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Sci-Fi und Fantasy - warum winken da manche Leser ab?


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50 Antworten in diesem Thema

#1 Sah-Gahn

Sah-Gahn

    Yoginaut

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 16:06

Ich möchte diesmal eine Lanze brechen für Science-Fiction und Fantasy Literatur.
Fans dieser Literaturgattung werden das zwar nicht nötig haben.
Ich wende mich aber mit diesem Beitrag auch eher ans allgemeine Literaturpublikum, das vielleicht auch mal hier reinguckt.
Außerdem würde mich wirklich die Meinung von anderen Science-Fiction und Fantasy Lesern dazu interessieren.
Leider werden diese Genres von vielen Lesern immer noch falsch eingeschätzt. Phantastik, bzw. Fantasy sind nicht nur Märchen von Elfen, Zwergen, Magiern, Hexen oder adligen Vampiren. Das ist Fantasy zwar auch.
Aber Fantastik beinhaltet durchaus ernstzunehmende Literatur. Auch Edgar Allan Poe schrieb Fantastik, wenn auch eine ziemlich düstere. Zur Fantastik zu rechnen ist auch der Spanier Ruiz Zafon, der den Roman – „Der Gefährte des Windes“ und – „Das Spiel der Engel“, geschrieben hat.
Aber auch die Geschichten über Elfen, Zwerge, Drachen usw. sind nicht unbedingt Plagiate von Tolkien oder Kindergeschichten. Es sind, nicht immer, aber auch, vollkommen autonome Geschichten für Erwachsene, mit den unterschiedlichsten Themen, die aber in einer Parallelwelt spielen oder Magie beinhalten, die durchaus nicht immer alles einfacher macht.
Im Gegenteil.
Genau dasselbe gilt für Science-Fiction. Science-Fiction sind keine Seifenopern mit Raumschiffen.
Science-Fiction kann einfach nur Abenteuer sein, enthält auch immer einen Schuss Fantasy.
Sciene-Fiction kann literarisch wertvoll sein, wissenschaftliche Aspekte enthalten, Krimi, Abenteuer, Gesellschaftskritik, Politik usw. beinhalten, oder eben alles zusammenführen.
Visionen enthält sie immer. Deswegen heißt es Science-Fiction.
Aber woran liegt es eigentlich, das bei diesen speziellen Genres von Literaturfans oft sogar verächtlich abgewinkt wird? Alles schon erlebt.
Woran liegt es das Leute glauben, Fantasy/Science-Fiction sei nur was für Kinder und Jugendliche?
Ich für meinen Teil denke, das dieses öffentliche Bild, von der überbordenden Flut an Plagiatsveröffentlichungen kommt, die seit Tolkien von den Verlagen auf den Markt geworfen wurden, weil man ja so toll viel Geld damit verdienen kann.
Die guten und durchaus auch literarisch wertvollen Fantasy-Geschichten, werden dabei übersehen.
Science-Fiction - nun ja warum Science-Fiction eigentlich von manchen Lesern ins Abstellgleis geschoben wird, weiß ich nicht.
Irgendwie scheint es nicht rüberzukommen, das dieses Genre durchaus nicht abgehoben, zu versponnen, oder eben nicht mit Fantasy in einen Topf zu werfen ist.
Liegt das am Marketing der Verantwortlichen?
Oder ebenfalls an der Übersättigung des Marktes durch massenhaft auftretende Star Wars Plagiate?
Vielleicht kann das jemand beantworten oder einfach mit spekulieren.
Schöne Grüße
von Sah-Gahn.
Ich schreibe, weil ich eine Geschichte habe.
Schön wenn sie den Lesern gefällt.
Ich schreibe weil es meine Art ist sich auszudrücken, weil ich Zustände kritisieren, weil ich Welten entstehen lassen kann. Für mich, für andere.
Ich schreibe nicht weil ich viel Geld und Ruhm scheffeln will - Anerkennung aber schon. Ich hätte auch nichts dagegen davon leben zu können!
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#2 methom

methom

    Teetrinkonaut

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 18:48

Ich möchte diesmal eine Lanze brechen für Science-Fiction und Fantasy Literatur.
Fans dieser Literaturgattung werden das zwar nicht nötig haben.
Ich wende mich aber mit diesem Beitrag auch eher ans allgemeine Literaturpublikum, das vielleicht auch mal hier reinguckt.

Ganz ehrlich? Ich glaube, da hast du dir hier die falsche Plattform ausgesucht.

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#3 simifilm

simifilm

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 19:03

Letztlich geht's auch hier mal wieder um die Frage, wie Du das Genre definierst resp. wie ein entsprechender Roman verpackt ist. Es gibt unzählige Romane, die von Lesern gelesen werden, die mit SF oder Fantasy nichts am Hut haben, die inhaltlich aber zum Genre gerechnet werden müssten. Michel Houllebecq etwa dürfte der derzeit meist beachtete französische Schriftsteller sein (ist zwar ein Trottel, der schlecht schreibt, aber das tut hier ja nichts zur Sache). Mindestens zwei seiner Romane sind SF reinsten Wassers. Sie werden nicht als SF verkauft und von den meisten Lesern nicht als SF wahrgenommen, dennoch eindeutig SF. Viele der populären Südamerikaner, die unter dem Label "magischer Realismus" bekannt sind, schreiben Romane, die irgendwo im Bereich Phantastik anzusiedeln sind. Das wichtigste Drama des deutschen Nationaldichters Goethe ist phantastisch etc. etc. Es ist definitiv keine Frage des Inhalts. Was viele Leute abschrecken dürfte, ist Genreware, und diesbezüglich sind SF und Fantasy in der Gesellschaft von anderen Genres wie etwa Arztroman oder Western. Was den Ruch generischer Dutzendware hat, wirkt auf viele Leser abschreckend. Und bis zu einem gewissen Grad dürften sich das die Verlage selbst zuzuschreiben haben; wenn man eben auf jedes Buch eine grossbusige Frau mit Schwert klebt und das Ganze noch mit einem schwachsinnigen Titel versieht, der klingt, als sei er von einem automatischen Titelgenerator erzeugt worden, zieht man eben nur ein bestimmtes Publikum an. Es gibt nicht wenige SF-Romane, die ich mir nie gekauft hätte, wenn ich nur das Cover gekannt hätte. Vieles kaufe ich trotz des Covers.

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#4 molosovsky

molosovsky

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 19:32

Dieses ablehnende Verhalten oder keinen Zugang finden geht in alle Richtungen. Warum mögen manche Phantastikfans nur Science-Fiction, aber keine Fantasy? Warum mögen manche Horror und Splatter und Thriller aber keine SF oder Fantasy? Warum gibt es Phantastikleser, die sich in keinster Weise für Klassiker ihrer geliebten Genres interessieren? Warum lesen manche Leser nur Phantastik, und wollen oder können so gar kein Interesse für zeitgenössische Mainstream / Realismus-Literatur aufbringen? Usw. Grüße Alex / molo

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#5 seond

seond

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 19:38

Hallo zusammen, ich lese jetzt ja noch nicht solange SF-Literatur. Muss Allerdings sagen wenn ich darauf angesprochen werde was ich lese und ich es erkläre bin ich bis jetzt eigentlich noch nicht belächelt worden eher im Gegenteil, ich bin über diese Thematik gerade zB auf Flohmärkten mit Menschen ins Gespräch gekommen. Ich habe jedenfalls bis jetzt eher positive Erfahrungen gemacht was das betrifft.

#6 alexandermerow

alexandermerow

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 23:34

Es gibt einfach viele Leute, die weder etwas mit Weltraumreisen noch mit Elfen anfangen können. Sicherlich gibt es genügend Bücher aus dem SF- und Fantasy-Genre, die genau nicht mit Elfen oder Weltraumreisen um sich werfen, aber das wissen diese Leute eben nicht. Und sie wollen es wohl auch nicht wissen. Das ist allerdings ihr gutes Recht, denn es geht hier eben auch um den persönlichen Geschmack. Ich lese z.B. keine Liebesromane, wobei ich hier vielleicht den einen oder anderen wirklich guten Roman verpasse. Dennoch nehme ich dieses Genre nicht genauer unter die Lupe, weil es mich einfach nicht interessiert. Es ist wie bei den Comics. Für viele Leute ist Comic = Micky Maus = Kinderkram, was natürlich völliger Unsinn ist. Aber man wird diese Vorurteile wohl kaum brechen können.

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#7 Pogopuschel

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Geschrieben 05 Juli 2012 - 23:50

Hier gibt es einen schönen Artikel des Literaturkritikers Denis Scheck zu der Thematik: http://www.stuttgart...906fea5cec.html

#8 derbenutzer

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Geschrieben 06 Juli 2012 - 11:06

Hier gibt es einen schönen Artikel des Literaturkritikers Denis Scheck zu der Thematik: http://www.stuttgart...906fea5cec.html


Danke für den Link. Kurz, bündig und treffend geschrieben. Tut richtig wohl.

LG

Jakob

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#9 Amtranik

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Geschrieben 06 Juli 2012 - 15:29

Der Link hat mich inspiriert nochmal in der Mediathek Schetts Belletristik Top Ten anzuschaun. Das ist ganz großes Kino hahahahaEingefügtes Bild

#10 Sah-Gahn

Sah-Gahn

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Geschrieben 07 Juli 2012 - 12:16

Ganz ehrlich? Ich glaube, da hast du dir hier die falsche Plattform ausgesucht.

Hallo methom!

Eigentlich ja. Ich sollte mich vielleicht mal im Literaturcafe anmelden oder im Autorenforum, das so glaube ich ein Anhängsel davon ist. Zwar kommt dort manchmal auch Fantasy und Science-Fiction zu Wort. Aber ausgesprochen selten und nur dann, wenn es populäre Sachen sind. Als Fantasy/Science-Fiction Autor wird man dort, so habe ich das Gefühl einfach ignoriert.

Was dieses Thema weiterhin angeht. Ich finde den Link von Pogopuschel auch gut. Wir stellen in unserem Literaturverein regelmäßig neue Bücher vor. Ich bin dort die Einzige, die auch Fantasy u. Science-Fiction vorstellt und rezensiert. Nachdem ich wieder mal ein paar dumme Bemerkungen über diese Literaturgattungen anhören musste, habe ich bevor ich die Wolfstrilogie von Linda Budinger vorstellte, (die Lesung auf dem Sommerfest am 1. Juli war übrigens gut), genau diesen ersten Teil meines Beitrages vorausgeschickt.
Ich hatte eigentlich nicht viel Echo erwartet. Aber daraufhin fing tatsächlich jemand an, der bei Fantasy eigentlich grummelte, sich für diese Bücher zu interessieren. Vielleicht muss man da wirklich mal mehr in die Öffentlichkeit gehen.

Schöne Grüße
von Sah-Gahn
Ich schreibe, weil ich eine Geschichte habe.
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#11 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 07 Juli 2012 - 12:46

Ich finde den Link von Pogopuschel auch gut.

Und ich sehr gut! Danke auch für den Thread, bei dem ich anfangs dachte, er würde nichts Neues zur Handhabe des Genres von "außen" bringen können. Hab mich geirrt... Eingefügtes Bild

Dass Leute wie Reich-Ranitzki sich Phantastischem nur mit medizinischem Forceps nähern würden, ist m.E. auch ein wenig Folge des weitverbreitetem Kunst-Erhabenheits-Getue (in engl. würde ich das "high art neurosis" nennen) im dt.-sprachigem Raum. SF ist eben, noch mehr als alles Comic-artige, nach wie vor "Schundliteratur", und deshalb will wohl auch jemand wie Juli Zeh - deren Buch Corpus Delicti ich sehr mag - möglichst gar nicht in diese Ecke gestellt werden.

Dabei ist vielerorts im literarischen Schaffen Phantastik schon drin. Das merkt man ja auch daran, was Fr. Heidenreich angeblich von sich gab (s. von Pogo verlinkten Artikel). Ich hab's im SFN schon mehrfach zitiert, aber tu es hier gerne nochmal - was John Clute bei einer Elstercon mal dazu meinte: "We won." Eingefügtes Bild Eingefügtes Bild Wer sich dann als Verlierer sieht, gibt das natürlich um so weniger zu.

/KB

Yay! Fantasy-Dialog Ende Januar...
Prof.: Dies sind die Bedingungen meiner Vormundschaft. (schiebt 2 Seiten über den Tisch) [..]

Junge: (schockiert, aber er nickt)

Prof.: Sehr gut... Noch eine Sache. Es fällt auf, dass du noch keinen Namen hast. Du benötigst einen.

Junge: Ich habe einen! -...

Prof.: Nein, das genügt nicht. Kein Engländer kann das aussprechen. Hatte Fräulein Slate dir einen gegeben?

Junge: ... Robin.

Prof.: Und einen Nachnamen. [..]

Junge: Einen [anderen] Nachnamen... aussuchen?

Prof.: Englische Leute erfinden sich namentlich ständig neu.

(Studierter Brite in besten Jahren, vs. dem Jungen, den er vor kurzem vorm Verenden in einem chinesischen Slum rettete, grob übersetzt aus Babel, im Harper-Voyager-Verlag, S. 11, by Kuang)


#12 Pogopuschel

Pogopuschel

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Geschrieben 07 Juli 2012 - 17:08

Wie Molo schon andeutete, sollten wir uns da auch an die eigenen Nase fassen. Gibt es nicht Literaturgattungen, bei denn auch wir pauschal die Augen verdrehen, wenn uns jemand begeistert davon vorschwärmt? Ich denke da z. B. Vampirschmonzetten, Romantasy, Chic-Lit, erotische Literatur (die zur Zeit ja schwer im Trend liegt, siehe "Shades of Grey").

#13 Seti

Seti

    Zeitreisebegleiter durch die Windener Höhlen

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Geschrieben 07 Juli 2012 - 18:42

Was ich bei diesem Thema immer besonders amüsant finde, sind die (auch in dem von Pogopuschel verlinkten Artikel) geäußerten Vorurteile, dass phantastische Literatur lediglich dem Eskapismus dienen würde. Da frage ich mich dann, ob für den durchschnittlichen 70jährigen Literaturkritiker die Chance auf den Mond geschossen zu werden möglicherweise nicht doch deutlich höher ist, als aus der Sicht einer 20jährigen Frau die eigene Sexualität zu erforschen - und was von beiden nun eher einer Flucht aus dem Alltag gleichkommt.

Darüber hinaus bin ich dann verwundert, dass ein Roman scheinbar automatisch in den Himmel gelobt wird, weil er von einem tadschikischen Feigenbauern handelt, der zwischen seiner Liebe zum Nudismus und der Ablehnung seines Heimatdorfes innerlich zerrissen ist, bis ihm ein russisch-orthodoxer Wanderprediger aus Nowosibirsk rät, dass er sich mit den Früchten seiner Arbeit bedecken soll, um so die Entfremdung zu seiner zahnlosen Frau zu überwinden. Solch ein Roman wird dann im Feuilleton als "ein Plädoyer an die menschliche Wärme des postsowjetischen Patriarchats in der verschlossenen Agrargesellschaft des Pamir-Gebirges" gepriesen, mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet und bekommt eine Sonderausgabe in den einschlägigen Literatursendungen.

Im Gegenzug ist bei denselben Kritikern Stanislaw Lems "Solaris" dann wahrscheinlich Schundliteratur, um dem Alltag zu entfliehen Eingefügtes Bild

Seti

Bearbeitet von Seti, 07 Juli 2012 - 18:42.

"What today's nationalists and neosegregationists fail to understand," Kwame said, "is that the basis of every human culture is, and always has been, synthesis. No civilization is authentic, monolithic, pure; the exact opposite is true. Look at your average Western nation: its numbers Arabic, its alphabet Latin, its religion Levantine, its philosophy Greek†¦ need I continue? And each of these examples can itself be broken down further: the Romans got their alphabet from the Greeks, who created theirs by stealing from the Phoenicians, and so on. Our myths and religions, too, are syncretic - sharing, repeating and adapting a large variety of elements to suit their needs. Even the language of our creation, the DNA itself, is impure, defined by a history of amalgamation: not only between nations, but even between different human species!"

- The Talos Principle


#14 simifilm

simifilm

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Geschrieben 07 Juli 2012 - 21:05

Was ich bei diesem Thema immer besonders amüsant finde, sind die (auch in dem von Pogopuschel verlinkten Artikel) geäußerten Vorurteile, dass phantastische Literatur lediglich dem Eskapismus dienen würde. Da frage ich mich dann, ob für den durchschnittlichen 70jährigen Literaturkritiker die Chance auf den Mond geschossen zu werden möglicherweise nicht doch deutlich höher ist, als aus der Sicht einer 20jährigen Frau die eigene Sexualität zu erforschen - und was von beiden nun eher einer Flucht aus dem Alltag gleichkommt.

Darüber hinaus bin ich dann verwundert, dass ein Roman scheinbar automatisch in den Himmel gelobt wird, weil er von einem tadschikischen Feigenbauern handelt, der zwischen seiner Liebe zum Nudismus und der Ablehnung seines Heimatdorfes innerlich zerrissen ist, bis ihm ein russisch-orthodoxer Wanderprediger aus Nowosibirsk rät, dass er sich mit den Früchten seiner Arbeit bedecken soll, um so die Entfremdung zu seiner zahnlosen Frau zu überwinden. Solch ein Roman wird dann im Feuilleton als "ein Plädoyer an die menschliche Wärme des postsowjetischen Patriarchats in der verschlossenen Agrargesellschaft des Pamir-Gebirges" gepriesen, mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet und bekommt eine Sonderausgabe in den einschlägigen Literatursendungen.

Im Gegenzug ist bei denselben Kritikern Stanislaw Lems "Solaris" dann wahrscheinlich Schundliteratur, um dem Alltag zu entfliehen Eingefügtes Bild

Seti


Und was ich immer seltsam finde, ist, dass viele Anhänger der phantastischen Literatur meinen, es sei sinnvoll, Pauschalurteile mit Pauschalurteilen zu kontern.

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#15 derbenutzer

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Geschrieben 07 Juli 2012 - 21:25

Ich verstehe natürlich, was Du mit Deiner Aussage meinst. Auch bist Du ja gerade in Belangen der phantastischen Literatur nicht gerade unbewandert, um es harmlos und wirklich ohne jegliche Häme auszudrücken ... Daher finde ich, dass gerade Profis - wie Du einer bist - bei Fragen bezüglich der Rezeption von Phantastik-Kritik vielleicht eher gelassen reagieren könnten und keine Schelte austeilen sollten. Wohlgemerkt: dies ist in keiner Weise angriffig gemeint, sondern nur meine subjektive Stellungnahme zu Deiner Aussage. Ich schätze Deine Beiträge in diesem Forum aufgrund ihres Niveaus wirklich sehr. Seti war (Geschmackssache) vielleicht polemisch, aber das muss wohl erlaubt sein. LG Jakob

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#16 molosovsky

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Geschrieben 07 Juli 2012 - 21:33

Was mich als zwischen den Stühlen Sitzender immer besonders schmerzt, sind Pauschalangriffe von Phantastikfans gegen ›ernste‹ Literatur, wenn dann diese Phantastikfans als Beispiele für gute oder auch nur populäre Phantastik lauter Autoren nennen, die aus meiner zuweilen elitären Sicht einfach nur Dreck ist. Fast schon zur trotzigen Routine ist bei mir dazu der Affektreflex geworden, dass es nun mal auf allen Gebieten Schund gibt, das an sich nichts dagegen spricht, wenn Leser diesen Schund gerne lesen (aus welchen Gründen auch immer), dass dies aber nichts daran ändert, dass es so, wie es gute und schlechte Literatur gibt, es im Umkehrschluss auch gute und schlechte Leser geben muss. Ratet mal, wer nun die besseren Urteile über Literatur an sich fällt? (Nebenbei: ich halte mich für einen mittelprächtigen Leser, bilde mir aber ein, mir etwas darauf einbilden zu können, dass ich ziemlich querbeet alles mögliche lese und deshalb vielleicht den einen kleinen Vorteil inne habe, Stärken und Schwächen verschiedenster Literaturarten halbwegs zu kennen, sowie etwas dazu sagen können, wie sich verschiedene Literaturen fair oder unfair miteinander vergleichen, ja, gegeneinander ausspielen lassen). Grüße Alex / molo (hab Wetterkopfweh, da gönn ich mir ein wenig launisches Rabauken)

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#17 Amtranik

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Geschrieben 07 Juli 2012 - 22:22

Alex / molo (hab Wetterkopfweh, da gönn ich mir ein wenig launisches Rabauken)



Dann versuchs doch mal mit nem ehrlichen Kopfschmerz und trink ne Flasche Whisky. Ansonsten finde ich das Du in letzter Zeit ziemlich krakelig geworden bist. Solche aussagen wie "was aus meiner elitären Sicht nur Dreck ist" etc. ohne den jeweiligen Autor beim Namen zu nennen ist ziemlich übel und für den Leser deiner Zeilen auch unbefriedigend. Früher hast Du deine spezielle Sicht noch hinter halbseiten schachtelsätzen verborgen, aber offenbar ist Dir mittlerweile die Geduld etwas abhanden gekommen. Wie dem auch sei. Deiner These des guten und schlechten Lesers, im übrigen wie Thesen über den guten und schlechten Menschen oder der guten und schlechten Rasse ( ich übertreibe mal provozierend ein wenig ) sind mir schon immer äußerst Suspekt gewesen.

#18 simifilm

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Geschrieben 07 Juli 2012 - 22:51

Ich verstehe natürlich, was Du mit Deiner Aussage meinst. Auch bist Du ja gerade in Belangen der phantastischen Literatur nicht gerade unbewandert, um es harmlos und wirklich ohne jegliche Häme auszudrücken ...

Daher finde ich, dass gerade Profis - wie Du einer bist - bei Fragen bezüglich der Rezeption von Phantastik-Kritik vielleicht eher gelassen reagieren könnten und keine Schelte austeilen sollten.

Wohlgemerkt: dies ist in keiner Weise angriffig gemeint, sondern nur meine subjektive Stellungnahme zu Deiner Aussage. Ich schätze Deine Beiträge in diesem Forum aufgrund ihres Niveaus wirklich sehr.


Ich verstehe nicht recht, was Du mir genau sagen willst (wenn Dein Post denn an mich gerichtet war).

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#19 molosovsky

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Geschrieben 07 Juli 2012 - 23:30

@Amtranik:
Bitte verschone mich mit Analysen zu meiner Person.

Mich gibts in geduldig und freundlich und bei Zeitknappheit und z.B. Kopfweh in weinerlich und grantig. Bei grantig bleibe ich aber gerne vage, damit sich Leute, die sich einen Schuh anziehen müssten bei Bedarf dafür entscheiden können, keinen anziehen zu müssen (weil ihr Lieblingsautor eben nicht genannt wird).

Worauf ich rauswollte (siehe Kommentare unter oben verlinkten Denis Scheck-Text in der Stuttgarter Zeitung): Bestenfalls kann ich mich scheckig lachen, wenn (wie ich annehme) Teens und Twens meinen — weil sie mehrere Zyklen mit 08/15-Fantasy oder Phantastik-Schnulz ausm Hugidubiangebot gelesen haben, und mit dem, was man ihnen in der Schule (wohl ehr schlecht als recht) an Lektüre rein gedrückt hat, nichts anzufangen wussten — sie hätten Ahnung von ›Literatur‹. Fakt (oder nur meine Meinung) ist nun mal, dass von der populären, zeitgenössischen Phantastik das meiste ehr schrottig ist (trotzdem in der richtigen Dosierung Lust bereiten kann), ne ganze Menge ist gute Lektüre (was die Engländer so elegant ›Middle Brow‹ nennen, und wofür ich eine besondere Schwäche habe) und nur wenig ist wirklich große Literatur (die dauernd zu lesen auf die Dauer auch anstrengend und fad ist). Und das ist auf dem Gebiet der Bauchnabelromane, Frauenliteratur, Vergangenheitsbewältigungsprosa, Familiengeschichten und was sich sonst noch so bevorzugt auf dem Lesetisch der ernsten Literaturverköster befindet nicht große anders.

Und was soll an meiner These, dass es gute und schlechte Leser gibt suspekt sein? Lesen von Romanen ist keine neutrale Fähigkeit, die jedem Menschen auf gleiche Weise gegeben ist, und das, was verschiedene Leser und ihre Lesarten voneinander unterscheidet ist eben nicht nur der Geschmack (der auch mehr ist, als einfach nur Meldungen eines vagen Bauchurteil). Und zudem unterscheidet man ja nicht umsonst zwischen guten und schelchtem Geschmack. — Hat aber mit der Problematik, warum Phantastik (dem Gefühl von Phantastik-Fans zufolge) immer noch einen üblen Leumund im professionellem deutschen Literaturbesprechungs- und Empfehlungsbetrieb inne hat nur noch am Rande zu tun.

Grüßen
Alex / molo

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#20 Pogopuschel

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Geschrieben 07 Juli 2012 - 23:57

Ich habe gerade auf Arte die Sendung »Durch die Nacht mit ...« gesehen. Da haben sich John Landis und Terry Gilliam über Opern unterhalten und Landis meinte in etwa: »When people say they don‹t like operas, ballet, horror movies, science fiction or what ever, they have never really seen a good one«.

Da ist meine Meinung nach durchaus etwas dran. Aber, um den Bogen zu molos »guten« und »bösen« Eingefügtes Bild Lesern zu schlagen, liest oder schaut jeder einen Buch oder einen Film anders. Nicht jeder erkennt die Qualität oder Kunstfertigkeit eines Buchs oder Films. Was überhaupt nicht schlimm ist. So etwas gilt für jeden in irgendeinem Bereich. Als Beispiel: Obwohl ich großer Filmfan bin und »Der Soldat James Ryan« bereits mehrfach gesehen habe (und schon immer von der Anfangssequenz beeindruckt war), ist mir bis zu einem Seminar, dass ich kürzlich zu dem Film hatte, nicht bewusst gewesen, mit welch bahnbrechender Kunstfertigkeit hier Sounddesigner, Filmkomponist, Schnitt und Filmregisseur hier völlig Neues in der Kombination von Bildern und Sound und Musik geschaffen haben, um die Gefühle des Zuschauers zu manipulieren.
Ebenso ging es mir mit »Spiel mir das Lied vom Tod«. Früher fand ich ihn ganz nett, inzwischen frage ich mich, wie jemand nicht erkennen kann, um was für ein kunstvolles Meisterwerk es sich dabei handelt.
In der Literatur ist ähnlich, da erkennt der Leser (ich auch) oft nicht, mit welcher Kunstfertigkeit ein Roman geschrieben wurde. Der wird dann oft als langweiliger Mist abgetan Was ich niemandem zum Vorwurf mache (ging mir z. B. schon oft mit Klassikern so).
Aber so verstehe ich molos Aussage.

Ich vermute mal, Amtranik hat in dieser Aussage gelesen, es gebe schlaue und dumme Leser, und wollte es nicht so direkt formulieren. Was vermutlich auch stimmt. Aber nur weil man vielleicht "dumme" Literatur mag (ich tue es oft) ist man ja nicht automatisch ein dummer Leser (was ich aber durchaus sein könnte Eingefügtes Bild ).

Und jetzt habe ich mich hier vermutlich zwischen die Fronten und um Kopf und Kragen geschrieben. Eingefügtes Bild

#21 derbenutzer

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Geschrieben 07 Juli 2012 - 23:59


Ich verstehe nicht recht, was Du mir genau sagen willst (wenn Dein Post denn an mich gerichtet war).

Dass es an Dich gerichtet war bzw. ist: Ja.

Ich halte meine Aussagen für durchaus als verständlich gehalten, mir geht es u.a. prinzipiell nur darum, dass nicht Foristen mit probaten Meinungen als Ignoranten dargestellt werden, das wäre

es auch schon gewesen ...

Bearbeitet von derbenutzer, 08 Juli 2012 - 00:28.

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#22 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 08 Juli 2012 - 00:22

@Pogo: Die Diskussion degeneriert m.E. zwar leider wieder in Richtung "was ist gut" und wie das zu definieren sei, ich möchte aber dir spezifisch noch etwas Anderes antworten. Es ist m.E. ein Unding, wenn Person A von wemimmer angedeutet wird, sie dürfe nicht in eine Ausstellung oder ins Kino oder woimmer hin gehen, und ein Kunstwerk einfach erleben, und bewundern - bzw. eher unberührt bleiben oder es hassen - OHNE gewisse Sichten von Experten und die geschichtliche Einbettung zu kennen. Kunst darf m.E. alles, aber genauso darf auch Kunst beliebig "appreciated" werden. Die unwissende Sicht auf die Dinge ist nicht automatisch weniger "wert". Oscar Wilde z.B. - wahrscheinlich einer der gebildetsten Menschen der letzten ca. 100 Jahre - hat eine Menge in der Richtung ausgesagt, dass Ignoranz eine Segnung sei und dem "wahren" Kern der Kunst viel näher käme als alles Andere; eines seiner beeindruckendsten Essays aus meiner Sicht handelt von der seines Erachtens hohlen Betrachtungsweise des Lebens, die sich damals immer stärker ausbreitete (und heute m.E. z.B. Usus im Literaturbetrieb ist), dass nämlich Realismus ein Kunstwerk adelt, und "wahrer"/erhabener macht. (Sein Essay "The Decay of Lying".)

/KB

Yay! Fantasy-Dialog Ende Januar...
Prof.: Dies sind die Bedingungen meiner Vormundschaft. (schiebt 2 Seiten über den Tisch) [..]

Junge: (schockiert, aber er nickt)

Prof.: Sehr gut... Noch eine Sache. Es fällt auf, dass du noch keinen Namen hast. Du benötigst einen.

Junge: Ich habe einen! -...

Prof.: Nein, das genügt nicht. Kein Engländer kann das aussprechen. Hatte Fräulein Slate dir einen gegeben?

Junge: ... Robin.

Prof.: Und einen Nachnamen. [..]

Junge: Einen [anderen] Nachnamen... aussuchen?

Prof.: Englische Leute erfinden sich namentlich ständig neu.

(Studierter Brite in besten Jahren, vs. dem Jungen, den er vor kurzem vorm Verenden in einem chinesischen Slum rettete, grob übersetzt aus Babel, im Harper-Voyager-Verlag, S. 11, by Kuang)


#23 Seti

Seti

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Geschrieben 08 Juli 2012 - 01:45


Und was ich immer seltsam finde, ist, dass viele Anhänger der phantastischen Literatur meinen, es sei sinnvoll, Pauschalurteile mit Pauschalurteilen zu kontern.

Es ging mir mit dem Posting nicht darum, jemandem zu kontern. Wenn ich das gewollt hätte, dann hätte ich eine ernsthafte Aussage getroffen (ob mir das Kontern gelungen wäre, steht dabei auf einem ganz anderen Blatt). Aber Ironie darf mMn durchaus pauschalisierend sein.

Ich kann dir auch gerne sagen, warum ich mich so ausgedrückt habe: Ich empfinde es als ungerecht, wenn SF oder Phantastik als Schund angekanzelt wird, und das ärgert mich. Da ich an dieser Einstellung der Literaturkritiker jedoch nichts ändern kann, werde ich dann eben sarkastisch. Da ich gelegentlich durchaus auch mal Gegenwartsliteratur lese, fällt mir in diesem Zusammenhang eine schöne Stelle aus Cormac McCarthys Kein Land für alte Männer ein. Bezogen auf die absurden, wütend machenden Dinge, die manchmal in der Zeitung stehen, sagt da der Sheriff: "Ist schon in Ordnung. Ich hab ja selber gelacht, als ich's gelesen habe. Viel anderes kann man auch nicht tun." Genau so geht's mir manchmal.

Natürlich ist nicht jede zeitgenössische Literatur so, wie von mir geschildert - im Übrigen wäre ich erstaunt, wenn es ein Buch gäbe, dass tatsächlich den von mir karikierten Handlungsverlauf besitzt. Es gibt, wie Molo schon sagte, in allen Genres gute und schlechte Vertreter. Aber es gibt auch zu Recht gelobte oder zu Unrecht hochgejubelte, überbewertete oder unterschätzte Bücher. Und um mal mit einem (ernst gemeinten) Vergleich abzuschließen: Es soll auch schon vorgekommen sein, dass ein Juwelier Pyrit für Gold oder einen Zirkon für einen Diamanten gehalten hat.

Seti

Bearbeitet von Seti, 08 Juli 2012 - 01:46.

"What today's nationalists and neosegregationists fail to understand," Kwame said, "is that the basis of every human culture is, and always has been, synthesis. No civilization is authentic, monolithic, pure; the exact opposite is true. Look at your average Western nation: its numbers Arabic, its alphabet Latin, its religion Levantine, its philosophy Greek†¦ need I continue? And each of these examples can itself be broken down further: the Romans got their alphabet from the Greeks, who created theirs by stealing from the Phoenicians, and so on. Our myths and religions, too, are syncretic - sharing, repeating and adapting a large variety of elements to suit their needs. Even the language of our creation, the DNA itself, is impure, defined by a history of amalgamation: not only between nations, but even between different human species!"

- The Talos Principle


#24 Pogopuschel

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Geschrieben 08 Juli 2012 - 02:16

@Pogo: Die Diskussion degeneriert m.E. zwar leider wieder in Richtung "was ist gut" und wie das zu definieren sei, ich möchte aber dir spezifisch noch etwas Anderes antworten. Es ist m.E. ein Unding, wenn Person A von wemimmer angedeutet wird, sie dürfe nicht in eine Ausstellung oder ins Kino oder woimmer hin gehen, und ein Kunstwerk einfach erleben, und bewundern - bzw. eher unberührt bleiben oder es hassen - OHNE gewisse Sichten von Experten und die geschichtliche Einbettung zu kennen. Kunst darf m.E. alles, aber genauso darf auch Kunst beliebig "appreciated" werden. Die unwissende Sicht auf die Dinge ist nicht automatisch weniger "wert". Oscar Wilde z.B. - wahrscheinlich einer der gebildetsten Menschen der letzten ca. 100 Jahre - hat eine Menge in der Richtung ausgesagt, dass Ignoranz eine Segnung sei und dem "wahren" Kern der Kunst viel näher käme als alles Andere; eines seiner beeindruckendsten Essays aus meiner Sicht handelt von der seines Erachtens hohlen Betrachtungsweise des Lebens, die sich damals immer stärker ausbreitete (und heute m.E. z.B. Usus im Literaturbetrieb ist), dass nämlich Realismus ein Kunstwerk adelt, und "wahrer"/erhabener macht. (Sein Essay "The Decay of Lying".)


Das stimme ich dir hunderprozentig zu und hatte auch nichts anderes gemeint.

#25 simifilm

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Geschrieben 08 Juli 2012 - 07:13

Es ging mir mit dem Posting nicht darum, jemandem zu kontern. Wenn ich das gewollt hätte, dann hätte ich eine ernsthafte Aussage getroffen (ob mir das Kontern gelungen wäre, steht dabei auf einem ganz anderen Blatt). Aber Ironie darf mMn durchaus pauschalisierend sein.

Ich kann dir auch gerne sagen, warum ich mich so ausgedrückt habe: Ich empfinde es als ungerecht, wenn SF oder Phantastik als Schund angekanzelt wird, und das ärgert mich. Da ich an dieser Einstellung der Literaturkritiker jedoch nichts ändern kann, werde ich dann eben sarkastisch.


Das ist alles ok. Meine genervte Reaktion ist auch primär der Tatsache geschuldet, dass ich solche und ähnliche Aussagen schon zu oft gelesen habe und sie jeweils keineswegs ironisch gemeint waren. Einerseits den Literaturkritikern vorwerfen, dass sie nichts von Phantastik verstehen, und zugleich selber demonstrieren, dass man keine Ahnung hat, was ausserhalb des eigenen Gärtleins produziert wird, ist eine, gelinde gesagt, wenig überzeugende Haltung.

@Pogo: Die Diskussion degeneriert m.E. zwar leider wieder in Richtung "was ist gut" und wie das zu definieren sei, ich möchte aber dir spezifisch noch etwas Anderes antworten. Es ist m.E. ein Unding, wenn Person A von wemimmer angedeutet wird, sie dürfe nicht in eine Ausstellung oder ins Kino oder woimmer hin gehen, und ein Kunstwerk einfach erleben, und bewundern - bzw. eher unberührt bleiben oder es hassen - OHNE gewisse Sichten von Experten und die geschichtliche Einbettung zu kennen. Kunst darf m.E. alles, aber genauso darf auch Kunst beliebig "appreciated" werden. Die unwissende Sicht auf die Dinge ist nicht automatisch weniger "wert".


Zumindest in meinem Verständnis hat molo nicht gesagt, dass sich der "schlechte Leser" nicht zu Kunst äussern darf oder dass sein Kunstgenuss unstatthaft ist. Es ist aber zugleich auch ein wenig zu einfach und zu bequem alles über den Leisten des individuellen Geschmacks zu schlagen. Es gibt tatsächlich mehr oder weniger aufmerksame, sensible und geübte Leser, die aus einem Text (oder Film oder sonstigem Kunstwerk) mehr oder weniger rausholen können.

Bearbeitet von simifilm, 08 Juli 2012 - 07:16.

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#26 molosovsky

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Geschrieben 08 Juli 2012 - 08:01

Zusammenfassung meinerseits: wenn ProfiLiteraturkritker meinen, es wäre immer noch hipp pauschal zu behaupten, dass die Genre-Phantastik Schund ist, dann führen sie sich keinen Deut klüger auf, als Leser, die größtenteils Genre-Phantastik lesen um meinen, dass alles, was die ProfiLiteraturkritik größtenteils doll findet, mau und doof wäre. Grüße Alex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 08 Juli 2012 - 08:02.

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#27 HMP †

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Geschrieben 08 Juli 2012 - 08:17

Ich denke, Molo hat mit Post Nr. 4 schon das Wesentliche gesagt. Ganz allgemein könnte man die Frage - völlig unabhäng vom Genre - mit einer Variablen auch so stellen: "X -warum winken da manche Leser ab?" Ich denke, das (zunächst einmal rein konsumierende) Lesen hat einfach viel mit Vorlieben zu tun. Selbst innerhalb der einzelnen Genres winken manche ja noch ab ("SF-Heftserien - warum winken da manche SF-Leser ab?"). Ich lese zum Beispiel keine Western (die einzigen, die ich gelesen habe, waren Karl-May-Bücher - so man die als Western titulieren möchte). Aber nicht deswegen, weil ich das Genre Western irgendwie schlecht finde. Ich habe keine Ahnung, ob es dort das gibt, was andere unter Literatur verstehen oder nur Schund. Ich maße mir darüber auch kein Urteil an. Und auch nicht über die Leser dieses Genres. Das Genre interessiert mich einfach nicht. Manchmal kommt mir das Schund-Gehabe der SF (Leser und Schreiber) so vor, als wolle man sich selbst zu einer diskrimierten Minderheit machen, die verfolgt wird. SF (oder Phantastik im Allgemeinen) ist für mich so viel oder so wenig Schund wie andere Genres auch. (Man kann in obigem SF durch Fantasy, durch Horror oder durch sonst etwas ersetzen).

Bearbeitet von HMP, 08 Juli 2012 - 08:19.

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#28 valgard

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Geschrieben 08 Juli 2012 - 09:29

Warum lese ich größtenteils nur "phantastische" Literatur? Weil ich nicht genügend Zeit habe mich mit anderer Literatur entsprechend auseinander zusetzen. Den ein oder anderen Blick über den Rand nicht ausgeschlossen. Saarländische Geschichte oder Bücher über alle Arten der Maler/Zeichnerei etc., Natur, Handwerkskünste ... lese ich wohl eher mit dem Schwerpunkt um mein Wissen in diesen Richtungen zu erweitern. lothar
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#29 simifilm

simifilm

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Geschrieben 08 Juli 2012 - 11:04

Zusammenfassung meinerseits: wenn ProfiLiteraturkritker meinen, es wäre immer noch hipp pauschal zu behaupten, dass die Genre-Phantastik Schund ist, dann führen sie sich keinen Deut klüger auf, als Leser, die größtenteils Genre-Phantastik lesen um meinen, dass alles, was die ProfiLiteraturkritik größtenteils doll findet, mau und doof wäre.


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#30 Sah-Gahn

Sah-Gahn

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Geschrieben 08 Juli 2012 - 11:20

Oh - oh! Irgendwie finde ich das diese Diskussion ein bischen abdriftet und in die falsche Richtung geht. Ich wollte mit meinem Post eigentlich nur mal laut darüber nachdenken, warum bei vielen Leuten die Klappe runtergeht, wenn sie von Sf und Fantasy hören. Das man sich nicht für alle Genres interessieren kann und will ist klar. Aber viele sagen ja Sf, Fantasy, das interessiert mich nur nicht, sondern das ist auch keine Literatur. Die meisten Leute wissen nur einfach nicht genügend darüber denke ich. Mit dem Finger auf diese Leute zu zeigen, oder sich einfach nur über die Hohen-Literatur-Damen-und Herren aufzuregen bringt nichts. Man muss denke ich in die Öffentlichkeit damit gehen. Romane, Anthologien usw. in Büchereien und anderen Instituionen besprechen, zB. allgemeinen Lesekreisen. Es ist schon gesagt worden und dem möchte ich zustimmen, man sollte nicht den umgekehrten Fehler machen und auf andere Literaturgattungen mit dem Finger zeigen und darüber herziehen, das ist nun wirklich kontraproduktiv und nützt der Literatur imm Allgemeinen gar nichts. Bärendienst, sage ich nur.
Ich schreibe, weil ich eine Geschichte habe.
Schön wenn sie den Lesern gefällt.
Ich schreibe weil es meine Art ist sich auszudrücken, weil ich Zustände kritisieren, weil ich Welten entstehen lassen kann. Für mich, für andere.
Ich schreibe nicht weil ich viel Geld und Ruhm scheffeln will - Anerkennung aber schon. Ich hätte auch nichts dagegen davon leben zu können!
U.M.
http://www.umo.kulturserver-nrw.de
http://www.albu.kulturserver-nrw.de
http://www.buchhandel.de
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