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Mirror's Edge


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5 Antworten in diesem Thema

#1 Seti

Seti

    Zeitreisebegleiter durch die Windener Höhlen

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Geschrieben 08 September 2012 - 14:45

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Mirror's Edge

Dystopien sind in der SF eigentlich ein alter Hut, ebenso wie es Spiele aus der Egoperspektive im Bereich des Gamings sind. Dass eine dystopische Gesellschaft aber durchaus auch als Hintergrund für ein Action-Adventure voller Bewegungsfreiheit taugt und dass die First-Person-Ansicht nicht zwangsläufig auf Ego-Shooter limitiert sein muss, beweist das Spiel Mirror's Edge, das 2008 vom schwedischen Entwicklerstudio DICE veröffentlicht wurde.

In einer nicht näher benannten Stadt der Zukunft könnte das Leben für ihre Bewohner eigentlich richtig schön sein, denn es gibt fast keine Verbrechen mehr auf den Straßen. Doch die Kehrseite dieser Harmonie ist, dass beispielsweise selbst das Rauchen zur illegalen Tätigkeit erklärt wurde und die strengen Regeln von einem totalitären Regime überwacht werden. Wer gegen sie verstößt, wird in Scheinprozessen zu hohen Haftstrafen verurteilt. Da sich nicht alle Menschen im Schoße dieser vorgespiegelten Glückseligkeit wohl fühlen, aber die Regierung selbstverständlich die Medien kontrolliert und die Telekommunikation überwacht, werden sensible, regimekritische Nachrichten nicht mehr elektronisch übermittelt, sondern auf direktem Wege zum Empfänger gebracht. Für diesen Zweck heuert man Runner an, welche die Botschaften dann durch Straßenschluchten und Kanalisationen, oder über Häuserdächer, Baugerüste und Kräne auf schnellstem Wege zu ihrem Bestimmungsort bringen.
Der Spieler übernimmt die Rolle der 24-jährigen Faith, die ihre Mutter als kleines Kind bei einer blutig niedergeschlagenen Demonstration verlor. Als Teenager rannte sie von zuhause fort, schlug sich als Diebin durch und wurde schließlich zu einem Runner. Ständig darauf bedacht, nicht den Schergen des totalitären Regimes in die Hände zu fallen, gehört sie zu den besten ihres Fachs.
Während einem ihrer Aufträge erhält sie die Nachricht, dass ihre Schwester Kate, eine der wenigen anständigen Polizisten der Stadt, in Schwierigkeiten steckt. Faith rennt zum vereinbarten Treffpunkt und findet ihre Schwester – ihre Unschuld beteuernd – über die Leiche eines liberalen Kandidaten der Bürgermeisterwahl gebeugt. Die eintreffende Polizei verhaftet Kate, Faith flieht vom Tatort und macht sich auf, die wahren Schuldigen zu finden.

Mirror's Edge ist in vielerlei Hinsicht ein ungewöhnliches Spiel. Zum einen wäre da die Optik zu nennen – entgegen den Erwartungen, die man vielleicht an eine dystopische Zukunft haben könnte, wirkt die Umgebung hell und einladend, ja fast idyllisch. Jedes Gebäude hat einen makellosen weißen Anstrich und schimmernde Glasfassaden bestimmen das Stadtbild. Zwischen dieser fast schon blendenden Sauberkeit werden immer wieder farbliche Akzente (wie rote Baukräne, blaue Gerüste oder gelbe Korridore) gesetzt – wobei dies auch einen Zweck erfüllt, aber dazu später mehr.
Die Geschichte wird in Form von Anime-Zwischensequenzen erzählt. Ob einem dies gefällt oder nicht, ist sicherlich Geschmackssache; ich finde, dass es recht gut zum comicartigen Look der Level passt.
Wie schon gesagt, handelt es sich um ein Action-Adventure, dass in der Egoperspektive – also aus der Sicht von Faith – gespielt wird. Um von A nach B zu gelangen, rennt sie, springt von Hochhausdach zu Hochhausdach, duckt sich unter Heizungrohren hindurch, hechtet über Drahtzäune oder kriecht durch Lüftungsschächte; sie läuft an Wänden entlang, um sich von dort abzustoßen und einen Vorsprung auf der gegenüberliegenden Seite zu erklimmen, rutscht anschließend ein Schrägdach hinunter, nimmt Anlauf und springt auf den Ausleger eines Baukrans. Und während sie all das tut, betrachtet man die Welt durch ihre Augen, sieht die ausholenden und balancierenden Bewegungen ihrer Arme und Beine bei einem Sprung und wie sie ihre Knie kurz vor der Landung anzieht, um sich dann abzurollen (wie atemberaubend das aussieht, kann man sich hier anschauen)

Was uns gleich zum nächsten ungewöhnlichen Punkt führt: der Steuerung. Das schwere daran ist nämlich, dass der Spieler die meisten dieser Bewegungen selbst steuern kann und auch muss. Wobei die Tastenbelegung eigentlich recht simpel ist, dafür jedoch kontextsensitiv, was bedeutet, dass Faith zum Beispiel je nach Situation und Umgebung entweder springt, sich mit den Füßen von etwas abstößt oder die Wand entlangläuft. Es erfordert also einiges an Timing, um im richtigen Moment die richtige Taste zu drücken. In komplizierteren Bewegungsabläufen steckt deshalb ein gewisses Frustpotenzial – beispielsweise gibt es Stellen, an denen man nur weiterkommt, wenn man sich von einer Wand abstößt, in der Luft dreht, von der gegenüberliegenden Wand abstößt, sich nochmals dreht und dann (das zum Glück automatisch) einen Mauervorsprung ergreift. Schafft man es nicht, landet man auf dem Hintern oder stürzt im schlimmsten Fall in die Tiefe, steht aber kurz darauf wieder am letzten Checkpunkt. Zur Orientierung dienen übrigens die oben schon erwähnten farblichen Hervorhebungen (außerdem besteht die Möglichkeit eine sogenannte Runner Vision zu aktivieren, bei der interaktionsfähige Objekte rot aufleuchten), dennoch gibt es Stellen, an denen man ist ersten Moment nicht weiß, wie es weitergehen soll. Wenn man jedoch die Steuerung beherrscht und den Weg kennt, ist es im Prinzip möglich einen ganzen Level zu durchqueren, ohne anhalten zu müssen.
Die Bewegungsabläufe in Mirror's Edge orientieren sich an der Sportart Parkour, die Ende der 80er Jahre von David Belle in einem Vorort von Paris ins Leben gerufen wurde. Parkour kann man als eine Art städtischen Hindernislauf bezeichnen; eine kunstvolle Form der Fortbewegung, bei der es darum geht, in möglichst fließenden Bewegungen urbane Objekte zu überwinden. Wie das beim Gründer höchstpersönlich aussieht, zeigt dieses Video (ich hoffe, es ist jedem klar, dass es jahrelange Übung für dieses Können benötigt, und jeder Versuch das nachzumachen, mit hundertprozentiger Sicherheit in der Notaufnahme endet).

Während sich Faith auf der Flucht befindet, trifft sie immer wieder auf Sicherheitskräfte. Sie kann diesen dann ausweichen, aber auch gegen sie kämpfen – was wohl der Hauptgrund für die 16er-Freigabe sein dürfte. Entweder besiegt sie sie im Nahkampf (drückt man im richtigen Moment eine Taste, wird der Gegner entwaffnet und ausgeknockt) oder sie hebt eine Waffe auf und schießt zurück. Das Hauptaugenmerk des Spiels liegt allerdings nicht im Kampf, was sich auch daran zeigt, dass Faith mit einer Waffe nicht klettern kann und deshalb gezwungen ist, sie fallenzulassen, um weiterzukommen.
In diesem Zusammenhang ist es sinnvoll, darauf hinzuweisen, dass der Schwierigkeitsgrad nicht ganz ohne ist. Faith kann nicht viele Treffer einstecken, deshalb ist es ratsam, beim ersten Durchgang – wo die Steuerung schon genug Konzentration erfordert – auf Leicht zu spielen, um sich unnötigen Ärger zu ersparen.

Womit ich auch schon bei den Kritikpunkten wäre: Mirror's Edge ist schwer. Und damit meine ich nicht Manche-Stellen-erfordern-drei-Versuche-Schwer, sondern Selbst-beim-Dalai-Lama-bestünde-die-Gefahr-eines-Wutausbruchs-Schwer. Außerdem fällt die Spielzeit sehr kurz aus, für meinen ersten Durchgang habe ich nur circa 6 Stunden gebraucht. Es besteht zwar die Möglichkeit, nach Abschluss der Story einzelne Abschnitte oder ganze Level nochmal auf Zeit zu absolvieren, aber bei den Bestzeiten, die es dann zu knacken gilt, erlebt man erst recht sein blaues Wunder. Der Bronzerang mag mit viel Übung zu schaffen sein, Silber vielleicht an einem sehr guten Tag und mit hunderten Versuchen, Gold hingegen erfordert die Fingerfertigkeit eines Stenografen und die Reflexe einer Fliege (wer einmal einen solchen Speedrun sehen möchte, kann das hier tun).

Mirror's Edge ist also ein in jeglicher Hinsicht ungewöhnliches Spiel, das buchstäblich einige Ecken und Kanten aufweist. Da man es mittlerweile für unter 20 Euro erwerben kann, ist die Gefahr einer Fehlinvestition zwar relativ gering, wenn man aber nicht frustresistent ist und sich nach einer Woche einen neuen Controller oder eine neue Tastatur kaufen muss (was mir glücklicherweise erspart blieb), sieht die Sache schon ganz anders aus. Mein Fazit deshalb: Spielen auf eigene Gefahr!

Bearbeitet von Seti, 08 September 2012 - 15:07.

"What today's nationalists and neosegregationists fail to understand," Kwame said, "is that the basis of every human culture is, and always has been, synthesis. No civilization is authentic, monolithic, pure; the exact opposite is true. Look at your average Western nation: its numbers Arabic, its alphabet Latin, its religion Levantine, its philosophy Greek†¦ need I continue? And each of these examples can itself be broken down further: the Romans got their alphabet from the Greeks, who created theirs by stealing from the Phoenicians, and so on. Our myths and religions, too, are syncretic - sharing, repeating and adapting a large variety of elements to suit their needs. Even the language of our creation, the DNA itself, is impure, defined by a history of amalgamation: not only between nations, but even between different human species!"

- The Talos Principle


#2 methom

methom

    Teetrinkonaut

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Geschrieben 09 Oktober 2012 - 19:11

Und damit meine ich nicht Manche-Stellen-erfordern-drei-Versuche-Schwer, sondern Selbst-beim-Dalai-Lama-bestünde-die-Gefahr-eines-Wutausbruchs-Schwer.

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Danke für die schöne Spielvorstellung. Ich hatte damals eine Demo von Mirror's Edge gespielt und auch den Eindruck, dass es sehr viel Übung braucht. Aber als Vollpreisspiel war es mir das nicht wert. Vielleicht schlage ich ja jetzt doch noch mal zu.

Biom Alpha ist im Sonnensystem angekommen. Jetzt auf eigener Seite und auf Twitter @BiomAlpha


#3 Drakhon

Drakhon

    Yoginaut

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Geschrieben 10 Oktober 2012 - 20:59

Das Spiel gibt es immer mal wieder in den Steam Sales für 5€ oder weniger. Da kann man bedenkenlos zuschlagen. Das Spiel fand ich toll, vor allem weil es ein neues Konzept war. Der Storymodus hatte Passagen die mir nicht so gut gefallen haben, besonders weil dort dann der Fokus vom Parkours, teilweise aufs Gegner Ausschalten verlagert wurde. Jedenfalls hatte ich in dem Spiel immer am meisten Spaß wenn es wirklich darum ging gute Routen zum Ziel zu finden und weniger wenn es darum ging irgendwie lebend durch den Kugelhagel zu kommen.

#4 Seti

Seti

    Zeitreisebegleiter durch die Windener Höhlen

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Geschrieben 12 Oktober 2012 - 19:17

Ich hatte damals eine Demo von Mirror's Edge gespielt und auch den Eindruck, dass es sehr viel Übung braucht. Aber als Vollpreisspiel war es mir das nicht wert. Vielleicht schlage ich ja jetzt doch noch mal zu.


Das Spiel gibt es immer mal wieder in den Steam Sales für 5€ oder weniger. Da kann man bedenkenlos zuschlagen.

Da stimme ich Drakhon zu - für 5 € macht man garantiert nichts verkehrt.

Das Spiel fand ich toll, vor allem weil es ein neues Konzept war. Der Storymodus hatte Passagen die mir nicht so gut gefallen haben, besonders weil dort dann der Fokus vom Parkours, teilweise aufs Gegner Ausschalten verlagert wurde. Jedenfalls hatte ich in dem Spiel immer am meisten Spaß wenn es wirklich darum ging gute Routen zum Ziel zu finden und weniger wenn es darum ging irgendwie lebend durch den Kugelhagel zu kommen.

Ging mir genauso. Ich finde, das Spiel hätte noch besser funktioniert, wenn die Entwickler den Kampfaspekt runtergeschraubt hätten (weniger Gegner und Faith sich nur mittels Tritten und Schlägen wehren lassen). Die Schusswechsel - vor allem gegen Ende - hätte es wirklich nicht gebraucht.

Na, ich bin ja mal gespannt, ob der Nachfolger, der seit drei Jahren angekündigt ist, jemals erscheinen wird. Und wenn ja, ob die Kritikpunkte aus dem ersten Teil ausgebügelt werden...

"What today's nationalists and neosegregationists fail to understand," Kwame said, "is that the basis of every human culture is, and always has been, synthesis. No civilization is authentic, monolithic, pure; the exact opposite is true. Look at your average Western nation: its numbers Arabic, its alphabet Latin, its religion Levantine, its philosophy Greek†¦ need I continue? And each of these examples can itself be broken down further: the Romans got their alphabet from the Greeks, who created theirs by stealing from the Phoenicians, and so on. Our myths and religions, too, are syncretic - sharing, repeating and adapting a large variety of elements to suit their needs. Even the language of our creation, the DNA itself, is impure, defined by a history of amalgamation: not only between nations, but even between different human species!"

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#5 Zeitreisender

Zeitreisender

    Temponaut

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Geschrieben 28 November 2016 - 21:26

Ich hatte damals eine Demo von Mirror's Edge gespielt und auch den Eindruck, dass es sehr viel Übung braucht.

 

Ich finde die manuelle Kamera-Nachjustierung auf der PS3 nervig. Das ist ein Riesenproblem bei der PS3 generell. Ansonsten (teste es momentan) finde ich Mirror's Edge u. a. in der Gesamtpräsentation großartig. Dazu zähle ich auch die Ambient-Musik. Ich überlege mir das Spiel noch für den PC zu kaufen, um mehr aus der Grafik holen können und vllt. auf eine bessere Steuerung zu hoffen.

 

 

Die Dystopie, in die Mirror's Edge spielt, ist zwar negativ dargestellt, aber das grelle Licht der sauberen Gebäudefassaden könnte auch aus der Welt von Aldous Huxley stammen. In so einer futuristischen Stadt möchte ich schon gerne leben, aber bitteschön in eine Utopie. ;)

 

Lohnt sich eigentlich der zweite Teil Mirror's Edge Catalyst?



#6 Khaanara

Khaanara

    Giganaut

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Geschrieben 29 November 2016 - 10:50

Am PC und der Xbox One gibt es übrigens seit Anfang des Monats beide Spiele im Vault bei Origin- / EA-Access.

https://www.origin.c...e/origin-access (Zusammen mit den EA Sportsreihen, Crysis 1-3, Battlefield, Dead Space 1-3, die Mass Effect- und Dragon Age-Trilogien, etc.)

 

Im kommenden Monat soll noch Star Wars Battlefront dazu kommen.




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