Ich beklage die Übermacht der Dystopien schon eine Weile. Liegt vielleicht auch daran, dass ich mit Utopien aufwuchs und dann recht hart in die westliche SF einschlug: »Ehrbare Kaufleute und ein kleiner Krieg auf dem Mond« von Frederik Pohl.
Das war schon ein Kulturschock und ist es geblieben. Gerade, wenn man damit groß wurde, dass Kapitalismus scheiße ist. Das las man in sozialistischer SF als Utopie, in westlicher als Dystopie.
Was wären denn Beispiele für utopische sozialistische SF?
Vielleicht war's in der DDR ja anders, aber in meiner Wahrnehmung begleitet die Klage über fehlende positive Zukunftsbilder die SF schon lange. Wobei das immer mehr oder weniger explizit mit der Behauptung einhergeht, dass es früher anders war. Bloss ist mir nicht klar, wann dieses mythische Früher, in dem es diese andere SF gab, gewesen sein soll.
Ich kann mich nicht mehr an die Details erinnern, aber ein SF-Forscher hat sich mal die Mühe gemacht, Golden-Age-SF systematisch darauf hin zu untersuchen, ob eine positive oder negative Zukunft gezeigt wird. Und interessanterweise herrschte auch in dieser Zeitspanne, die ja oft als Zeit des ungebrochenen Optimismus und Fortschschrittglaubens dargestellt wird, negative Entwürfe vor.
Man nehme als prominentes Beispiel den Foundation-Zyklus: Asimov ist nun zweifellos ein Autor, der von der positiven Wirkung von Wissenschaft und Technik überzeugt ist, aber Hintergrund der Foundation-Bücher ist der Kollaps des galaktischen Imperiums. Dank Psychohistorie wird das Schlimmste zwar abgewendet, aber wie bei diversen Dystopien steht am Anfang eind negative Situation.
Wie hier schon gesagt wurde: Erstaunlich ist das nicht. Eine kaputte Welt, die geflickt werden muss, eignet sich nun mal besser als Ausgangslage für spannende Plots als eine, in der alles mehr oder weniger im Lot ist.