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60 Antworten in diesem Thema

#31 Konrad

Konrad

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Geschrieben 09 Juni 2007 - 18:11

Mir persönlich ist eine zu enge Definition tendenziell lieber als eine zu weite, denn sonst landen wir letztlich an einem Punkt, wo auch Satiren per se phantastisch sind. Das würde aber ihrer Intention in vielen Fällen zuwiderlaufen. (Auch so ein Punkt: Die Intention des Autors - was machen wir mit der?)

Naja, nicht-real heißt noch lange nicht phantastisch. Es gibt aber durchaus phantastische Satiren. ;) Aber ich sehe schon, den intuitiven Phantastik-Begriff zu formalisieren ist nicht einfach.

#32 Gast_Jorge_*

Gast_Jorge_*
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Geschrieben 09 Juni 2007 - 18:40

@simi:
Werden wir doch ein bißchen konkreter.
Wenn du diese Grenze so genau wahrnimmst, dann kannst du bei der Auslotung derselben sicherlich helfen. ;)

Phantastik oder nicht ?

Darf ich mitspielen(indem ich noch ein paar Filme dazuwerfe)?

Musical

Brian de Palma Phantom im Paradies

Ken Russell Tommy


Non-Musical

Luis Bunùel Das Gespenst der Freiheit

Robert Altman Spiegelbilder

John Schlesinger Geliebter Spinner

Norman Z. McLeod Das Doppelleben des Herrn Mitty

Bearbeitet von Jorge, 11 Juni 2007 - 10:34.


#33 molosovsky

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Geschrieben 09 Juni 2007 - 18:50

Da ich schon so viele Worte geschrieben (preisgegeben) habe, nur kurz allgemein: 1. Finde ich die dargebrachten Meinungen, Bedanken und Gedanken aufregend. Ich mag dieses Umtänzeln. 2. Abgesehen davon, daß es eine verwirrende Vielzahl an Begriffen für übertragene Bedeutungen gibt (Metapher, Symbol, Allegorie, Vergleiche, Euphemismen, Abwertungen), kann ich meine maximalphantastische Ausgangshaltung eben daran festmachen, die Gesamtheit des Nutzens von übertragenen Bedeutungen als die grundlegend phantastische Kommunikationspraxis zu postulieren, oder eben kurz: Jegliche mediale Verständigung funktioniert aufgrund von Phantastik. Mediale Boschaften, die nicht entschlüsselt werden (können) und entsprechend keine Inhalte beim Empfänger erscheinen lassen, kann ich also mal als "nichtphantastisch" bezeichnen (eingedenk des Umstandes, daß auch solchartige Nichtphantastik irgendwelche Reaktionen in der menschlichen Vorstellungskraft hervorrufen und damit etwas erscheinen lassen, nur eben dermaßen "unsinniges Zeug", daß auch ich sie getrost erstmal beiseit lasse. Doch auch auf auf diesem Gebiet der Verhandlung von Sinn und Unsinn haben sich Kreative getummelt und entsprechend Provkationsangebote geliefert. Ich mit meiner maximalphantastischen Sicht grenze also z.B. Dadaismus, Sartire-, Ironie-lastiges nicht per se aus, sondern gemeinde sie lieber erstmal per so dem Bereich der Phantastik ein. 3. Konrad, Dein Satz

Aber ich sehe schon, den intuitiven Phantastik-Begriff zu formalisieren ist nicht einfach

ist Gold wert. Genau das ist ja ein schon lange bestehendes Dilemma der Menschheit: wie die großtenteils intuitiven Wirklichkeits/Phantastik-Unterscheidungen mit objektiv-formalen Begriffen ausdrücken, so daß "alle" ihr zustimmen können. Sowohl die menschlichen Werkzeuge (Sprache, Zeichen) als auch die concitio humana selbst (Endlichkeit, jeweils speziefische Lebens-Einbettung) machen das zu einer unlösbaren Aufgabe. Grüße Alex / molo

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#34 simifilm

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Geschrieben 10 Juni 2007 - 07:44

@simi: Sehe ich das richtig, daß du dich in beiden Fällen um eine konkrete Entscheidung etwas herummogelst ? ;) Insbesonder halte ich den Ausschluß von Werken mit phantastischen Elementen, die als Metapher gedeutet werden können, aus der Phantastik für zweifelhaft.

Nur kurz: Es gibt einen grundsätzlichen Unterschied, ob ich ein 'phantastisches' Element so nehmen muss, wie es ist, oder ob ich es - per Anweisung des Textes -, als Metapher verstehen muss. Siehe die Beispiele aus "Trainspotting" oder "Amélie". Es gibt genug Fälle, bei denen eindeutig ist, dass das, was auf der ersten, 'sichtbaren' Ebene geschieht, nicht wörtlich genommen werden darf. Wenn ich "Trainspotting" als Geschichte eines jungen Mannes verstehe, der von Zeit zu Zeit in Kloschüsseln schwimmt und im Boden versinkt, dann habe ich den Film missverstanden. Gleichzeitig ist "Superman" nicht mehr SF, wenn ich dessen Heldentaten nur als Wunschträume des sexuelle gehemmten Journalisten Clarke Kent verstehe. Es gibt hier grundsätzlich zu unterscheiden, ob ein Film/Text klassisch erzählt ist - was auf der Erzählebene geschieht ist 1:1 zu nehmen -, oder ob ein Text zu einer metaphorischen Leseweise einlädt resp. erzwingt. Oft kann das eindeutig entschieden werden, oft auch nicht. Um auf die Beispiele zurückzukommen: Ich denke, dass ich die "Verwandlung" eindeutig eingeordnet habe, es handelt es sich hier in meiner Terminologie um einen wunderbaren - für diesen Thread 'phantastischen' - Text, der aber insofern ungewöhnlich ist, als er eine klassische Erzählweise lediglich vortäuscht. Bei Ionesco - und auch hier wiederhole ich mich - ist die Sache eben vertrackter, weil im absurden Theater eben bewusst mit Grenzüberschreitungen und Vermischungen gearbeitet wird, weil das Stück aber auch gezielt als politische Parabel ausgelegt ist.

Das ist doch einfach: Die Phantastik-Leser gemeinden solche Werke gerne ein, weil sie das Genre aufwerten, wohingegen die Literati auf die metaphorische Bedeutung des jeweiligen Werks verweisen - und die hat nie nicht niemals etwas mit Phantastik zu tun. Phantastik ist nämlich bäh. Außer, sie kommt aus Südamerika und heißt "Magischer Realismus". Oder sie ist ehrenvoll angestaubt. Oder sie entspricht der Todorov-Definition.

Das ist Unsinn. Es gibt eine lange Tradition der Phantastik-Forschung in der Literaturwissenschaft (sowohl im engen als auch im weiten Sinn), und über Todorov haben sich mittlerweile schon zwei Generationen von Wissenschafltern die Köpfe eingeschlagen. Der ist - gerade im deutschen Sprachraum - hoch umstritten. Todorovs Definition ist insofern hochproblematisch, als sie im deutschen Sprachraum vollkommen kontraintuitiv ist. Todorov kommt aus einer französischen Tradition, in der unter 'fantastique' eine bestimmte Gruppe von Texten des 19. Jhdts. verstanden wird. Insofern taugt Todorov nicht, um den deutschen Begriff klarer zu fassen. Aber Todorovs reine Phantastik ist ein interessanter Spezialfall, dessen Analyse viele Einsichen in das Zusammenspiel von wunderbaren und realistischen Welten und verschiedenen Erzählweisen bringt. Übrigens: Der Begriff der 'Phantastik' ist im deutschen Sprachraum relativ jung. Den gibt es erst ab dem Zweiten Weltkrieg als eigenständige literarische Kategorie, vorher wurde der Begriff in der Literaturwissenschaft aber auch beim Vermarkten von Büchern kaum je gebraucht. Phantastik war im Deutschen nie klar gefasst und es gab immer den Widerspruch zwischen der importieren französischen Terminologie und einem nicht weiter definierten Alltagsverständnis (das englische 'Fantasy' macht das Chaos komplett. Und was im Englischen unter 'fantastic' läuft, weiss erst recht niemand). Insofern ist nich zu erwarten, dass wir uns hier auf einen Begriff einigen werden. Unabhängig davon, ob wir von einem engen oder einem weiten Phantastikbegriff ausgehen, halte ich es aber für Unsinn, Musicals als Phantastik zu verstehen, da hier die fiktionale Welt in den meisten Fällen 'realistisch' ist. Gerade weil 'Phantastik' ein so heikler Begriff ist, ziehe ich es vor, für das, was landläufig als 'nicht-realistisch' bezeichnet wird, den Begriff des 'Wunderbaren' zu verwenden, weil er sehr viel unproblematischer ist und sich Verständnisschwierigkeiten so vermeiden lassen. So, und jetzt lasse ich mich feiern. simon

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#35 molosovsky

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Geschrieben 10 Juni 2007 - 12:32

Das Wichtigste zuerst:Simon, ich wünsch Dir alles Gute zum Geburtstag! Möge der Gedankenstärktiger regelmäßig bei Dir vorbeikommen, die Musen immer willig Sein Dich zu knutschen. Lass Dich feiern. Du hasts verdient.Danke für die klärenden Worte was den (dt) Phantastikbegriff und Todorov betrifft. Mein "Urteil" über Todorov ist halt bitter und harsch, weil ich wirklich kaum gute Auswirkungen seines Buches bei uns wahrnehme (und das Teil gilt eben als Grundlagenwerk).Dann zum Metapher-Problem: Ich achte zwar auf "Anweiseungen von Texten", das ändert aber für mich nix daran, daß alle Narrationen die Wirklichkeit zurechtkneten. Wofür dient denn die Metaphernmagie von Filmen wie TRAINSPOTTING oder AMELIE? Bei ersterem werden z.B. die körperlich-sinnlichen Extremzustände eines Drogenkonsumenten vermittelt. Ich habe mir sagen lassen, daß was Buch und Film für Zuschauer und Leser "erscheinen lassen" durchaus der Wirklichkeit nahe kommt (hab selbst nie Heroin und andere harte Sachen kennengelernt).Ich sehe halt noch mal einen Unterschied zwischen nur gesprochenen Metaphern (nimm z.B. ein Shakespearestück wie VIEL LÄRM UM NICHTS) und "Wirklichkeit" gewordenen Metaphern wie bei TRAINSPOTTING. Für mich wird da schon eine phantastische Schwelle überschritten. Aber jeder zieht diese Grenzen wohl ein klein wenig anders.Was die oben von mir empfohlenen Musicals betrifft: Ich bleib halt dabei, die Form des Musicals selbst eher der Phantastik zuzusprechen (übrigens handhabe ich Animationsfilme jeglicher Art ähnlich).Wenn ich Simis differenziertere Metapherneinschätzung übernehme, fällt grad mal THE PRODUCERS raus, denn der Film bietet in der Summe zu wenig Metaphern-Phantastik (grad mal ein großer Büroraum der sich in eine Musicalbühne wandelt und Tänzerinnen die aus den Aktenschränken purzeln). Aber bei REEFER MADNESS und TENECIOUS D AND THE PICK OF DESTINY gibt es Geister, Untote, Teufel und ähnliches, und TENECIOUS D ist ziemlich deutlich als Fantasy-Queste strukturiert. Ganz ähnlich wie auch bei TRAINSPOTTING übt das Thema Drogen seinen wirklichkeitsverquirlenden Einfluß aus. Und ich häge durchaus mit Sympatie einer Sichtweise an, für die zum Slogan "Sex, Drugs & Rockâ€â„¢n Roll" auch noch ein "SF" oder "Fantasy" oder eben "Phantastik" dazugehört (statt eines "Hare Hare" oder "Ooooooooommm", denn religiöse Phantastik summiere ich auch erstmal unter Phantastik, egal ob es sich um klassische Religionen oder um neues New Age-Zeug handelt).Da Simi den Begriff des "Wunderbaren" aufbringt: Mir fällt auf, daß ich dieses Begriff selten und mit großer Vorsicht verwende, wahrscheinlich auch, weil er für die Religiösen ein wichtiges Instrument ist. Aber das ist ein anderes Thema. Rein ethymologisch finde ich Wunder (urpsprünglich "verworren, unergründlich") ganz brauchbar.Zuletzt: ich find es ziemlich spannend, welche "Programmatiken" durch das jeweilige Verständnis, die jeweilige Verwendung des Phantastikbegriffs aufgestellt werden. Da spielt immer auch das jeweilige Wirklichkeits- und Weltverständnis hinein und ich hatte nicht umsonst zu Beginn meiner Internetherumtreiberei den Egon Friedell als Signatur:»Die Wirklichkeit ist immer und überall gleich:   nämlich unbekannt.«Ansonsten:Feiert den Simi!GrüßeAlex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 10 Juni 2007 - 12:37.
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#36 Konrad

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Geschrieben 10 Juni 2007 - 13:17

@simon: Herzlichen Glückwunsch zum runden Geburtstag, laß' dich schön feiern! Um mein Herumreiten auf der Metaphorik-Problematik etwas zu erklären: Die metaphorische Ebene spielt m.E. für die Phantastik-Klassifikation nur bedingt eine Rolle. Es kommt darauf an, ob die phantastischen Elemente Auswirkungen auf die beschriebene Realität haben oder nur aufgesetzte Darstellungselemente sind. In diesem Sinne gehören beide Beispiele nach meinem Verständnis zur Phantastik.

Übrigens: Der Begriff der 'Phantastik' ist im deutschen Sprachraum relativ jung. Den gibt es erst ab dem Zweiten Weltkrieg als eigenständige literarische Kategorie, vorher wurde der Begriff in der Literaturwissenschaft aber auch beim Vermarkten von Büchern kaum je gebraucht.

Ich dachte, in Deutschland wäre der Phantastik-Begriff in der Romantik verankert (Novalis, E.T.A.Hoffmann). @Gerd: Deine Bemerkung über die Satire hat mich nicht losgelassen. Spontan fallen mir zwei unterschiedliche Formen der Satire ein, die Überzeichnung und die Übertreibung (Verzerrung), die man auseinander halten sollte. Die Überzeichnung ist eine Form der Realitätsbeschreibung, also keine Fiktion, und kann damit nicht zur Phantastik gehören. Damit ist deine These schon mal aus der Welt. ;) Die Übertreibung (Parodie, Persiflage, Burleske) ist Fiktion und kann daher durchaus in die Phantastik fallen. Du hast hier die Intention des Autors ins Spiel gebracht, was m.E. für die Klassifikation nicht ausschlaggebend sein sollte. Kein Autor schreibt "Satire" über sein Werk, also ist eine Satire nur eine Satire, wenn sie als solche wahrgenommen wird. Da ein Satiriker letztlich existierende Zustände kritisieren will, muß die Satire die Verbindung zur Realität herstellen. Aber warum sollte eine Übertreibung nicht auch phantastische Züge haben, insbesondere wenn diese Richtung schrittweise gesteigert wird ? @Alex:

Jegliche mediale Verständigung funktioniert aufgrund von Phantastik.

Ich kann dir da nicht so ganz folgen, kannst du das etwas erläutern ? Könnte es sein, daß du da Phantasie und Phantastik vermischst ? Gruß, Konrad

#37 molosovsky

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Geschrieben 10 Juni 2007 - 15:07

Phantastik/Phantasie †¦ da wird für mich Sprache zu einer schwammigen Kiste.Prinzipiell muß jeder Empfänger einer Mitteilung die Mitteilung entschlüsseln, eben interpretieren. Aber nicht immer bewirkt eine Interpretation Verständnis (Beispiel: Ich weiß jetzt was da steht, aber ich weiß immer noch nicht, was der Autor meint). Meiner Ansicht nach hat ein Leser/Zuschauer erst dann eine eigene Aneignung einer Mitteilung erlangt, wenn die Interpretation einer Mitteilung zu einem "Bild vor dem geistigen Auge" wird (oder es eben "klingeln läßt im inneren Ohr" oder "der Groschen fällt").Nun könnte ich weiter machen mit meiner wilden Eigenbau-Theorie und anfangen zu unterscheiden, zwsichen rationaler Phantastik (z.B. den klassischen Dreisätzen), poetischer Phantastik (Skalden, rhethorische Vergleiche, eben Metaphern) und irrationaler/paradoxer Phantastik (siehe die Tradition der paradoxen GOttesbeschreibungen, die zum Ausdruck bringen soll, daß GOtt sich mit menschlich-irdischer Sprache nicth fassen läßt, wenn er z.B. als "sanfter Sturm" oder "helles Dunkel" beschrieben wird).Frei nach Wittgenstein verstehe ich Phantastik als Kostümspiel der Sprache, aber auch als Leiter zum Erlimmen von "höherem Verständnisniveau" :-)(Umgekehrt kann man natürlich entsprechend Phantastik zum Verschleiern und zur irreführung nutzen. Bei kontroversen Debatten heißt es schnell mal: »Das kann man so nicht sagen«, wenn z.B. Maker und Shaker-Unternehmen als Heuschrecken bezeichnet werden usw.)GrüßeAlex / molo

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#38 simifilm

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Geschrieben 10 Juni 2007 - 16:52

@simon: Herzlichen Glückwunsch zum runden Geburtstag, laß' dich schön feiern!

Danke, danke, nach Brunch in der Sonne bin ich nun vollgefressen und müde, deshalb werden meine Ausführungen auch kurz.

Um mein Herumreiten auf der Metaphorik-Problematik etwas zu erklären: Die metaphorische Ebene spielt m.E. für die Phantastik-Klassifikation nur bedingt eine Rolle. Es kommt darauf an, ob die phantastischen Elemente Auswirkungen auf die beschriebene Realität haben oder nur aufgesetzte Darstellungselemente sind.

Das verstehe ich nicht.

In diesem Sinne gehören beide Beispiele nach meinem Verständnis zur Phantastik.

In meinen Augen gibt es einen grundlegenden Unterschied, ob eine Figur in "Trainspotting" nach Einnahme einer Droge im Boden versinkt oder in einer Fantasy- oder SF-Welt . Im einen Fall wird damit nämlich 'wörtlich' eine mögliche Begebenheit der wunderbaren Welt gezeigt, im anderen Fall wird etwas gezeigt, das in Wirklichkeit für etwas Anderes steht (es stimmt, dass die Übertragung des Metaphernbegriffs in den Film nicht ganz problemlos ist. Aber die meisten Filmtheoretiker sind sich immerhin grundsätzlich einig, dass es im Film analoge Sachverhalte gibt. Auch dazu siehe mein Buch).

Ich dachte, in Deutschland wäre der Phantastik-Begriff in der Romantik verankert (Novalis, E.T.A.Hoffmann).

Ich müsste mich jetzt sehr irren, aber ich bin ziemlich sicher, dass zumindest Hoffmanns Geschichten nicht als 'Phantastik', sondern als 'neue Märchen' (oder etwas Ähnliches) betitelt und verkauft wurden. Eine etablierte Kategorie des Buchmarktes war Phantastik auf jeden Fall nicht (das sagt zumindest Marianne Wünsch, die diesbezügliche eine Kapazität ist.) @molovsky

Danke für die klärenden Worte was den (dt) Phantastikbegriff und Todorov betrifft. Mein "Urteil" über Todorov ist halt bitter und harsch, weil ich wirklich kaum gute Auswirkungen seines Buches bei uns wahrnehme (und das Teil gilt eben als Grundlagenwerk).

Ich weiss nun nicht ganz, was Du mit Auswirkungen meinst. Das Problem bei Todorov ist sicher, dass sich viele, die sich zu seinem Ansatz geäussert haben, nicht wirklich verstanden haben, dass wir es hier einfach mit Begriffen aus unterschiedlichen Kulturen zu tun haben, und es letztlich sinnlos ist zu fragen, "was Phantastik denn nun wirklich ist." Es gibt hier einfach unterschiedliche Traditionen und fertig, mehr kann man dazu nicht sagen.

Dann zum Metapher-Problem: Ich achte zwar auf "Anweiseungen von Texten", das ändert aber für mich nix daran, daß alle Narrationen die Wirklichkeit zurechtkneten.

Das ist richtig, ändert aber nichts daran, dass Du nichts gewinnst, wenn Du alles 'Phantastik' nennst. Der Begriff verliert dann jede Aussagekraft.

Wofür dient denn die Metaphernmagie von Filmen wie TRAINSPOTTING oder AMELIE? Bei ersterem werden z.B. die körperlich-sinnlichen Extremzustände eines Drogenkonsumenten vermittelt. Ich habe mir sagen lassen, daß was Buch und Film für Zuschauer und Leser "erscheinen lassen" durchaus der Wirklichkeit nahe kommt (hab selbst nie Heroin und andere harte Sachen kennengelernt).

Und? Entscheidend ist doch, dass hier in der Rezeption etwas ganz anderes abläuft, als wenn eine Figur in einer Fantasy-Welt in den Boden versinkt. Dass die Texte offensichtlich in der Lage sind, uns mitzuteilen, wie wir das verstehen sollen und dass wir in den meisten Fällen auch keine Mühe haben, diesen Mitteilungen zu folgen.

Was die oben von mir empfohlenen Musicals betrifft: Ich bleib halt dabei, die Form des Musicals selbst eher der Phantastik zuzusprechen (übrigens handhabe ich Animationsfilme jeglicher Art ähnlich).

Mein Argument bleibt dassselbe: Der Begriff verliert damit jeglichen Nutzen.

Wenn ich Simis differenziertere Metapherneinschätzung übernehme, fällt grad mal THE PRODUCERS raus, denn der Film bietet in der Summe zu wenig Metaphern-Phantastik (grad mal ein großer Büroraum der sich in eine Musicalbühne wandelt und Tänzerinnen die aus den Aktenschränken purzeln). Aber bei REEFER MADNESS und TENECIOUS D AND THE PICK OF DESTINY gibt es Geister, Untote, Teufel und ähnliches, und TENECIOUS D ist ziemlich deutlich als Fantasy-Queste strukturiert.

Ich muss zugeben, dass ich nicht recht verstehe, was Du in diesem Abschnitt sagst. Auch weil ich die Beispiele nicht kenne. Ich streite übrigens keineswegs ab - falls Du daraus hinaufwillst -, dass Fantasy-Musicals möglich sind, ganz im Gegenteil. Aber ich bestreite, dass es sinnvoll ist, die Form des Musicals als Ganze als Phantastik oder als wunderbar zu bezeichnen. Das ist ungefähr so sinnvoll, wie wenn Du sagst, jegliche Malerei sei phantastisch, weil sie ja nie so 'realistisch' ist wie die Photographie. Oder SW-Photographie sei phantastischer als Farbphotographie. 'Phantastik' beschreibt - und da sind sich nun die verschiedenen Lager doch weitgehend einig - primär die Beschaffenheit einer fiktionalen Welt im Verhältnis zu einer - wie auch immer definierten - Referenzwelt und nicht die Form, wie diese erzählerisch dargestellt wird (Form und Inhalt greifen hier zwar durchaus ineinander, aber nicht so massiv, dass die Trennung nicht doch in vielen Fällen sinnvoll wäre).

Da Simi den Begriff des "Wunderbaren" aufbringt: Mir fällt auf, daß ich dieses Begriff selten und mit großer Vorsicht verwende, wahrscheinlich auch, weil er für die Religiösen ein wichtiges Instrument ist. Aber das ist ein anderes Thema. Rein ethymologisch finde ich Wunder (urpsprünglich "verworren, unergründlich") ganz brauchbar.

Ich verwende 'wunderbar' eigentlich genau deshalb, weil der Begriff weniger stark besetzt ist als 'Phantastik'. Es ist mir zudem neu, dass dieser Begriff eine feste Bedeutung in der Theologie oder Religionswissenschaft hat.

Bearbeitet von simifilm, 10 Juni 2007 - 16:54.

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#39 molosovsky

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Geschrieben 10 Juni 2007 - 18:29

Hi Simi.Todorov, Auswirkung: Guck Dir mal Zondergeldts Enzy an. Der klammert praktisch alles was aus UK/USA kommt aus, bzw. wenns ursprünglich als Pulp erschien, ists Dreck. †” Sprich, wie auch Gero schon meinte, wenn man Todorovd speziellen Rahmen aufspannt, paßt eben eine gewisse französische Phantastik-Richtung plus ein paar wenige andere Werke durch. Und da Todorov eben als Authorität gilt, muß dann alles was nicht seinem ziemlich engen Phantastikbegriff entspricht minder sein. Die Art von doofer Auswirkung.Nützlichkeit und Aussagekraft meines Maximal-Phantastikbegriffs:Willst Du etwa behaupten zu wissen, welchen Nutzen ich anstrebe, welche Zwecke ich verfolge, zu welchen Aussagen bzgl. Phantastik ich mich im Lauf der Zeit vorrobben will? †” Da ich mich (siehe Wandern und noch nicht weise sein) selbst da noch nicht klärend genug selbst befragen kann, übersetzte ich Deine Kritik zur Nützlichkeit und Aussagekraft meiner Phantastik-Auffassung mal in ein »Du verläufst Dich im Dickicht, Molo«.Ist okey. Ich verlauf mich ganz gern. Mich verlaufen ist meine philosophische Liebelingsbeschäftigung :-)Dann zur Metapherndifferenzierung entsprechend Deiner Beispiele TRAINSPOTTING und LOTR:Natürlich ist mir klar, daß es sich hier um zwei ganz unterschiedliche Arten Weltenbau handelt. TRAINSPOTTING spielt in unserer Welt, und es werden subjektive Eindrücke und Empfindungen visuell (zuvor im Buch in Prosa) inszeniert. LOTR ist auf einem eigenen Weltenbau angesiedelt.Dies auseinanderhalten zu können sprech ich dem normalen Publikum nicht ab. Jedoch, wenn Medien heftig bei einem einschlagen, wenn man also in einem Buch oder Film versinkt, von ihnen verschlungen wird, ist dieses rationale Unterscheidungsvermögen erstmal ausm Fenster, meiner bescheidenen Meinung nach. Hier kommt dann die Faszination zum Zuge. Und wer völlig fasziniert ist von Wundersamen und Unmöglichkeiten, der stellt sich vor, der versetzt sich hinein, bei dem lodern Vorstellungskraftbrände auf. Weltenbau und Art der Wirklichkeits-Aufhängung kann man da (meiner Meinung nach) vernachlässigen, wichtiger erscheinen mir hier die speziefischen Reize, auf die die Zuschauerleidenschaft und Phantasie besonders heftig anspricht. Jede Idylle, und sei sie ganz irdisch mit Schäferinnen insziniert, ist da für mich bereits Phantastik (von Anti-Idyllen, also Höllenterrains ganz zu schweigen).Im Großen und Ganzen versuche ich nicht ZU einseitig an den Phantastikbegriff heranzugehen, da ich Phantastik für einen geeigneten, ungemein mächtigen Begriff halte, um etwas zu bezeichnen, was den Menschen und seine Kultur(en) grundlegend ausmacht. Da Du, Simi, eine bewunderswert nüchterne und systematische Ansicht des Phantastikbegriffs bietet, pendel ich automatisch eher in die Gegenrichtung (lag mir schon immer im Blut †” ich neige zur Komplementärdenke). Unter Esos und Okkultisten werd ich umgekehrt zum Rationalisten.Die Sache mit Musical: Wenn man eben nur auf die Art der Aufbereitung, die Form schaut (also einäugig), dann gibts denk ich schon eher realistische und eher unrealistische Inszenierungsformen. Sowas wie DER TOTMACHER bietet zwar auch Phantastik, aber eben realistische. Man wird in die damalige Zeit entführt, und der Film läßt den Wahnsinn Harmanns vor das Publikum erscheinen, das bemühen des Arztes das zu verstehen, und wer sich drauf einläßt in dem Film ein Zeitporträit zu sehen, kann ihn als (Großmetaphern-)Kommentar auf die Weimarer Republik nehmen: da bahnt sich was knabenverschlingendes Monströses an, dem die Vernunft nicht beizukommen versteht. Trotzdem: auch ich bin nicht so verrückt DER TOTMACHER als Phantasik zu bezeichnen. Da zieh ich die Grenze, ab der ich das dann aussagelos und unnützlich fänd. Entscheident ist, daß im TOTMACHER so gut wie gar nicht getrickst wird. Wobei: zwei der heftigsten Narrations-Trickserein gehören zwar zur Basisaustattung der Phantastik, sind aber dermaßen üblich, daß ich ihre Verwendung für mich noch nicht Grund genug ist, von Phantastik zu sprechen. Ich meine Zeit- und Ortswechsel. Vor allem Zeitraffungen und Zeitdehnungen bilden das Knochenmark fast aller Narrationen. Die Aristotelische Einheit von Zeit, Ort und Handlung/Thema ist dagegen dermaßen exotisch geworden, daß sie schon wieder phantastisch ist.Argh: ich verliehre mich in Paradoxien (ich Eigentormeister).Ich ringe seit Jahren mit den Begriffen Form und Inhalt, weil sie dazu verführen, zu einseitig auf ein mediales Werk zu gucken. Ich betrachte den Mensch nun mal als Sich Illusionen machendes Tier (bzw. frei nach den Gelehrten der Scheibenwelt: als Geschichten erzählenden Affen). Und zumindest die dauerhaften Illusionen/Phantasmen zeichnen sich dadurch aus, daß sich Form und Inhalt schwer auseinanderhalten läßt.GrüßeAlex / molo

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#40 Gerd

Gerd

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Geschrieben 10 Juni 2007 - 19:29

Aber, Alex, jetzt mal ganz runter von der Meta-Ebene. Die Sache mit den Musicals ist mMn (!) ziemlich einfach. :thumb:

Für dich gehören sie zur Phantastik, weil da plötzlich - mitten in einer ansonsten "normalen" Handlung - gesungen und getanzt wird. Das tut mensch deiner Meinung nach nicht.

Okay, mag sein - nur, was hindert mensch daran? Was hindert dich daran, in einem Gespräch mit Freunden plötzlich zu singen und zu tanzen, oder vor deiner Angebeteten auf die Knie zu sinken und ihr einen gesungenen Heiratsantrag zu machen? (Und jetzt sag nicht, du kannst nicht singen und tanzen, denn das sind bis zu einem gewissen Grad erlernbare Fähigkeiten, auch wenn's bei manchen besser klingt bzw. aussieht als bei anderen. :D) Also, was hindert dich?

Genau, die Konventionen, die normalerweise unausgesprochenen Übereinkünfte, die das Zusammenleben von Menschen innerhalb eines bestimmten Kulturkreises regeln. Das heißt, du hast Angst, dich zu blamieren oder lächerlich zu machen oder eine von diesen Jacken mit den ganz langen Ärmeln geschenkt zu bekommen - aber, und das ist mMn entscheidend, du könntest es tun.

Wohingegen du nicht plötzlich anfangen könntest, mit Feuerbällen um dich zu werfen oder einen Dämon zu beschwören, oder dich mit einem kurzen "Beam me up, Scotty" ins Hemdrevers in Krisel-Krisel aufzulösen bzw. zu verschwinden. Oder mal kräftig mit dem Handstock aufzustampfen, um dich in Thor zu verwandeln. Oder ...

Und da liegt m.E. der entscheidende Unterschied: In einem Musical (außer, wenn es einen phantastischen Inhalt hat) machen die Leute normale Dinge, nur die Form ist gelegentlich ungewohnt - obwohl sie das so gesehen dann auch wieder nicht ist, weil wir ja schließlich wissen, dass in einem Musical gesungen und getanzt wird. Was man wiederum zu Brechungen einsetzen kann, wenn es in einem anderen Kontext eingesetzt wird. Nur - phantastisch wird es dadurch immer noch nicht.

Ich habe inzwischen wirklich den Verdacht (den glaube ich auch Simi schon geäußert hat), dass du alles, was mit den Mitteln der Phantasie spielt, als Phantastik betrachtest. Das ist dir natürlich unbenommen. Aber - um Simis Einwand ein bisschen abzuwandeln - wo führt dich das hin?

Grüße
Gerd (der Wert auf die Feststellung legt, dass in dem obigen Text keinerlei Herabwürdigungen von molos stimmlichen oder tänzerischen Fähigkeiten - die ich gar nicht kenne und somit auch nicht beurteilen kann - drinstecken)

P.S.: Herzlichen Glückwunsch, Simi!
Sudden moroseness. One hop too far.

#41 Konrad

Konrad

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Geschrieben 10 Juni 2007 - 19:44

Das verstehe ich nicht.

Na, ich meine Bühnenzauber, Verfremdungseffekte, aufgesetzte Elemente, die z.B. bei Thrillern verwendet werden, um künstlich Spannung zu erzeugen ("wehender Vorhang"). Oder z.B. das Toiletten-Dinner in Bunuels "Gespenst der Freiheit", das letztlich nur ein Verfremdungseffekt mit Symbolcharakter ist, da sich die Leute exakt wie eine Dinner-Gesellschaft verhalten. Für mich ist das "Schein-Phantastik".

Ich müsste mich jetzt sehr irren, aber ich bin ziemlich sicher, dass zumindest Hoffmanns Geschichten nicht als 'Phantastik', sondern als 'neue Märchen' (oder etwas Ähnliches) betitelt und verkauft wurden. Eine etablierte Kategorie des Buchmarktes war Phantastik auf jeden Fall nicht (das sagt zumindest Marianne Wünsch, die diesbezügliche eine Kapazität ist.)

Naja, ich kenne die Dame nicht, aber denke mal kurz an "Die Elexiere des Teufels". Die sogen. schwarze Romantik mit dem "Schauerroman" (Gothic Novel) bzw. der "phantastischen Novelle" ist nach meiner Kenntnis ein historischer Eckpfeiler der Phantastik.

#42 molosovsky

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Geschrieben 10 Juni 2007 - 20:25

Hi Gerd.

Danke für das Schmunzeln, daß mir Dein letzter Beitrag beschehrte.
Wegen Musicals und im echen Leben verfallen Menschen normalerweise nicht ins Singen und Tanzen. Du schriebest:

Was hindert dich daran, in einem Gespräch mit Freunden plötzlich zu singen und zu tanzen, oder vor deiner Angebeteten auf die Knie zu sinken und ihr einen gesungenen Heiratsantrag zu machen? {â€Â¦} Also, was hindert dich?

Was die Menschen hindert, ist ein weites Feld. Aber wer sagt, daß ich diesbezüglich verhindert bin? Mitnichten. Ich bin Mister chronisch laut vor mich hin Leser (aufm Klo, auf der Kautsch, beim Gehen {inkl. gegen Laternenmasten laufen}), ich bin Melomane und als Teen war Bobby McFerrin für mich ein Gott ("Iâ€â„¢m my own walkman" singen die Vorsichhundudler beim Spazierngehen). Auch teste ich schon mal Bücher, indem ich rumulke, wie gut sie sich als gregorianischer Choral machen. Ich lese Lyrik oft, indem ich dabei versuche aus ihnen Songs zu machen, und als gelernter Percuccionist fang ich auch schon mal an, alles als Instrument zu nehmen und dabei herumzutanzen. Nur Disko und so geh ich schon lang nicht mehr (sollte ich eigentlich mal wieder â€Â¦ gucken, was die jungen Menschen heutâ€â„¢ztag für Krach hören).

Deine Erwähnung des gesungenen Hochzeitantrags finde ich übrigens wertvoll. Oben, bei meiner letzten Antwort auf Simi, hab ich vergessen die heftige Verliebheit (oder hassvolle Besessenheit) anzuführen. Im weiteren Sinne führt das dann zu einer kritischen Sichtung verschiedener Lesehaltungen, denn ein heftig von Leidenschaften durchwallter Mensch ließt anders, als ein gefasst-nüchterner. Und ganz entsprechend gibts diese Haltungen bei den Autoren: es gibt nüchterne, disziplinierte Phantastik (größtes Extrem und deshalb so Glorien-umwirkt ist wohl die Mathematik, wie überhaupt das, was man "die wissenschaftliche Erkenntnis-Methode" preisen darf), und es gibt leidenschaftsgespeißte, subjektivere Phantastik (angefangen bei den Basta-Mythen bis hin zur heutigen Vielfalt konsumgesellschaftlicher Phantastik-Genre).

Ach ja: wo mich mein Maximalphantastenwahn hinführt (denn Du umschreibst es ganz korrekt, daß ich "alles, was mit den Mitteln der Phantasie spielt, als Phantastik betrachte", wobei "spielt" im weitesten Sinne im Zusamenhang von "funktioniert durch" oder "beruht auf der menschlichen Vorstellungsgabe" zu verstehen ist:)
Ich kann nicht sagen woâ€â„¢s mich hinführt, aber derweil ist die Wanderung und Suche immer noch aufregend. Ganz unbescheiden gesagt: Humboldt hat seinen »Kosmos« auch erst als alter Knacker geschrieben. Ich bin sozusage noch in Südamerika.

Grße
Alex / molo


Gerd (der Wert auf die Feststellung legt, dass in dem obigen Text keinerlei Herabwürdigungen von molos stimmlichen oder tänzerischen Fähigkeiten - die ich gar nicht kenne und somit auch nicht beurteilen kann - drinstecken)

Fast trau ich mich nicht drauf hinzuweisen, aber in meinem Blog gibts fünf kurze Hörproben meiner MoloMundMacken (mit Garage Band von Appe zusammengeschustert).

Bearbeitet von molosovsky, 10 Juni 2007 - 20:29.

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#43 simifilm

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Geschrieben 10 Juni 2007 - 20:59

Hi Simi. Todorov, Auswirkung: Guck Dir mal Zondergeldts Enzy an. Der klammert praktisch alles was aus UK/USA kommt aus, bzw. wenns ursprünglich als Pulp erschien, ists Dreck. †” Sprich, wie auch Gero schon meinte, wenn man Todorovd speziellen Rahmen aufspannt, paßt eben eine gewisse französische Phantastik-Richtung plus ein paar wenige andere Werke durch. Und da Todorov eben als Authorität gilt, muß dann alles was nicht seinem ziemlich engen Phantastikbegriff entspricht minder sein. Die Art von doofer Auswirkung.

Nun, das ist ja in erster Linie Zondergelds Problem. Und Todorov sagt zum Thema Pulp nun überhaupt nichts. Weder positiv noch negativ.

Nützlichkeit und Aussagekraft meines Maximal-Phantastikbegriffs: Willst Du etwa behaupten zu wissen, welchen Nutzen ich anstrebe, welche Zwecke ich verfolge, zu welchen Aussagen bzgl. Phantastik ich mich im Lauf der Zeit vorrobben will? †” Da ich mich (siehe Wandern und noch nicht weise sein) selbst da noch nicht klärend genug selbst befragen kann, übersetzte ich Deine Kritik zur Nützlichkeit und Aussagekraft meiner Phantastik-Auffassung mal in ein »Du verläufst Dich im Dickicht, Molo«.

Ich glaube einfach, dass Begriffe, die keine Aussagekraft haben - und das gilt in meinen Augen für Deinen Begriff von 'Phantastik'-, überflüssig sind.

Dann zur Metapherndifferenzierung entsprechend Deiner Beispiele TRAINSPOTTING und LOTR: Natürlich ist mir klar, daß es sich hier um zwei ganz unterschiedliche Arten Weltenbau handelt. TRAINSPOTTING spielt in unserer Welt, und es werden subjektive Eindrücke und Empfindungen visuell (zuvor im Buch in Prosa) inszeniert. LOTR ist auf einem eigenen Weltenbau angesiedelt.

Und genau darum geht's mir ja.

Dies auseinanderhalten zu können sprech ich dem normalen Publikum nicht ab. Jedoch, wenn Medien heftig bei einem einschlagen, wenn man also in einem Buch oder Film versinkt, von ihnen verschlungen wird, ist dieses rationale Unterscheidungsvermögen erstmal ausm Fenster, meiner bescheidenen Meinung nach. Hier kommt dann die Faszination zum Zuge. Und wer völlig fasziniert ist von Wundersamen und Unmöglichkeiten, der stellt sich vor, der versetzt sich hinein, bei dem lodern Vorstellungskraftbrände auf. Weltenbau und Art der Wirklichkeits-Aufhängung kann man da (meiner Meinung nach) vernachlässigen, wichtiger erscheinen mir hier die speziefischen Reize, auf die die Zuschauerleidenschaft und Phantasie besonders heftig anspricht. Jede Idylle, und sei sie ganz irdisch mit Schäferinnen insziniert, ist da für mich bereits Phantastik (von Anti-Idyllen, also Höllenterrains ganz zu schweigen).

Nehmen wir an, Du hast Recht (wobei ich da keineswegs sicher bin), dann sind wir hier dennoch auf einer völlig anderen Ebene, nämlich irgendwo in der psychologischen Rezeptionsforschung. Mich interessiert in erster Linie die Funktionsweise von Texten/Filmen, nicht zuletzt, weil ich da etwas habe, was ich einigermassen objektiv untersuchen kann.

Ich ringe seit Jahren mit den Begriffen Form und Inhalt, weil sie dazu verführen, zu einseitig auf ein mediales Werk zu gucken. Ich betrachte den Mensch nun mal als Sich Illusionen machendes Tier (bzw. frei nach den Gelehrten der Scheibenwelt: als Geschichten erzählenden Affen). Und zumindest die dauerhaften Illusionen/Phantasmen zeichnen sich dadurch aus, daß sich Form und Inhalt schwer auseinanderhalten läßt.

Dass man Form und Inhalt nicht immer auseinanderdividieren kann, dass die Form oft den Inhalt und umgekehrt beeinflusst, ist klar, Das heisst aber nicht, dass das was ein Musical macht, auf der gleichen Ebene anzusiedeln ist wie etwa Fantasy. Da werden dann einfach zu unterschiedliche Ebenen vermischt. Eben: Ich bin für präzise Begriffe, die auch noch eine Aussgekraft haben. Wenn ich alles 'Phantastik' nenne, kann ich auf den Begriff verzichten oder einfach alles 'Apfelmus' nennen.

Na, ich meine Bühnenzauber, Verfremdungseffekte, aufgesetzte Elemente, die z.B. bei Thrillern verwendet werden, um künstlich Spannung zu erzeugen ("wehender Vorhang"). Oder z.B. das Toiletten-Dinner in Bunuels "Gespenst der Freiheit", das letztlich nur ein Verfremdungseffekt mit Symbolcharakter ist, da sich die Leute exakt wie eine Dinner-Gesellschaft verhalten. Für mich ist das "Schein-Phantastik".

Bei Bunuel liegt eindeutig ein Fall von 'diegetischer Verfremdung' vor. Wenn Du wissen willst, was das ist, musst Du entweder gut recherchieren oder mein Buch kaufen. :thumb: (Wie bereits gesagt: Dinge wie Bunuel oder Ionesco spielen ja genau mit den etablierten Konventionen und wirken nur deshalb überraschend und schockierend, weil sie sich nicht an die gewohnten Regeln halten. Insofern taugt Bunuel nicht, um zu widerlegen, was ich gesagt habe).

Naja, ich kenne die Dame nicht, aber denke mal kurz an "Die Elexiere des Teufels". Die sogen. schwarze Romantik mit dem "Schauerroman" (Gothic Novel) bzw. der "phantastischen Novelle" ist nach meiner Kenntnis ein historischer Eckpfeiler der Phantastik.

Von Wünsch stammt "Die Fantastische Literatur der Frühen Moderne (1890--1930). Definition, denkgeschichtlicher Kontext, Strukturen". München 1991. Eines der Standardwerke zum Thema. Ich weiss nicht, ob ich mich klar genug ausgedrückt habe. Ich sage nicht, dass Hofmann (heute) nicht als 'Phantastik' gelten kann. Was ich sage, ist dass Hofmann damals nicht als 'Phantastik' bezeichnet wurde, dass es den Begriff als solchen noch gar nicht gab, resp. dass er nicht gebräuchlich war. Hofmann wurde damals unter einem anderen Begriff eingeordnet als heute (genauso wie Verne oder Wells, die auch nicht als SF bezeichnet wurden).

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Geschrieben 10 Juni 2007 - 22:35

Hallo Simifilm. Todorov verhält sich (unterstell ich mal) gegenüber Pulp gemäß dem Motto »Nicht mal ignorieren« :-)

Nehmen wir an, Du hast Recht (wobei ich da keineswegs sicher bin), dann sind wir hier dennoch auf einer völlig anderen Ebene, nämlich irgendwo in der psychologischen Rezeptionsforschung. Mich interessiert in erster Linie die Funktionsweise von Texten/Filmen, nicht zuletzt, weil ich da etwas habe, was ich einigermassen objektiv untersuchen kann.

Durchaus richtig, auch wenn ich lieber von "semiotisch-kognitivistischer Rezeptionsforschung" sprechen würd. Die Funktionsweise von Texten hängt mir zu innig mit der Frage danach zusammen, wie unser Bewußtsein funktioniert, ja was denn eigentlich Wahrheit und Menschsein ist, als daß ich eben etwas so fundamentales wie das Vermögen zur phantastischen Geistestätigkeit (bis hin eben zum Unterhaltungsgenuß) zusammendampfen könnt auf eine handliche Formel, die Phantastik eindeutig auf den Punkt bringt. Bei so einer Unsicherheit kann man sich nun für einen bewußt eng gesteckteren Rahmen, oder einen loseren entscheiden. Ich mach halt zweiteres, wäre aber ohne andere, die den ersteren Weg gehen, schlicht verlohren. (Das war ein Kompliment.) Ansonsten: das mit dem Apfelmuß stimmt so nicht. Geh mal in einen Buchladen und frag nach dem neuen Apfelmusbuchkatalog von Klett Cotta. Du führst also selbst vor, daß Phantastik Inhalte und Intentionen (intellektuelle Skepsis und Begriffsablehnung) mit völlig kruden, falschen (oder wie ich lieber sag: phantastisch kostümierten) Begriffen wuppen kann, weil die Gesammtheit der Begriffe/Zeichen eben wiederum auch intuitiv und nicht nur nach strenger Formel-Logik interpretiert wird. Grüße Alex / molo

Bearbeitet von molosovsky, 10 Juni 2007 - 22:57.

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#45 Konrad

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Geschrieben 11 Juni 2007 - 01:03

Bei Bunuel liegt eindeutig ein Fall von 'diegetischer Verfremdung' vor. Wenn Du wissen willst, was das ist, musst Du entweder gut recherchieren oder mein Buch kaufen. :D

Wie schön, daß ich jetzt auch ein wissenschaftlich klingendes Adjektiv zu meinem ohne akademischen Beistand identifizierten Verfremdungseffekt habe. Ich weiß gar nicht, wie ich dies ohne Prof.Genette schaffen konnte. :thumb:

Ich weiss nicht, ob ich mich klar genug ausgedrückt habe. Ich sage nicht, dass Hofmann (heute) nicht als 'Phantastik' gelten kann. Was ich sage, ist dass Hofmann damals nicht als 'Phantastik' bezeichnet wurde, dass es den Begriff als solchen noch gar nicht gab, resp. dass er nicht gebräuchlich war. Hofmann wurde damals unter einem anderen Begriff eingeordnet als heute (genauso wie Verne oder Wells, die auch nicht als SF bezeichnet wurden).

Das habe ich schon verstanden. Da laut Wikipedia der Begriff Phantastik durch eine Fehlübersetzung eines Werktitels von ETA. Hoffmann in dieser Zeit entstand, frage ich mich nur, was dieser Begriff die ganze Zeit bis zum WKII getrieben hat. ;) Aber im Ernst, mich würde schon interessieren, welches Ereignis Frau Wünsch als Geburtszeitpunkt des Begriffs Phantastik nennt. Historisch gesehen hat sich die Bedeutung des Begriffs seit Hofmann wahrscheinlich ständig verändert, sie ist ja bis heute nicht stabil.

#46 molosovsky

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Geschrieben 11 Juni 2007 - 01:28

Diegesis (tell) und Mimesis (show) ist doch oller Platon, Konrad. Der Mann mit den überirdischen Backformen, aus denen die realen Dinge zusammengeschustert werden.

Im Ernst: Soweit ich mich das beruhrteilen trau gingen im 18/19. Jhd noch die Begriffe phantastisch und grotesk mehr so Hand in Hand. Von E.T.A. Hoffmann weiß ich im Augenblick nur, daß es von ihm "Fantasiestücke in Callotts Manier gibt" (Jaques Callot = genialer Kupferstecher des ic glaube 17. Jhds.; seine "Versuchung des Hl. Hieronymus" oder seine Illus des 30.-Jähr Krieges sind ne Wucht, wie auch seine vielen Comeia del Arte-Studien und eben Kobold- und Gnom-Skizzen), sowie eine Abteilung mit Nachtstücken.

Ansonsten: einfach mal bei Grimm nachgucken. Ab wanns buchmarkttechnisch ein gebräuchlicher Begriff ist, hab ich noch nicht gesichert recherieren können (was aber wirklich alte Trash-Phantastik fürs zahlungsmächtige Publikum betrifft, empfehle ich jedem mal einen Ausflug in die Welt der Emblem-Bücher, bekanntester Vertreter ist Alciati. Nicht umsonst ist ein Schlüßelwerk der Fantasy-, tschuldigung, Phantastikgeschichte fü mich Gracias "Das Kritikon").

Als musikalische Gattung ist die Fantasie, Fantasia usw auf jeden Fall im 17. Jhd. bereits etabliert (man denke an Bachs Orgelwerk).

Grüße
Alex / molo

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#47 simifilm

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Geschrieben 11 Juni 2007 - 06:09

Durchaus richtig, auch wenn ich lieber von "semiotisch-kognitivistischer Rezeptionsforschung" sprechen würd. Die Funktionsweise von Texten hängt mir zu innig mit der Frage danach zusammen, wie unser Bewußtsein funktioniert, ja was denn eigentlich Wahrheit und Menschsein ist, als daß ich eben etwas so fundamentales wie das Vermögen zur phantastischen Geistestätigkeit (bis hin eben zum Unterhaltungsgenuß) zusammendampfen könnt auf eine handliche Formel, die Phantastik eindeutig auf den Punkt bringt. Bei so einer Unsicherheit kann man sich nun für einen bewußt eng gesteckteren Rahmen, oder einen loseren entscheiden. Ich mach halt zweiteres, wäre aber ohne andere, die den ersteren Weg gehen, schlicht verlohren. (Das war ein Kompliment.)

Danke für das Kompliment. Ich glaube übrigens nicht, dass der Zuschauer so komplett in einen Film versinkt, wie Du das beschreibst. Es ist ein wesentlicher Teil von Fiktion, dass wir - bei aller emotionaler Teilnahme - immer wissen, dass wir Fiktion vor uns haben. Coleridges Begriff der "willing suspension of disbelief" (Betonung liegt auf 'willing') trifft es nach wie vor recht gut.

Ansonsten: das mit dem Apfelmuß stimmt so nicht. Geh mal in einen Buchladen und frag nach dem neuen Apfelmusbuchkatalog von Klett Cotta.

Dieses Argument ist nun wirklich ein Eigengoal, denn wenn ich in der Buchhandlung nach 'Phantastik' frage, werde ich sicher nicht etwas kriegen, was Deiner Totaldefinition entspricht. Gerade deshalb sage ich ja, dass Dein Ansatz nichts bringt. Gemäss Deinem Ansatz müsste ich dann ja das Verzeichnis lieferbarer Bücher erhalten.

Du führst also selbst vor, daß Phantastik Inhalte und Intentionen (intellektuelle Skepsis und Begriffsablehnung) mit völlig kruden, falschen (oder wie ich lieber sag: phantastisch kostümierten) Begriffen wuppen kann, weil die Gesammtheit der Begriffe/Zeichen eben wiederum auch intuitiv und nicht nur nach strenger Formel-Logik interpretiert wird.

Bin mir nicht sicher, ob ich verstehe, was Du meinst. Grundsätzlich sind Gattungsbezeichnungen immer pragmatische Begriffe, die entsprechend starken Schwankungen unterliegen. Und dass 'Phantastik' im Deutschen besonders schwankend ist, betone ich ja fortlaufend.

Wie schön, daß ich jetzt auch ein wissenschaftlich klingendes Adjektiv zu meinem ohne akademischen Beistand identifizierten Verfremdungseffekt habe. Ich weiß gar nicht, wie ich dies ohne Prof.Genette schaffen konnte.

Mit Genette hat das nur begrenzt was zu tun (es sei denn, Du spielst auf den Begriff 'Diegese' an, der ist nun aber wirklich nicht besonders hochgestochen, dafür aber höchst nützlich). Der Witz ist, dass Verfremdung bei Brecht und den russischen Formalisten über die Form läuft. Eine in der Regel alltägliche Begegenheit/Sache wird formal ungewöhnlich dargestellt und auf diese Weise ihrer Gewöhnlichkeit enthoben. Wenn nun aber Bunuel eine Abendgesellschaft auf der Toilette stattinden lässt, ist das kein rein formales Verfahren mehr, dann findet die Verfremdung direkt auf der Handlungsebene - der Diegese - statt. Das ist dann gleich wie in der SF, in der Verfremdung ebenfalls meist so funktioniert. Der Unterschied: Bei Bunuel gibt es wohl trotz allem - anders als in der Fantasy oder SF - nicht wirklich die implizite Behauptung, dass wir es tatsächlich mit einer funktionierenden Welt zu tun hab, der 'Spielcharakter' ist insgesamt offensichtlicher. Insofern trifft es 'Schein-Phantastik' vielleicht gar nicht schlecht. Zu Hoffmann und den diversen Begriffen: All die Begriffe wie Fantasie, Fantasia, Phantastik etc. gab es. Aber das ist ja nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass diese Begriffe nicht fest waren. Und "Fantasiestücke in Callotts Manier" ist eben nicht identisch mit "Phantastik", und ich glaube auch nicht, dass viele Bücher unter dem Titel "Fantasiestücke in Callotts Manier" verkauft wurden. Und selbst wenn der Begriff 'Phantastik' mit Hoffmann aufkam, heisst das ja keineswegs, dass er dann gleich eine feste, einigermassen scharf umrissene Kategorie wurde - ander als etwa 'fantastique'. Und anscheined war er lange Zeit nicht sonderlich populär (Wünschs Buch und das Lexikon "Ästhetische Grundbegriffe. Historisches Wörterbuch in sieben Bänden" sind mir diesbezüglich Autorität genug). Um aufs Apfelmus zurückzukommen. Wenn ich heute in einer Buchhandlung nach 'Phantastik' frage, wird mir der Buchhändler weiterhelfen können (dass er mir nicht unbedingt die Bücher zeigen wird, die ich suche, verdeutlicht hingegen dieser Thread), lange Zeit war das aber offensichtlich nicht so. Edit: Ist doch sehr vielsagend, dass 'Phantastik' im Grimm'schen Wörterbuch nicht einmal als eigener Begriff aufgeführt ist, oder?

Bearbeitet von simifilm, 11 Juni 2007 - 06:56.

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#48 Gast_Jorge_*

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Geschrieben 11 Juni 2007 - 10:35

Musical

Brian de Palma Phantom im Paradies

Ken Russell Tommy
Non-Musical

Luis Bunùel Das Gespenst der Freiheit

Robert Altman Spiegelbilder

John Schlesinger Geliebter Spinner

Norman Z. McLeod Das Doppelleben des Herrn Mitty

Nochmal die Frage: Phantastik oder nicht?

Bearbeitet von Jorge, 11 Juni 2007 - 10:36.


#49 simifilm

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Geschrieben 11 Juni 2007 - 10:51

Nochmal die Frage: Phantastik oder nicht?

Zwei Dinge: - Ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich mit Ausnahme des Bunuels keinen dieser Film kenne, und zu dem habe ich mich ja geäussert. Da wir es hier im gewissen Sinne durchaus mit 'nicht-realistischen' Elementen auf der Handlungsbene zu tun haben, ist die Bezeichnung 'Phantastik' nicht völlig fehl am Platz. Gleichzeitig würde ich mich dagegen wehren, den Film auf eine Stuf mit Fantasy, SF oder supernatural Horror zu stellen, weil die ungewohnte Welt hier eine völlig andere Funktion hat als in den genannten Genres. "Tommy" kenne ich als Album, aber der Film hat mich nie gross interessiert. Inwiefern ist dieser Film problematisch? - Ich habe hier überhaupt nich vor, mich als Schiedsrichter aufzuspielen. Ich behaupte keineswegs, dass sich jeder Film eindeutig einordnen lässt. Ich glaube, ich habe meine Kategorien relativ ausführlich dargelegt und ich denke, dass sie in sich ziemlich konsistent sind und sich auch zur Analyse konkreter Filme Beispiele gut eignen. Und das reicht mir vorläufig.

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#50 Konrad

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Geschrieben 11 Juni 2007 - 11:06

Zu Hoffmann und den diversen Begriffen: All die Begriffe wie Fantasie, Fantasia, Phantastik etc. gab es. Aber das ist ja nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass diese Begriffe nicht fest waren.

Die Bedeutung von Begriffen ist historisch gesehen immer einem Wandel unterworfen. Die genaue Bedeutung von Phantastik ist ja selbst heute noch nicht stabil. In diesem Kontext von einer "festen Bedeutung" zu sprechen negiert diesen Wandel. Die "Fantasiestücke in Callots Manier" waren ja offenbar nur der Anlaß über dessen falsche Übersetzung das Französische "fantastique" eingeschleppt wurde. Du hast meine Frage, welches Ereigniss bzw. welchen Beleg Frau Wünsch für ihre zeitliche Lokalisation angibt, nicht beantwortet. Meine Vermutung ist, das der Begriff Phantastik im WKII zum ersten Mal in Listen für Büchereien oder Buchhandlungen als Ordnungskriterium aufgetaucht ist. Das bedeutet aber nicht, daß er nicht schon vorher existiert hat.

Ist doch sehr vielsagend, dass 'Phantastik' im Grimm'schen Wörterbuch nicht einmal als eigener Begriff aufgeführt ist, oder?

Das ist für mich nicht verwunderlich. Wenn der Begriff Anfang des 19.Jahrhunderts geprägt wurde, hat es in der damaligen Zeit mit den begrenzten Kommunikationsmöglichkeiten einige Zeit gedauert, bis er den Weg in die Wörterbücher gefunden hat. Grimms Wörterbuch wurde ja schon Mitte des 19.Jahrhunderts begonnen. Ein anderer Grund kann sein, daß Grimm nur rein Deutsche Wörter aufgenommen hat und Phantastik ja offenbar ein ursprünglich französisches Wort ist. Im Übrigen kann man den Ansatz der Entwicklung im Grimm schon gut erkennen, wenn man "phantastisch" nachschlägt. Dort ist zuletzt Tieck erwähnt, der 1812-17 den "Phantasus", eine Sammlung von Märchen, Schauspiele und neue Erzählungen wie z.B. "Die Elfen", herausgab.

#51 simifilm

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Geschrieben 11 Juni 2007 - 11:17

Die Bedeutung von Begriffen ist historisch gesehen immer einem Wandel unterworfen. Die genaue Bedeutung von Phantastik ist ja selbst heute noch nicht stabil. In diesem Kontext von einer "festen Bedeutung" zu sprechen negiert diesen Wandel.

Ja, natürlich. Ich glaube, wir reden aneinander vorbei.

Du hast meine Frage, welches Ereigniss bzw. welchen Beleg Frau Wünsch für ihre zeitliche Lokalisation angibt, nicht beantwortet.

Das weiss ich nun wirklich nicht auswendig.

Meine Vermutung ist, das der Begriff Phantastik im WKII zum ersten Mal in Listen für Büchereien oder Buchhandlungen als Ordnungskriterium aufgetaucht ist. Das bedeutet aber nicht, daß er nicht schon vorher existiert hat. Das ist für mich nicht verwunderlich. Wenn der Begriff Anfang des 19.Jahrhunderts geprägt wurde, hat es in der damaligen Zeit mit den begrenzten Kommunikationsmöglichkeiten einige Zeit gedauert, bis er den Weg in die Wörterbücher gefunden hat. Grimms Wörterbuch wurde ja schon Mitte des 19.Jahrhunderts begonnen. Ein anderer Grund kann sein, daß Grimm nur rein Deutsche Wörter aufgenommen hat und Phantastik ja offenbar ein ursprünglich französisches Wort ist.

Also noch einmal - obwohl ich wirklich das Gefühl habe, dass wir aneinander vorbei reden -: Ich sage nicht, dass es den Begriff 'Phantastik' nicht gab. Ich sage nur, dass es kein etablierter Begriff zur Bezeichnung einer bestimmten Gruppe von Texten war, dass der Begriff kein sonderlich lange Tradition hat, was eine Bestimmung noch schwieriger macht. Anders als etwa Kriminalroman, Utopie, Märchen, die - bei allen Problemen der Definition - eine lange Tradition besitzen. Ob er nach WW2 zuerst als wissenschaftliche Kategorie oder als Kategorie des Buchhandels aufgetaucht ist, was da wie ineinander gespielt hat, weiss ich nicht auswendig, aber falls Dich das interessiert, gibt es bei Wünsch und bei Renate Lachmann genug Möglichkeiten, das nachzulesen.

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#52 molosovsky

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Geschrieben 11 Juni 2007 - 12:11

Geh in den Buchladen, Simi und frag nach dem neuesten Phantatikbuchkatalog von Klett Cotta, und geh in einen anderen unf frag nach dem Apfelmußkatalog. Bei ersterem wirst Du wahrscheinlich den entsprechenden Hobitt-Presse-Flyer (oder was die halt noch alles haben, vielleicht auch die Tolkien Times) bekommen, bei zweiteren nur teigige Blicke.Ich hab nicht gesagt, daß Phantastik im Grimm steht. Ich hab nur angeregt, sich beim Grimm eben mal umzugucken, was die Jungs damals zusammengesammelt haben.Gemeinerweise geht der Eintrag zu "Phantasia" im Historischen Wörtbuch der Philosophie nur bis zur Renaissance (auffälig, nicht war? Über solche Lücken in Sachen "Phantastik" stolper ich dauernd, Scully.)Zuschauer versinken in Film: Im großen und ganzen versinken wir in indirekt übernommenen, geglaubten Infos. Nur etwa 10% sind selbst erfahrenes, erlebtes Wissen, der Rest ist (mehr oder weniger) Hörensagen. Film ist da nur ein Bereich. Wenn ich eben grundlegender ansetzte, seh wie überrascht heutige "Bewußtseinsforscher" darüber sind, daß z.B. die eigenen biographischen Erinnerungen überwiegend zusammengereimtes, unexaktes Phantasiegespinst sind, bin ich eben sehr vorsichtig mit einem zu engen Phantastikbegriff.Es gab für alle möglichen Begriffe Hypezeiten: mal war Liebe nach Ansicht der Diskutanten einer Epoche der Dreh- und Angelpunkt, mal wars der Klassenkampf, mal die Macht, mal die Freiheit, mal die Gerechtigkeit. Ich bin eben einer, der (grad im Zeitalter des Infowars innerhalb einer medial verwöhnten Konsumgesellschaft) den Phantastik-Begriff auf seinem Button stehen hat. Mein Phantastikbegriff ist ausgedehnter als gemeinhin gewohnt (dafür hat er aber einen guten Gummizug drinn, hoff ich :-)Ich stell nicht mal in Zweifel, daß die meisten Filmgucker sich bewußt sind, daß Film XYZ keine sehr realistische Geschichte erzählt, was aber eben ausm fenster ist, wenn der Film das Individuum fasziniert. Aber so cool wie Schaupieler MimeMustermann wollen alle sein. Und was hat da vor seinem geistigen Auge vor sich? Ein Bild von sich selbst, aber halt aufgemotzt mit (sagen wir mal) vin Diesel-Style. Ich war inzwischen zu oft auf Buchmessen umringt von Mangamädelhorden (und ich tummelte mich ja ursprünglich in einem sich in Gewandung schmeißenden Teil des Phantastik-Fandoms).Da könnt ich jetzt so Milieufragen an Simi richten, aber das wird schnell heikel, weil man da halt Persönliches preisgeben muß. (Eigentlich interessant für alle: wo und wie wurde der eigene Phantastikbegriff geprägt?)Grundsätzlich: als jemand, der weniger Theorie als vielmehr Praxis studiert hat (Freie Malerei und Gestaltung, a gabs nur einen Tag die Woche KuKuLiMu-Theorie) hab ich einfach zuviel Schlag weg in die Richtung, wie man seine Vorstellungskraft (anderes Wort für Phantastik, Imagination) trainieren kann, bzw. was man mit ihr machen kann.Wir sind hier mittlerweile in so einer Pfenningsfuchser-Phase der Wiederholung, nich jedoch der Vertiefung von Argumenten. Ich persönlich hab nicht das Gefühl, hier noch länger meinen Maximalphanatstik-Schwurbel ausimprovisieren zu müssen (müßte dazu auch erstmal entsprechend Munition aus der Biblio besorgen, eben die Damen Lachmann & Wünsch.)Ganz vage Vermutung von mir: vielleicht liegts am dem Phantastikbegriff zugrundeliegenden Wirklichkeitsbegriff, weshalb wir (vor allem ich uns Simi eben) so unfruchtbar aneinander herumpicken. Beide Begriffe fransen für mich sehr schnell ins "mystische" aus, weil es eben beides eher abstrakte Begriffe sind, mit denen man viel Schindluder machen kann (im Gegensatz zu "Rose", die ja bleibt was sie ist :-)Ich selbst habe einen viel vageren Wirklichkeits- denn Phantastikbegriff. Daher wohl auch meine ungewöhnliche Maximalphantastensicht.GrüßeAlex / molo

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Geschrieben 11 Juni 2007 - 15:05

Geh in den Buchladen, Simi und frag nach dem neuesten Phantatikbuchkatalog von Klett Cotta, und geh in einen anderen unf frag nach dem Apfelmußkatalog. Bei ersterem wirst Du wahrscheinlich den entsprechenden Hobitt-Presse-Flyer (oder was die halt noch alles haben, vielleicht auch die Tolkien Times) bekommen, bei zweiteren nur teigige Blicke.

Schon klar, aber inwiefern unterstützt das Deine Maximaldefinition?

Zuschauer versinken in Film: Im großen und ganzen versinken wir in indirekt übernommenen, geglaubten Infos. Nur etwa 10% sind selbst erfahrenes, erlebtes Wissen, der Rest ist (mehr oder weniger) Hörensagen. Film ist da nur ein Bereich.

Womit Du die Erfahrung des Filmschauens mit 'normaler' Alltagserfahrung gleichsetzt, was in meinen Augen ebenfalls nicht sinnvoll ist.

Wenn ich eben grundlegender ansetzte, seh wie überrascht heutige "Bewußtseinsforscher" darüber sind, daß z.B. die eigenen biographischen Erinnerungen überwiegend zusammengereimtes, unexaktes Phantasiegespinst sind, bin ich eben sehr vorsichtig mit einem zu engen Phantastikbegriff.

Deiner ist dagegen so breit ist, dass .... das hatten wir schon.

Da könnt ich jetzt so Milieufragen an Simi richten, aber das wird schnell heikel, weil man da halt Persönliches preisgeben muß. (Eigentlich interessant für alle: wo und wie wurde der eigene Phantastikbegriff geprägt?) Grundsätzlich: als jemand, der weniger Theorie als vielmehr Praxis studiert hat (Freie Malerei und Gestaltung, a gabs nur einen Tag die Woche KuKuLiMu-Theorie) hab ich einfach zuviel Schlag weg in die Richtung, wie man seine Vorstellungskraft (anderes Wort für Phantastik, Imagination) trainieren kann, bzw. was man mit ihr machen kann.

Ich glaube nicht, dass ich in dieser Hinsicht etwas zu verbergen habe. Ich gebe gerne zu, dass ich in dieser Diskussion die Rolle des Geisteswissenschaftler übernehme, und als solcher bemühe ich mich um präzise Begriffe und halte es für einen grossen Fehler, Dinge wie Vorstellungskraft und Phantastik einfach gleichzusetzen. Wenn ich etwas über ein spezifisches Phänomen herausfinden will, gewinne ich nichts, wenn ich das Phänomen einfach 'wegdefiniere', indem ich es in etwas Grösserem aufgehen lasse.

Ganz vage Vermutung von mir: vielleicht liegts am dem Phantastikbegriff zugrundeliegenden Wirklichkeitsbegriff, weshalb wir (vor allem ich uns Simi eben) so unfruchtbar aneinander herumpicken. Beide Begriffe fransen für mich sehr schnell ins "mystische" aus, weil es eben beides eher abstrakte Begriffe sind, mit denen man viel Schindluder machen kann (im Gegensatz zu "Rose", die ja bleibt was sie ist :-) Ich selbst habe einen viel vageren Wirklichkeits- denn Phantastikbegriff. Daher wohl auch meine ungewöhnliche Maximalphantastensicht.

Da gehe ich nicht unbedingt mit Dir einig. In der Forschung gibt es grob zwei Stränge, die Minimalisten, die die enge Definition von Todorov bevorzugen, die Maximalisten, die 'phantastisch' mehr oder weniger mit 'nicht-realistisch' gleichsetzen. Welchen man bevorzugt, hängt unter anderem auch damit zusammen, was man eigentlich genau beschreiben/untersuchen will. Ich halte Todorovs Ansatz für sehr problematisch aber - bei eingehender Analyse - auch für sehr erhellend. Es stimmt, dass es in beiden Fällen einen Begriff von Wirklichkeit/Realität braucht, da Phantastik jeweils als Abweichung von der Realität definiert wird (bei Todorov ist es ein Bruch in der Realität, bei den Maximalisten alles jenseits des 'Normal-Realistischen'). So weit stimme ich Dir zu. Nur: Den Totalbegriff, wie Du ihn bevorzugst - alles irgendwie Nicht-Faktische ist Phantastik -, vertritt ausser Dir eigentlich niemand (zumindest ist mir dieser Ansatz bislang noch nicht begegnet, und ich kenne die diesbezügliche Sekundärliteratur wohl doch ganz gut), was wohl damit zusammenhängt, dass ein derart breiter Begriff wenig bis nichts bringt. Ok, vielleicht hat das ja tatsächlich was mit dem Wirklichkeitsbegriff zu tun, aber wohl nur in dem Sinne, dass kaum jemand Deinen Wirklichkeitsbegriff teilt. :fun:

Bearbeitet von simifilm, 11 Juni 2007 - 15:33.

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Geschrieben 11 Juni 2007 - 15:33

Meinen Wirklichkeitsbegriff finde ich schon bei einigen Denkern wieder. Friedell hab ich schon zitiert und ich könnte den hochheiklen Nietzsche anführen (Kultur beruht auf umhüllenden Wahn). Auch so ein Mode- und Medienphilosoph wie Sloterdijk taugt mir mit Aussagen wie »Realität ist ein depressivies Konstrukt, für Leute die sie noch nötig haben«. (Bevor event. über Sloti abgepöbelt wird: ich pendle bei meiner Einschätzung Sloterdijk zwischen "der Mann ist ein grandioser Durchblicker" und "für wessen Zwecke spielt dieser Hameln-Pfeiffer auf?". Macht mich also bitte nicht gleich an, nur weil ich einen Kerl auf die Bühne zerre, der umstritten ist).

Simi, versteh mich nicht falsch, als uneingeschränkten Jubelschlumpf für solche Stimmen. Eine einseitige Übergewichtung von Verstand ODER Gefühl erscheint mir als gefährlich. Da habe ich mich letztens z.B. ansichtsmäßig wiedergefunden in der NZZ: Haben und Sein.

Die Risse und Gräben zwischen Deiner und meiner Position werden sicherlich durch die jeweiligen Rollen programmiert, die wir einnehmen. Als Geisteswissenschaftler kann ich nicht sprechen, auch wenn ich (dilettantisch) um einiges mehr geisteswissenschaftliches (aber eben auch naturwissenschaftliches) bei meinen Umzirkelung des ganzen Phantastik-Problems zu berücksichtigen versuche, als wohl gemeinhin unter Phantastik-Genre-Fans üblich ist (keine Selbstüberhöhung meinerseits beabsichtigt).

Sag mal Simi: verstehst Du Dich selbst als Zuarbeiter und Pfleger eines Faches (Film- und Medienwissenschaft) oder als interdisziplinärer Verknüpfer verschiedenster Fachgebiete? Das würde mich schon interessieren, weil ich mich (mit aller amateurbehafteten Tollerei) vermehrt um zweiteres bemühe. Beziehungsweise: das Thema Phantastik im weitesten Sinne treibt mich seit 20 Jahren um (seit ich eben neben Romanen, Comics und Filmen auch die Philosophie, Semiotik Kulturgeschichte, Anthropologie und Kognitivwissenschaften für mich entdeckte), und als entsprechender Möchtegernfachdepp trau ich mich inzwischen eben durchaus sagen: die menschliche Fähigkeit der Phantasie berührt alle Lebensbereiche, vom Selbstbewußtsein (Wer bin ich eigentlich?) über Interaktion (Was ist zulässiges und unzulässiges Sprechen) bis hin zum Weltbild (Woher kommen, wohin gehen wir, was dürfen wir hoffen usw).

Grüße
Alex / molo

Grad entdeckt: Der Frankfurter Arbeitskreis für Phantastik ordnet Wünsch der maximalphantastischen Strömung zu (im Gegensatz zu Todorov und Durst).

Wichtige Aussage für meine maximalphantastische Haltung ist übrigens die Erkenntnis der Semiotik, daß ALLE Fiktionen kleine "parasitäre" Welten basteln, die ihre Plausibilität durch Anzapfen der, und Anknüpfen an der geteilten Echtweltwirklichkeit gewinnen.
Fragen wie, was ist phantastisch, was realistisch treten dabei für mich hinter z.B. psychodynamische Fragestellungen zurückm, wie: welche Prämissen, Ansichten werden mit Fiktionejn/Narrationen/Phantastik gewuppt (z.B. Status Quo oder Aufstand); wird eher gezähmt oder aufgestachelt; wird getröstet oder Angst verbreitet; wird orientiert oder Verwirrung gestiftet ... und dahinter immer die Fragen der Absicht und Nützlichkeit, welchen Milieus, welchen Weltbildern zugearbeitet wird (dem Heroismus, dem Altruismus usw).

Immerhin ist Realität das Produkt der kollektiven Phantasmen, bzw. Projektkollektive. Und Phantastik und Faszination sind die Hauptmittel um Motivationen zu steuern, denn diese beiden Mittel werden dazu eingesetzt, um Begierden, Erregungen zu verhandeln, zu steuern und zu manipulieren. In diesem Zusammenhang bin ich z.B. ein Fan von Albrecht Müller und seinen Nachdenkseiten, wenn er immer wieder mal den guten Onkel Orwell ("1984") zitiert:
"Und wenn alle anderen die von der Partei verbreitete Lüge glauben - wenn alle Aufzeichnungen gleich lauteten -, dann ging die Lüge in die Geschichte ein und wurde Wahrheit."

Richtig cool finde ich ja, daß Du Dich als großer Kubrick-Begeisteter zeigst. Da können wir uns wohl die Hand geben in der Meinung, daß diese große Sphinx der Filmgeschichte sowohl als (Unterhaltungs)Künstler überzeugt, als sich auch als Zeitgenosse hochrelevant im großen Menschheitsdiskurs platziert hat (soweit Künstler das halt überhaupt vermögen).

Bearbeitet von molosovsky, 11 Juni 2007 - 16:02.
Links ergänzt, Fehler gemerzt, komischen Zeichensalat bereinigt

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Geschrieben 11 Juni 2007 - 15:53

Meinen Wirklichkeitsbegriff finde ich schon bei einigen Denkern wieder. Friedell hab ich schon zitiert und ich könnte den hochheiklen Nietzsche anführen (Kultur beruht auf umhüllenden Wahn). Auch so ein Mode- und Medienphilosoph Sloterdijk taugt mir mit Aussagen wie »Realität ist ein depressivies Konstrukt, für Leute die sie noch nötig haben«. Versteh mich nicht falsch als uneingeschränkten Jubelschlumpf für solche Stimmen. Eine einseitige Übergewichtung von Verstand ODER Gefühl erscheint mir als gefährlich. Da habe ich mich letztens z.B. ansichtsmäßig wiedergefunden in der NZZ: Haben und Sein.

Ohne ein Experte für Nitsche oder Sloterdijk zu sein, behaupte ich, dass keiner der beiden Deinen Phantastikbegriff auch nur annähernd teilt. Letzterer hat doch sogar zu Phantastik und Verwandtem geschrieben, und ich glaube kaum, dass er jeglichen strukturellen Unterschied zwischen Phantastik und anderen Formen des Fiktionalen negiert hat (ok, das tust Du auch nicht, Du kommst einfach mit Begriffen wie phantastisch-phantastisch, deren Nutzen mir eigentlich immer schleierhafter wird). Ich würde mich selbst auch als Konstruktivisten bezeichen, aber auch wenn ich davon ausgehe, dass die Wirklichkeit ein Konstrukt ist, heisst das nicht, dass sie identisch mit Fiktion ist oder dass es nicht sinnvoll ist, verschiedene Formen der Fiktion zu unterscheiden. Es bleibt die Frage: Was gewinnst Du eigentlich mit dieser Nivellierung?

Sag mal Simi: verstehst Du Dich selbst als Zuarbeiter und Pfleger eines Faches (Film- und Medienwissenschaft) oder als interdisziplinärer Verknüpfer verschiedenster Fachgebiete? Das würde mich schon interessieren, weil ich mich (mit aller amateurbehafteten Tollerei) vermehrt um zweiteres bemühe. Beziehungsweise: das Thema Phantastik im weitesten Sinne treibt mich seit 20 Jahren um (seit ich eben neben Romanen, Comics und Filmen auch die Philosophie, Semiotik Kulturgeschichte, Anthropologie und Kognitivwissenschaften für mich entdeckte), und als entsprechender Möchtegernfachdepp trau ich mich inzwischen eben durchaus sagen: die menschliche Fähigkeit der Phantasie berührt alle Lebensbereiche, vom Selbstbewußtsein (Wer bin ich eigentlich?) über Interaktion (Was ist zulässiges und unzulässiges Sprechen) bis hin zum Weltbild (Woher kommen, wohin gehen wir, was dürfen wir hoffen usw).

(Als Klammer: Phantasie ist nicht identisch mit Phantastik). Ich weiss nicht, ob ich die Unterscheidung, wie Du sie machst, überhaupt nachvollziehen kann. In dem Moment, in dem ich über etwas spreche, brauche ich präzise Begriffe, das ist unabhängig davon, ob ich Klempner, Tänzer oder Geisteswissenschaftler bin. Dass diese Begriffe je nach Fach sehr unterschiedlich ausgeprägt sind, ist klar, aber letztlich ist auch einem Klempner nicht gedient, wenn er eine Zange Hammer nennt, nur weil man damit zur Not auch einen Nagel einschlagen kann. Präzise Begriffe halte ich somit eigentlich für eine Voraussetzung jeder einigermassen ernsthaften Diskussion unabhängig vom Hintergrund. Übrigens arbeite ich an meinem ersten Spielfilmdrehbuch, insofern ist mir die Praxis sehr wichtig. Nur seh ich sie eigentlich nicht im Widerspruch zu meiner wissenschaftlichen Tätigkeit, sie ist einfach etwas Anderes. Was die vielbesungene Interdisziplinarität betrifft, bin ich ein vorsichtig skeptischer Befürworter. Natürlich kann der Austausch oft fruchtbar sein und ist für jedes Fach, wenn es nicht erstarren will, nötig. Gleichzeitig weiss ich aber auch aus eigener Erfahrung, dass der interdisziplinäre Dialog allzu oft nirgendwo hinführt. Gerade wir Filmwissenschaftler erleben oft, dass sich jeder und jede dazu berufen fühlt, etwas zu Filmen zu sagen, selbst wenn ihnen auch das grundlegendste Wissen fehlt. Ich war gerade vor zwei Wochen an einer Tagung von Theologen und Religionswissenschaftlern zum Thema 'Theologie und SF-Film'. Ich war gewissermassen der externe Experte. War ganz nett, aber letztzlich war der Austausch nur begrenzt, weil uns einfach zu verschiedene Dinge interessiert haben. Und diese Erfahrung mache ich oft. Gerade Praktiker interessiert die Form der Analyse, wie wir sie betreiben, oft schlicht nicht. Das ist auch vollkommen okay. Bei der Filmwissenschaft ist auch zu sagen, dass dieses Fach noch so jung ist, dass es vorläufig an sich selbst eigentlich genug haben könnte. Es gibt noch riesige Gebiete im Bereich Film, die unerforscht sind, und ich tendiere dazu, erst einmal im eigenen Laden aufzuräumen, bevor ich anderen in ihr Geschäft dreinrede. Ich glaube, es geht hier auch weniger um Theorie vs. Praxis, sondern in Deinem Fall darum, dass Du gerne alles zu einem grossen System synthetisieren möchtest, und da habe ich nun doch erhebliche Zweifel.

Bearbeitet von simifilm, 11 Juni 2007 - 15:57.

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Geschrieben 11 Juni 2007 - 16:11

Wow, erstmal Dank für Deine offenen Worte. Einen Gegensatz von Theorie und Praxis wollt ich nicht aufziehen. Eher einen zwischen "nüchternem" und "wilderen" Denken (ein Gegensatz, der sich durch unser Ping-Pong, unser Verständis der eigenen Rollen ergibt). Mit Deinem letzten Satz bringst Du aber die Probleme meiner Ambition sehr genau auf den Punkt:

ch glaube, es geht hier ... in Deinem Fall darum, dass Du gerne alles zu einem grossen System synthetisieren möchtest, und da habe ich nun doch erhebliche Zweifel.

Diese Zweifel teile ich! Aber (mich reitet halt der Teufel) von der Ambition kann ich dennoch nicht die Fingerchen lassen. Ich muß halt noch um ein ganzes Stückchen disziplinierter werden (vor allem was z.B. Essay-Handwerk angeht), um meinem eigenen Anspruch, irgendwann kein Hupfidupfi-Brabbler mehr zu sein, gerecht zu werden. Grüße Alex / molo

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Geschrieben 11 Juni 2007 - 16:18

Diese Zweifel teile ich! Aber (mich reitet halt der Teufel) von der Ambition kann ich dennoch nicht die Fingerchen lassen. Ich muß halt noch um ein ganzes Stückchen disziplinierter werden (vor allem was z.B. Essay-Handwerk angeht), um meinem eigenen Anspruch, irgendwann kein Hupfidupfi-Brabbler mehr zu sein, gerecht zu werden. Grüße Alex / molo

Im Grunde kann ich diese Ambitionen ja durchaus auch nachvollziehen. Auch mein Buch ist letztlich ein Anachronismus, weil ich darin nichts weniger als die Poetik der SF beschreiben möchte. Das ist ein Anspruch, den die Geisteswissenschaft im Grunde schon aufgegeben hat. Mein Diss-Mutter hat mich genug oft daran erinnert, dass die Zeit der grossen Theorieentwürfe leider vorbei ist. Nun, in meinem Fall ist das grössenwahnsinnige Projekt doch noch ganz gut geglückt, aber im Vergleich zu dem, was Dich anscheinend umtreibt, war es auch noch relativ bescheiden. Gruss simi

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Geschrieben 11 Juni 2007 - 16:28

Ich hab das PDF damals komplett durchgeackert und kann Dir von meiner maximalphantastischen Warte ein fettes "Daumes hoch" geben. Ich hoffe, Deine Arbeit geht nicht im akademischen Blätterwald unter, und (sobald ich Luft hab um die Sache mit Reziemplar zu organisieren) ich will soweit ich kann die Trommel für Dein Buch schlagen (was man ja auch {eben hoffentlich nicht} als Drohung nehmen könnte).Nene, das ganze KleinKlein an Meinungsdifferenzen das wir hier geben tritt da für mich in den Hintergrund, da ich den "größenwahnsinnigen" Zug Deiner Arbeit sehr zu schätzen weiß, und Dein Buch für einen großen Schritt im deutschsprachigen Raum halte.Den anderen Lesern dieses Threads wird sicherlich z.T. ganz schön schwindlig bei unseren Ping-Pongs (so "grundsätzliche Debatten" treiben viele nun mal schnell in den Wahnsinn), und ich kann mich nur freuen, daß Du und ich uns noch keine entsprechende Watschen eingefangen haben (obwohl: mittlerweile kenn ich ja SF-Netzwerk gut genug, um genau diese Toleranz für "Dampfplauderein" zu schätzen).Ich kann nur hoffen, daß Dir unsere Debatten auch nur halb so viel Vergnügen (von Inspiration zu sprechen wäre vermessen) bereiten wie mir.GrüßeAlex / molo

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Geschrieben 12 Juni 2007 - 08:48

Ich hab das PDF damals komplett durchgeackert und kann Dir von meiner maximalphantastischen Warte ein fettes "Daumes hoch" geben. Ich hoffe, Deine Arbeit geht nicht im akademischen Blätterwald unter, und (sobald ich Luft hab um die Sache mit Reziemplar zu organisieren) ich will soweit ich kann die Trommel für Dein Buch schlagen (was man ja auch {eben hoffentlich nicht} als Drohung nehmen könnte). Nene, das ganze KleinKlein an Meinungsdifferenzen das wir hier geben tritt da für mich in den Hintergrund, da ich den "größenwahnsinnigen" Zug Deiner Arbeit sehr zu schätzen weiß, und Dein Buch für einen großen Schritt im deutschsprachigen Raum halte. Den anderen Lesern dieses Threads wird sicherlich z.T. ganz schön schwindlig bei unseren Ping-Pongs (so "grundsätzliche Debatten" treiben viele nun mal schnell in den Wahnsinn), und ich kann mich nur freuen, daß Du und ich uns noch keine entsprechende Watschen eingefangen haben (obwohl: mittlerweile kenn ich ja SF-Netzwerk gut genug, um genau diese Toleranz für "Dampfplauderein" zu schätzen). Ich kann nur hoffen, daß Dir unsere Debatten auch nur halb so viel Vergnügen (von Inspiration zu sprechen wäre vermessen) bereiten wie mir. Grüße Alex / molo

Diese Diskussionen enden immer mit einem Schwall von Komplimenten, da wird mir ganz blümerant (siehe anderen Thread). Aber ansonsten: Nur kräftig Werbetrommel rühren. Die erste Auflage muss schnell weg, dann kann ich eine zweite nachschieben, in der all die ärgerlichen Fehler, die ich bereits entdeckt habe, bereinigt sind.

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Geschrieben 12 Juni 2007 - 22:36

Im Lauf der Zeit hab ich halt festgestellt, daß in der Welt zu wenig Kompliment flottieren, grad im (deutschsprachigen) Internet, also, äh, zumindest dem Teil, den ich so kenn.Alle möglichen Leut streiten da gern rumm und alle wollen recht behalten.Mir war das Recht behalten noch nie das Hauptanliegen, wenn ich mich "streite", ich schätze dagegen aber das Hin- und Her, das Suchen und Finden, daß ein gepflegter Streit bietet, und wenn ich auf Gegenüber treffe, die dieses Erlebnis bei mir fördern, dann freu ich mich und streu Komplimente.Ich bin halt geprägt von dieser Homerischen Haltung, auch die Helden und Untertanen des Gegeners mit Würde und Respekt zu sehen.Die Komplimentinflation erleidest nicht nur Du, Simi. Frag mal meine entsprechenden "Sparingspartner" bei BibPhant. 50 Seiten "Tolkien vs. Miéville" bekommt man mit Diskurs-"Gegenern" die doof und keiner Komplimente würdig sind, nicht zustande (also: ich zumindest nicht).GrüßeAlex / molo (der ein Budweiser intus hat und entsprechend offenherzig ist)So. Und jetzt guck ich weiter (DVD) dieses TAKEN-Epos aus dem Hause Spielberg. Die Nach ist noch jung.

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