Finde ich schön geschrieben. Das ist ja auch meine Rede, eine Kurzgeschichte ist was Eigenes, kein zu kurz geratener Roman. Und sie ist auch nicht "nur" eine Kurzgeschichte, sie ist halt eine Kurzgeschichte. Fertig. Das ist, als müsste sich ein Beistelltisch entschuldigen müssen, nur ein Beistelltisch und kein richtiger Tisch zu sein. (Und doch stehen in den Haushalten Beistelltische - und zwar nicht, weil der Produzent faul war oder der Kunde sparen wollte, sondern weil der Beistelltisch halt einen anderen Zweck hat.)
Ich erlebe es oft, dass das als eine Literaturform zweiter Klasse gesehen wird - aber mehr im deutschsprachigen Raum. Da wird es auch oft als "Schreibübung" gesehen, bevor jemand seinen Roman schreiben kann. - Aber es ist anders. Es gibt nicht nur Autoren, die gute Kurzgeschichten und eher bescheidene Romane schreiben (nach der These würde man das ja erwarten - für die "Profiliga" reicht es halt nicht ...), sondern auch umgekehrt. Ganz ehrlich, wenn wer gerne Kurzgeschichten liest, wie oft war das Ergebnis bei bekannten Romanautoren nicht das Wahre? - Also bei mir recht oft. (Ich möchte allerdings keine Beispiele nennen, weil ich hauptsächlich deutsche KGs lese und niemanden im Speziellen dissen will. Also entweder erkennt wer die Situation wieder oder auch nicht.)
Und ja, was Ernst schreibt: Wir nehmen die Kurzgeschichtenkriterien allgemein nicht so genau. Es gibt aber einfach gewisse Abweichungen vom Ursprungsland der Kurzgeschichte, z.B. sind die Zeiträume, in der die Handlung spielt, meist sehr viel länger. In der ganz klassischen Kurzgeschichte gibt es beispielsweise keinen Cut, wo es am nächsten Tag weitergeht, das sind meist nur wenige Stunden umfasst. Da haben aber deutsche Verlage meist nicht so ein Problem so damit.
Leser haben m.E. nach oft ein Problem mit: "Aber da erfährt man ja gar nix über die Hauptperson, wo die herkommt, wie sie als Kind gelebt oder wie die ausschaut!" - Ja, das ist normal nur teilweise drin. Einerseits sitzt einem die Längenbeschränkung im Nacken - als Autor schreibt man ja oftmals, um zu veröffentlichen, üblich sind 20.000 Zeichen (mitunter mehr, aber oftmals auch viel weniger), anderseits kann man das in einer Kurzgeschichte auch nur recht geschickt mit z.B. Rückblenden einbringen. Man kann da nicht mit der Kindheit anfangen und sich dann chronologisch vorarbeiten.