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Eure Stilistik-Empfehlungen


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120 Antworten in diesem Thema

#1 methom

methom

    Teetrinkonaut

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Geschrieben 24 Dezember 2014 - 22:52

Vielleicht kennt ihr das: da steht man wie ein Ochs vorm Textberg, verschiebt Halbsätze, ergänzt oder streicht Wörter, sucht synonyme Ausdrücke, substantiviert Verbkonstruktionen und noch so einiges mehr. Und am Ende weiß man doch nicht, welche Variante die bessere, die stilsicherere, die der deutschen Sprache angemessenere ist.

 

Da es vermutlich sehr schwer ist, die Frage zu beantworten, was guten Stil ausmacht, möchte ich stattdessen lieber gleich eine andere stellen: welche (deutschsprachigen) Texte und / oder Autoren zählen für euch zur stilistischen Oberklasse? Ich erhoffe mir, dass mittels dieser Sammlung vielleicht ein Erlernen des guten Sprachstils mittels Beschäftigung mit positiven Vorbildern möglich sein könnte.

 

Vielen Dank für euren Input.

 

(Ach ja: und frohe Weihnachten allerseits!)


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#2 September68

September68

    Giganaut

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Geschrieben 24 Dezember 2014 - 23:50

Aus der Erinnerung heraus, ganz spontan:

 

Ernst Jünger, »Auf den Marmorklippen«, »Gläserne Bienen«

Patrick Süskind, »Das Parfum«

Ilse Aichinger, »Spiegelgeschichte«

Karl-Ulrich Burgdorf, Raven-Heftromane (Bastei)

Franz Kafka, alles

 

Mein Vorschlag: »Gläserne Bienen«, eine der besten deutschen SF-Erzählungen überhaupt. 

Tagesaktuell sehe ich keinen stilistisch herausragenden deutschen Autor, auch keine Autorin. An diesbezüglichen Tipps bin ich ebenfalls sehr interessiert!


"Die Größe eines Landes bemisst sich nicht daran, wie es mit den Mächtigen umgeht. Die Größe eines Landes bemisst sich daran, wie es mit den Machtlosen umgeht."

Jorge Ramos


#3 ShockWaveRider

ShockWaveRider

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 00:33

Hans Erich Nossack, insbesondere seine Miniaturen, aber auch "Spirale" oder "Der Fall d'Arthez"

Max Frisch "Der Mensch erscheint im Holozän"

Matthias Falke "Boa Esperança"

 

So auf die Schnelle am Heiligen Abend.

 

Gruß

Ralf


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#4 Naut

Naut

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 09:13

Ich finde Stil überschätzt. Meine Antwort auf Deine Ausgangsfrage wäre, dass sich der Stil am Inhalt orientieren muss. Die Art, wie du formulierst wird bestimmt davon, was gesagt werden soll. Tut mir leid, dass ich nicht mit Vorbildern dienen kann, aber da geht es mir wie September.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#5 simifilm

simifilm

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 09:18

Ich finde Stil überschätzt. Meine Antwort auf Deine Ausgangsfrage wäre, dass sich der Stil am Inhalt orientieren muss. Die Art, wie du formulierst wird bestimmt davon, was gesagt werden soll.  

 

Womit du nichts anderes sagst, als dass Stil sehr wohl wichtig ist.


Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

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  • (Buch) gerade am lesen:Samuel Butler: «Erewhon»
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#6 Amtranik

Amtranik

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 09:38

Womit du nichts anderes sagst, als dass Stil sehr wohl wichtig ist.

Vermutlich hätte er dann formulieren sollen das machner den Stil überschätzt, nämlich dann wenn er über den Inhalt gestellt wird. Jedenfalls wäre das meine Einstellung dazu. Stil ist in meinen Augen ab einem gewissen Niveau wiederum vor allem Sache des individuellen Lesegeschmacks. Auf die SF bezogen würde ich vor allem James Graham Ballard nennen bei dem der Stil in seinen Werken in jedem Falle der wichtigste Baustein ist.


Bearbeitet von Amtranik, 25 Dezember 2014 - 09:39.


#7 HMP †

HMP †

    Temponaut

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 10:04

Vermutlich hätte er dann formulieren sollen das machner den Stil überschätzt, nämlich dann wenn er über den Inhalt gestellt wird. Jedenfalls wäre das meine Einstellung dazu. Stil ist in meinen Augen ab einem gewissen Niveau wiederum vor allem Sache des individuellen Lesegeschmacks.

 

 Das sehe ich auch so. Stil ist ein Teil des Ganzen, aber nicht der Hauptteil. Und - als Autor gesprochen - kann man sich ab einem gewissen Zeitpunkt zu Tode stilisieren.


Universal Columnist

Es gibt immer etwas, wozu es etwas zu sagen gibt. Immer!
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#8 simifilm

simifilm

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 10:12

 Das sehe ich auch so. Stil ist ein Teil des Ganzen, aber nicht der Hauptteil. Und - als Autor gesprochen - kann man sich ab einem gewissen Zeitpunkt zu Tode stilisieren.

 

Nun ja. Es gibt sicher stilverliebte Autoren. Aber gerade im Bereich der Genreliteratur treffe ich doch weitaus mehr Autoren an, die zu wenig Stilbewusstsein haben, als solche, bei denen der Stil über allem steht.

 

Wobei Stilbewusstsein ja keineswegs überkandidelte Sprache heissen muss. Um Ralfs Beispiel Der Mensch erscheint im Holozän aufzugreifen: Sprachlich sehr reduziert, teilweise nur eine Collage aus Lexikon-Einträgen u.a., aber zugleich unglaublich schön. In diesem Sinne: Sehr stilbewusst, nur eben ein reduzierter Stil.

 

An neueren Autoren möchte ich hier Daniel Kehlmann anführen. Die Vermessung der Welt lebt zu einem nicht geringen Teil von seinem lakonischen Stil. Ruhm zeigt stilistisch eine sehr breite Palette, jeweils thematisch perfekt angepasst.


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#9 September68

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    Giganaut

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 10:29

Stil ist in meinen Augen ab einem gewissen Niveau wiederum vor allem Sache des individuellen Lesegeschmacks.

Es gibt schon einige Indikatoren für guten Stil, unabhängig von (literarischem) Niveau bzw. persönlichem Geschmack.  

Auf die SF bezogen würde ich vor allem James Graham Ballard nennen bei dem der Stil in seinen Werken in jedem Falle der wichtigste Baustein ist.

Sehe ich ähnlich. Allerdings transportiert sein Stil weit mehr als nur die persönliche Vorliebe für den Feinschliff.

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#10 simifilm

simifilm

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 10:40

Es gibt schon einige Indikatoren für guten Stil, unabhängig von (literarischem) Niveau bzw. persönlichem Geschmack.

Yep. Wobei es natürlich immer auch Beispiele gibt, bei denen ein Könner gegen Stilregeln verstösst und dennoch ein grossartiges Werk schafft. 


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#11 September68

September68

    Giganaut

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 11:23

Korrekt. Und woran erkennen wir trotzdem den Könner? Weil wir nachvollziehen können, aus welchen Gründen er gegen gewisse Stilregeln verstößt, was uns wiederum ein intellektuelles Vergnügen bereitet. So ein Um-die-Ecke-Denken ist aber nicht jedermanns Sache, klar.

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#12 MoiN

MoiN

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 11:33

Mir ist jetzt nicht bekannt, daß Autorinnen wie Rowling sich groß Gedanken gemacht haben über ihren Stil. Sie schreiben halt so, wie ihnen die Feder gewachsen ist.

 

Deswegen tue ich mich schwer, Empfehlungen abzugeben, weil sie keinesfalls verbindlich sein können. Schon gar nicht ist es - glaube ich - in stilistischen (wie allgemein künstlerischen) Fragen überhaupt möglich, einen allgemeinen Konsens zu erreichen.

 

(Natürlich ist mir auch klar, daß "guter Stil" im Sinne des Deutschlehrers kein Garant für Erfolg ist. Das Umgekehrte allerdings auch nicht. ;) )


Bearbeitet von MoiN, 25 Dezember 2014 - 11:37.

πάντα ῥεῖ

 

Büchermarkt ...druckfrisch...dlr lit  ...Verena ... Dana ...swrwi ...brwi ..   .A I N


#13 Naut

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 11:57

Nun ja. Es gibt sicher stilverliebte Autoren. Aber gerade im Bereich der Genreliteratur treffe ich doch weitaus mehr Autoren an, die zu wenig Stilbewusstsein haben, als solche, bei denen der Stil über allem steht.   Wobei Stilbewusstsein ja keineswegs überkandidelte Sprache heissen muss. Um Ralfs Beispiel Der Mensch erscheint im Holozän aufzugreifen: Sprachlich sehr reduziert, teilweise nur eine Collage aus Lexikon-Einträgen u.a., aber zugleich unglaublich schön. In diesem Sinne: Sehr stilbewusst, nur eben ein reduzierter Stil.   An neueren Autoren möchte ich hier Daniel Kehlmann anführen. Die Vermessung der Welt lebt zu einem nicht geringen Teil von seinem lakonischen Stil. Ruhm zeigt stilistisch eine sehr breite Palette, jeweils thematisch perfekt angepasst.

Genau das meine ich. Stil unabhängig vom Inhalt zu sehen ist in meinen Augen sinnlos. Kehlmann demonstriert das deutlich: Bei ihm passt der Ton exakt zur Erzählung. (Tolles Beispiel btw.)
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#14 simifilm

simifilm

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 12:11

Mir ist jetzt nicht bekannt, daß Autorinnen wie Rowling sich groß Gedanken gemacht haben über ihren Stil. Sie schreiben halt so, wie ihnen die Feder gewachsen ist.

Ob sie sich Gedanken gemacht hat oder nicht, weiss ich nicht. Aber ich sehe auch nicht, inwieweit das ein Kriterium ist. Es gibt ja auch Naturtalente. Als ich den ersten Harry-Potter-Band las, war ich zumindest positiv überrascht, wie gut das geschrieben ist. Nicht zuletzt, was die sprachliche und erzäherische Ökonomie betrifft, was auch ein stilistischer Aspekt ist. Bei späteren Bänden (wenn ich mich recht erinnere, bin ich bis Band 4 gekommen) dagegen liess sie die Disziplin des ersten Bandes teilweise vermissen; ist ja durchaus auffallend, dass die Bücher immer dicker wurden.  

Deswegen tue ich mich schwer, Empfehlungen abzugeben, weil sie keinesfalls verbindlich sein können. Schon gar nicht ist es - glaube ich - in stilistischen (wie allgemein künstlerischen) Fragen überhaupt möglich, einen allgemeinen Konsens zu erreichen.

 

Samuel Delany schreibt in On Writing sinngemäss, dass es eine Reihe von Regeln gibt, deren Befolgung mehr oder weniger garantieren, dass am Ende ein gutes - im Sinne von solide gemacht, gut lesbar - rauskommt; die ganz grossen literarischen Würfe schafft man so allerdings nicht.


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#15 Amtranik

Amtranik

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 12:28

. Aber gerade im Bereich der Genreliteratur treffe ich doch weitaus mehr Autoren an, die zu wenig Stilbewusstsein haben,

Seufz....


Bearbeitet von Amtranik, 25 Dezember 2014 - 12:29.


#16 Skydiver

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 13:20

Stil und Geschichte sollten Hand in Hand gehen. Ich kann spontan keine Geschichten nennen die mir allein durch Stilexperimente positiv in Erinnerung blieben. Eher im Gegenteil. Beispiel  „Förchtbar Maschien“ von Iain Banks.

Klammert man mal Stilexperimente aus, so ist guter Stil kein Grund zur Abwertung einer Geschichte. Stilmängel jedoch durchaus. In diesem Sinn von einem „einfachen Stil“ zu schreiben halte ich für Schönfärberei.


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#17 simifilm

simifilm

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 13:32

Stil und Geschichte sollten Hand in Hand gehen. Ich kann spontan keine Geschichten nennen die mir allein durch Stilexperimente positiv in Erinnerung blieben. Eher im Gegenteil. Beispiel  „Förchtbar Maschien“ von Iain Banks.

Klammert man mal Stilexperimente aus, so ist guter Stil kein Grund zur Abwertung einer Geschichte. Stilmängel jedoch durchaus. In diesem Sinn von einem „einfachen Stil“ zu schreiben halte ich für Schönfärberei.

 

Ich würde eigentlich sogar noch weiter gehen und sagen, dass die Trennung von Inhalt und Stil in gewisser Weise unsinnig ist. Zweifellos kann eine Erzählung stilistisch schlecht sein. Aber wenn man Inhalt und Stil - oder allgemeiner: Form - als zwei klar trennbare Aspekte behandelt, dann impliziert das, der Inhalt sei etwas, was sich irgendwie klar isolieren liesse und dem man dann einen beliebigen - resp. mehr oder weniger passenden - Stil verpassen könnte. Das scheint mir aber ein fundamentaler Irrtum. Wie eine Geschichte aufgenommen und verarbeitet wirkt, wie sie wirkt, hängt massgeblich von der Art und Weise ab, wie sie vermittelt wird. Ist Romeo und Julia einfach eine uralte, abgestanden Geschichte, die auf geniale Weise erzählt wird, oder ist es nicht vielmehr so, dass Qualität des Stücks gerade darin liegt, wie es erzählt wird? In diesem Sinne: Form ist auch Inhalt, und die Trennung der beiden Ebenen bringt meist nur dann was, wenn man Mängel benennt. Bei geglückten Werken wird die Trennung bis zu einem gewissen Grad hinfällig. 


Bearbeitet von simifilm, 25 Dezember 2014 - 13:46.

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#18 Skydiver

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 13:42

Ich würde eigentlich sogar noch weiter gehen...

Da gehe ich mit :happy:


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#19 Naut

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 14:02

Ich würde eigentlich sogar noch weiter gehen und sagen, dass die Trennung von Inhalt und Stil in gewisser Weise unsinnig ist.

Sag ich doch die ganze Zeit. :)
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#20 simifilm

simifilm

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 14:10

Sag ich doch die ganze Zeit. :)

 

Was aber eben nicht heisst, dass Stil unwichtig wäre (das hast du nicht behauptet, ist mir klar). Im Gegenteil: Ohne Form kein Inhalt.


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#21 Naut

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 14:19

Was aber eben nicht heisst, dass Stil unwichtig wäre (das hast du nicht behauptet, ist mir klar). Im Gegenteil: Ohne Form kein Inhalt.

Auch da bin ich völlig Deiner Meinung. Deshalb ist es wichtig, sich nicht auf wenige Stilikonen zu kalibrieren, sondern sehr viel Input zu sammeln, denke ich.
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#22 Amtranik

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 15:18

Auch da bin ich völlig Deiner Meinung. Deshalb ist es wichtig, sich nicht auf wenige Stilikonen zu kalibrieren, sondern sehr viel Input zu sammeln, denke ich.

So ist es. :thumb:



#23 September68

September68

    Giganaut

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 15:24

Samuel Delany schreibt in On Writing sinngemäss, dass es eine Reihe von Regeln gibt, deren Befolgung mehr oder weniger garantieren, dass am Ende ein gutes - im Sinne von solide gemacht, gut lesbar - rauskommt; die ganz grossen literarischen Würfe schafft man so allerdings nicht.

Ich vermute, die ganz großen literarischen Würfe sind Zufallsprodukte, nicht plan- oder kalkulierbar in ihrer Wirkung. Ich halte es sogar für kontraproduktiv, sich als Autor allzu viele Gedanken über Stilfragen zu machen. Wie methom eingangs erwähnte, kann das zu Verwirrungen führen. Ich glaube, das passiert auch ständig, unterbewusst, und das Ergebnis fällt dann so lala aus.

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#24 simifilm

simifilm

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 15:38

Ich vermute, die ganz großen literarischen Würfe sind Zufallsprodukte, nicht plan- oder kalkulierbar in ihrer Wirkung. Ich halte es sogar für kontraproduktiv, sich als Autor allzu viele Gedanken über Stilfragen zu machen. Wie methom eingangs erwähnte, kann das zu Verwirrungen führen. Ich glaube, das passiert auch ständig, unterbewusst, und das Ergebnis fällt dann so lala aus.

 

Dass Meisterwerke kaum planbar sind, ist wohl so. Zugleich sind aber die Fälle, in denen ein Schriftsteller einfach hingesessen ist und ohne grosses Überlegen aus reiner Inspiration einen ganz grossen Wurf gelandet hat, wohl doch eher in der Minderheit. Viele - die Mehrheit? - der wirklich herausragenden Autoren verwenden sehr viel Zeit und Gehirnschmalz auf die Frage, wie sie ihre Geschichte erzählen.


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#25 September68

September68

    Giganaut

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 17:21

Viele - die Mehrheit? - der wirklich herausragenden Autoren verwenden sehr viel Zeit und Gehirnschmalz auf die Frage, wie sie ihre Geschichte erzählen.

Natürlich tun sie das. Aber doch wohl die wenigsten in dem Bewusstsein, justament ein Meisterwerk zu kreieren, dass in die Literaturgeschichte eingehen wird - was sie nicht zwangsweise von den leichtfüßigen, ins Blaue hinein schreibenden Musenknutschern, Hobby- und Heftromanautoren unterscheidet. Nicht die aufgewendete Arbeit, sondern allein das Ergebnis zählt, meine ich. Ein guter Stil ist also nicht zwangsweise das Endprodukt eines langwierigen Arbeitsprozesses. Talent und Intuition könnten eine effektive Abkürzung sein, oder?

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Jorge Ramos


#26 simifilm

simifilm

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 17:36

Natürlich tun sie das. Aber doch wohl die wenigsten in dem Bewusstsein, justament ein Meisterwerk zu kreieren, dass in die Literaturgeschichte eingehen wird - was sie nicht zwangsweise von den leichtfüßigen, ins Blaue hinein schreibenden Musenknutschern, Hobby- und Heftromanautoren unterscheidet. Nicht die aufgewendete Arbeit, sondern allein das Ergebnis zählt, meine ich. Ein guter Stil ist also nicht zwangsweise das Endprodukt eines langwierigen Arbeitsprozesses. Talent und Intuition könnten eine effektive Abkürzung sein, oder?

 

Wie gesagt: Planbar ist Erfolg - welcher Art auch immer - schwer bis gar nicht. Und natürlich geht es nicht darum, dass sich ein Autor vornimmt, ein Meisterwerk zu verfassen. Ebenso ist auch das Mass der verwendeten Zeit nicht entscheidend. Aber ich habe dich so verstanden, dass sich ein Autor nicht zu viel mit Formfragen beschäftigen sollte, und das scheint mir grundlegend falsch. Es gibt zweifellos die Momente der grossen Inspiration, in denen ein Autor hinsitzt und einfach ein Text aus ihm herausfliesst, der nachher kaum mehr der Überarbeitung bedarf. Nach allem, was ich weiss, ist das aber die Ausnahme. Flaubert, Proust, Joyce, Nabokov - die Liste liess sich endlos fortsetzen - waren alles Autoren, die intensiv mit der Frage nach der richtigen Form gerungen haben. Aber auch wenn ich ein paar Stufen tiefer gehe und mir die Schriftsteller in meinem Freundeskreis anschaue - die Frage der Form bereitet da oft viel grössere Probleme als die des Inhalts.


Bearbeitet von simifilm, 25 Dezember 2014 - 17:57.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

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Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

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#27 Ulrich

Ulrich

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 17:51

Nur so am Rande: In der Episode The Book Job bei den Simspons wird davon ausgegangen, dass die erfolgreichen Young-Adult-Serien von einer Mannschaft aus Ghostwritern nach bestimmten Vorgaben geschrieben werden. So entdeckt Lisa Simpson, dass die "Autorin" T. R. Francis nur ihr Foto für den Buchumschlag zur Angelica-Button-Serie beigetragen hat. Da wird die Buchbranche auf die Schippe genommen.


Bearbeitet von Ulrich, 25 Dezember 2014 - 17:51.


#28 My.

My.

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Geschrieben 25 Dezember 2014 - 18:05

Stil hin, Stil her. Wichtig ist vor allem gutes Deutsch, und hier kann ich nicht nur wärmstens, sondern dringend - ausnahmslos - alle Bücher von Wolf Schneider empfehlen.

Wärmstens.

Dringend.

Wie gesagt.

 

My.



#29 T. Lagemann

T. Lagemann

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Geschrieben 26 Dezember 2014 - 10:18

Hallo Methom,

Vielleicht kennt ihr das: da steht man wie ein Ochs vorm Textberg, verschiebt Halbsätze, ergänzt oder streicht Wörter, sucht synonyme Ausdrücke, substantiviert Verbkonstruktionen und noch so einiges mehr. Und am Ende weiß man doch nicht, welche Variante die bessere, die stilsicherere, die der deutschen Sprache angemessenere ist.   Da es vermutlich sehr schwer ist, die Frage zu beantworten, was guten Stil ausmacht, möchte ich stattdessen lieber gleich eine andere stellen: welche (deutschsprachigen) Texte und / oder Autoren zählen für euch zur stilistischen Oberklasse? Ich erhoffe mir, dass mittels dieser Sammlung vielleicht ein Erlernen des guten Sprachstils mittels Beschäftigung mit positiven Vorbildern möglich sein könnte.   Vielen Dank für euren Input.   (Ach ja: und frohe Weihnachten allerseits!)

hier ein paar Namen in nicht-wertender Reihenfolge Thomas Hettche Jörg Fauser Thomas Mann Robert Walser Siegfried Lenz Clemens Meyer Sibylle Knauss Andreas Brandhorst Viele Grüße Tobias Andreas Maier
"Wir sind jetzt alle Verräter."
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

(James Corey, Calibans Krieg)

"Sentences are stumbling blocks to language."

(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)

"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"

(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
  • (Buch) gerade am lesen:Ich lese zu schnell, um das hier aktuell zu halten.
  • • (Film) gerade gesehen: Im Westen nichts Neues

#30 Valerie J. Long

Valerie J. Long

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Geschrieben 26 Dezember 2014 - 13:32

Bei geplantem Stil denke ich immer an Dürrenmatt. Jedes Kapitel mit nur einem Bandwurmschachtelsatz - ein Verbrechen am Leser. Stilentscheidungen wie die für kurze oder lange Sätze muss man natürlich trotzdem treffen - BILD-Schlagzeile oder FAZ-Feuilleton? Fremdworte oder Grundwortschatz? Lyrische Bildersprache oder knapper Bericht? Für den Schreibfluss ist danach zuviel Nachdenken über Stil hinderlich. Trotzdem muss ich mir als Autor meiner Lieblingsfehler bewusst sein - Zu lange Sätze, solche, die mit "und" oder "aber" starten, Wortwiederholungen, zu viele Adjektive... Manchmal muss es so sein, und oft muss es nicht sein. Daher ist Arbeiten am eigenen Stil immer angesagt - nur eben nicht immer mitten im Schreiben.


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