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Philip K. Dick's Electric Dreams (Amazon/Channel 4)


51 Antworten in diesem Thema

#31 Uwe Post

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Geschrieben 19 März 2018 - 12:36

Da widerspreche ich nicht, auch wenn ich beide noch nicht komplett geschaut habe.

Nicht auszuschließen, dass die (annähernde) Werktreue vielleicht sogar eine Hypothek ist. Nicht jede PKD-Story ist genial. Und wenn man sie noch so bemüht an unsere Gegenwart anpasst: Die Autoren von Black Mirror haben 60 Jahre mehr, aus denen sie was machen können.


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#32 schilling

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Geschrieben 19 März 2018 - 23:43

Weibliche Hauptfiguren wird man in SF-Storys der Fünfziger auch bei einem Visionär wie PKD vergeblich suchen.

 

Interessante These. Bei mir ist's ewig lange her, dass ich die Storys gelesen habe. Bei Dicks Romanen sind Frauen ja meist die heimlichen Helden (am deutlichsten vielleicht bei 'Mary and the Giant', ironischerweise keine SF und auch erst Jahrzehnte später veröffentlicht), und in meiner Erinnerung übertrage ich das auch auf die Kurzgeschichten. Ich kann ehrlicherweise jetzt  gar nicht sagen, wie es sich damit verhält... Ansonsten, wenn ich mich recht erinnere, hat Dick ja mal geschrieben, dass Kurzgeschichten Ideen behandeln und somit alles andere untergeordnet ist, und erst der Roman Platz hat, um psychologische, charakterorientierte Tiefe zu entwickeln. Von daher ist er sich selbst treu, aber klar, heute sieht man das vielleicht etwas anders.

 

Zur Serie: Wenn man eh keine Lust hat, PKD zu verfilmen, warum macht man es dann?



#33 Armin

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Geschrieben 20 März 2018 - 07:26

Es waren doch so einige Episoden dabei die waren einfach strunz langweilig.

 

Ich bin leider mit meinen Kommentaren bisher nicht weiter als bis zu Folge 2 gekommen und habe auch erst fünf Folgen gesehen, muss aber trotzdem widersprechen. In vier von fünf Fällen würde ich die Filme als gut bis sehr gut einordnen. Vielleicht muss man Dick-Fan sein, um das so zu sehen, gerade die Dick-typischen Themen werden toll transportiert. Das ist halt kein Star Trek ...



#34 Amtranik

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Geschrieben 20 März 2018 - 09:50

Ich bin leider mit meinen Kommentaren bisher nicht weiter als bis zu Folge 2 gekommen und habe auch erst fünf Folgen gesehen, muss aber trotzdem widersprechen. In vier von fünf Fällen würde ich die Filme als gut bis sehr gut einordnen. Vielleicht muss man Dick-Fan sein, um das so zu sehen, gerade die Dick-typischen Themen werden toll transportiert. Das ist halt kein Star Trek ...

 

 Traust Du mir wirklich nicht zu, das richtig einzuordnen Armin? Ich mag sowohl Star Trek als auch Dick. Und ich sagte einige.  Wenn Du nach 5 Episoden auch schon eine Folge als nicht gut ansiehst, könnten bei den restlichen 7 durchaus noch 2 weitere hinzukommen das wären dann 3 und das wiederum würde durchaus den Tatbestand von "einige" erfüllen.

Aber ich hatte wenn Du noch mal nachliest auch ganz bewußt nicht Äpfel mit Birnen verglichen also hier Dick/Star Trek, sondern die Dick-Reihe mit Black Mirror weil man die sehr gut miteinander vergleichen kann,  beide sind sowohl thematisch als auch vom Format ( Einzelepisoden) recht ähnlich. Und gegenüber Black Mirror, dazu stehe ich, fällt die Dick Umsetzung deutlich ab.



#35 Armin

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Geschrieben 20 März 2018 - 10:30

Ich mag sowohl Star Trek als auch Dick. 

 

Ich hätte jetzt tatsächlich spekuliert, dass du auch die meisten von Dicks 50er-Jahre-Storys als "strunzlangweilig" empfindest. So kann man sich täuschen ...

 

Und: 4 aus 5 halte ich für eine gute Ausbeute. Wie's beim Rest ist, werden wir irgendwann sehen. Deshalb habe ich ja auch oben erwähnt, dass ich noch nicht alles gesehen habe.



#36 Uwe Post

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Geschrieben 20 März 2018 - 10:55

 

 

[color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]Zur Serie: Wenn man eh keine Lust hat, PKD zu verfilmen, warum macht man es dann?[/color]

 

Da unterstellst Du den Machern der Serie was. Oder kannst Du belegen, dass sie "keine Lust hatten"?

 

Ein möglicher Grund ist natürlich der Aura-Effekt. Eine Serie "PKD's Electric Dreams" wird sicher mehr geschaut als "Uwe Posts Electric Dreams", und ich hab auch ne Menge Kurzgeschichten geschrieben, die man filmisch adaptieren könnte  :blush:

Die Modernisierung war notwendig. Die Storys sind Mitte der 50er Jahre entstanden. Teils transportieren sie natürlich zeitlose Inhalte (wie die Folge mit Geraldine Chaplin). Aber das ganze Ambiente ist natürlich hoffnungslos veraltet. Heute benutzt man einfach keine Lochkarten mehr. Auch sind die Zuschauer nicht mehr so verklemmt, also baut man Sexszenen ein. Weibliche Figuren im Drehbuch sind dabei halt hilfreich, ha ha. Ich habe viele PKD-Storys gelesen, und weibliche Hauptfiguren kommen da so gut wie nie vor. War übrigens bei Zeitgenossen wie Asimov nicht anders. Zigarre rauchende Männer in Ledersesseln nahmen viel Raum in der Foundation-Trilogie ein. Wir haben aber einfach nicht mehr 1955. Zum Glück. Ich behaupte, werktreue Verfilmungen wären, um das oben verwendete Wort aufzugreifen, definitiv strunzlangweilig gewesen. Bestenfalls urig. Und natürlich viel teurer. Beschaff mal einen Lochkartenleser als Requisite oder nimm einen Laptop. Oder lass in "Der Pendler" einen Museumszug fahren (1955 vermutlich mit Dampflok). Zum Glück sind viele Themen in PKDs Storys recht zeitlos. Ich bin sicher, bei anderen Autoren würde man kläglich scheitern, würde man versuchen, sie ins Jetzt oder in die Nahzukunft zu verschieben. Letztlich geht es bei PKD sehr oft um die Menschen, nicht um irgendwelche technologischen Spielereien. Da ist "Autofac" nicht repräsentativ, das ist die typische Bedrohung durch außer Kontrolle geratene Technologie. Ich werd sicher die Tage mal noch ein paar andere der Vorlagen lesen. Macht das doch auch mal! Ich finde den Vergleich interessant. Interessanter jedenfalls als den ohnehin hinkenden Vergleich mit ST oder BM, die beide andere Prämissen haben.


Bearbeitet von Uwe Post, 20 März 2018 - 10:56.

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#37 Armin

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Geschrieben 20 März 2018 - 11:00

War übrigens bei Zeitgenossen wie Asimov nicht anders. 

 

Ich wage noch mal einen Einspruch (auch wenn ich dir sonst in vielem zustimme): Asimovs Susan Calvin fällt mir spontan als Ausnahme ein.



#38 Uwe Post

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Geschrieben 21 März 2018 - 15:39

Ich schrieb ja "so gut wie nie weibliche Figuren", auf jeden Fall aber weit unter der heute üblichen Quote, die von den Drehbuchautoren entsprechend justiert wurde. Zumindest soweit ich Asimov gelesen und in Erinnerung habe, sind weibliche Figuren aber auch bei ihm unterrepräsentiert.

 

In "Foster, you're dead", eine Story, die ich zumindest jetzt schonmal angelesen habe, geht es um einen Schüler, und in der Verfilmung um eine Schülerin (die auch Foster heißt). Im Moment habe ich den Eindruck, als wäre in diesem Fall vom Original so gut wie nichts übrig geblieben, aber ich bin noch nicht durch.


Bearbeitet von Uwe Post, 21 März 2018 - 15:39.

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#39 schilling

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Geschrieben 22 März 2018 - 09:14

Da unterstellst Du den Machern der Serie was. Oder kannst Du belegen, dass sie "keine Lust hatten"?

 

 

Nein, belegen kann ich das nicht. Ich habe ehrlicherweise auch noch keine einzige Folge gesehen. Allerdings deutet jede Besprechung auch genau in die Richtung: Dass die Macher sich die besten Ideen rauspicken und von den eigentlichen Storys selten noch etwas erkennbar ist. Klingt für mich eher nach Bladerunner und Minority Report als nach A Scanner Darkly, und da hält sich mein Enthusiasmus in Grenzen. Klar ist Modernisierung okay, oft vielleicht nötig, macht man ja auch mit antiken Tragödien usw., aber man sollte das Original schon noch erkennen können (auch ohne Titel).

 

Außerdem, warum denn mal nicht ganz ernsthaft Lochkartenlesegeräte verwenden? ;)


Bearbeitet von schilling, 22 März 2018 - 09:14.


#40 Uwe Post

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Geschrieben 22 März 2018 - 17:03

Auch wenn teilweise nicht viel von PKDs Original übrig geblieben ist, halte ich viele der Folgen dieser Serie für inhaltlich besser als durchschnittliche Folgen typischer Weltraum-Serien. Klar hat Star Wars 8 die besseren Special Effects, aber inhaltlich war der Film multidimensional bescheuerter als jede einzelne Folge Electric Dreams, die ich bisher gesehen habe. Womit wir wieder bei "dem" Thema wären: Anspruch vs. Unterhaltung. Also lassen wir das besser mal so stehen.


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#41 Uwe Post

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Geschrieben 23 März 2018 - 08:38

Also, von "Foster, you're dead" blieb so gut wie nichts mehr übrig. Die Hauptfigur ist jetzt ein Mädchen (16), in der Story ein Junge (mutmaßlich etwas jünger). In der Story ging es darum, den Leuten einzureden, dass sie sich immer die neuesten Atombombenbunker kaufen müssen. Die Regierung kurbelte den Umsatz der Herstellerkonzerne an durch Lancieren mutmaßlich erfundener Neuigkeiten über die vermeintlichen neuesten sowjetischen Waffen. Der Vater des Jungen, eigentlich ein Bunker-Verweigerer, kann sich letztlich dem Druck dann auch nicht mehr widersetzen, der über seinen Sohn zu ihm gelangt.

 

Ganz vage kann man dieses Motiv in der Verfilmung noch erkennen, obwohl der Vater jetzt die Mutter ist (mehr weibliche Figuren!), außerdem natürlich mal wieder sexuelle Themen eingebaut wurden und die Handlung teilweise ebenfalls in einer Schule spielt. Auch hier wird über die junge Hauptfigur psychischer Druck auf das Elternteil ausgeübt und in der ganzen Gesellschaft etwas unter dem Vorwand wohl erfundener Gewalttaten erzwungen: Immer mehr Überwachung nämlich. Was natürlich ein wichtiges Thema ist. Insofern ist das hier nicht als Kritik an der Folge zu verstehen. Ich fand sie zwar etwas wirr, aber der Plot war schon okay. Dicks dramaturgischer Kniff, einen Jugendlichen als hilfloses Opfer zu wählen, wurde übernommen, und wie sich dergleichen auf die Hauptfigur auswirkt, kam auch gut rüber, fand ich.

 

Man kann jedoch auch hier festhalten, dass von der ursprünglichen Geschichte nur die halbe Grundidee, sowie der Name der Hauptfigur übrig blieben. "Based on the story ...", heißt es dann. Nun gut.


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#42 schilling

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Geschrieben 23 März 2018 - 21:53

Ich werde mir die Serie jetzt doch mal über die nächsten Tage anschauen. Also später ggf. mehr zum Thema ;)



#43 schilling

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Geschrieben 01 April 2018 - 23:27

So, ich habe mittlerweile die ersten drei Folgen gesehen und außerdem die entsprechenden Storys gelesen. Schon mal vorab -  begeistert bin ich nicht. Und wenn ich es dramatischer ausdrücken wollte, müsste ich sogar sagen: Ich bin entsetzt! ;)

 

 

Achtung, es folgen Spoiler!

 

 

1. Real Life / Exhibit piece Hier wurde für die Verfilmung nur die wirklich grundlegendste Idee übernommen: Jemand wird in den Körper einer anderen Person in einer anderen Zeit transferiert und erlebt eine gewisse Desorientierung, welche Zeit nun seine eigentliche ist. In der Story von PKD ensteht eine Art Portal im titelgebenden Austellungsbereich, der das vergangene 20. Jahrhundert darstellt, die den für seine Erstellung verantwortlichen Wissenschaftler in eben diese Zeit - und in einen Familienvater - hineinversetzt. Da er ohnehin diese Epoche seiner eigenen, wo ein mehr oder weniger totalitäres Gesellschaftssystem etabliert ist, vorzieht, möchte er dort bleiben (und schafft das auch). Er erkennt durchaus, dass es hier zwei Zeitebenen gibt, obwohl er anfänglich Probleme hatte, sie zu unterscheiden. Am Ende liest er die Zeitung und erfährt von der Entwicklung der Kobalt-Bombe - und dass so die totale Weltzerstörung unausweichlich ist. So, diese Story ist eine reine, politische Ideengeschichte. Sie kümmert sich nicht um wissenschaftliche Begründung von Phänomenen wie dem Portal, sondern ist ganz auf die Aussage hin geschrieben: Dass es nicht hilft, sich in eine bessere Zeit zu träumen (hineinzuversetzen, hier wird das ganz wörtlich) oder ins Private zurückzuziehen - weil Krieg und Unterdrückung einen Weg finden, einen einzuholen. In der Verfilmung ist überhaupt nichts mehr von dieser Aussage zu finden. Tatsächlich wird die Story in ihr genaues Gegenteil verkehrt: Politisches ist gänzlich gestrichen, ausschließlich Privates spielt eine Rolle. Aus einer Story, die vor dem Biedermeier warnt, hat man eine Biedermeiergeschichte gemacht, die Genderfragen wichtiger findet als totale Zerstörung.

 

 

2. Autofac Ein großer Klassiker, eine der besten von Dicks Kurzgeschichten. Die Verfilmung beginnt recht nah am Original, gestattet sich ein paar Modernisierungen, die erstmal durchaus okay sind, wie zB das Flugzeug statt eines LKW - aber beim abgehackt redenden Roboter mit Stelzgang, der von sich behauptet, er wäre einem Menschen nachempfunden und rede und laufe genau so wie sein Vorbild, muss man sich doch an den Kopf packen. Die Verfilmung streckt die Story mit ausführlichem Beziehungsgedöns, was überhaupt keine Spannung aufkommen läßt, und ab der Hälfte entfernt man sich sowieso von der Vorlage. Auf einmal möchte man Atomsprengköpfe in die Fac schmuggeln, Terminator-Bots tauchen auf und von dem cleveren Gegeneinander-Auspielen zweier Autofacs ist gar nichts mehr übrig. Und am Ende stellt sich heraus, dass die Menschen alle Roboter sind, aber dadurch dann doch die Hoffnung für die Zukunft. Während bei Dicks Story Resourcenvernichtung und die Verdrängung des Lebens durch Technologie im Vordergrund standen, gewinnt die Verfilmung dem Ganzen auch noch etwas Positives ab. Klar, wenn alle Roboter sind, braucht man auch nix mehr zu essen. Toll. 3. Human is Ganz oberflächlich folgt die Verfilmung der Story sehr genau, aber auch hier zeigen sich in den Details Abweichungen und letzten Endes Umwertungen: Das terranische Regime ist im Film böser und rücksichtsloser dargestellt, die Außerirdischen netter. In der Story wird deutlich, dass die Außerirdischen tatsächlich ihre eigenen Ziele verfolgen und ihren zerstörten Planeten verlassen wollen, was sie durch die Ãœbernahme von menschlichen Körpern versuchen, während die Filmfassung sie hauptsächlich als sich wehrende Opfer darstellt. Genauso verhält es sich mit der Ehefrau: der Film zeigt sie als sexuell "Unterversorgte", deren Leben sich ganz um ihren Mann herum gestaltet. In Dicks Story hingegen hat auch sie ganz konkrete Ambitionen und Wünsche - vor allem möchte sie ein Kind, das ihr Ehemann ihr verwehrt. Wenn sie sich gegen die Verurteilung des Außerirdischen entscheidet, tut sie das mit dem Wissen, dass das Bewußtsein ihres Mannes noch auf Rexor IV vorhanden ist - er also gerettet werden kann (bei der Verfilmung ist er ohnehin verloren). Ihre Aussage vor Gericht ist so eigentlich ein Mord aus egoistischen Gründen. Dick gesteht hier seiner weiblichen Protagonistin eigene Ziele und auch "Sünden"zu (das ist bei Dick eigentlich generell so: seine Frauenfiguren sind meist realistisch gestaltet; auch wenn sie "Opfer" sind, bleiben sie Menschen mit Stärken und Schwächen, ganz anders, als das heutzutage so oft im pseudo-feministischen Mainstream kultiviert wird), während die Verfilmung die Frau nur zum Opfer macht, das sich ein wenig Glück zurückholt, das ihr vorenthalten wurde. Und der Kinderwunsch passt sowieso nicht zum Zeitgeist. Zwischenfazit: Bis jetzt zeichnet sich für mich vor allem eine Umwertung des Ausgangsmaterials ab. PKD war ja vor allem ein Autor, der sehr treffend die Auswüchse von Technokratie und Kapitalismus thematisiert hat. Ihn auf seine Ideen und Plot Devices, die eigentlich meist sein Vehikel zur "Sozialkritik" waren, zu reduzieren wird ihm nicht gerecht - und seine Ideale in ihr Gegenteil zu verkehren ist eine große Ungerechtigkeit. Mal sehen, wie der Rest so sein wird.  


Bearbeitet von schilling, 01 April 2018 - 23:29.


#44 Uwe Post

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Geschrieben 02 April 2018 - 10:52

Interessant zu erfahren, dass auch die Folgen, zu denen ich die Vorlage nicht kenne, die Tendenz zeigen, dass vom Original nicht viel übrig ist, und teils sogar die Aussagen verdreht werden. Das legt den Verdacht nahe, dass lediglich mit dem berühmten Namen Zuschauerfang betrieben werden sollte.

 

Im Grunde ist es aber ohnehin wohl kaum möglich, die Geschichten ins Jetzt zu transferieren. Der Zeitgeist war ein ganz anderer, und heute sind andere Themen von Bedeutung. Ich persönlich kann die Storys von PKD ohnehin nur im Kontext seiner Zeit genießen. Nach heutigen Maßstäben würde ich viele der Storys gnadenlos verreißen, wenn ich sie kritisieren sollte. Dementsprechend ist es vermutlich der schlauere Ansatz, ohne historischen Ballast der Gegenwart den Zerrspiegel vorzuhalten - wie etwa in "Black Mirror". Andererseits wagen sich nur wenige Autoren an solche Themen, zumindest in Deutschland, wenn man sich die Kurzgeschichtenszene anschaut. Aber das ist ein anderes Thema.


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#45 schilling

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Geschrieben 03 April 2018 - 09:36

Ich habe auch den Eindruck, dass die Macher ein paar Sci-Fi Ideen hatten, sich aber durchaus über deren Mittelmäßigkeit im Klaren waren. Also ja, her mit dem berühmten Namen! Aber wie gesagt, mal schauen, was die anderen Folgen so bringen.

 

Ich würde allerdings nicht sagen, dass der Zeitgeist ein ganz anderer war. Ganz im Gegenteil behaupte ich, dass Dick immer noch Aktualität hat, und dass seine Themen auch heute noch - oder vielleicht gerade heute - über Brisanz verfügen. Der kalte Krieg wird gerade wiederbelebt, der Kampf um Resourcen wird intensiviert, totalitäre Strukturen werden allmählich ausgebaut - alles Themen, über die Dick geschrieben hat. Von daher finde ich es nahezu verwerlich, gerade diese Komponenten bei der Verfilmung herauszustreichen.

 

Ich gebe dir aber auch recht, dass man nicht alle seine Storys verfilmen kann. Manche sind in ihrem Setting wirklich in ihrer Zeit verwurzelt, andere haben ihren Fokus auf der Pointe und legen keinen so großen Wert auf visuellen Ausdruck. Exhibit Piece beispielsweise ist kurz, es passiert kaum etwas; eine originalgetreue Filmumsetzung bringt's da wirklich nicht, höchstens evtl. als 5-Minuten-Kurzfilm. Obwohl das vielleicht auch keine schlechte Idee gewesen wäre: Statt diese kurzen Geschichten künstlich mit endlosen Beziehungssequenzen zu strecken, einfach eine Kurzfilm-Anthologie zu drehen...

 

 



#46 Uwe Post

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Geschrieben 03 April 2018 - 10:48

 

 

[color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]Ich würde allerdings nicht sagen, dass der Zeitgeist ein ganz anderer war.[/color]

 

Zum Teil ganz sicher. Der kalte Krieg hatte einen ausgeprägten Atomwaffen-Fokus zur Folge, heute haben wir mehr Angst vor russischen Hackern als vor Mittelstreckenraketen. Natürlich stellt Dick oft humanistische Fragen in den Mittelpunkt, das macht ihn ja so vergleichsweise zeitlos. Viele Autoren schreiben leider heute noch dieselben Geschichten wie einige seiner Zeitgenossen damals, über Bruchlandungen auf giftigen Planeten oder böse Alien-Monsterschiffe. Selbstzerstörung aktivieren, aber schnell! Oder eine Zeitmaschine.

Heute interessieren mich eher Themen wie Wählermanipulation, Umweltzerstörung, Totalüberwachung im Namen der Terrorabwehr, und diese wurden bei Electric Dreams teils ja auch eingebaut (etwa in "Foster, you are dead"). Bei "Black Mirror" liegt der Fokus mehr in diese Richtung. Man denke nur an die Folge, wo man so eine Art Punkte sammeln konnte, um in ein besseres Leben aufzusteigen. Diese Dinge beginnen in Wirklichkeit auch gerade. Finde ich viel spannender als die nächste Geschichte über einen Roboter, der sich, oh wie erstaunlich, doch nicht so ganz wie ein Mensch verhält, oder der Mensch, der, oh wie erstaunlich, in Wirklichkeit ein Roboter ist ("Autofac").

Totalitäre Strukturen gab es immer und wird es immer geben - bloß interessiert da weniger die Darstellung eines solchen Systems oder das Leid, das es verursacht, das steht ja außer Frage; sondern wie man in ein solches gerät, etwa durch eine vermeintlich demokratische Wahl im Facebook-Zeitalter. Es gibt aus meiner Sicht viel zu wenig zeitgenössische SF, die sich damit auseinandersetzt. Ich lade alle Autorenkollegen ein, das zu ändern. Mein nächster Roman geht definitiv in diese Richtung.


Bearbeitet von Uwe Post, 03 April 2018 - 10:52.

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#47 schilling

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Geschrieben 04 April 2018 - 10:18

Der kalte Krieg hatte einen ausgeprägten Atomwaffen-Fokus zur Folge, heute haben wir mehr Angst vor russischen Hackern als vor Mittelstreckenraketen.

Ein wenig geht das aber auch Hand in Hand. Wie damals wird heute Stimmung gegen Russland gemacht; und mit dem Einsatz von Atomwaffen gegen 'Schurkenstaaten' wird ja auch in Mainstreammedien immer wieder (zumindest andeutungsweise) geliebäugelt. Und wie so oft ist der Hintergrund Geld und Gier.  

Viele Autoren schreiben leider heute noch dieselben Geschichten wie einige seiner Zeitgenossen damals, über Bruchlandungen auf giftigen Planeten oder böse Alien-Monsterschiffe. Selbstzerstörung aktivieren, aber schnell! Oder eine Zeitmaschine.

Sowas kann natürlich auch mal interessant sein. Ideal wären natürlich Geschichten, die Abenteuer, Politisches und Kunstfertigkeit miteinander verbinden. Ironischerweise sehe ich diese Verbindung gerade beim Battlestar Reboot, wo Ronald D. Moore ja auch mitverantwortlich war.  

Es gibt aus meiner Sicht viel zu wenig zeitgenössische SF, die sich damit auseinandersetzt.

Ich glaube, das hängt auch mit einer allgemein-gesellschaftlichen Rat- und Hilflosigkeit (der dann natürlich auch SF-Autoren erliegen) über die Veränderungen unserer Zeit zusammen, die auf der technologischen Ebene so rasant sind, dass die schleichenden sozialen 'Umbaumaßnahmen' gar nicht mehr so deutlich zutage treten. Dass in der NS-Zeit die Medien gleichgeschaltet wurden, weiß heute jeder, und jeder fragt sich: "Warum hat denn das keiner gemerkt?". Und dabei befinden wir uns ja schon fast wieder in einer ähnlichen Situation, empören uns aber lieber auf Facebook über das Fehlen von Transgendertoiletten (jaja, ist natürlich das Klischee, aber es passt grad so gut ;)). Wir sind da wohl einer Meinung, dass die SF hier noch mehr leisten könnte, allein vielleicht um den Blick für Abläufe zu schärfen oder etwas Ordnung ins Choas des Tagesgeschehens zu bringen.  

Mein nächster Roman geht definitiv in diese Richtung.

Ich bin gespannt! :)

#48 schilling

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Geschrieben 09 April 2018 - 10:17

4. Crazy Diamond / Sales Pitch Die Folge fand ich sehr gut, zumindest bis ab der Hälfte die unvermeidliche Gewalteskalation kommt. Nunja, bis dahin war das alles gut gemacht, etwas 50er-Charme im Set-Design, gute Schauspieler, im Großen und Ganzen sehr skurril aufgezogen, erinnerte mich ein wenig an Lynch vielleicht. Aber: Mit PKD hat die Folge bis auf die Namen der Protagonisten, die modernen (Küchen)geräte und den Umstand, daß der Protagonist aus seinen Umständen ausbrechen möchte, gar nichts gemein. Es gibt in der Story keine intelligenten Schweine, keine Gangsterbanden im Wald, keine Verschwörungen... Der ganze Subplot von den QCs, auf dem diese Episode beruht, geht auf einen einzigen und inhaltlich irrelevanten Werbespruch in der Story zurück: "Is your tension-index pushed over the safety-margin by the ordinary frustrations of the day? Then you need an Id-Persona Unit. So small it can be worn behind the ear, close to the frontal lobe-" Überhaupt geht es bei der Story, die 1954 geschrieben wurde, fast ausschließlich um Werbung in ihrer aufdringlichsten und aggressivsten Form, so wie wir sie eigentlich erst heutzutage haben. Immerhin wagt die 'Verfilmung' mit dem Hinweis auf das Selbst-Anbau-Verbot ein wenig Kapitalismuskritik, wenn auch auf andere Weise. So ist das Ganze äußerst beliebig; ich mein, das hätte bei dieser Art Gemeinsamkeit mit der Vorlage auch die Verfilmung vom Räuber Hotzenplotz sein können... Was ich allerdings interessant finde, ist dass Elemente aus Dicks Werken dann doch irgendwie auftauchen, wenn auch eher episodenübergreifend, in der Art von Eastereggs: Die rothaarigen Frauen, der 'Flow my tears'- Song, Namen wie Runciter High usw.



#49 T. Lagemann

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Geschrieben 10 April 2018 - 05:22

Hallo zusammen,

 

über "Das wahre Leben" sind wir bislang (siehe mein Posting dazu) nicht hinaus gekommen. Diese Folge war so hausbacken & spannungslos inszeniert, dass ich mich schon in eine Parallelwelt versetzt fühlte, in der das filmische Erzählen eine noch recht neue Kunstform ist.

 

Viele Grüße

Tobias


Bearbeitet von T. Lagemann, 10 April 2018 - 05:24.

"Wir sind jetzt alle Verräter."
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

(James Corey, Calibans Krieg)

"Sentences are stumbling blocks to language."

(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)

"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"

(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
  • • (Buch) gerade am lesen:Ich lese zu schnell, um das hier aktuell zu halten.
  • • (Film) gerade gesehen: Im Westen nichts Neues

#50 Uwe Post

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Geschrieben 11 April 2018 - 20:29

"Das wahre Leben" ist in der Tat eine der langweiligsten Folgen. Der Stoff reichte einfach nicht für die Länge der Folge.


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#51 Uwe Post

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Geschrieben 11 April 2018 - 21:25

"Crazy diamond" hat mir gut gefallen. Die Inszenierung, die Schauspieler, die Kulissen, der Soundtrack. Die Story hab ich nicht ganz verstanden, war mir aber egal.  :bighlaugh:


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#52 Uwe Post

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Geschrieben 11 April 2018 - 22:26

Mit "Der haubenmacher" endet für mich, der ich Anthologien immer in der völlig verkehrten Reihenfolge genieße, der elektrische Traum.

Normalerweise mache ich einen Bogen um Telepathen-Geschichten, aber diese Folge ist einfach gut gemacht. Eine düstere Welt, gute Schauspieler, stimmiges Ambiente. Völlig überflüssig der kurze Hinweis, dass das alles in unserer Zukunft spielt, es hätte einfach eine Alternativwelt in PKDs Zeit sein können. Ein offenes Ende, toller Soundtrack.

Kann mir nicht vorstellen, dass die Folge viel mit dem Original zu tun hat, das ich leider nicht kenne. Aber davon losgelöst wirklich sehr ordentlich.

 

Insgesamt würde ich der Serie bescheinigen, dass es eher von Nachteil war, sich PKD als Aushängeschild zu nehmen. Es wird dem Autor nicht gerecht und auch nicht den Storys. Letztlich kann es bei Zuschauern sogar einen völlig falschen eindruck von PKDs Schaffen vermitteln. Man stelle sich vor, jemand hat die Staffel gesehen und kauft sich jetzt eine PKD-Storysammlung. Der versteht doch die Welt nicht mehr.


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