehentliches Eingreifen eine bessere Welt entstanden ist, tatsächlich zutrifft. Im Gegensatz zu unserer Realität haben wir zwar eine Verlängerung der Sklaverei sowie Zwangsdeportationen von Schwarzen und Juden nach Afrika, im Gegenzug aber einen weniger drastischen ersten Weltkrieg, keinen zweiten Weltkrieg, keinen gezielten Holocaust, keinen kalten Krieg, keine Atombombe. Welche Welt nun besser oder schlechter ist, ist da in der Tat eine interessante Frage.

#32 lapismont

lapismont

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Geschrieben 19 April 2010 - 12:49

Bin über die Hälfte hinaus, werde aber immer noch nicht warm mit dem Buch. Irgendwie sind mir die fiktiven Veränderungen in der Union zu blutleer. Vermutlich muss man die amerikanischen Problemzonen besser kennen. Bisher fehlt mir einfach das Salz in der Suppe. Hoffentlich kommt noch ein bisschen mehr Handlung.
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#33 hawaklar

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Geschrieben 19 April 2010 - 18:50

Hoffentlich kommt noch ein bisschen mehr Handlung.

Da passiert nicht mehr allzuviel, außer dass man über die Art der Persönlichkeitsstörung bei Barbara nachdenken kann. :thumb:

Mir hat das Buch allerdings insgesamt richtig gut gefallen.

@ Kopernikus:

Einschränkend muss man allerdings sagen, das die Grundprämisse, ein Sieg der Konföderierten bei Gettysburg führt zu deren Unabhängigkeit, etwas an den Haaren herbei gezogen ist. Ein Verlust der Round Hills hätte sicherlich zu einer Niederlage der Union geführt, aber für die Konföderierten wäre dies höchstens ein taktischer Sieg gewesen. Ihr fehlten schlicht die personellen und materiellen Möglichkeiten, um dies auch in einen strategischen Vorteil umzusetzen. Der Krieg hätte sich höchstens verlängert, aber die Union war den Konföderierten an Truppen und Industriekapazitäten derartig überlegen, das sie langfristig auf jeden Fall gewonnen hätte.


Hasat Du das auch bei Asimov gelesen? Ich glaube, es war in seinem Buch "Drehmomente", in dem er nachgewiesen hat, dass die Konföderierten von Anfang an keine Chance hatten. Sie hatten zwar die tapfereren Soldaten und wahrscheinlich die bessere militärische Führung (dadurch hatten sie auch ihre anfänglichen Erfolge erzielen können), aber die Union hatte vor allem die wesentlich bessere Infrastruktur. Hinzu kam die Wirtschaftsmacht und das schier unerschöpfliche Reservoir an Soldaten. Da machte es nichts aus, dass viele frisch an die Front geschickten Soldaten einfach verheizt wurden. Demgegenüber tat den Konföderierten jeder gefallene oder verwundete Soldat richtig weh.

Wenn man es richtig bedenkt, haben die Amerikaner mit der gleichen Strategie im zweiten Weltkrieg den Pazifik-Krieg gegen Japan gewpnnen. Sobald die wirtschaftliche Kriegsmaschinerie angelaufen war, begann der Untergang der Japaner. Bis es soweit war, wurden die us-amerikanischen Truppen verheizt. (fein ausgedrückt; sie mussten sich mit ungeeigneten Mitteln gegen einen in allen Belangen überlegenen Gegner wehren).

"Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders
wäre, aber soviel kann ich sagen: Es muß anders werden, wenn es gut
werden soll." Georg Christoph Lichtenberg (1742 - 1799)

"Wenn Du ein Schiff bauen willst, so trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen,
Werkzeuge vorzubereiten, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen,
sondern lehre die Männer die Sehnsucht nach dem weiten endlosen Meer."
(Antoine de Saint-Exupéry)


#34 Kopernikus

Kopernikus

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Geschrieben 19 April 2010 - 21:19

@ Kopernikus:



Hasat Du das auch bei Asimov gelesen? Ich glaube, es war in seinem Buch "Drehmomente", in dem er nachgewiesen hat, dass die Konföderierten von Anfang an keine Chance hatten. Sie hatten zwar die tapfereren Soldaten und wahrscheinlich die bessere militärische Führung (dadurch hatten sie auch ihre anfänglichen Erfolge erzielen können), aber die Union hatte vor allem die wesentlich bessere Infrastruktur. Hinzu kam die Wirtschaftsmacht und das schier unerschöpfliche Reservoir an Soldaten. Da machte es nichts aus, dass viele frisch an die Front geschickten Soldaten einfach verheizt wurden. Demgegenüber tat den Konföderierten jeder gefallene oder verwundete Soldat richtig weh.

Wenn man es richtig bedenkt, haben die Amerikaner mit der gleichen Strategie im zweiten Weltkrieg den Pazifik-Krieg gegen Japan gewpnnen. Sobald die wirtschaftliche Kriegsmaschinerie angelaufen war, begann der Untergang der Japaner. Bis es soweit war, wurden die us-amerikanischen Truppen verheizt. (fein ausgedrückt; sie mussten sich mit ungeeigneten Mitteln gegen einen in allen Belangen überlegenen Gegner wehren).


Nix Asimov, etwas geschichtliche Allgemeinbildung noch mal etwas aufgefrischt (Auch wenn viele über wikipedia die Nase rümpfen, aber der Artikel zum Amerikanischen Bürgerkrieg ist ziemlich gut), kombiniert mit etwas gesundem Menschenverstand.
Was die Tatik des "ausblutens" des Gegners angeht: Exakt das war das Kalkül des Union-Oberkommandos, allen voran General William Tecumseh Sherman, der "Apologet des absoluten Krieges", der exakt diesen Gedankengang (Der Norden kann Verluste in beliebiger Höhe mit neuen Rekruten von den Einwandererschiffen und aus der wesentlich größeren Bevölkerung ersetzen, der unter der Blockade leidende Süden nicht) als Grundlage für seine Kriegsführung herangezogen hat. Auf die Spitze getrieben hat er das ganze im Jahr nach Gettysburg während des "Marsch zum Meer", der Vorstoß vom eroberten Atlanta in Richtung Savannah, bei dem mit beispielloser Grausamkeit alles niedergemtzelt und geplündert wurde, was dem Heer vor die Bajonette kam.

Der Vergleich mit dem zweiten Weltkrieg hinkt allerdings ein bisschen. Es ist richtig, es war von vornherein klar (Auch einigen hochrangigen japanischen Offizieren, aber die waren deutlich in der Minderheit), das die USA aufgrund ihrer gigantischen Überlegenheit an Ressourcen und Industriekapazitäten den Krieg langfristig auf jeden Fall gewinnen mussten. Aber von einem sinnlosen verheizen von Truppen in der Frühphase des Krieges kann keine Rede sein, da es ja überhaupt keine offensiven Aktionen durch die Amerikaner gegeben hat. Bis zur Schlacht von Midway hatten die Japaner die Initiative und haben diese ausgenutzt, die Amerikaner waren in der Defensive. Wirklich in die Offensive gegangen sind die Amerikaner mit ihrer Taktik des "Inselspringens" erst, als ihre Materielle Überlegenheit ihnen bei jeder Schlacht einen Sieg quasi garantiert hat. Eine Analogie zur Kriegsführung der Nordstaaten findet man im zweiten Weltkrieg eher bei der Kriegsführung der Sowjetunion (Infanteriesturmangriffe bis den deutschen die Munition ausgeht, völlig egal wie viele Verluste es kostet, es sind ja genug Reserven da...)

Eine sehr empfehlenswerte Romanaufarbeitung des Themas "Sieg der Südstaaten" ist übrigens auch Harry Turtledoves "Timeline 191"-Zyklus, den ich hier schon mal kurz präsentiert habe. Die Grundidee (Sieg der Konföderierten bei Antietam, dadurch keine Proklamation der Sklavenbefreiung durch Lincoln, Großbritannien und Frankreich intervenieren zugunsten der Südstaaten) wird zwar nur kurz angerissen, aber die Folgen, die Turtledove aus diesem Ereignis extrapoliert sind deutlich logischer und plausibler als bei Moore. Eine sehr empfehlenswerte Reihe.

#35 Amtranik

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Geschrieben 19 April 2010 - 21:47

Die Midway-Schlacht war eine glückliche Fügung für die USA. In Anbetracht der Tatsache das Japan den großteil seiner Träger verlor war dieses Gefecht im Prinzip der frühe Knockout für das Kaiserreich. Da Schiffe insbesondere Flugzeugträger nicht ganz so zügig herzustellen sind wie Panzer oder Flugzeuge hätte sich bei einem anderen Ausgang der Konflikt im Pazifik recht lange hinziehn können, vermutlich aber mindestens ebenfalls bis zum August 45. Die Bombe hätte dann spätestens entschieden. Das Tragische ist wohl das es allerdings weit weniger Soldatenleben gekostet hätte, denn das "Inselhopping" war extrem blutig.

#36 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 04 Juni 2010 - 17:04

Ein Monat und eine halbe Woche nach dem letzten "Abgabetermin" bin ich jetzt auch endlich zum Schluss des Buchs gekommen; ich sag's ja, manchmal lese ich einfach zu langsam!

Ich werde jetzt derart spät nicht auf all die interessanten Posts oben eingehen, möchte mich aber hawas Fazit anschließen:

Mir hat das Buch allerdings insgesamt richtig gut gefallen.

:(

Und zwar fing das Ganze recht stockend für mich an, weil es ein wenig im Stil des klassischen Südstaatenromans beginnt, aber nicht ganz so stilistisch beeindruckend wie Faulkner. Auch schafft Moore m.E. nicht die Spannung und Verflechtung des Lesers mit den Figuren im Buch wie z.B. Sturgeon in Ersten ihrer Art, dessen Schreibe aber auch so einen "südlichen" Flair kultiviert.

Aber nach und nach - so ca. ab der Sache mit den falschen Pesetas - wird dann die fremde Welt doch so interessant, dass es mich mitriss. Die Zeit in der kultur-geborgenen Idylle von Haggershaven, besonders die ständigen Referenzen zu "Entdeckungen", die wir schon aus dem 20. Jahrhundert kennen, Catalina - das las sich alles spannend und flüssig. Besonders gefiel mir die resolute Erfinderin Ms. Haggerwells, die ihre Eifersuchtstendenzen nicht im Griff hat, aber dafür ihre Masse-Energie-Raum-Zeit-Gleichungen! :D Tolle Erscheinung!

Das vorletzte Kapitel (im engl. Original gleichnamig wie der Romantitel, "Bring the Jubilee") ist natürlich der Knaller.
Spoiler


Im letzten Kapitel fand ich noch entzückend, dass daran erinnert wird, dass der zentrale Plot ja gleich mit dem 1. Satz des Buches verraten wird. Das hatte ich aber im Laufe der Kapitel evtl. wg. Moores Wortreichtum verdrängt. Netter Trick! :D

Ein beeindruckender Roman - und einer, den ich wohl ohne den Lesezirkel nie gelesen hätte... Fazit: :thumb: (S. oben!)

P.S.: Varley hat in Millenium also gar nicht diese innovative Idee mit der "verbrauchten" Raumzeit
Spoiler
erfunden! Das war wohl Moore - zwar nicht auf universeller, sondern nur individueller, Basis, aber immerhin... Beeindruckend fruchtbare Idee!

/KB

Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?

Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.

Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

(Leiter eines US-Congress-Kommittees vs. Erfinder des effektivsten Handlasers, den es je gab, grob übersetzt aus der 1. KG aus Best of Frank Herbert 1965-1970, im Sphere-Verlag, Sn. 38 & 39, by Herbert sr.)



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