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Das Cusanus Spiel


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8 Antworten in diesem Thema

#1 Holger

Holger

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Geschrieben 13 November 2005 - 11:27

Wolfgang Jeschke
Das Cusanus-Spiel
Eingefügtes Bild


Die erste Frage, die sich mir bei der Lektüre aufdrängte war: Hat Jeschke es geschafft? Versteht dieser Mann, wie Frauen ticken? Schließlich hat er sich einiges vorgenommen, wird die Handlung doch in der ersten Person aus der Sicht einer jungen Biologin erzählt. Sieht man einmal von Domenica Ligrinas auffälliger Vorliebe für kalorienreiche Speisen und ihrer überragenden geistigen Reife ab, so hat es den Anschein, als habe sich Jeschke recht gut in die Materie eingearbeitet!

Überhaupt sind sämtliche Aspekte der Handlung aufwendig recherchiert und reich an liebevoll zusammengetragenen Details. Immer wieder wird der eigentliche Plot von ausgereiften Nebenhandlungen umrahmt, darunter die Geschichte einer tragisch gescheiterten Marsmission und die Historie eines alternativen Universums (1999 vorab als Kurzgeschichte „Die Cusanische Acceleratio“ erschienen und mit dem Kurd Laßwitz-Preis ausgezeichnet).

Das Grundgerüst des Romans bildet eine düstere Dystopie. Verfall, Verrohung und die Folgen des menschgemachten Klimawandels und einer verheerenden Reaktorkatastrophe im französischen Cattenom lehren den Leser das Schaudern. Einzig die jungendliche Zuversicht der Protagonistin und ihrer Begleiter setzt einen befreienden Kontrapunkt zu der beklemmenden Situation.

Von Beginn an feilt Jeschke an einem Spannungsbogen, der wie ein Damoklesschwert über dem Kopf seiner Heldin schwebt und sie einem scheinbar unausweichlichem Schicksal entgegenführt. Doch wer meint, die Handlung voraussehen zu können, wird schnell zum Spielball des gerissenen Erzählers.
Das wird besonders im letzten Viertel des 700 Seiten starken Romans deutlich, in dem die Erzählung vermeintlich für einen kurzen Moment an Spannung einbüßt. Domenica muss sich über eine ganze Serie unkluger Entscheidungen wundern, der Leser über die Vorhersagbarkeit des Geschehens. Aber Jeschke täuscht beide und bereitet so den Boden für einen fulminanten und schwer vorhersehbaren Abschluss.

Das Thema Zeitreise war schon immer ein kniffeliges, da es neben einer klaren Prämisse einiger Anstrengungen bedarf, um innerhalb der festgelegten Parameter Kontinuität zu bewahren. Das gelingt Jeschke unbestritten und das Konzept, das er der Zeitreisetechnologie in der Mitte des 21. Jahrhunderts zu Grunde legt, dürfte so ausreichend detailliert wie vage genug dargelegt sein, um auch den hart gesottenen Skeptikern zu gefallen. Mit dem Faden um Highgate, einem Ort, „durch den die Grenzen zu den lebensfeindlichen Universen verlaufen“, einem Ort, „an dem die Zeit endet und der Zeitpfeil sich unschlüssig hin und her dreht“, wird die Handlung um ein phantastisches Element ergänzt, das eine Reduktion der Thematik auf logische Stringenz und naturwissenschaftliche Plausibilität geschickt unterwandert. „Das Cusanus-Spiel“ bietet also keine Angriffsfläche für Haarspaltereien oder das Zählen von Erbsen und rückt die Geschichte in den Mittelpunkt der Erzählung.

Fazit: ein überaus interessantes und unterhaltsames Buch, das auf eindringliche Weise und in dichtester Kugelpackung das schriftstellerische Talent Wolfgang Jeschkes zum Ausdruck bringt.

Interview mit Wolfgang Jeschke | Buchdatenbank | amazon.de
"Rezensionen: eine Art von Kinderkrankheit, die die neugeborenen Bücher befällt."
(Georg Christoph Lichtenberg)

#2 Morn

Morn

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Geschrieben 05 Dezember 2005 - 11:20

Wolfgang Jeschke bietet in seinem Roman eine wunderbar ausgearbeitete, jedoch duestere Welt aus der Sicht einer jungen Frau mit vielen Nebencharakteren, die diese Welt mit Leben erfuellen, und technischen Weiter- und Neuentwicklungen, die die heutige Technik gekonnt extrapolieren. Meine Gedanken dabei waren haeufig, so koennte es tatsaechlich sein. Z.B. das IKom als Weiterentwicklung des Handys, mit dem man ueberall und jederzeit online ist und erreichbar sein muss! In dieser Welt ist es ein Privileg, nicht erreichbar sein zu duerfen, insbesondere nicht erreichbar fuer Polizei und Behoerden... Dies und anderes sind Details am Rande, mit denen die geschilderte nahe Zukunft mit Leben gefuellt werden.
Zeitreisen spielen zunaechst keine grosse Rolle. Erst nach und nach legt uns der Autor seine Vision eines Multiversums dar, in der vielleicht doch nicht alles zu spaet ist - zumindest nicht fuer jedes Universum. Zwischendurch hatte der Roman fuer mich leider die eine oder andere Laenge. Deswegen gibt es von mir, wenn auch knapp, "nur" 9/10 Punkten.

#3 TheFallenAngel

TheFallenAngel

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Geschrieben 07 Oktober 2013 - 14:59

das cusanus spiel erscheint jetzt auf englisch, oder ist grad erschienen; hier plaudert der übersetzer ein bisserl

(hab bei der suche nur diesen thread gefunden zum buch, schon etwas angestaubt)

#4 Lucardus

Lucardus

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Geschrieben 16 Oktober 2013 - 11:21

das cusanus spiel erscheint jetzt auf englisch, oder ist grad erschienen; hier plaudert der übersetzer ein bisserl

(hab bei der suche nur diesen thread gefunden zum buch, schon etwas angestaubt)

Kriegt offenbar ziemlich gute Kritiken:

http://www.locusmag....oks-15-october/
Goodreads: Ich lese gerade" (sorry, nur für "Mitglieder" sichtbar)
Wer mal reinschauen will: http://www.goodreads.com/

#5 Amtranik

Amtranik

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Geschrieben 16 Oktober 2013 - 13:32

Es wird wohl Zeit dat dingen mal zu lesen.

#6 Waffeleisen

Waffeleisen

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Geschrieben 16 Oktober 2013 - 13:33

Ich fands nicht wirklich schlecht, aber der Lobhudelei kann ich mich nicht anschließen ...

Was nicht in mein Regal passt: Booklooker

  • (Buch) gerade am lesen:Tiefraumphasen

#7 T.H.

T.H.

    Biblionaut

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Geschrieben 16 Oktober 2013 - 16:30

Ich fands nicht wirklich schlecht, aber der Lobhudelei kann ich mich nicht anschließen ...


Wieso ist es "Lobhudelei", wenn man was gut findet und dies auch so zum Ausdruck bringt?

Phantastische Grüße,
Thomas

...meine "Phantastischen Ansichten" gibt's hier.
Auf FB zu finden unter phantasticus

(Hinweis: Derzeit keine Internetrepräsentanz meiner Bilder; schade eigentlich...)


#8 Susanne11

Susanne11

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Geschrieben 16 Oktober 2013 - 18:17

Ich fand den Roman sehr langweilig und habe nach der Hälfte aufgehört.

#9 Waffeleisen

Waffeleisen

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Geschrieben 03 April 2018 - 16:54

Oh, das Buch ist mir heuer wieder in die Hände gefallen. Hat noch jemand Interesse daran? Schön anzuschauen ist die HC-Ausgabe ja. Zustand 2,5 würde ich sagen. Angebote gern per PN.


Was nicht in mein Regal passt: Booklooker

  • (Buch) gerade am lesen:Tiefraumphasen


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