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Justina Robson - Die Verschmelzung


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42 Antworten in diesem Thema

#1 Rusch

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Geschrieben 06 Mai 2005 - 07:45

So, hier ist nun Thread II, damit hier über die zweite Hälfte des Buchs gesprochen werden kann, ohne zuviel vorweg zu nehmen.

#2 Rusch

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Geschrieben 06 Mai 2005 - 08:00

Ich habe gestern mit mit einem Gewaltakt auf Seite 240 vorgekämpft. Ich kann sagen, es wird besser, aber nach wie vor ist das Buch orientierungslos. Man gewinnt so den Eindruck, als ob Robson sich nicht entscheiden kann, in welche Richtung der Roman nun gehen soll. Man hätte eigentlich den halben Roman mit Gesprächen zwischen Zephyr und Isol füllen können. Das war die erste richtig gute Passage in dem Buch wenn man vom ersten Kapitel absieht. Na, mal sehen was noch kommt. Das Ende gerät langsam in sichtweise und die Handlung muss sich ja jetzt klären und bündeln.Die Sache mit Zephyrs Brieffreund ist gut. Ich hätte jetzt nicht gedacht, dass er ein Angepasster ist. Aber wir wissen ja, wie das mit Internetfreundschaften ist.

#3 Sullivan

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Geschrieben 06 Mai 2005 - 10:34

Ich bin bereits durch. Mir hat die erste Hälfte, im Gegensatz zu einigen von euch, ganz gut gefallen. Der Höhepunkt war für mich die Taube, die Zephyr abholt. Sie verdeutlicht, wie andersartig die Angepassten sein können und welche Schwierigkeiten man als Normalo mit dem Verständnis hat. Man "dringt" in den Körper ein und natürlich bleibt nichts geheim, was im Inneren vor sich geht.Die Geschichte mit dem Brieffreund war ebenfalls ganz gut und macht Zephyr menschlicher, fraulicher.Von da an geht es bergab und es gibt nur wenige Einzelpassagen, die mich gefesselt haben: die beiden Terraformer gehören dazu, der "Stock" (kommt leider vieeel zu kurz!) oder die Verwandlung von Corvax.Überhaupt nicht gefallen haben mir die politischen Ränkeleien: wieso dürfen die Angepassten nicht ihren eigenen Planeten bekommen? Für mich sind sie mächtiger und fähiger als die unangepassten Menschen und ich habe nicht den Eindruck gewonnen, dass sie als "Sklaven" o.ä. benutzt werden - sie sind frei in ihren Entscheidungen, oder? Ich habe aber auch nicht den Eindruck, dass sie eine homogene Gruppe sind und dass alle wegwollen. Und wieso setzt sich Isol so sehr für sie ein??? So, ich warte noch ein wenig auf euch...Sullivan

#4 Rusch

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Geschrieben 06 Mai 2005 - 11:58

Isol ist mir sowieso vollkommen unverständlich. Zum einen will er weg und sucht seinen Frieden im All. Zum anderen gibt er sich als Revolution und würde wohl noch Che den Rang ablaufen. Und in allem ist er mir viel zu menschlich.Das mit den Terraformern (die werden ja auch ganz plötzlich ohne Vorgeschichte eingeführt) war wieder eines jener Themen, aus denen man einen eigenen Roman hätte machen können.Mal wieder viel, viel zu viel.

#5 Rusch

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Geschrieben 07 Mai 2005 - 09:24

Kleine Anmerkung:Isol hat die Stadt auf der fremden Welt Tanelorn genannt. Sie hat nur erwähnt, dass diese zu ehren eines Schriftstellers geschah. Gemeint war damit Michael Moorcock und seine Saga um den ewigen Helden (Elric, Corum, etc.). Tanelorn war die Stadt der Verheissung.

#6 Jakob

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Geschrieben 07 Mai 2005 - 12:33

Überhaupt nicht gefallen haben mir die politischen Ränkeleien: wieso dürfen die Angepassten nicht ihren eigenen Planeten bekommen? Für mich sind sie mächtiger und fähiger als die unangepassten Menschen und ich habe nicht den Eindruck gewonnen, dass sie als "Sklaven" o.ä. benutzt werden - sie sind frei in ihren Entscheidungen, oder? Ich habe aber auch nicht den Eindruck, dass sie eine homogene Gruppe sind und dass alle wegwollen. Und wieso setzt sich Isol so sehr für sie ein???

Ich fand das alles weitgehend einleuchtend: 1. Ja, natürlich sind viele "Abgestimmte" "fähiger" als die normalen Menschen. Das ändert aber nichts an den gesellschaftlichen Implikationen ihrer Enstehung: sie wurden zu einem "zweck" geschaffen und existieren nicht um ihrer Selbst willen, wie man es bei "normalen" Menschen voraussetzt. Das ist ein großes politisches Problem, weil sie teilweise durch ihr körperliches Sein auf bestimmte "Aufgaben2 hin ausgerichtet sind - während unabgestimmte sich ihre Aufgaben nach wie vor wählen. Ich finde, man muss nicht versklavt sein, um dass als Einschränkung der eigenen Freiheit zu empfinden. Natürlich können die Abgestimmten sich auch anders verwirklichen als "vorgesehen" und tun das ja uahc - Corvax ist ein gutes Beispiel. Corvax ist aber auch kriminell, und sein Körper "bestraft" ihn dafür, dass er ihn anders einsetzt, als das geplant war. Das ganze Problem kreist immer wieder um die Doktrin von "Form und Funktion". Einige Abgestimmte beziehen sich positiv auf diese Doktrin und erklären, dass sie ihrem Leben mehr Sinn und Wert gibt als es für Nichtabgestimmte der Fall ist. Andere sehen "Form und Funktion" als die Doktrin, die die ultimative Einschränkung ihrer Freiheit darstellt. Natürlich sind die Angestimmten damit auch keine homogene Gruppe, die geschlossen weg will - warum sollten sie das auch sein? Homogenität wird in solchen Kontexten doch eher zwangsweise hergestellt: von außen als Zuschreibung oder von Organisationen, die politische Zwecke verfolgen und dazu eine Basis hinter diesen Zwecken vereinen wollen. Das kann sinnvoll sein, ist aber niemals selbstverständlich. Und bei den abgestimmten ist das ganze aus naheliegenden Gründen besonders kompliziert, weil sie eigentlich in allen gesellschaftlichen Schichten vorkommen und dennoch eine Gemeinsamkeit haben - eben das sie abgestimmt sind. Dass die Unabgestimmten Menschen nicht unbedingt geneigt sind, den Abgestimmten ohne weiteres eine eigene Heimatwelt zu überlassen, ist auch nur logisch: Einerseits sind die abgestimmten die raumfahrende Zukunft der Menschheit und damit sozusagen ihr "Erbe". Andererseits: wenn die Abgestimmten auswandeln, besiegeln sie damit doch gewissermaßen das Ende der "Alten" Menschheit: ohne die Abgestimmten wird sie sich nie übers Sonnensystem hinaus verbreiten. Ich denke, dass es da einfach um zum Teil rrationale Ängste und Rivalitäten geht. Aus diesem Gemengelage ergeben sich doch schon mal eine ganze Menge politischer Fraktionen. Da finde ich es nur logisch, dass sich keine klare Linie zwischen den politischen Lagern ziehen lässt. Bei Isol bin ich mir auch nicht ganz sicher: mein Eindruck war einfach, dass es ihr eigentlich nur darum geht, persönlich von jeder Fremdeinmischung in ihr Leben frei sein zu wollen. Diese Einstellung dehnt sie auf die Abgestimmten aus (auch die sollen ihre Ruhe vor den Nichtabgestimmten haben), das scheint aber eher eine abstrakte Überlegung von ihr zu sein und keiner echten Bindung geschuldet. Isols Einstellung wird doch auch am Ende ziemlich eindeutig, als sie sich so panisch gegen die Übernahme durch den Stoff wehrt. Da steckt doch auch eigentlich die Ironie des Buchs drin: Isol, Vorkämpferin einer "neuen Menschheit", also einer veränderung, ist selbst nicht in der Lage, eine weitere Veränderung, nämlich die Integration in den Stoff, zu ertragen. Für sie hat ihre eigene Identität als Abgestimmte Voyager Isol absolute Priorität. Und ich bin mir nicht mal sicher, ob sie damit nicht absolut richtig liegt ...
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#7 Rusch

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Geschrieben 07 Mai 2005 - 16:08

Es gab auch keinen Grund, die Angepassten aufzuhalten. Viele waren sowieso nicht mehr zu gebrauchen, nachdem ihre Arbeit getan ist. Ich kann auch nicht nachvollziehen was denn der Nutzen gewesen wäre sie aufzuhalten. Man kann ja jederzeit neue Angepasste machen.Ich bin jetzt fast durch und quäle mich durch den 11-D Bereich. Ich für meinen Teil kann nur sagen, dass dies so überhaupt nicht mein Ding ist. Das gibt dem ganzen ein sehr unbefriedigenes Ende. Aber das passt eigentlich zu dem sehr durchwachsenen Werk. Es war vermessen zu glauben, der Schluss könnte besser sein als der Rest des Buchs.

#8 Sullivan

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Geschrieben 09 Mai 2005 - 10:34

Hallo Jakob,eine ausführliche Einschätzung, vielen Dank. Soviele Gedanken hatte ich mir gar nicht gemacht, weil ich aus dem Buchkontext heraus keinen echten Konflikt gesehen habe. Dass Isol ihre Persönlichkeit erhalten und nicht in den Stoff aufgehen möchte, war für mich selbstverständlich und kommt auch aus den Beschreibungen heraus. Der 11D Abschnitt mit den Erklärungen über den Stoff haben das Buch für mich wieder lesenswert gemacht. Dazwischen wurden einfach zuviele neue Sachen hingeworfen, ohne näher auf sie einzugehen. Als zum ersten Mal vom "Stock" die Rede war, habe ich überhaupt nicht verstanden, worum es geht. Das ganze liest sich wie ein Fragment und macht erst später einen Sinn. Bei den beiden Terraformern war es genau umgekehrt, An sich eine tolle Idee, die mich gleich begeistert hat, aber die Handlung geht sehr unsanft mit ihnen um. Oder der "Death Shuriken", bringt mit seinem Kurzauftritt überhaupt nichts. Meiner Meinung nach wird später völlig außer Acht gelassen, was mit dem "Stoff" alles möglich ist. Wie sollte man z.B. gegen Isol etwas machen, wenn sie sich blitzschnell an jeden beliebigen Punkt teleportieren kann? Isol kann überhaupt nicht aufgehalten werden, trotz aller Versuche von Machen. Bei SINGULARITÄT von Charles Stross wurde satirisch damit umgegangen, dass eine hoffnungslos rückständige Raumflotte sich mit dem FESTIVAL anlegt. Hier dagegen löst sich das Problem am Ende in Luft auf. :DSullivan

#9 Rusch

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Geschrieben 09 Mai 2005 - 10:51

Meiner Meinung nach wird später völlig außer Acht gelassen, was mit dem "Stoff" alles möglich ist. Wie sollte man z.B. gegen Isol etwas machen, wenn sie sich blitzschnell an jeden beliebigen Punkt teleportieren kann? Isol kann überhaupt nicht aufgehalten werden, trotz aller Versuche von Machen. Bei SINGULARITÄT von Charles Stross wurde satirisch damit umgegangen, dass eine hoffnungslos rückständige Raumflotte sich mit dem FESTIVAL anlegt. Hier dagegen löst sich das Problem am Ende in Luft auf. :D

Das ging mir auch so: Viele der Handlungsstränge endeten (aber das war ja zu erwarten) im nichts oder wurden abgewürft. Die Sache mit dem Stoff und dem 11 D konnte mich so überhaupt nicht ansprechen. Das lag jetzt weniger an dem metaphysischen Blabla - das wäre noch zu ertragen gewesen - sondern an dem daraus resultierenden unzufriedenstellenden Ende. Ein bißchen wie im Armageddon Zyklus, aber dort war es das Ergebnis von 5000 Seiten und die Lösung konnte keine einfach sein. Aber hier... ;)

#10 Rusch

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Geschrieben 09 Mai 2005 - 12:27

So, jetzt online meine Abschließende Wertung. Viel Spass beim Lesen.

#11 molosovsky

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Geschrieben 09 Mai 2005 - 18:50

Schnell zwischendurch ne Meldung zu meiner Leseerfahrung mit »Die Verschmelzung«.Ich befinde mich in den letzten Kapiteln, die ich inhaltlich so lustig finde, daß sich mein »so lala«-Eindruck zur ersten Hälfte so ziemlich relativiert.SF ist nicht umsonst auch von religiös-geistlichen Literaturströmungen abstämmig, und somit gehört das predigen von besseren Welten, Gesellschaften oder vom besseren Bewußtsein auch zum Kerngeschäft der SF. (siehe die diesjährigen Lesezirkel-Titel von Wells und Stross).Bin schon gespannt, wie der Schlußakkord klingt.GrüßeAlex / molosovsky

Bearbeitet von molosovsky, 09 Mai 2005 - 18:51.

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#12 molosovsky

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Geschrieben 11 Mai 2005 - 10:57

Hallo zusammen.

So. Meine Kurzrezi/Wertung in der Buch-DB hab ich schon abgegeben. Wie bei Charles Stross seinem »Singularität« gräme ich mich wieder, daß ich aus Eile beim Hugidubi die deutsche Ausgabe gekauft habe, und nicht das englische Original, denn wieder habe ich das Gefühl, daß durch eine stressierte Übersetzung viel vom ursprünglichen Sound verlohren ging.

Ich habe gestern in der internationalen Buchhandlung hier in Ffm einige Dutzend Seiten des Originals angelesen und fand den Sprach-*Flow* viiiiiel angenehmer als das stellenweise recht holperige Deutsch. Aber ich klage hier nicht Übersetzter Dietmar Schmidt, Lektor Lomax/Stefan Bauer an, sondern eben die Politik des Bastei-Verlages *an sich*. Würde mich mal interessieren, wie viel Zeit der Übersetzung und Lektoratsarbeit eingeräumt wurde. Und auch das fade Michael Whelan-Cover ist enttäuschend. Vergleicht mal mit dem feinen Original-Cover der englischen Ausgabe.
Eingefügtes Bild

Zu dem Gedicht auf Seite 362 in Kap. 28 »Tom spricht«. Übersetzt lautet es:

»Tom. Tom. Komm wieder ran.
Kein Schlaf, bis die Arbeit getan.
Keine Ruh, bis die Stunde verstreicht,
Und du endlich bei uns zu Hause seist.«

Mein Varianten-Vorschlag:
»Tom. Tom. Komm wieder ran.
Kein Schlaf, bis die Arbeit getan.
Keine Ruh, bis die Stunde verstrichen ist,
Und du endlich bei uns zu
Hause bist.«
Und schon reimt sich alles etwas eleganter, wenn auch das Silbenmaß dann nicht mehr ganz stimmt.
Aber jetzt Schluß mit meiner kleinkarrierten Nölerei.


†¢†¢†¢
Ein riiiiiiesiges Logikloch - oder zumindest sehr klärungsbedürftige Plot-Voraussetzung - ist mir aufgefallen. Es gibt bei den Angepaßten die Gigant-Klasse der Gaiaforme. Wie die hergestellt wurden, würde mich arg interessieren. Justina Robson stellt in einem Interview bei Strange Horizon in Aussicht, daß sie in einem Prequel zu »Natural History« die Schöpfung der Angepaßten aufarbeitet. Darauf wär ich neugierig.

†¢†¢†¢
In der zweiten Hälfte empfand ich die Gespräche von Zephyer mit ihrem Abacad auf dem fremden Planeten als durchgehend gelungen und anregend.

Mit Gritters Beobachtung der Abgestimmten-Verhandlungen in Kap. 21 »Die große Debatte« fährt die Story für mich dann sacht den Afterburner ein. Nettes politisches HichHack, mit interessanten Diskurs-Teilnehmern. Erfrischend, daß nicht alles so ausgewalzt wird, und man als Leser seine eigene Phantasie zum Weiterspinnen der Welt gebrauchen kann.

Kap. 22 »ZweiPi« ist ein gutes Beispiel dafür, daß ein(e) Autor(in) dem Leser zutraut/zumutet, am Ende eines Kapitels halt ein bischen verwirrt/verlohren zu sein.

Kap. 24 »Erste Kindesbewegungen« mit der Erfroschung des künstlichen Mondes durch Secta Trini, und der Verwandlung einer kleinen Stock(Biene) zur Königin/einzigen Überlebenden fand ich sehr schön. Wie die *erleuchtete* Trini der fanatischen Isol deren eigene Polemik in den Rachen stopft, ist schlicht köstlich; Seite 310/311: »Wir müssen uns in die Dialoge unseres eigenen Verstandes einschalten, um die eine wahre Stimme zu erkennen«, wobei die *einzig wahre Stimme* eben Isols fatale Ideologie zum Ausdruck bringt, die so vielen Holterdipolter-Idealisten eigen ist. EINE Wahrheit soll es geben, EINE Lösung aller Probleme, EIN Zentrum des Seins, um das sich alles andere konzentrisch-hierarchisch fügt. Meiner eigenen Überzeugung nach eben höchst problematisch, aber es folgen im weiteren Verlauf eben noch (monadologische) Relativierierungen.

Kap. 25 »Tom, der das Flugzeug baute«, Seite 315: †¦ Arachno Buckminster {sic!} Mouze, einem Physiker - wenn das der Oberbegriff für so viele naturwissenschaftliche Fachgebiete sein kann, wie man sich nur vorzustellen vermag. --- Gemahnt mich auf angenehme Weise an den Ansatz von Alexander von Humboldt, und seinem Fragment gebliebenden Versuch einer umfassensten physischen Weltbeschreibung mit »Kosmos«, von den Weiten des Alls, den Galaxin bis hin zum Moosgeflecht auf Steinen.
Angenehme Predigt von Tom gegen den unbotmäßig heftigen Individualismus der Moderne auf Seite 325, beginnend mit: Unser Leben ist kurz, und wir suchen nach Bedeutung.

Ein lol (laughing out loud - laut Lachen) hab ich in Kap. 26 »Löschung« erlebt, als der Gaiaform Kincaid meint: »Mit Selbstwartung kann man sich ganz gut beschäftigen.« (Seite 332)

Nette Homage auf J. R. R. Tolkien (»LOTR« Gandalfs Touch bei Rivendellfurt-Flut gegen Nazgul), Peter S. Beagle (»Das letzte Einhorn«, Gefangene im Meer) und also eigentlich auf Ovid (»Metamorphosen«, Pferde des Neptun) in Kap. 27 »Am Strand«, Seite 339: Am Strand unter ihnen brach sich die Brandung, auf der in fröhlichen Reihen weiße Pferde tanzten.

Klassische Gnostik/Mystik findet sich dann in Kap. 28 »Tom spricht« auf Seite 364: »Was ist die Absicht dieser Bewußtseine?«, fragte ZweiPi †¦ »Sie/es †¦ betrachten †¦ erkunden. Schauen, was da ist. --- »Babylon 5«-Freunde kennen Entsprechendes als Erklärung des Universums, daß »aufgesplittet in viele Bewußtseine versucht, sich selbst zu verstehen«. Die Schöpfung als GOttes eigentliches Buch, in dem der Mystiker zu lesen trachtet, um den Kosmos/silch selbst zu verstehen. Ich mag dabei, daß Robson ehr auf die sonaren/akkustischen Aspekte des *In-der-Welt-Seins* abzielt, sich also entegegen des Imago- und Visualitäts-Fetischismus unserer Moderne positioniert. Entsprechend kapieren die menschlichen Individuen das Rätsel nicht, »weil sie nicht zuhören wollen«, wie Tom auf Seite 366 erklärt. Etwas irritierend fand ich aber dann auf Seite 369 die Einteilung zwischen *Bewußtsein* und *Herz*. Daraus werde ich weniger schlau.
Die Methode, wie man den Stoff vernichten könnte (Seite 370) erinnert mich an Lems »Solaris« (zumindest die Soderberg-Verfilmung). Beschuß mit bestimmten Quark-Gluonen oder durch spazielle instabile Quantenzustände.

Wieder ein lol für mich auf Seite 402 in Kap. 31 »Hart daran schlucken«, als es nebenbei heißt, daß die Menschheit in ihrem Kommunikationssystem auch *Gebetsfrequenzen* unterhalten.

†¢†¢†¢
Ich fand den Umgang mit den verschiedenen Figuren angenehm -- wer verschmilzt, wen's dabei zerfetzt und überhaupt. War mir gar nicht zu abgewürgt oder lieblos.
Die anfangs lasche Figur Corvax entwickelt sich zu einem angenehm mutigen, altruistischen Kerl. Meine Lieblingsfigur, deren Sicht der Welt ich zunicken kann, ist aber für mich freilich Zephyr. Religionen als unablässig durchgekaute Verklumpungen von jahrtausendelangen Reaktionen auf Ängste, die Zephyr nicht mit den meisten Menschen teilt. Jupp sag ich da. Nebenbei: siehe dazu auch Andreas Eschbachs großes Thema in »Der letzte seiner Art« unter Berufung auf den römischen Philosophen/Literaten Seneca.

SF, welche weniger kosmisches Geballer als vielmehr die Kunst des Sterbens ins Zentrum stellt - ganz mein Ding.

Soweit meine Leseerfahrung.
Grüße
Alex / molosovsky

EDIT: Um eine vergessene Seitenangabe ergänzt.

Bearbeitet von molosovsky, 11 Mai 2005 - 13:53.

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#13 Lomax

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Geschrieben 11 Mai 2005 - 19:05

Aber ich klage hier nicht Übersetzter Dietmar Schmidt, Lektor Lomax/Stefan Bauer an, sondern eben die Politik des Bastei-Verlages *an sich*.

Klag mich ruhig an, ich bin nicht so empfindlich :cheers: Ich fühle mich auch nicht als Opfer einer bösen Verlagspolitik. Natürlich setzt die Ökonomie Grenzen für den Aufwand, den man betreiben kann. Und selbstverständlich kann man im Lektorat auch nur noch Nuancen an einer Übersetzung verändern, und so manches hätte ich persönlich vielleicht anders übersetzt (und anders bedeutet, dass es dem einen vermutlich besser, anderen Lesern dafür aber vielleicht nicht so gut gefallen hätte). Aber das ändert nichts an der Tatsache, dass mir der deutsche Gesamttext recht gut gefiel und ich gerne die Verantwortung für das Buch übernehme. Mehr Aufwand hätte vielleicht noch den ein oder anderen, vereinzelten Kritiker besänftigt, aber ich hatte nicht das Gefühl, dass in dem Text irgendetwas offen geblieben ist, für das ich auch als Verleger noch guten Gewissens Geld ausgegeben hätte. Ich habe die kritisierten Passagen zur Kenntnis genommen. Manchmal konnte ich die Kritik nachvollziehen - und irgendwas geht ja auch immer durch. Manches konnte ich nicht nachvollziehen. Um jeweils sicher zu sein, müsste ich den Kontext prüfen, und dazu fehlt mir im Augenblick leider die Zeit. Aber ehrlich gesagt fand ich auch keine der angemerkten Formulierungen so bedeutsam, dass ich akuten Handlungsbedarf verspürte. Man würde es natürlich gerne jedem Recht machen, aber dazu sind die Geschmäcker nun mal zu verschieden. Seltsamerweise werden immer die Bücher am meisten kritisiert und am kontroversesten diskutiert, die sich über das Sprachniveau eines Heftromans hinausbewegen. Ich habe selten erlebt, das bei wirklich platten und schlechten Übersetzungen die Sprache kritisiert wird - bei Mieville war das allerdings immer ein Thema, und bei Robson eben auch. Das liegt wohl in der Natur der Sache, und es wird den Büchern auch gerecht. Es sind nun mal auch Bücher, über deren Sprache man reden KANN und wo dieses Thema erwähnenswert ist - ich nehme das eher als Hinweis darauf, dass die Übersetzung durchaus dem Original gerecht wird und eben nicht zu sehr geglättet wurde - denn manche "gute" Übersetzung, die hier vorgeschlagen wurde, wäre eben das gewesen: Ein schöner, stromlinienförmiger, platter Satz, der eine kantige Vorlage auf "nett" getrimmt hätte. Das will ich ganz bewusst nicht, wenn ich das Original als "anders" empfunden habe. Und jemanden, der grundsätzlich auf das Original schwört, von einer Übersetzung zu überzeugen, das ist sowieso eine Herausforderung für sich. Denn natürlich geht in einer Übersetzung immer etwas verloren, und jeder mittelmäßige Englischschüler wird das bei einfachem Vergleichen auch feststellen können. Andererseits entgeht selbst einem flüssigen Englischleser im Original so manches, was er gar nicht bemerkt und gar nicht vermisst - insbesondere auch stilistische Unsauberkeiten und "unkonventionelle" Formulierungen, über die ein Muttersprachler vielleicht ebenso stolpern würde wie ein deutscher Leser in der deutschen Übersetzung. Ich habe da eher das Gefühl, dass hier in der Übersetzung von manchem eher der "Hauch der Exotik" vermisst wird, den ein fremdsprachlicher Text für sich verbuchen kann.
"Modern Economics differs mainly from old Political Economy in having produced no Adam Smith. The old 'Political Economy' made certain generalisations, and they were mostly wrong; new Economics evades generalisations, and seems to lack the intellectual power to make them." (H.G. Wells: Modern Utopia)

#14 Sullivan

Sullivan

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Geschrieben 11 Mai 2005 - 20:46

Mir ist glatt entgangen, dass Lomax der Lektor ist. Wir nehmen deine Entschuldigung zur Kenntnis. :cheers: Alex, wir wissen ja dass dir nichts durch die Lappen geht. Die Übersetzung ist aus meiner Sicht in Ordnung, wenn ich da an manche Stellen in SINGULARITÄT denke... Dass die Entstehung der Gaiaformen nicht erklärt wurde, stört mich nicht. Wenn die ganzen anderen Sachen im Buch möglich sind, sollten mit genug Resourcen auch die Terraformer machbar sein. Wir wissen ja, dass die Menschen sich gerne großartige Ziele setzen und hinterher erst bemerken, dass ihre Planung eher vom Wunsch und der Vision bestimmt war und weniger vom Verstand. Insofern ist es auch völlig einleuchtend, dass die beiden Terraformer auf Eis gelegt wurden. Bei den Gesprächen mit Zephyr teile ich auch nicht deine Meinung. Auf Dauer hat es mich eher ermüdet. Das kann aber auch daran gelegen haben, dass der Planet wie Staffage in einem schlechten Film gewirkt hat. Isol dreht langsam durch, Zephyr geht einer sinnlosen Tätigkeit nach, dann noch die beiden Terraformer - mit diesem Setting wurde ich nicht warm.

Religionen als unablässig durchgekaute Verklumpungen von jahrtausendelangen Reaktionen auf Ängste, die Zephyr nicht mit den meisten Menschen teilt.

Dem stimme ich ebenfalls zu, aber das ist nur ein kleiner Teilaspekt in diesem Buch, der von anderen Sachen überdeckt wird. China Mieville z.B. nimmt sich viel Zeit, um seine Welt zu beschreiben und zum Leben zu erwecken. Fast zuviel, möchte man manchmal sagen, aber es zahlt sich aus. Justina Robson dagegen eröffnet gleich mehrere Nebenschauplätze, von denen mich am Ende nur die Geschichte von Corvax überzeugt hat. Gritter mochte ich nicht, sorry. Das war's erst einmal von mir. Sullivan

#15 molosovsky

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Geschrieben 11 Mai 2005 - 21:15

Hi Lomax.Ich WILL gar nicht anklagen und ich kann auch gut verstehen, daß DU Dich nicht als Opfer einer *bösen* Verlagspolitik fühlen willst.Anklagen will ich Dich (oder die einzelnen Übersetzter) auch deshalb nicht, weil ich es meine Überzeugung ist, nur solche Leute angreifen, die mir im persönlichen Gegenüber entsprechende Vorlagen geben. Und selbst dann greif ich lieber die mir mißfallende *Ideologie* und nicht den Menschen an.Deine Reaktionen (hier bei SF-Netzwerk und per PM) auf meine Anwürfe sind alles andere als Gründe einen Groll gegen Dich zu hegen.Ich trachte vielmehr danach, sozusagen gegen die Widrigkeiten und Zwänge *an sich* anzurudern. Trotzdem ich zur Polemik und zu überfrachteten Begrifflichkeiten neige, versuche ich mit Selbst-Denunziationen wie »mein kleinkarriertes Genöle« und »meine pingelige Kritik« gegenzusteuern. Ich äußere solche Selbst-Distenziertheit nicht der Augenwischerei wegen.Immerhin disqualifiziere ich mich mit meinem z.T. horrend schlampigen Getippe ja selbst. Was ich hoffe ist, daß eine gewisse Grundintention meiner Argumente rüberkommt, und ich glaube, daß z.B. manches dabei Deinen Ansichten durchaus ähnelt.Eigentlich sind solche Bemängelungen wie meine völlig belanglos, rumpelt doch der *Infowar* in Sachen deutscher Sprache seit Jahren (¿Dekaden?) auf einem viel monströseren Niveau: ich meine das elendige Hin- und Her und wieder Zurück der Rechtschreibreform. Und verglichen mit dem brutalen Geschlampe der (vor allem TV)-Synchronisations-Praxis, vollbringen die großen Unterhaltungsverlage wie Bastei, Heyne und ihre Mit- und Zuarbeiter wahre Glanzleistungen an Übersetzung.Vielleicht bin ich auch zu sehr und zu früh von Sprachkritikern/Hütern wie Schopenhauer, Dieter E. Zimmer und Judith Macheiner geprägt worden, und sicherlich ist deren Ansatz, was guter Stil und Sound im Deutschen ist ein viel zu heftiges Kaliber um einer *Trivialliteratur* wie es die SF eben ist auf den Leib zu rücken.Etwas OT: Die Bas-Lag-Romane von Miéville habe ich bei der Zweitlektüre Deutsch-Englisch parallel gelesen. Freilich weil ich ein Fan(atic) der Miéville'schen Schreibe bin. Aber ich habe - trotz aller geschmäcklerischen Einwände die ich zur Arbeit von Eva Bauche-Eppers habe - dabei auch enorm viel über Rhythmus und Sprachmelodie des Deutschen gelernt. Und das geht nur bei einer ziemlich guten Übersetzung. Ich traue mich einzuschätzen, daß dies bei Dietmar Schmidt und seiner Übertragung von Justina Robson nicht groß anders ist.Mein Tip:Pick Dir die Komplimente und Begeisterungsäußerungen aus meinen Beiträgen und labe Dich daran, und nimm meine Anwürfe als das was sie sind: Entäußerungen eines manischen Sprach- und Klangfetischisten.GrüßeAlex / molosovsky

Bearbeitet von molosovsky, 11 Mai 2005 - 21:20.

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Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

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#16 Lomax

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Geschrieben 11 Mai 2005 - 22:50

Ich trachte vielmehr danach, sozusagen gegen die Widrigkeiten und Zwänge *an sich* anzurudern.

Damit machst du ja so ziemlich das, was ich im Thread zur "verdienten SF" empfohlen haben. Dann reiche ich dir kurz als Gesinnungsgenosse die Hand, und dann wird weitergerudert ... Wenn auch leider wohl nicht ganz in dieselbe Richtung ... und dann noch gegen diese heftige Strömung :cheers:

Pick Dir die Komplimente und Begeisterungsäußerungen aus meinen Beiträgen und labe Dich daran, und nimm meine Anwürfe als das was sie sind: Entäußerungen eines manischen Sprach- und Klangfetischisten.

Keine Sorge, ich höre allen Stimmen und Äußerungen zu und versuche, sie im Auge zu behalten. Ich kann deine Perspektive auch verstehen, obwohl ich selbst mich mehr in der gemäßigteren Mitte ansiedeln würde. Genau genommen helfen mir deine Äußerungen sogar sehr, mich noch in der Mitte zu wähnen und nicht in die Rolle des "sprachlichen Rechtsaußen" abgeschoben zu fühlen :D
"Modern Economics differs mainly from old Political Economy in having produced no Adam Smith. The old 'Political Economy' made certain generalisations, and they were mostly wrong; new Economics evades generalisations, and seems to lack the intellectual power to make them." (H.G. Wells: Modern Utopia)

#17 rockmysoul67

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Geschrieben 17 Mai 2005 - 09:49

Dieser zweiten Diskussionthread ist ja richtig lesenswert durch Lomaxes "Enthüllungen" geworden. Ich bin selbst noch nicht sehr weit. Nur Kapitel 15 und 16. Ich bin (erneut) enttäuscht, dass Robson hier wieder einmal eine Plotwendung nicht ausarbeitet, sondern drum herum schreibt und den nicht ganz aufmerksamen Leser mit einem weiteren Rätsel stehen lässt. Es wäre so einfach für Robson gewesen, den Inhalt des Briefes zu schreiben und die Folgen zu zeigen. Weshalb wird so ein Buch überhaupt verlegt? Weshalb schickt der Verlag sie nicht wieder nach Hause mit diesem unfertigen Vorentwurf und der Empfehlung, ein halbes Jahr weiter zu arbeiten? Danke für den Link zum Interview. Dort steht:

a follow-on to Natural History. An examination of how people first came to create these beings that were capable of surviving in space, and whether they regarded them as children or not

Diese Vergangenheit hätte ich schon gerne in "die Verschmelzung" als Hintergrund gehabt.

In the world of Natural History, people haven't gone into space in ships because it proved too dangerous and uneconomic. But somehow through biotechnology they found a way to transform humans into creatures that can thrive in a space environment.

Eine klare Zusammenfassung von Robson.

#18 Rusch

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Geschrieben 17 Mai 2005 - 15:12

Rocky, mir ging es ganz genau so wie Dir. Da werden Ideen immer nur angekratzt, aber nie ausgearbeitet. Das hätte bestimmt für zwei dicke Bücher gereicht.

#19 Sullivan

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Geschrieben 17 Mai 2005 - 16:26

Wieso heißt das Original eigentlich "Natural History" - wie interpretiert ihr den Titel? Sullivan

#20 rockmysoul67

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Geschrieben 17 Mai 2005 - 19:04

Wieso heißt das Original eigentlich "Natural History" - wie interpretiert ihr den Titel?

"Unnatural Future" wäre richtig gewesen, weil die Evolution sich in der Zukunft auf unnatürlicher Weise weiter entwickelt hat .

#21 lapismont

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Geschrieben 17 Mai 2005 - 21:33

Kap.19"Corvax hatte völlig vergessen, wie Unentwickelte aus der Nähe aussahen: weich, winzig, schwach."Leuchtet mir auf der einen Seite irgendwie ein. Ewig mit Maschinen und Dingens einsam im Asteroidengürtel...Aber: Wie sehen denn seine Uluru-Gefährten aus? Waren das nicht auch der Form nach Unentwickelte?"Es war eigenartig zu wissen, dass sie einander in allem glichen, was zählte, und doch physisch so unterschiedlich waren, dass seine natürliche Umgebung den General binnen Sekunden töten würde - und umgekehrt. Sich diesem Unterschied zu stellen, war schwieriger, als er nach so langem Exil erwartet hätte."Hier versucht sich Robson an einer Art Profil der Schwierigkeiten zwischen den Rassen.Auf der einen Seite sind die genetischen Wurzeln für Corvax irrelevant, er vergisst sogar das Aussehen der Affen, da es zu seinem Leben keinen Bezug hat (mal vom Uluru-Problem losgelöst). Andererseits zwingt die gesellschaftliche Realität zu Kontakten. Und hier erkennt nun Corvax, dass es komisch ist, dass Unentwickelte so anders sind. Also ich hab laut Theorie auch Fische in meinem genetischen Stammbaum, wundere mich aber nicht über ihre Lebensfähigkeit da, wo ich ersaufen würde.Dieses diffuse Herbeireden eines Konfliktes ist mir unverständlich.
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#22 rockmysoul67

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Geschrieben 18 Mai 2005 - 16:38

Ich bin jetzt auf Seite 283 angelangt. Das Lesen ging plötzlich flott, ich war interessiert und, ja, ich fühlte mich sogar unterhalten. Weshalb? Aus einen ganz einfachen Grund: Der Text fokussierte aufs Wesentliche.

Die Leute reden über Isols Antrag, den Planeten zu beschlagnahmen, was sich schliesslich gipfelt in einem Kongress.
Zephyr ist auf dem Planeten, schaut sich die ausserirdischen Bauten an und stellt sich selbst Fragen darüber.

Gewiss, vorhin ging es auch um den Antrag und um die ausserirdische Zivilisation und um die Abgestimmten und um die Virtualität und um noch vieles mehr, aber in fast der ganzen ersten Hälfte taten die Leute irgendetwas - und sie taten dies halt so aus Interesse für die eigentlichen Themen. Im Anfang der zweiten Hälfte dagegen lässt Robson ihre Figuren direkt auf die Ereignisse eingehen: Dem Leser werden der Planet und die Diskussionen vorgeführt. Ich habe endlich das Gefühl ein interessantes Buch zu lesen, anstatt meine "Lesezirkelpflicht" zu erfüllen.

Und es gibt sogar eine völlig spannende, unerwartete Wendung. Isol ist gar nicht auf Zia Di Notte! So etwas gibt mir die Lust weiterzulesen.

Wenn es so (Konzentration auf die wesentlichen Themen) weiter geht und Robson bringt einen klaren Abschluss mit logischer Auflösung, werde ich wohl das Gefühl erhalten, ein vollwertiges Buch gelesen zu haben.

#23 lapismont

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Geschrieben 18 Mai 2005 - 16:55

Ja, genau mein überraschender Einblick in den letzten Teil, hab Dich sogar überholt! :) Plötzlich wirds interessant. Trini und Corvax, Zephyr und die Gaiaforme - es passiert etwas.Wer hätte das für möglich gehalten.Mit gefällt sogar die Idee, dass die gesamte spontane Auswanderungsbewegung von Isol durch das Artefakt iniitiert wurde.Ist es doch ein MOTOR, also auch ein Antrieb für die gesellschaftliche Entwicklung.
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#24 rockmysoul67

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Geschrieben 19 Mai 2005 - 08:15

Wann spielt die Geschichte eigentlich ab? Wie lange, glaubt ihr, hat die Terraforming von Mars gedauert. Wenn ich so über Kincaid lese, habe ich das Gefühl, es wären nur wenige (vielleicht 50) Jahre. Danach schläft er 30 Jahre, nicht wahr? Auf Seite 299 steht, dass der Tiefschlaf "in unserer Hälfte des dritten Jahrtausends" anfing. Er wurde übrigens geboren / fertig gestellt in 2489. Also, welches Jahr ist es? Wenn es hoch kommt 2600, allerhöchstens aber 2999, nicht wahr?Nun aber redet Mouze auf Seite 324 über ihre Art, die Abgestimmten, und sie sagt dies: "... haben wir in den letzten zehntausend Jahren keinen grossen Fortschritt gemacht".Das heisst doch nichts anderes, als dass es die Abgestimmten schon mehr als zehntausend Jahre gibt! Entweder schlecht geschrieben (möglicherweise schlecht übersetzt) oder schlecht durchdacht von Robson! Dies stärkt in mir den Verdacht, dass diese Autorin sich einfach hinsetzt ohne nebenliegenden Plan und einfach drauf los schreibt. Kann ich ihr ja nicht verbieten, aber als Leser muss ich leiden. Ich habe ja nichts gegen Verrücktes, aber die verrückten Ereignisse müssen dann wohl präzise stimmen.

#25 lapismont

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Geschrieben 19 Mai 2005 - 09:04

Ich habe sogar den Verdacht, dass sie zu ihrer eigentlichen Idee, das mit dem Stoff, der Verschmelzung von Technik und Leben unter Verlust einer Individualität, eine zusätzliche Storyline brauchte. Daher wirkt der gesamte Erd-Plot so undurchdacht, aufgesetzt. Der komplette erste Teil wirkt wie ein Fremdkörper.
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#26 Rusch

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Geschrieben 19 Mai 2005 - 09:34

Mir ging es ebenso wie Euch. Mein Eindruck war, dass die Autorin während des Romans ihr ursprüngliches Konzept über den Haufen warf und neuen Ideen den Vorzug gab. Das würde auch dieses wirr-warr erklären.

#27 Sullivan

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Geschrieben 19 Mai 2005 - 10:10

Hallo rockmysoul67,

Und es gibt sogar eine völlig spannende, unerwartete Wendung. Isol ist gar nicht auf Zia Di Notte!

Freu dich nicht zu früh... Das ist wieder so eine Baustelle, die später vergessen wird bzw. sich in Luft auflöst. :D Bei den "10000 Jahren" habe ich gedacht, dass die Entwicklung der Menschheit im allgemeinen gemeint ist?! In diesem Zeitraum gab es keinen Sprung wie der zum homo sapiens. Sullivan

#28 rockmysoul67

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Geschrieben 19 Mai 2005 - 10:42

Und es gibt sogar eine völlig spannende, unerwartete Wendung. Isol ist gar nicht auf Zia Di Notte!

Freu dich nicht zu früh... Das ist wieder so eine Baustelle, die später vergessen wird bzw. sich in Luft auflöst. :D

Mist!

Bei den "10000 Jahren" habe ich gedacht, dass die Entwicklung der Menschheit im allgemeinen gemeint ist?!

Ja, du hast Recht, wenn man die Stelle ein paar mal neu liest und grübelt, versteht man, dass Robson die geistige Entwicklung der gesamten Menschheit meint. Aber eben - Mouze spricht über die Abgestimmten, die Stelle ist somit verwirrend und weist dadurch auf ein unüberlegtes, ungeplantes Schreiben hin. An sich will ich gar nicht über die Jahren streiten, sondern nur an einem Beispiel aufweisen, wie unkonzentriert Robson schreibt.

#29 Jakob

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Geschrieben 19 Mai 2005 - 12:38

Zur Interpretation ces originaltitels "Natural History":

"Unnatural Future" wäre richtig gewesen, weil die Evolution sich in der Zukunft auf unnatürlicher Weise weiter entwickelt hat

Da würde ich aber vehement widersprechen: einer der Punkte des Romans ist doch, dass man nicht so einfach zwischen "natürlichen" und "unnatürlichen" Entwicklungen unterscheiden kann. Was soll denn eine "unnatürliche Evolution" sein? Sobald jemand anfängt, Werkzeuge zu benutzen? Oder sobald Sprache ins Spiel kommt? das wären doch alles völlig willkürliche Setzungen. Ein "natürlicher" Lauf der Evolution würde ja von einer Art idealtypischen Evolution ausgehen - aber genaugenommen ist die Evolution ja kein Plan, sondern ein Ergebnis zufälliger Ereignisse. Den Titel "Natural History" sehe ich da zumindest eher als ein Statement Robsons für diese Sichtweise auf Evolution. Zur Verwirrung Corvax' über das andere Erscheinungsbild seiner unabgestimmten "Vorfahren":

Also ich hab laut Theorie auch Fische in meinem genetischen Stammbaum, wundere mich aber nicht über ihre Lebensfähigkeit da, wo ich ersaufen würde.

Ja, aber von dir erwartet auch keiner, mit den Fischen in einer Gesellschaft zusammenzuleben, in der ihr nomniell gleiche und freie Individuen seid. Wäre das so, dann müsstest du dir wohl schon ein paar Gedanken über die Unterschiede zwischen dir und den Fischen machen. Das mit den 10 000 Jahren fand ich eigentlich überhaupt nicht nachlässig - schließlich betont Robson, dass es sich bei "Abgestimmten" und "Unabgestimmten" bei allen politischen Problemen doch nach wie vor um Menschen handelt. Logisch also, dass Mouze sich auf die Geschichte der Menschheit bezieht. Das ist doch auch einer der Punkte des Buchs: dass die Menschheit, obwohl ein Teil von ihr mittlerweile aus Abgestimmten besteht, sich eben nicht grundsätzlich verändert hat. Anders gesagt: der Bruch zwischen den Menschen und Abgestimmten ist kein ontologischer (in dem Sinne, dass es sich um ihnen um grundsätzlich verschiedene Arten von Wesen handeln würde) sondern ein gesellschaftlicher/politischer (in dem Sinne, dass sie jeweils unterschiedliche spezifische Interessen und Bedürfnisse haben, die sie miteinander aushandeln müssen): Ob das nun "gut" oder "schlecht" für die Menschheit ist, sei mal dahingestellt.
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#30 lapismont

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Geschrieben 19 Mai 2005 - 13:11

Ja, aber von dir erwartet auch keiner, mit den Fischen in einer Gesellschaft zusammenzuleben, in der ihr nomniell gleiche und freie Individuen seid. Wäre das so, dann müsstest du dir wohl schon ein paar Gedanken über die Unterschiede zwischen dir und den Fischen machen.

Justina Robson wiederholt tatsächlich sehr oft, dass Abgestimmte auch Menschen seien. Mal abgesehen von einer eventuellen Übersetzungsproblematik, verstehe ich hier ihre Bemühungen nicht. Ich bastle mir ein Raumschiff mit einem menschlichen Verstand. Was könnte ich an dieser Kreatur Mensch nennen? Doch eigentlich nur seine Menschlichkeit, seine Ethik. Das aber kann ich nicht definieren, nicht festlegen. Robsens Figuren leben zum Teil keine menschliche Ethik. Sehr deutlich werden die Unterschiede bei den Stöcken. Der Massenmord der Königin, die den Cherisse Stock quasi auslöscht, weil sie als Individuum Denkprobleme hat, ist eindeutig ein anderes Denken. Nichtmenschlich. Warum will Robson so unbedingt, dass die Abgestimmten Menschen sind? Was ist hier ihr Anliegen? Will sie diese Abspaltung dramatisieren? Da rätsle ich schon einige Zeit rum. Sie besteht zu intensiv darauf, als das es keinen Zweck haben könnte. Mein Problem mit der Corvax-Szene war, dass Robson dort einen Konflikt sieht, ich aber nicht. Selbst wenn die Abgestimmten Menschen wären, ist die Andersartigkeit doch grundlegend normal. Schwarze Hautfarbe schützt eher vor Sonnenbrand als meine käsige - und?

Bearbeitet von lapismont, 19 Mai 2005 - 13:13.

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