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Ted Chiang, Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes


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45 Antworten in diesem Thema

#1 Jakob

Jakob

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Geschrieben 18 Januar 2012 - 11:16

Bis auf eine habe ich nun alle Geschichten gelesen - ich konnte nicht mehr an mich halten und habe schon mal eine Amazon-Rezi verfasst, die ich hier einfach mal herkopiere: Ted Chiang hat für so ziemlich jede seiner Geschichten mindestens einen wichtigen Science-Fiction-Literaturpreis nach Hause getragen, und es besteht kein Zweifel daran, warum. Jede Einzelne ist nämlich konzeptionell durchdacht, pointiert und bewegend und erschafft auf engem Raum und mit klarer, einfacher Sprache komplexe Figuren und Situationen. Die Eröffnungsgeschichte des Bandes, "Der Turmbau zu Babel", ist Chiangs erste Geschichte überhaupt und stellt noch ganz die Idee in den Vordergrund, eine Welt zu erschaffen, die physikalisch glaubwürdig ist, aber dem Aufbau nach den Vorstellungen alttestamentarischer Zeiten entspricht. Hier arbeiten sich die Menschen mit dem Turmbau zu Babel an das Himmelsgewölbe heran, kreuzen auf dem Weg die Bahnen von Sonne, Mond und Sternen und graben sich schließlich ins Himmelsgestein selbst vor, alles um dem Herrn näherzukommen ... die Geschichte ist nicht nur ein amüsantes Gedankenspiel, sondern auch eine schöne Reflexion darauf, dass man als Teil des Universums niemals die Rolle eines absoluten, außenstehenden Beobachters einnehmen kann und das religiöse Erfahrung deshalb mehr mit einem Gefühl der Unabgeschlossenheit als mit dem der Erfüllung zu tun hat. (Man muss an dieser Stelle anmerken, dass es bei Chiang sehr oft und ernsthaft um religiöse Erfahrungen geht, niemals aber um die Vermittlung religiöser Weltbilder. Wenn überhaupt dürften seine Geschichten sich wohl als Kritik religiösen Denkens verstehen lassen, die aber das menschliche Bedürfnis nach religiösen Erfahrungen anerkennt.) Um die Möglichkeit religiöser Erfahrung in einem Universum, das physikalischen Gesetzen unterworfen ist und nicht dem Willen eines Schöpfers, geht es auch in "Geschichte deines Lebens", einer Erstkontaktgeschichte, in der sich anhand der Schrift einer die Menschheit besuchenden Alienrasse zeigt, dass diese das physikalische Universum in grundsätzlich anderer Weise, aber ebenso zutreffend beschreibt. Gleichzeitig auch eine todtraurige und heiter-gelassene Geschichte darüber, wie andere Menschen Teil unseres Lebens sind und wie sie wieder aus unserem Leben verschwinden. Und ein enorm konsequent umgesetztes SF-Konzept, eine Fremdheit, die den Leser nicht wie ein Paukenschlag überfällt, sondern sich ganz langsam aufbaut, um dann mit einem mal leise in ihrer ganzen, erschütternden Gewalt offenkundig zu werden. In der Titelstory "Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes" geht es dann wieder explizit um Religion, diesmal in einem schrägen, ironischen Szenario, in dem die Menschen regelmäßig von Gottes Engeln heimgesucht werden, mit oftmals zerstörerischen Folgen. Die letzte Geschichte, "Ausatmung", dreht sich ähnlich wie die erste noch einmal um die Endlichkeit des Universums und den Versuch, seinen Frieden mit dem Tod zu machen - in einer ungeheuer abgedrehten SF-Welt, die das Thema in poetischer Dichte buchstäblich verkörpert. All das in einer guten Übersetzung und wunderschönen Gestaltung - mehr kann man sich von SF oder überhaupt von Literatur nicht wünschen!
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

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#2 Trurl

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Geschrieben 18 Januar 2012 - 13:03

Hallo Jakob, danke für diese kluge und informative Rezi. Eingefügtes Bild

Macht Lust sich mit einem Autor zu beschäftigen, den ich leider noch nicht kenne, mir aber schon vorgemerkt habe. Vielleicht schafft es diese Kurzgeschichtensammlung ja in den Lesezirkel für den März 2012.

LG Trurl
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#3 Pogopuschel

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Geschrieben 18 Januar 2012 - 14:03

Mich haben die Geschichten sehr überrascht. Ich hatte immer gedacht, dass Chiang als Informatiker technische Geschichten schreiben würde. Aber sie haben mir sehr gut gefallen. Vor allem »Der Händler am Tor des Alchemisten«. Das war mal eine richtig tolle Zeitreisegeschichte.

#4 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 18 Januar 2012 - 17:47

Bevor ich jetzt lange in der "geschwärzten" Wikipedia danach suche, teilt mir bestimmt einer von euch netterweise den Originaltitel mit? Bütte!

/KB

Yay! Fantasy-Dialog Ende Januar...
Prof.: Dies sind die Bedingungen meiner Vormundschaft. (schiebt 2 Seiten über den Tisch) [..]

Junge: (schockiert, aber er nickt)

Prof.: Sehr gut... Noch eine Sache. Es fällt auf, dass du noch keinen Namen hast. Du benötigst einen.

Junge: Ich habe einen! -...

Prof.: Nein, das genügt nicht. Kein Engländer kann das aussprechen. Hatte Fräulein Slate dir einen gegeben?

Junge: ... Robin.

Prof.: Und einen Nachnamen. [..]

Junge: Einen [anderen] Nachnamen... aussuchen?

Prof.: Englische Leute erfinden sich namentlich ständig neu.

(Studierter Brite in besten Jahren, vs. dem Jungen, den er vor kurzem vorm Verenden in einem chinesischen Slum rettete, grob übersetzt aus Babel, im Harper-Voyager-Verlag, S. 11, by Kuang)


#5 Jakob

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Geschrieben 18 Januar 2012 - 17:52

Bevor ich jetzt lange in der "geschwärzten" Wikipedia danach suche, teilt mir bestimmt einer von euch netterweise den Originaltitel mit? Bütte!


Diese Zusammenstellung gibt es in der Form nicht auf Englisch - es gibt den dickeren Storyband "Story of your life and others", da sind aber die letzten beiden Erzählungen aus der Golkonda-Ausgabe nicht mit drin.
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#6 karla

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Geschrieben 18 Januar 2012 - 17:55

Klingt sehr spannend, wird sofort gekauft, ist genau das, wonach es mich gerade gelüstet.

Mir ist neulich ein Straßenschild aufgefallen, das hat auf facebook die Runde gemacht:

"God wants spiritual fruit, not religious nuts."

Ich nehme an, wenn man "Religion" von "spiritueller Erfahrung" trennt, die in den meisten spirituellen / religiösen Traditionen auf eine "Einheitserfahrung mit dem Größeren" (Gott, Kosmos, kollektives Unbewusstes, Noosphäre, Quantenquark, wasssss auch immer) hinausläuft, dann umgeht man dieses merkwürdige Gefühl, das mich immer beschleicht, wenn ich über das Thema nachdenke.
Weil, ich glaub ja nicht an den alten Mann mit dem weißen Bart, für mich ist der nichtmal tot.
Mit Spiritualität als menschlicher Grunderfahrung bzw. mit dem Bedürfnis danach, komme ich weit besser klar, als mit Religion.

(Kann es übrigens sein, dass das Bedürfnis nach Spiritualität auf den dringenden Wunsch hinaus läuft, nicht so ganz allein in die Welt geworfen zu sein? Eingefügtes Bild Eingefügtes Bild Eingefügtes Bild )

#7 raps

raps

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Geschrieben 19 Januar 2012 - 09:55

Hallo miteinander,
für die Geizkragen unter uns möchte ich kurz den Link zu Changs Gratisstorys im Netz angeben:

http://www.freesfonl...Ted_Chiang.html

Auf der Seite liest man auch, dass der Mann trotz seines geringen Outputs schon 4 Hugos hat.
Ich selbst habe bisher nur die Alchemisten-Story sowie "Division by Zero". Beide waren handwerklich offensichtlich herausragend. Allerdings erinnere ich mich by "Division" nicht mehr an Einzelheiten, und beim "Alchemisten" dachte ich einerseits: "Oh, Wilhelm Hauff lebt und schreibt jetzt SF-Geschichten." Andererseits störte mich irgendwie das schicksalhafte Element im Plot, da machte es sich Chang für meinen Geschmack zu einfach - aber fragt mich jetzt nicht mehr nach Genauerem, die Lektüre liegt schon 2-3 Jahre zurück.

Weil, ich glaub ja nicht an den alten Mann mit dem weißen Bart, für mich ist der nichtmal tot.
Mit Spiritualität als menschlicher Grunderfahrung bzw. mit dem Bedürfnis danach, komme ich weit besser klar, als mit Religion.

(Kann es übrigens sein, dass das Bedürfnis nach Spiritualität auf den dringenden Wunsch hinaus läuft, nicht so ganz allein in die Welt geworfen zu sein? Eingefügtes Bild Eingefügtes Bild Eingefügtes Bild )


Hallo, Karla,
das führt jetzt weg vom Thema Ted Chiang, aber ich wollte Dir nur kurz beipflichten. Ich war als knochenharter Atheist vor etwa 10 Jahren mal zu Heiligabend im Gottesdienst (als Chauffeur meiner Mutter, die da hinwollte), und als zum Abschluss die Protestanten sich von ihren Stühlen erhoben und "Oh du fröhliche" sangen, war ich doch beeindruckt und dachte mir: "Wow, wenn ich an den religiösen Gehalt der Bibel glaubte, empfände ich mich jetzt, in diesem Moment als Teil einer großen, wichtigen Gemeinschaft und wäre glücklich."
Schade, dass ich nur an den Großen Kürbis glaube. Eingefügtes Bild




Noch etwas allgemein zur "Alchemisten"-Story: Ich habe gerade mal eine Kurzrezi hervorgesucht, die ich vor Jahren verfasst habe.
Grüße, Rainer

Ted Chiang - The Merchant and the Alchemist’s Gate (Fantasy & Science Fiction 2007)
Ted Chiang gilt als einer der größten Stilisten innerhalb der Phantastik. In der vorliegenden Geschichte versucht er sich am Genre des Kunstmärchens - und das mit einigem Erfolg. Jeder interessierte Leser etwa der "Märchen aus 1001 Nacht" oder der arabischen Erzählungen Wilhelm Hauffs wird an diesem Text seine Freude haben. Allerdings lässt sich gegen "The Merchant" der gleiche Einwand erheben wie gegen die erste besprochene Erzählung: Ist das wirklich SF oder Fantasy im üblichen Sinne? Gut, es kommt ein Tor vor, mit dessen Hilfe man durch die Zeit reisen kann; ansonsten aber folgt "The Merchant" ganz den Erzählkonventionen der oben erwähnten Klassiker.
Der Tuchhändler Fuwaad ibn Abbas betritt in Bagdad einen neueröffneten Laden und kommt mit dessen Besitzer ins Gespräch. Dieser lädt ihn schließlich in eine Werkstatt im Hinterteil des Hauses ein, wo er ein Zeittor errichtet hat, durch das man - je nachdem, ob man es von links nach rechts oder in umgekehrter Richtung durchschreitet - 20 Jahre in die Vergangenheit bzw. in die Zukunft reist. Der Besitzer erzählt Fuwaad von Menschen, die ein identisches Tor in seinem zweiten Laden in Kairo benutzt haben. Und er erzählt, welchen Weg deren Leben dadurch genommen hat.
Grundtenor der Geschichten ist, dass unser Leben letztlich vorherbestimmt ist und die Wege des Herrn unbegreiflich sind. Diese religiöse Grundaussage wiederholt Chiang mehrfach, und zumindest sein Erzähler meint sie offensichtlich absolut ernst. Auch Fuwaad wird am Ende das Tor durchschreiten, den Unfalltod seiner geliebten Frau nicht ungeschehen machen können und dennoch ein gewisses Maß an Trost finden.
Fast alles, was Ted Chiang mit seiner Geschichte vollbringt, habe ich schon anderswo gelesen, einschließlich blumiger Phrasen wie "my fascination and respect bloomed like a flower warmed by the dawn." Dennoch ist allein schon bemerkenswert, wie geschickt er seine verschiedenen Handlungsstränge verknüpft. Außerdem merkt man seinem Märchen zumindest einmal ihr modernes Entstehungsdatum an, wenn eine gelangweilte Ehefrau in die Vergangenheit reist, um ihren Gatten noch einmal in der stürmischen Blüte seiner Jugend zu erleben. Was sie vorfindet, ist ein unbeholfener Knabe, den sie selbst erst in die Techniken des Liebesspiels einweihen muss. Diese Idee fand ich doch sehr amüsant.
Unter dem Strich bleibt ein gekonnt erzähltes Kunstmärchen mit dem einen kleinen Schönheitsfehler der "Vorherbestimmung", der mir wie ein billiger Versuch des Autors vorkam, den üblichen Problemen von Zeitreisegeschichten zu entgehen.

#8 Jakob

Jakob

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Geschrieben 19 Januar 2012 - 10:00

"Spirituell" ist vielleicht das bessere Wort, stimmt. Was das "nicht so allein in die Welt geworfen sein" angeht, hat die Titelgeschichte übrigens eine sehr grausame Pointe parat ...
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

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#9 molosovsky

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Geschrieben 22 Januar 2012 - 07:41

Freut mich narrisch, dass ihr so freundliche Worte für die deutsche Ausgabe von Chiangs Geschichten findet (vor allem Jakobs Lob für die Übersetzung ehrt mich, hat er doch für »Pandora« Nr. 2 die erste {exzellente} deutsche Übersetzung einer Chiang-Geschichte vorgelegt).

Als bekennender Pfaffenfresser und Heidenverhöhner kann ich nur zustimmen, dass ›Spiritualität‹ ein ganz geschickter Ausdruck für das Nachdenken, das sich Beschäftigen mit transzendentalem Kram ist. Wäre aber m.E. auch zulässig, das als ›Philosophieren‹ zu bezeichnen.

Chiangs Geschichten begeistern mich, weil er mit SF (nicht immer im Sinne von ›Science Fiction‹, sondern im Falle von »Der Turm zu Babel«, »Tor des Alchemisten« und der »Hölle ist Abwesenheit Gottes« im Sinne von ›Speculative Fiction‹) etwas macht, wozu sich dieses Genre — wie Phantastik überhaupt — besonders gut eignet: ‘ne flotte Story erzählen, gleichzeitig philosophisch-/spirituelle Fragen aufwerfen (bzw. Rätsel stellen, Anregungen geben).

Grüße
Alex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 22 Januar 2012 - 09:34.

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

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#10 karla

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Geschrieben 23 Januar 2012 - 14:07

Habs durch und bin begeistert. Meine Güte, was für inspirierende, genau, zum philosophieren anregende Geschichten!

#11 Lucardus

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Geschrieben 23 Januar 2012 - 17:51

Ich hab's jedenfalls schonmal auf meinen "Wunschzettel" gesetzt, damit ich es nicht vergesse.
Goodreads: Ich lese gerade" (sorry, nur für "Mitglieder" sichtbar)
Wer mal reinschauen will: http://www.goodreads.com/

#12 Trurl

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Geschrieben 24 Januar 2012 - 00:28

Tja, ich habe mir den Erzählband jetzt ebenfalls beschafft und die erste Geschichte bereits gelesen. Und weil es mich derart interessiert hat, wie die Geschichten geschrieben sind, habe ich den Banks-Roman Krieg der Seelen vorerst unterbrochen. Schade um den Lesezirkel.

Die Geschichte über den Bau des Turms von Babel hat mich jetzt nicht so gepackt, wie ich erhofft hatte. Sie ist schön erzählt, keine Frage, allerdings schätze ich den philosophischen bzw. spirituellen Gehalt den Jakob in ihr sieht als eher geringer ein. Die nette Pointe habe ich mir fast schon so gedacht und mit viel gutem Willen kann man die Erzählung auch als Metapher sehen, wie das Erkenntnisstreben des Menschen immer wieder auf ihn selbst zurückführt. Als spirituell motiviert habe ich die Geschichte eher weniger empfunden, trotz der zahlreichen Gottesbezeugungen und des religös begründeten Turmbau-Projekts. Aber das ist nur meine persönliche Meinung.

Wenn ich die anderen Stories durch habe, schreibe ich noch mehr dazu.

Bis demnächst

LG Trurl
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#13 Pogopuschel

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Geschrieben 24 Januar 2012 - 00:42

Tja, ich habe mir den Erzählband jetzt ebenfalls beschafft und die erste Geschichte bereits gelesen. Und weil es mich derart interessiert hat, wie die Geschichten geschrieben sind, habe ich den Banks-Roman Krieg der Seelen vorerst unterbrochen. Schade um den Lesezirkel.

Die Geschichte über den Bau des Turms von Babel hat mich jetzt nicht so gepackt, wie ich erhofft hatte. Sie ist schön erzählt, keine Frage, allerdings schätze ich den philosophischen bzw. spirituellen Gehalt den Jakob in ihr sieht als eher geringer ein. Die nette Pointe habe ich mir fast schon so gedacht und mit viel gutem Willen kann man die Erzählung auch als Metapher sehen, wie das Erkenntnisstreben des Menschen immer wieder auf ihn selbst zurückführt. Als spirituell motiviert habe ich die Geschichte eher weniger empfunden, trotz der zahlreichen Gottesbezeugungen und des religös begründeten Turmbau-Projekts. Aber das ist nur meine persönliche Meinung.


Ging mir auch so. Aufgrund der vielen Vorschusslorbeeren, hatte ich viel zu hohe Erwartungen an diese Geschichte, und war dann etwas über diesen vorhersehbaren Schluss enttäuscht. Schön geschrieben ist sie aber und die Beschreibungen des Turmbaus fand ich schon sehr beeidruckend.
Die restlichen Geschichten haben meine hohen Erwartungen dann aber durchaus erfüllt.

#14 Trurl

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Geschrieben 27 Januar 2012 - 01:19

Ich habe jetzt die Titel-Erzählung Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes beendet und muß ein Paar Gedanken heruntertippen, die mir bei der Lektüre so durch den Kopf geschossen sind.

Zunächst einmal das Positive.
Im Gegensatz zur ersten Geschichte, über den Turmbau zu Babel, ist diese hier intellektuell weitaus ergiebiger. Mir gingen während des Lesens ständig irgendwelche Gedanken zum Thema durch den Kopf, die mich am Lesefluss gehindert haben. Ich sehe das aber durchaus positiv. Die Geschichte geht ja von einem Gedankenspiel aus, der Vorstellung, dass Gott in der beschriebenen Welt nachweisliche Handlungen bewirkt. Es gibt Engelserscheinungen, die obwohl für einige Menschen katastrophal, auf andere nachhaltige religiöse Wirkungen ausüben. Gott ist also keine Frage des Glaubens, sondern des Wissens. Es ist also nicht fraglich ob Gott existiert, sondern nur in welcher Weise er die Menschen beeinflusst und zu welchem Zweck. Deshalb sind die Personen in der Geschichte, durch unterschiedliche Schicksalsschläge gezeichnet, permanent auf der Suche nach dem Grund ihres Schicksals, den sie, im göttlichen Willen, zu erraten versuchen. Am Ende erfährt jede der Hauptpersonen ihre persönliche Offenbarung und Aussöhnung mit dem eigenen Schicksal und Gott.

Wie soll ich diese Geschichte nun bewerten? Ich muss gestehen, dass mir im Laufe der Erzählung immer mulmiger zumute wurde, weil mir immer bewusster wurde, wie schrecklich eine Welt ist, in der man weder frei in seiner Entscheidung ist, noch seinem vorgezeichneten Schicksal entgehen kann und man hilflos willkürlich agierenden, unbekannten Mächten ausgeliefert ist, die man gleichfalls weder kontrollieren noch sich ihnen widersetzen kann. In einer Welt die ontologisch wertneutral ist, wie der unseren, in der man göttliches Wirken, Wunder, nur dann wahrnimmt wenn man bereits gläubig ist, muss man Schicksalsschläge als Zufälle interpretieren, die einem einfach so passieren, ohne dass sich dahinter ein Plan oder eine moralische Handlungsaufforderung verbirgt. In Chiangs Geschichte ist die Welt dadurch, dass eine transzendente Macht am Werk ist, ontologisch wertbehaftet. Es gibt keinen naturgesetzlich geregelten Zufall. Alle menschlichen Handlungen werden von einer höheren Instanz bewertet und danach entschieden, ob man nach dem Tod in den Himmel aufsteigt oder in der Hölle landet. Die Kriterien dieser Bewertung sind allerdings völlig intransparent und nach menschlichen Maßstäben nicht nachvollziehbar und scheinbar willkürlich. So landet zum Beispiel ein Serienmörder, nach seiner Hinrichtung zur Überraschung Aller im Himmel statt in der Hölle, Neil Fisks Frau Sarah stirbt qualvoll bei einem Engelsevent, obwohl sie tief religiös ist. Das sind Ereignisse, die die Menschen in dieser Welt verwirren und sie geradezu zwanghaft nach dem Grund ihres Daseins fragen lässt. Erlösung suchen sie deshalb in den zwar zahlreichen, aber in Ort und Zeit scheinbar zufällig stattfindenden Engelsereignissen.

Was mir nicht ganz schlüssig erscheint, ist die, vielleicht durch amerikanische Hegemonievorstellungen vorbelastete Annahme, dass der einzig mögliche Gott ein christlicher sein muss. Von anderen Göttern, bzw. von einer neutralen Gottesvorstellung (was immer das auch sein mag), liest man jedenfalls nichts. Möglicherweise ist das aber nur eine sarkastische Anspielung auf allzu naive kreationistische Vorstellungen, deren Vertreter sich ja so eine Welt wie sie Chiang darstellt, durchaus vorstellen können oder sie sich sogar genau so wünschen. Ebenfalls hatte ich ständig das Gefühl, die Winchester-Brüder aus der Serie Supernatural würden gleich um die Ecke kommen. Dort herrscht ja ein ähnliches Szenario.

Außerdem fand ich die Annahme unplausibel, dass in einer von göttlicher Einflussnahme völlig durchwirkten Welt, sich die naturwissenschaftliche Vorstellung einer Welt mit Naturgesetzen, in der zufällige Ereignisse stattfinden können, überhaupt etablieren könnte. Neil Fisk sah ja als Ursache für seine Körperbehinderung einen natürlichen, zufälligen Grund und lehnte ausdrücklich eine göttliche Bestrafung als Grund ab. In einer Welt wo alle Entscheidung und Ereignisse moralisch bewertet werden, scheint mir eine solche geistige Haltung schwer möglich.

Das schöne an dieser Geschichte ist, dass dieses Gedankenspiel Auslöser für weitere Überlegungen ist, sich dem Thema Religion unter verschieden Aspekten zu nähern. Das kann auch für jemand wie mich, als ausdrücklichem A-Theisten, ergiebig sein und die eigene Position schärfen. Auch wenn ich mir auch hier gewünscht hätte, wenn die Erzählung ein klein wenig unterhaltsamer und peppiger dahergekommen wäre…

Bis demnächst

LG Trurl

Bearbeitet von Trurl, 27 Januar 2012 - 01:20.

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#15 molosovsky

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Geschrieben 27 Januar 2012 - 09:40

Was mir an der Titelgeschichte »Die Hölle ist die Abwesenheit Gottes« als besonders lustig aufgefallen ist: einerseits die (wie Trurl so schön zusammenfasst) völlig intransparente, unnachvollziehbare Art und Weise, wie entschieden wird, wer in den Himmel kommt und wer nicht. Es wirkt dann wie eine vergebliche Bemühung der Menschen, wenn andererseits die Engelserscheinung akribisch statistisch auseinandergedröselt werden (so und so viele Wunder-Heilungen und Wunder-Missbildungen, so und so viele Unfälle, X-Betrag $ Sachschaden).

Ansonsten denke ich, dass die Geschichte keineswegs eine völlig vom himmlischen Wirken durchdeterminierte Welt schildert. Wissenschaftliche Erkenntnis oder die Verneinung Gottes lassen sich mit dem Freien Willen ™ erklären, der ein Element der Unberechenbarkeit einbringt.

Spoiler


Grüße
Alex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 27 Januar 2012 - 09:47.

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

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#16 Trurl

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Geschrieben 27 Januar 2012 - 11:59

Ansonsten denke ich, dass die Geschichte keineswegs eine völlig vom himmlischen Wirken durchdeterminierte Welt schildert. Wissenschaftliche Erkenntnis oder die Verneinung Gottes lassen sich mit dem Freien Willen ™ erklären, der ein Element der Unberechenbarkeit einbringt.

Spoiler


Grüße
Alex / molo

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Du hast definitiv zu viel Eco gelesen...

Bezüglich der göttlich determinierten Welt bin ich gerne bereit auch andere Sichtweisen gelten zu lassen, wie die eines Schöpfergottes, der alles erst in die Wege leitet und nur punktuell eingreift, warum? Who knows. Gottes Wege sind ja bekanntlich unerschöpflich. Ist natürlich irgendwie unbefriedigend, weil: wie soll ich mich konkret verhalten um gottgefällig zu sein? Denn, wie die Geschichte schön zeigt, egal was ich tue, Gott handelt sowieso nach eigenem Gusto.

Also, wenn ich wählen darf in welcher Welt ich leben will, dann bleibe ich lieber in dieser hier. Auch wenn sie
materiell,
kalt,
einsam,
egoistisch,
und zufällig ist,
aber wenigsten von keinem herzlosen Obermotz heimgesucht wird, der mit den Menschen Psychoroulette spielt und sie am Ende, wenn sie Glück haben, mit Gehirnwäsche belohnt (Gott ist die Liebe und so) und wenn sie Pech haben dort hinschickt, wo keine Sonne scheint..., wo sie verdammt sind bis in alle Ewigkeit Gott lieben zu müssen (als Höchststrafe).

LG Trurl

Bearbeitet von Trurl, 27 Januar 2012 - 12:25.

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#17 Amtranik

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Geschrieben 27 Januar 2012 - 12:25

Jetzt habt Ihr mich so heiß gemacht, ich fang das sofort nächste Woche auch an...Eingefügtes Bild

#18 Pogopuschel

Pogopuschel

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Geschrieben 27 Januar 2012 - 13:40

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Du hast definitiv zu viel Eco gelesen...

Bezüglich der göttlich determinierten Welt bin ich gerne bereit auch andere Sichtweisen gelten zu lassen, wie die eines Schöpfergottes, der alles erst in die Wege leitet und nur punktuell eingreift, warum? Who knows. Gottes Wege sind ja bekanntlich unerschöpflich. Ist natürlich irgendwie unbefriedigend, weil: wie soll ich mich konkret verhalten um gottgefällig zu sein? Denn, wie die Geschichte schön zeigt, egal was ich tue, Gott handelt sowieso nach eigenem Gusto.

Also, wenn ich wählen darf in welcher Welt ich leben will, dann bleibe ich lieber in dieser hier. Auch wenn sie
materiell,
kalt,
einsam,
egoistisch,
und zufällig ist,
aber wenigsten von keinem herzlosen Obermotz heimgesucht wird, der mit den Menschen Psychoroulette spielt und sie am Ende, wenn sie Glück haben, mit Gehirnwäsche belohnt (Gott ist die Liebe und so) und wenn sie Pech haben dort hinschickt, wo keine Sonne scheint..., wo sie verdammt sind bis in alle Ewigkeit Gott lieben zu müssen (als Höchststrafe).

LG Trurl


In der Geschichte ist das einzig Schlimme an der Hölle, die Abwesenheit Gottes. Insofern wäre es für mich recht erstrebenswert, in die Hölle zu kommen.Eingefügtes Bild

#19 Trurl

Trurl

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Geschrieben 27 Januar 2012 - 14:19

In der Geschichte ist das einzig Schlimme an der Hölle, die Abwesenheit Gottes. Insofern wäre es für mich recht erstrebenswert, in die Hölle zu kommen.Eingefügtes Bild

Ja Eingefügtes Bild, aber nur, wenn es so ist wie in folgendem Witz:

Atheist kommt in die Hölle.
Der Teufel führt ihn umher und dort sieht es aus wie auf Mallorca am Strand, alle sind fröhlich, entspannt und vergnügt. Der Atheist ist verwundert und wie sie so herumlaufen, kommen sie plötzlich an einen Ort der so gar nicht in die Umgebung passt. Es handelt sich um ein flüssiges Becken voll mit Pech und Schwefel, in dem sich Menschen voller Qual winden und in Ihrem Elend jammern und klagen. Der Atheist ist erschrocken und fragt den Teufel, was die Menschen verbrochen haben um solche Qualen zu erleiden. Und der Teufel antwortet: "Ach... das sind nur die Christen, die wollen das so!"

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LG Trurl
»Schau dir diese Welt nur richtig an, wie durchsiebt mit riesigen, klaffenden Löchern sie ist, wie voll von Nichts, einem Nichts, das die gähnenden Abgründe zwischen den Sternen ausfüllt; wie alles um uns herum mit diesem Nichts gepolstert ist, das finster hinter jedem Stück Materie lauert.«

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#20 molosovsky

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Geschrieben 27 Januar 2012 - 16:36

Chiang Geschichte folgt schon bestimmten christlichen Vorstellungen*:

Man darf Gott nicht zwingen, noch darf man versuchen, sein gegebenes Schicksal abzukürzen.
Tut man das doch, dann sind eben die bisher geltenden Regeln (Himmelslicht sehen = automatische Eintrittskarte in den Himmel) nicht mehr gültig.

Grüße
Alex / molo

* auch wenn ich nicht ganz sicher bin, welchen genau.

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#21 Lucardus

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Geschrieben 05 Februar 2012 - 12:11

Ich hab's jedenfalls schonmal auf meinen "Wunschzettel" gesetzt, damit ich es nicht vergesse.

Die ersten beiden Stories habe ich gelesen. Eine Sache ist mir noch unklar beim Turmbau:

Spoiler


Ansonsten aber bisher sehr schöne Stories, die Kontaktaufnahme mit den Aliens ist auch hoch interessant vom Ansatz.
Ich kann zwar nicht beurteilen, ob die Übertragung authentisch den Stil von Chiang wiedergibt, aber ich finde die deutsche Ausgabe sprachlich sehr schön und sorgsam ausgearbeitet. Also platt gesagt: es lässt sich flüssig lesen ohne platt und simpel zu wirken. Der Satzbau vermittelt eine Leichtigkeit, die viel Arbeit dahinter vermuten lässt. Und das ist keine Schleimerei, weil ich molo einen Gefallen tun möchte.

Mich würde mal interessieren, ob molosovsky bei der zweiten Story einen Physiker und einen Linguisten zu Rate gezogen hat. Es kommt ja doch einiges an fachlichen Begriffen vor, wo man sich vielleicht nicht unbedingt auf die wikipedia verlassen möchte.

Die Gestaltung des Bandes ist auch sehr schön und erinnert irgendwie an "Pandora". Aber das wird sicherlich nicht von ungefähr kommen. Eingefügtes Bild

Kann es sein, dass der Künstler des Autorenporträits vergessen wurde zu erwähnen? Eingefügtes Bild

Bearbeitet von Lucardus, 05 Februar 2012 - 12:13.

Goodreads: Ich lese gerade" (sorry, nur für "Mitglieder" sichtbar)
Wer mal reinschauen will: http://www.goodreads.com/

#22 molosovsky

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Geschrieben 05 Februar 2012 - 12:27

Hi Lucardus.

Zu der Frage im Spoiler (zu "Der Turm von Babel"):
Spoiler


Für "Geschichte Deines Lebens" habe ich einen kleinen "Quer durchs deutsche und englische Internet-Crashkurs" in Sachen Linguistik und Physik absolviert. Schlicht um absolut sicher zu gehen, dass die Terminologien dieser Fachgebiete stimmen, haben die im Impressum erwähnten Herren Experten den Text zur Kontrolle gelesen. Das hat definitiv geholfen, einige Sätze eleganter zu gestalten.

Und der Linguist hat für eine besonders haarige Stelle eine brillante "hau den Gordischen Knoten einfach mitten durch"-Lösung angeboten, die ich mich allein nicht getraut hätte. (Gemeint ist gegen die Stelle mit dem Satz "The rabbitt is ready to eat").

Stolz bin ich (nach anfänglichen Zweifeln) auf die "mehr Schweinchen" / "Meerschweinchen"-Lösung für das englische homophon "made of honour" / "maid of honour". Anfangs war ich unsicher, ob die Lösung nicht doch zu platt und kalauerig ist, aber Hannes fand sie passend und hat mich beruhigt.

Ansonsten danke ich für die lobenden Worte!

Grüße
Alex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 05 Februar 2012 - 12:32.

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#23 Pogopuschel

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Geschrieben 05 Februar 2012 - 14:25

"Gesichte deines Lebens" finde ich ganz toll übersetzt. Wegen der Meerschweinschen Sache habe ich mir extra die englische Fassung im Internet gesucht um zu vergleichen.

#24 Trurl

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Geschrieben 05 Februar 2012 - 18:23

Vielleicht darf ich zu der im Spoiler von Lucardus angesprochenen Frage auch noch meinen Senf dazu geben:

Eingefügtes Bild
Spoiler


Ich hoffe das es einigermaßen klar wurde, was ich sagen wollte. Nicht ganz einfach Mathematik in Worten bildlich darzustellen... Eingefügtes Bild

LG Trurl

Bearbeitet von Trurl, 06 Februar 2012 - 01:06.

»Schau dir diese Welt nur richtig an, wie durchsiebt mit riesigen, klaffenden Löchern sie ist, wie voll von Nichts, einem Nichts, das die gähnenden Abgründe zwischen den Sternen ausfüllt; wie alles um uns herum mit diesem Nichts gepolstert ist, das finster hinter jedem Stück Materie lauert.«

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#25 Klaus N. Frick

Klaus N. Frick

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Geschrieben 08 September 2012 - 22:33

Ich hab' das Buch auf der PERRY RHODAN-Homepage rezensiert; zumindest gab's einige Rückmeldungen von Leuten, die sich dann das E-Book geholt haben. Übrigens sogar einer unserer Autoren ... Hier der Link zu meiner Rezension: http://www.perry-rho...ted-chiang.html

#26 valgard

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Geschrieben 09 September 2012 - 05:22

Ich hab' das Buch auf der PERRY RHODAN-Homepage rezensiert; zumindest gab's einige Rückmeldungen von Leuten, die sich dann das E-Book geholt haben. Übrigens sogar einer unserer Autoren ... Hier der Link zu meiner Rezension: http://www.perry-rho...ted-chiang.html

Dann bin ich nicht alleine damit das die Geschichten schon ihre Schwierigkeiten hatten.
Positiv gemeint.
Eine ganz andere Leseerfahrung, die man ich wirklich mal "an tun" sollte.

lothar
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#27 Amtranik

Amtranik

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Geschrieben 09 September 2012 - 09:43

Eine ganz andere Leseerfahrung, die man ich wirklich mal "an tun" sollte.

lothar


Stimmt. War neben David Marusek ( auch wenn der ganz anders schreibt ) mit die beste KG-Sammlung die ich bisher gelesen habe. Ein toller Autor.

#28 Klaus N. Frick

Klaus N. Frick

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Geschrieben 12 September 2012 - 15:59


Stimmt. War neben David Marusek ( auch wenn der ganz anders schreibt ) mit die beste KG-Sammlung die ich bisher gelesen habe. Ein toller Autor.

Hm. Den Marusek habe ich noch im Lesestapel. Kommt auch noch dran. Aber als nächstes fische ich mir olle Kurzgeschichten vom ebenso ollen Jack Vance ausm Regal. Mal vergleichen ...

#29 martin089

martin089

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Geschrieben 23 September 2012 - 14:36

Ich habe die Ted Chiang Geschichten vor längerem gelsen und war schwer begeistert. Alle Geschichten sind eigentlich gut durchdachte Gedankenexperimente, die mit ein paar Prämissen anfangen und dann sehr konsequent sind. Worüber ich beim lesen aber oft gestolpert bin, ist das eine der Prämissen (die in mehr Geschichten auftaucht) ein deterministisches Weltbild ist in dem freier Wille im engerem Sinne nicht vorkommt. "Hölle ist die Abwesenheit Gottes" war für mich eine Illustration von der Gottergebenheit, die echte Christen an den Tag legen müssen. Also absurde, grausame Unfälle als Ausdruck göttlichen Willens und deshalb gut interpretieren müssen.

#30 Jaktusch † 

Jaktusch † 

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Geschrieben 22 November 2013 - 23:14

Das Buch ist kommenden Sonntag Thema in "druckfrisch". (ARD, 24.11.13, 23h35) Jaktusch
Man erwirbt keine Freunde, man erkennt sie.


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