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Eure Meinung zu "Herr der Ringe"


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49 Antworten in diesem Thema

#31 Pogopuschel

Pogopuschel

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Geschrieben 27 April 2005 - 21:58

P.S. Kennt jemand "The Worm Ouroborous" von E.R.R. Eddison aus dem Jahr 1929? Das Buch ist leider etwas untergegangen, überzeugt aber ebenfalls mit seiner Sprache und einer gut ausgedachten Welt.

"Der Wurm Ouroborous" ist klasse. Wenn man sich erst einmal an die altmodische Sprache von Eddison gewöhnt hat, ewartet einen eine faszinierende und phantastische Geschichte. Bei "Bei Herr der Ringe" hat mir gerade der Anfang und vor allem die Episode mit Tom Bombadil gefallen. Ein ruhiger und gemütlicher Einstieg in die Geschichte, der durch seine anfängliche Idylle, die die Gefahr aus Mordor ums so bedrohlicher erscheinene lässt. Eins meiner absoluten Lieblingsbücher, das ich immer wieder lesen kann ohne dass es langweilig wird. Wenn ich mir unsere heutigen Demokratien so angucke, ertappe ich mich selber dabei, mir vorzustellen, dass ein König wie Aragorn mit einem Berater wie Gandalf vielleicht gar nicht so schlecht wäre. Und ich bin mit Sicherheit kein Royalist. Gruß Markus

#32 Beverly

Beverly

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Geschrieben 28 April 2005 - 17:57

Wenn ich mir unsere heutigen Demokratien so angucke, ertappe ich mich selber dabei, mir vorzustellen, dass ein König wie Aragorn mit einem Berater wie Gandalf vielleicht gar nicht so schlecht wäre. Und ich bin mit Sicherheit kein Royalist.

In unserer heutigen Welt entsprechen König Aragorn und Berater Gandals am ehesten Queen Elizabeth II. und Premier Tony Blair .... das erklärt, warum ich ein entschiedener Gegner der Monarchie bin. Das Grundübel, was aus gekrönten Häuptern oft geköpfte Häupter gemacht hat und was jetzt auch die Demokratien untergräbt ist, dass sich die Eliten an der Spitze für etwas grundlegend Besseres als das gemeine Volk halten. Das kommt im Mythos vom "blauen Blut" zum Ausdruck, nur hat das Volk dann irgendwann nachgesehen und festgestellt, dass auch deren Blut rot war :devil: Und gerade den Feudalismus sehe ich bei "Herr der Ringe" mit sehr gemischten Gefühlen. Im ebenfalls recht feudalen und monarchischem DUNE-Zyklus entpuppte sich die vermeintlich guten Atreides als die perfideren, raffinierteren und nicht wieder loszuwerdenden Unterdrücker. Ich bin mit sicher, hätte Frank Herbert geschrieben, wie es nach dem Sieg über Sauron in Mittelerde weiter geht, hätten die Menschen spätestens mit Aragorns Nachfolgern auf dem Thron von Gondor einen üblen Hexensabbat erlebt.

#33 Pirx

Pirx

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Geschrieben 28 April 2005 - 22:30

Wenn ich mir unsere heutigen Demokratien so angucke, ertappe ich mich selber dabei, mir vorzustellen, dass ein König wie Aragorn mit einem Berater wie Gandalf vielleicht gar nicht so schlecht wäre. Und ich bin mit Sicherheit kein Royalist.

In unserer heutigen Welt entsprechen König Aragorn und Berater Gandals am ehesten Queen Elizabeth II. und Premier Tony Blair .... das erklärt, warum ich ein entschiedener Gegner der Monarchie bin. Das Grundübel, was aus gekrönten Häuptern oft geköpfte Häupter gemacht hat und was jetzt auch die Demokratien untergräbt ist, dass sich die Eliten an der Spitze für etwas grundlegend Besseres als das gemeine Volk halten. Das kommt im Mythos vom "blauen Blut" zum Ausdruck, nur hat das Volk dann irgendwann nachgesehen und festgestellt, dass auch deren Blut rot war ^_^ Und gerade den Feudalismus sehe ich bei "Herr der Ringe" mit sehr gemischten Gefühlen. Im ebenfalls recht feudalen und monarchischem DUNE-Zyklus entpuppte sich die vermeintlich guten Atreides als die perfideren, raffinierteren und nicht wieder loszuwerdenden Unterdrücker. Ich bin mit sicher, hätte Frank Herbert geschrieben, wie es nach dem Sieg über Sauron in Mittelerde weiter geht, hätten die Menschen spätestens mit Aragorns Nachfolgern auf dem Thron von Gondor einen üblen Hexensabbat erlebt.

Hi, Du meinst wohl nicht ernsthaft, dass in Großbritannien die Monarchie oder gar ein Feudalsystem herrscht :devil: Abgesehen davon hinkt der Vergleich recht gewaltig. Schließlich ist der gute Tony immer noch abwählbar! Demokratische Systeme haben nun mal auch ihre Schattenseiten, sind aber doch recht angenehm - auch für das gemeine Volk :rolleyes:
Gruß

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#34 molosovsky

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Geschrieben 28 April 2005 - 22:57

Beruhigt mich ja, daß auch andere ihren Spaß am LOTR haben und keine Monarchisten sind :-)GrüßeAlex / molosovsky

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

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#35 Beverly

Beverly

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Geschrieben 29 April 2005 - 18:58

Du meinst wohl nicht ernsthaft, dass in Großbritannien die Monarchie oder gar ein Feudalsystem herrscht :mad: Abgesehen davon hinkt der Vergleich recht gewaltig. Schließlich ist der gute Tony immer noch abwählbar! Demokratische Systeme haben nun mal auch ihre Schattenseiten, sind aber doch recht angenehm - auch für das gemeine Volk  ;)

"Oligarchie" trifft das System besser als "Demokratie", bei der z. B. Tony Blair Labour ist, aber kaum von einem Tory zu unterscheiden.

#36 molosovsky

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Geschrieben 30 April 2005 - 07:08

Oligarchie trifft so ziemlich auf Europa und den Westen zu.GrüßeAlex / molosovsky

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#37 Pirx

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Geschrieben 30 April 2005 - 10:10

Oligarchie trifft so ziemlich auf Europa und den Westen zu. Grüße Alex / molosovsky

Hallo, ja, das könnte man so sagen.Trotzdem finden Wahlen statt und es gibt Mechanismen, die Korruption und Machtausbeutung verhindern sollen. Das dies nicht immer funktioniert, ist leider eine Tatsache. Ferner können nur "Oligarchen", verstanden als eine verwaltungstechnische und evtl. politische Elite, an den Spitzenpositionen Platz nehmen. Meiner Meinung nach ist es ein Märchen, dass wirklich "jeder" (Stammtisch-Politiker ;) ) z.B. Deutschland regieren könnte. Ferner wird jeder Aufsteiger in der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft von einem Volksgenossen quasi zu einem Oligarchen transformiert. Bestes Beispiel sind für mich in D die Grünen. Ihre Spitzenpolitiker wurden von der Wirklichkeit eingeholt und verlieren zunehmend an politischem Profil und den Kontakt zur Basis. Wenn ich nur an Kronprinz Joschka denke :D Wie seht Ihr das? PS: Wenn es zu OT wird, bitte verschieben o.ä.
Gruß

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#38 Beverly

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Geschrieben 30 April 2005 - 13:39

Oligarchie trifft so ziemlich auf Europa und den Westen zu. Grüße Alex / molosovsky

Hallo, ja, das könnte man so sagen.Trotzdem finden Wahlen statt und es gibt Mechanismen, die Korruption und Machtausbeutung verhindern sollen. Das dies nicht immer funktioniert, ist leider eine Tatsache. Ferner können nur "Oligarchen", verstanden als eine verwaltungstechnische und evtl. politische Elite, an den Spitzenpositionen Platz nehmen. Meiner Meinung nach ist es ein Märchen, dass wirklich "jeder" (Stammtisch-Politiker ;) ) z.B. Deutschland regieren könnte. Ferner wird jeder Aufsteiger in der Politik, Wirtschaft und Gesellschaft von einem Volksgenossen quasi zu einem Oligarchen transformiert. Bestes Beispiel sind für mich in D die Grünen. Ihre Spitzenpolitiker wurden von der Wirklichkeit eingeholt und verlieren zunehmend an politischem Profil und den Kontakt zur Basis. Wenn ich nur an Kronprinz Joschka denke :D Wie seht Ihr das? PS: Wenn es zu OT wird, bitte verschieben o.ä.

Jedes Herrschaftssystem entsteht durch den Willen einer mehr oder weniger kleinen Gruppe, Macht über andere auszuüben und die von ihnen Beherrschten dabei nach dem gerade gängigen state of the art einzulullen. Zur Täuschung und Manipulation wurde "Gottesgnadentum", "Sozialismus" und eben "parlamentarische Demokratie" verwendet. Aber um den Bogen mal wieder zum Thema zurück zu bekommen: wir waren bei der Monarchie in "Herr der Ringe". Gerade der schöne Schein macht sie für mich verdächtig, weil ich glaube, dass die wirklich fiesen Fieslinge nicht - wie Sauron und die Orks - ihre Fiesheit und Verderbtheit durch martialisches Gehabe, finstere Rituale und hässliches Äußeres sozusagen inserieren. Eine funktionierende Monarchie in Sinne von wirklich legitimer und nicht nur ergaunerter Herrschaftsausübung wäre aber IMHO nicht völlig ausgeschlossen. Es wäre wie ein König oder Kaiser, der sich bei der Thronbesteigung einer Volksabstimmung unterwerfen muss und während seiner Herrschaft nichts tun darf, was das Volk daran hindert, bei der Thronbesteigung seines Nachfolgers ebenso über den abszustimmen. Übrigens hat mir die Monarchie auf Barrayar besser gefallen als die im "Herr der Ringe", vielleicht weil der Barrayar-Zyklus moderner geschrieben ist und trotz einiger Gewähnungsbedürftigkeit einen gewissen Reiz hat. Insbesondere wird da nicht so viel geblubbert wie etwa in DUNE (wobei das Blubbern bei DUNE Sinn und Zweck hat). So war der Vater von Kaiser Gregor wahrscheinlich ein Kriegsverbrecher, den wahrscheinlich seine eigenen Unterlinge umgebracht haben und was sie ebenso wie seine Verbrechen vor Gregor und der Öffentlichkeit verheimlichen.Gregor selbst ist bei aller Autorität manchmal ein ziemlich unsicherer junger Mann, der aber der letztendlich Verderbtheit entgehen wird, wenn er sich nicht zu so einem menschenverachtendem Schwätzer entwickelt wie die Atreides.

#39 Lomax

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Geschrieben 30 April 2005 - 15:49

Eine funktionierende Monarchie in Sinne von wirklich legitimer und nicht nur ergaunerter Herrschaftsausübung wäre aber IMHO nicht völlig ausgeschlossen.

Nun, sicher ist eine legitime und funktionierende Monarchie denkbar. Die Geschichte kennt genug Beispiele dafür ... ;) Aber mit "Wahlen" hat das wohl eher weniger zu tun. Sehr unangenehme Gesellschaftsformen auf demokratischer Basis sind ebenso denkbar (und mit historischen Beispielen vertreten) wie funktionierende und legitime Monarchien ohne demokratische Legitimation. Ich wüsste ehrlich gesagt auch nicht, wie eine Volksabstimmung bei Thronbesteigung irgendeinen Einfluss auf die Qualität einer monarchischen Regierung haben soll, z.B. angesichts von Krisen und veränderten Rahmenbedingungen möglicherweise 20 Jahre später ... selbst wenn man daran glauben möchte, dass das Wahlvolk im Augenblick der Wahl tatsächlich in der Lage ist, eine positive Selektion auszuüben.
"Modern Economics differs mainly from old Political Economy in having produced no Adam Smith. The old 'Political Economy' made certain generalisations, and they were mostly wrong; new Economics evades generalisations, and seems to lack the intellectual power to make them." (H.G. Wells: Modern Utopia)

#40 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 30 April 2005 - 16:09

Ohne jetzt zu herablassend klingen zu wollen, merke ich hier wieder dass mir das im Board geäußerte Demokratieverständnis manchmal ein wenig zu "flach" ist, übrigens auch gelegentlich unter den Moderatoren. Demokratie ist der Versuch, Machtmissbrauch zu unterbinden, und dabei geht es NICHT nur um Wahlen mit Beteiligung aller. Es geht auch um Mündigkeit, und wie man diese aufrecht erhält, um Grenzen der Staatsgewalt, um Machbarkeit der Politik im Sinne des Volkswillen. Um es mal in amerikanischem Jargon auszudrücken, es geht um "checks and balances". Wenn ihr mal über Demokratieverständnis reden wollt, lasst uns das doch mal in einem eigenen OT-Thread tun, und nicht immer so plakative Vergleiche machen...

@Beverly: Bin ja schon etwas enttäuscht darüber, dass du hier in einigen wenigen Nebensätzen Dune abschießt, ohne z.B. zwischen den Büchern 1-3, 4 und 5-6 zu unterscheiden. Dazu erbitte ich auch einen getrennten Thread mit Titel "Dune - warum die Helden keine waren" oder so. Also bitte die Abschätzung begründen! Sonst muss ich leider mein Chrys-Messer ziehen und dein Wasser einfordern... ;):D

/KB

Yay! Fantasy-Dialog Ende Januar...
Prof.: Dies sind die Bedingungen meiner Vormundschaft. (schiebt 2 Seiten über den Tisch) [..]

Junge: (schockiert, aber er nickt)

Prof.: Sehr gut... Noch eine Sache. Es fällt auf, dass du noch keinen Namen hast. Du benötigst einen.

Junge: Ich habe einen! -...

Prof.: Nein, das genügt nicht. Kein Engländer kann das aussprechen. Hatte Fräulein Slate dir einen gegeben?

Junge: ... Robin.

Prof.: Und einen Nachnamen. [..]

Junge: Einen [anderen] Nachnamen... aussuchen?

Prof.: Englische Leute erfinden sich namentlich ständig neu.

(Studierter Brite in besten Jahren, vs. dem Jungen, den er vor kurzem vorm Verenden in einem chinesischen Slum rettete, grob übersetzt aus Babel, im Harper-Voyager-Verlag, S. 11, by Kuang)


#41 Lomax

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Geschrieben 30 April 2005 - 16:18

Demokratie ist der Versuch, Machtmissbrauch zu unterbinden, und dabei geht es NICHT nur um Wahlen mit Beteiligung aller. Es geht auch um Mündigkeit, und wie man diese aufrecht erhält, um Grenzen der Staatsgewalt, um Machbarkeit der Politik im Sinne des Volkswillen. Um es mal in amerikanischem Jargon auszudrücken, es geht um "checks and balances".

Auf dieser Basis macht eine Diskussion über das Thema vermutlich mehr Sinn und ist für mich auch leichter nachvollziehbar. Allerdings fällt es dann auch schwer, überhaupt noch über griffige Schlagworte wie "Demokratie" zu diskutieren, ohne das wirklich jeder was anderes meint :D Aber zumindest träfe man dann eher die Punkte, wegen denen wir meiner Ansicht nach unsere gegenwärtige Gesellschaftsform als eher "angenehm" empfinden. Und wo m. E. nach auch das eigentlich "demokratische" der amerikanischen Demokratie liegt. Aber das führt nun endgültig vom Thema ab ... ;)
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#42 g. b. corner

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Geschrieben 01 Mai 2005 - 15:01

ich habe in meinem ersten post einen link zu gene wolfes "The Best Introduction to the Mountains" eingebaut; dort geht es im weiteren sinn auch um politik und gerechtigkeit bzw. die gesellschaft. wenn wer nicht alles durchkauen will, hier zwei absätze daraus, die glaube ich recht gut auf den punkt bringen, warum uns der HdR so stark anspricht: (ich habe es im englischen belassen):- There is one very real sense in which the Dark Ages were the brightest of times, and it is this: that they were times of defined and definite duties and freedoms. The king might rule badly, but everyone agreed as to what good rule was. Not only every earl and baron but every carl and churl knew what an ideal king would say and do. The peasant might behave badly; but the peasant did not expect praise for it, even his own praise.- Sam Rayburn, a politician of vast experience, once said that all legislation is special-interest legislation. Of our nation, and of the 20th century, that is unquestionably true; but it need not be. We have -- but do not need -- a pestilent swarm of exceedingly clever persons who call themselves public servants when everything about them and us proclaims that they are in fact our masters. They make laws (and regulations and judicial decisions that have the force of laws) faster and more assiduously than any factory in the world makes chains; and they lay them on us. It need not be so. We might have a society in which the laws were few and just, simple, permanent, and familiar to everyone -- a society in which everyone stood shoulder-to-shoulder because everyone lived by the same changeless rules, and everyone knew what those rules were. When we had it, we would also have a society in which the lack of wealth was not reason for resentment but a spur to ambition, and in which wealth was not a cause for self-indulgence but a call to service.es geht im HdR sicher NICHT um die vor- und nachteile von monarchie oder demokratie.georg

#43 Lomax

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Geschrieben 02 Mai 2005 - 13:02

Was mir bei den beiden Zitaten fehlt ist der Hinweis, dass sie eine sehr romantische Sicht mittelalterlicher Verhältnisse widerspiegeln. Diese Romantik prägt gewiss unser Geschichtsbild und eröffnet einen Zugang zum HdR, aber sie hat nicht wirklich einen Bezug zur historisch-politischen Wirklichkeit. Es ist eine literarische Tradition, und daher kann man meines Erachtens nach weder eine politische Aussage daraus ableiten noch sie auf Basis einer politischen Wirklichkeit kritisieren.

es geht im HdR sicher NICHT um die vor- und nachteile von monarchie oder demokratie.

Soweit ich die Diskussion verfolgt habe, war das auch noch allgemeiner Konsens. Bei der angesprochenen Kritik ging es wohl eher darum, ob das Fehlen einer Diskussion der Nachteile der Monarchie nicht an sich schon eine Verherrlichung feudaler Systeme darstellt.
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#44 g. b. corner

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Geschrieben 02 Mai 2005 - 15:42

ich glaube nicht, dass damit eine romantische sicht des mittelalters gemeint ist. was wolfe unter anderem meint (und ich tendiere dazu, ihm zuzustimmen, sonst hätte ich das zitat nicht gebracht), ist, dass uns der HdR daran erinnert, dass es zeiten und gesellschaften gegeben hat, in denen es einen weitgehenden gesellschaftlichen konsens gab, was richtig und was falsch ist, sowie individuen, die aufgrund ihres gewissens bereit waren, dafür zu handeln - etwas, was uns heute in zeiten ständiger relativierungen ein wenig abhanden gekommen ist und was daher nicht unwesentlich zum reiz des HdR beiträgt. tolkiens helden zeichnen sich dadurch aus, dass sie eben nicht versuchen, zu relativieren oder ausreden zu suchen - in den momenten, wo es darauf ankommt, tun sie, was getan werden muss, auch wenn sie die tat später reuen mag oder wenn sie dafür ihr leben riskieren. sie halten sich weniger an 'gesetze' als an ihr gewissen. damit stehen sie in der tradition der höfischen ritterlichkeit, aber auch des christentums (die sich ja nicht trennen lassen) - daran ist nichts romantisch, wenn man es ernst nimmt.gerade begehen wir das 60jährige jubiläum des endes der hitler-diktatur - auch ein grund, an die wenigen zu denken, die bereit waren, ihr gewissen über ihr leben zu stellen.natürlich steht auch der HdR in gewisser literarischer "tradition", nämlich v.a. der heldenepen und nordischen sagen - dass dies kein medium ist, um politische zustände zu hinterfragen, ist natürlich klar. ich sehe den HdR auch nicht politisch in diesem sinne, aber eben sehr wohl in dem sinn, wie sehr man als einzelner bereit ist, seinen teil beizutragen. bei tolkien GIBT es ein RICHTIG und ein FALSCH. und auch wenn die verhältnisse natürlich in unserer welt komplizierter sind, so spricht unser gewissen doch oft eine eindeutige sprache, und alle relativierungen, die wir danach äussern, dienen uns nur als ausrede, nicht danach handeln zu müssen (ich nehme mich da keineswegs aus). ob dies im rahmen einer monarchie, einer demokratie oder einer anarchie (das auenland ist eine mischung aus allen dreien) geschieht, ist wirklich gleichgültig.georg

#45 Lomax

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Geschrieben 02 Mai 2005 - 16:48

Ich gebe dir Recht, was deine Einschätzung des HdR betrifft. Aber gerade diese Wirkung entspringt einer Idealisierung der Wirklichkeit - wie es auch bei Hedenepen, Sagen und auch Märchen der Fall war. Man stellt idealisierte Helden und idealisierte Probleme in einer Umgebung dar, die insoweit idealisiert ist, dass alles ausgeblendet wird, was die Dinge über den angestrebten Effekt und die angestrebte Aussage hinaus verkomplizieren würde. Das ist von meiner Seite her noch nicht einmal kritisch gemeint, denn auch an moderne Literatur wird oft genug die Forderung herangetragen, dass sich der Autor nicht in Abschweifungen verlieren soll, sondern alles, was er bringt, auch der Geschichte zu dienen hat. Also könnte man sagen dass das, was der Freizeitrevolutionär, Pädagoge, Politikwissenschaftler oder Sozialarbeiter bei seinen tapsigen Ausflügen in die Gefilde der Literatur am HdR kritisieren mag, in Wahrheit ein literarisches Qualitätsmerkmal ist :D

ich glaube nicht, dass damit eine romantische sicht des mittelalters gemeint ist.

Ich will nicht beurteilen, wie das Zitat gemeint ist. Aber de facto beruht es auf einer romantischen Sichtweise des Mittelalters. Denn in sehr groben Zügen und manchen Fragen mag es diesen "gesellschaftlichen Konsens" gegeben haben, aber wenn man die Details ansieht stellt man fest, dass nicht weniger gestritten wurde als heute. Es gab alternative Gesellschaftsentwürfe; und es gab Leute, die sich über den Konsens hinweggesetzt haben. Diese Vorstellung einer "heilen Welt" des Mittelalters ist eben die Romantisierung. Und man darf dabei auch nicht vergessen, dass die höfische Ritterlichkeit eben nicht aus der gesellschaftlichen Wirklichkeit ihrer Zeit entstanden ist, sondern im Ursprung gerade als literarischer Gegenentwurf zur damaligen Realität. Eine Utopie also, die in begrenztem Umfang Wirklichkeit geworden ist, weil Menschen versucht haben, sie sich zu Eigen zu machen; so wie manch andere Utopie damals und heute. Und alles, was man mehr darin sehen möchte, ist der Unschärfe einer zeitlichen Distanz und dem historischen Roman vor allem seit dem 19. Jhdt. zu verdanken ...
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#46 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 02 Mai 2005 - 17:22

Hi, g.b., schön dass du, wahrscheinlich über diesen Thread, jetzt Mitglied geworden bist. Willkommen!

In der Sache möchte ich aber Lomax Recht geben. Bei den Wolfe-Zitaten war mir das noch nicht so aufgefallen, weil es dort Einiges gibt, was ich genau so sehe (z.B. das mit der starken Vereinfachung der Gesetze, die gerade wir Deutschen m.E. nötig hätten), aber bei deinem Satz

in den momenten, wo es darauf ankommt, tun sie, was getan werden muss, auch wenn sie die tat später reuen mag oder wenn sie dafür ihr leben riskieren

wurde mir klarer, dass ihr hier eine Diskussion führt um Vernunft, und dass du in Essenz behauptest, dass HdR ein Vorbild dafür darstellt.

Aber der vernünftige Weg ist NICHT für jeden derselbe, und gerade der von mir zitierte Satz von dir scheint mir ein viel zu unklarer Blankoscheck dafür zu sein, dass "in seinem Namen" auch ziemlicher Mist angestellt werden könnte. Was MUSS denn genau immer getan werden? Wolfe meint "everyone agreed". Ich denke aber es gehört zum Leben, heute wie damals, dass das eben nicht immer klar ist. Es kann Konsens oder Abstimmung oder auch Opposition dazu geben, aber was letztendlich vernünftig ("der Weisheit letzter Schluss") gewesen wäre, weiß man eher erst später, oft sehr viel später. Vernunft ist ein Etikett, dass ich selber oder Zeugen meines Tuns, meinen Worten oder meinem Handeln geben, viel mehr eigentlich nicht. Sie soll gerade nicht von der mehrheitlichen Meinung abhängig sein, aber Letztere wird sehr oft als "Vernunft" angepriesen.

Was das Leben eines (nehmen wir mal an, des Lesens fähigen) Menschen im Mittelalter angeht, denke ich zumindest, dass es sehr viel einfacher und lokalisierter war, als unser Heutiges. Vielleicht also auch überschaubarer. Aber auch im kleinsten Dorf gab es (und gibt es noch heute) sicherlich oft Uneinigkeit darüber, was "das Richtige" wäre.

Um noch mal die HdR-Kurve zu kriegen: Gandalf erschien mir z.B. immer etwas suspekt, WEIL er im Buch oft so allwissend auftritt. Einer der besten Momente im Film war für mich daher, als er anfangs sich nicht sicher ist, ob es sich bei Bilbos Ring um den legendären "Einen" handelt, und dann erstmal weitschweifende Recherchen machen muss, bis er dies mit Sicherheit weiß (bzw. wie zauberer testet ob er es ist). Überhaupt wurde Gandalf sehr viel humaner von McKellen dargestellt als ich ihn vom Buch in Erinnerung hatte, und das fand ich grandioser als alle CGI-Bauten...

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 02 Mai 2005 - 17:36.

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Junge: Ich habe einen! -...

Prof.: Nein, das genügt nicht. Kein Engländer kann das aussprechen. Hatte Fräulein Slate dir einen gegeben?

Junge: ... Robin.

Prof.: Und einen Nachnamen. [..]

Junge: Einen [anderen] Nachnamen... aussuchen?

Prof.: Englische Leute erfinden sich namentlich ständig neu.

(Studierter Brite in besten Jahren, vs. dem Jungen, den er vor kurzem vorm Verenden in einem chinesischen Slum rettete, grob übersetzt aus Babel, im Harper-Voyager-Verlag, S. 11, by Kuang)


#47 g. b. corner

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Geschrieben 03 Mai 2005 - 07:33

hallo yiyippeeyippeeyay,wie ich schon erwähnt habe, verhalten sich auch aus meiner sicht diedinge in der "echten" welt natürlich komplizierter. das ändert nichts an der tatsache, dass man letztlich auf sein gewissen angewiesen ist, wenn es gilt, "richtige" entscheidungen zu treffen, weil ja, wie du sagst, normalerweise erst hinterher feststeht, was wirklich optimal gewesen wäre. ich sehe schon die tendenz, vor lauter vernunft und abwägen gar nichts mehr zu unternehmen - das tolle in der demokratie ist ja, dass keiner mehr so wirklich verantwortlich ist. wenn auf der strasse jemand von zwei typen ausgeraubt wird, dann überlege ich mir auch, dass es wenig bringt, demjenigen zu helfen - da kriege ich am ende auch noch prügel. vernünftig, ja. richtig ist es aber nicht.das argment, dass die welt im mittelalter "kleiner" und überschaubarer war, stimmt auf jeden fall (macht wahrscheinlich auch den reiz des auenlandes im HdR aus). dass man das nicht auf heute umlegen kann, müsste nicht sein. ich halte z.b. lokalpolitik für sehr wichtig, und es zeigt sich auch immer wieder, dass auf lokaler ebene - gemeinderat etc. - die menschen durchaus gut zusammenarbeiten, oft auch über parteigrenzen hinweg. ein hohes mass an subsidiarität wäre für mich ein wichtiger baustein einer funktionierenden gesellschaft. im utopischen genre gibt es hierzu viele versuche; besonders gut gefallen hat mir z.b. die mars-trilogie von Kim Stanley Robinson.dass gandalf dir suspekt ist, kann ich verstehen - das betrifft nicht nur den zauberer. im HdR wimmelt es ja geradezu vor väterlichen autoritätsfiguren. einen interessanten aufsatz darüber hat marion zimmer bradley (ausgerechnet!) geschrieben: "Men, Halflings and Hero-Worship", worin sie auch darüber nachdenkt, warum die sexuelle motivation keine rolle in diesem buch spielt. ich habe den artikel leider im netz nirgends gefunden, ist aber auch schon auf deutsch erschienen. sie interpretiert HdR als buch für die zeit der adoleszenz, und tatsächlich kommen einem diese autoritätsfiguren verlockender vor, wenn man selbst noch im alter ist, wo man vorbilder sucht - für den erwachsenen leser verlieren sie etwas an farbe.dass der HdR als "modell" für unsere gesellschaft dienen könnte, glaube ich natürlich nicht. dass es aber lohnt, hinter die gründe zu schauen, warum uns dieses buch so anspricht - und was uns in unserer welt vielleicht fehlt? - denke ich schon, und das ist es auch, was wolfe wohl meinte.grüsse,georg

#48 Beverly

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Geschrieben 05 Mai 2005 - 21:18

ich sehe schon die tendenz, vor lauter vernunft und abwägen gar nichts mehr zu unternehmen - das tolle in der demokratie ist ja, dass keiner mehr so wirklich verantwortlich ist. wenn auf der strasse jemand von zwei typen ausgeraubt wird, dann überlege ich mir auch, dass es wenig bringt, demjenigen zu helfen - da kriege ich am ende auch noch prügel. vernünftig, ja. richtig ist es aber nicht. das argment, dass die welt im mittelalter "kleiner" und überschaubarer war, stimmt auf jeden fall (macht wahrscheinlich auch den reiz des auenlandes im HdR aus). dass man das nicht auf heute umlegen kann, müsste nicht sein. ich halte z.b. lokalpolitik für sehr wichtig, und es zeigt sich auch immer wieder, dass auf lokaler ebene - gemeinderat etc. - die menschen durchaus gut zusammenarbeiten, oft auch über parteigrenzen hinweg. ein hohes mass an subsidiarität wäre für mich ein wichtiger baustein einer funktionierenden gesellschaft.

Sorry, aber ein Blick in die trostlose Wirklichkeit meiner Heimatregion heilt von allen Illusionen über "Demokratie", "Lokales" und "Subsidiarität". Die Gegend ähnelt optisch sogar dem Auenland, ist also landschaftlich reizvoll. NUr leider völlig zersiedelt und unter aktiver Mithilfe der lokalen Politiker kaputt industrialisiert. Demokratie: von den letzten Landratswahlen wurden die Plakate der beiden Kandidaten von SPD und CDU in den Dreck getreten. Die Wahlbeteiligung betrug stolze 37 Prozent, gewählt wurde der SPD-Kandidat, weil über die Korruption des anderen Bewerbers doch zu viele Bescheid wissen .... Über Parteigrenzen hinweg sind sich die Politiker in folgenden Punkten einig: - Sozialabbau - man geht in einer Partei, um sich zu bereichern und persönlich Karriere zu machen - man belügt seine WählerInnen. So hat eine Bundestagsabgeordnete zugegeben, dass die Politik der Steuerentlastungen für die großen Unternehmen falsch war - wenige Wochen später hat ihre Partei neue Entlastungen beschlossen Vor lange Zeit habe ich am Aufbau der lokalen Grünen mitgewirkt. Die waren als Kleinpartei mit blamablen 1,5 Prozent bei den Bundestagswahlen 1980 präsent und IMHO glaubwürdig. Die letzten 2 Jahre habe ich NICHTS von denen gesehen, nur ihr Parteibüro haben sie geschlossen, um Kontakt zu den lästigen Wählern aus dem Wege zu gehen. Alldiweil ist die Region in Gefahr zum Mekka für Rechte und Neonazis zu werden; eine diesbezüglich recht aktive Antifa wird von der lokalen Jungen Union auf das Übelste diffamiert. Subsidiarität besteht darin, dass der lokale Mittelstand am Stock oder ganz Pleite geht. Soweit ich das überblicken kann, betreibt die lokale Polit-Kamarilla den konsequenten Ausverkauf an den globalisierten Turbo-Kapitalismus. Die lokale heile Welt wird würdig ergänzt durch eine Landesregierung, die - Lehrmittelfreiheit abgeschafft hat - die Orientierungsstufe abgeschafft hat und dadurch 10jährige zu langen und nicht ungefährlichen Fahrten zum nächsten Gymnasium zwingt - das Blindengeld abgeschafft hat. Anhand der Tatsache, dass nur EIN Bundesland so tief gesunken ist, lässt sich das alles indentifizieren Um mal wieder von der für Demokratietheoretiker gewiss schmerzlichen Berührung mit der Wirklichkeit zurück zum "Herrn der Ringe" zu kommen: 1. Einserseits kann ich es Tolkien nicht verdenken, wenn er KEIN Demokrat ist, bin ich nämlich auch nicht :devil: 2. Andererseits ist das Einzige, was gegen eine schlecht oder nicht funktionierende Demokratie hilft, MEHR Demokratie. Dieses Mehr an Demokratie kann vielfältige Formen haben - möglicherweise funktioniert es nur über radikale Vereinfachung, damit sich Apparatschiks und Gschaftlhuber nicht länger hinter unklar verteilten Kompetenzen und krebsartig an den Menschen vorbei wuchernden Bürokratien verstecken können. Aber es muss immer Demokratie enthalten.

#49 Lomax

Lomax

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Geschrieben 06 Mai 2005 - 00:18

Sorry, aber ein Blick in die trostlose Wirklichkeit meiner Heimatregion heilt von allen Illusionen über "Demokratie", "Lokales" und "Subsidiarität".

Ich würde ja fast sagen, das geht jedem so, wenn er die Augen mal auf seine nähere Umgebung wendet. Und wer durch die Lokalpolitik von seinen Idealvorstellungen noch nicht geheilt wird, dem empfehle ich eine aktive Vereinsmitgliedschaft :devil:
"Modern Economics differs mainly from old Political Economy in having produced no Adam Smith. The old 'Political Economy' made certain generalisations, and they were mostly wrong; new Economics evades generalisations, and seems to lack the intellectual power to make them." (H.G. Wells: Modern Utopia)

#50 Beverly

Beverly

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Geschrieben 06 Mai 2005 - 08:45

Sorry, aber ein Blick in die trostlose Wirklichkeit meiner Heimatregion heilt von allen Illusionen über "Demokratie", "Lokales" und "Subsidiarität".

Ich würde ja fast sagen, das geht jedem so, wenn er die Augen mal auf seine nähere Umgebung wendet. Und wer durch die Lokalpolitik von seinen Idealvorstellungen noch nicht geheilt wird, dem empfehle ich eine aktive Vereinsmitgliedschaft :devil:

Ja, die Vereine habe ich in meiner Aufzählung vergessen, weil ich einen großen Bogen um sie mache. Kirchenvorstände sollen auch recht ernüchternd sein, es heißt, sie seien so schlimm wie Parteien. Das Einzige, was in der "heilen" Welt der deutschen Provinz noch - oder wieder - funktioniert ist IMHO die Klassengesellschaft. Und da schaffen wir vielleicht endlich mal wieder die Kurve zu idealisierten Aristokratien wie im "Herr der Ringe". IMHO könnte solche Aristokratien nur so lange funktionieren, wie sich keine Klassen herausgebildet haben und Könige und Aristokraten als primus inter pares agieren. Der König ist dann halt derjenige, der die besten Schlachtpläne entwerfen und Leute am besten nach ihren Eignungen einsetzen kann. Der Aristokrat zeichnet sich dann u. a. dadurch aus, mehr Orks totzuschlagen als der gewöhnliche Kämpfer. Der König wird sich schon zwecks Propaganda mit ein bisschen Pomp umgeben und in einer großen Halle residieren, der Aristokrat sucht sich nicht gerade die baufälligste Kate. Aber sie leben auch nicht viel anders als ihre Mitbürger und tragen im Falle kriegerischer Auseinandersetzungen auch das Risiko, in der Schlacht zu fallen. In dem Moment jedoch, wo sich durch Kontrolle über das Militär und die Landwirtschaft Erbadel und durch Kontrolle über Produktionsmittel und Geld Bürgertum herausbilden, ist es mit der heilen Welt vorbei. Der Klassendünkel scheint mir nach der Schwerkraft die mächtigste Kraft im Universum zu sein und wie die Schwerkraft zieht er die Dinge nach unten. Im Grunde kann nicht einmal mehr die Gegenbewegung der "Arbeiter und Bauern" die Dinge wieder ins Lot bringen; so hat die Liquidierung alter Aristokratien in den sozialistischen Ländern nur neue herrschende Klassen - die Nomenklatura, die sich über Kontrolle des Staates definiert - hervor gebracht. Mit der Klassengesellschaft verkommt das Auenland unweigerlich zur modernen "Provinz". Tolkien hat das ja im Schlusskapitel von "Herr der Ringe" "Die Befreiung des Auenlandes" angedeutet. Da gibt er die Schuld an diesem Niedergang der von Saruman im Auenland forcierten Industrialisierung, was IMHO so nicht stimmt. Reale Auenländer wurden schon lange vorher zerstört, als aus "Edelingen" Erbadel und aus freien Bauern Leibeigene wurden, als aus krudem Götterglaube eine totalitär organisierte Staatsreligion wurde.

Bearbeitet von Beverly, 06 Mai 2005 - 08:51.



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