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Arabische Science Fiction


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73 Antworten in diesem Thema

#1 Ulrich

Ulrich

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Geschrieben 01 September 2006 - 12:52

Bei Telepolis ist der Artikel "Science-Fiction in der arabischen Literatur" erschienen: Science-Fiction in der arabischen Literatur

Das fast völlige Fehlen des Elements "Zukünftigkeit" Achmed A. W. Khammas 01.09.2006 Science-Fiction in der arabischen Literatur Während sich die europäische Literaturwissenschaft schon seit einigen Jahrzehnten mit der zeitgenössischen utopischen Literatur beschäftigt, fand das erste Symposium zur "Arabischen Literatur und Science Fiction" erst im April 2006 statt. An der Fakultät für Literatur und Humanwissenschaften im marokkanischen Casablanca wurde darüber diskutiert, ob es in der arabischen Welt überhaupt ein Bewusstsein für SF gibt, warum SF den arabischen Autoren keinen Spaß macht und wie sich die mangelnde Verbreitung dieser Literaturgattung, auch im akademischen Sektor, überhaupt erklären läßt.



#2 Beverly

Beverly

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Geschrieben 03 September 2006 - 22:55

Alles sehr interessant und in der Analyse auch nachvollziehbar. Nur glaube ich, dass z. B. die geistige Stimmung in der BRD - wenn auch aus anderen Ursachen - traurige Parallelen zu der in der arabischen Welt aufweist. SF führt ein Ghettodasein und in der Republik der Ausgesorgt-Habenden ist das Interesse an Zukunft im Sinne lebenswerter Perspektiven auf einem Tiefstpunkt angelangt.

Zudem frage ich mich, ob es bei den Arabern nicht auch eine futuristische Ader gibt. Wer nicht weiß, wo zum beispiel dieses Gebäude steht:

Eingefügtes Bild

könnte es glatt für eine Kulisse aus einem Science Fiction-Film halten. Es existiert aber und zwar in dem Stadtstaat Dubai (Teil der Vereinigten Arabischen Emirate). Sowei ich das übers Internet, aus Fernsehberichten und einigen Posts in einem anderen Forum nachrecherchieren konnte, ist dieser Stadtstaat unter der Fuchtel seines Emirs so etwas wie eine Realität gewordene, wenn auch autoritäre und sozial ungerechte, technokratische Near-Future-Vision.

Bearbeitet von Beverly, 04 September 2006 - 07:19.


#3 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 03 September 2006 - 23:42

Dubai wird aufgezogen als eine Touristen-Attraktion für alle Reichen und Super-Reichen der Welt, das muss zumindest immer fortschrittlicher aussehen. Die Reichen der Welt sind i.d.R. wenig interessiert am sozialen Umfeld solange alle Dienstleistungen "stimmen".Ich habe den Artikel auch gelesen, und es kommt mir doch immer wieder so vor, als ob es starke Modetrends gibt unter Literaten, was "in" ist und was nicht. Und die Leute hören auf die Literaten. In der BRD gilt SF noch immer als "U"-Literatur, in Arabien als westlich-dekadenter Schund. (Vielleicht gelten ja in konservativeren/fundamentalistischeren arabischen Kreisen z.B. SF und Pornografie als Varianten der gleichen Sache?) Außerdem kann ich mir vorstellen, dass viele Menschen, die dort lesen, im Gegensatz zum omnipräsenten religiösen und politischen Bereich im Alltag lieber Realistisches lesen wollen.Hier auf dem Board gelesene SF hat mehrheitlich eben eher einen Hauch von US-"Leitkultur" drin, oder? Und das schon seit ca. 80 Jahren.

/KB

Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?

Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.

Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

(Leiter eines US-Congress-Kommittees vs. Erfinder des effektivsten Handlasers, den es je gab, grob übersetzt aus der 1. KG aus Best of Frank Herbert 1965-1970, im Sphere-Verlag, Sn. 38 & 39, by Herbert sr.)


#4 Beverly

Beverly

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Geschrieben 04 September 2006 - 07:29

Dubai wird aufgezogen als eine Touristen-Attraktion für alle Reichen und Super-Reichen der Welt, das muss zumindest immer fortschrittlicher aussehen. Die Reichen der Welt sind i.d.R. wenig interessiert am sozialen Umfeld solange alle Dienstleistungen "stimmen".

Dass sich in Dubai die Superreichen tummeln mag sein und gewiss geben sie qua Geld und Einfluss den Ton an. Darauf wird auch bei Diskussionen immer wieder hingewiesen. Allerdings ist es kein typisches Reichen-Ghetto, von denen hört man nämlich nichts! Das sind Städte z. B. in den USA und in Frankreich, von denen ich nur durch eine Unterhaltung mit einem Bekannten weiß, dass sie existieren, oder Villenviertel in Deutschland, wo die Häuser keine Namensschilder tragen. Die billigste Reise nach Dubai - 5 Tage im 2 Sterne-Hotel - kostet Internet-Recherchen zufolge ca. 500 Euro - für ein "reines" Millionärsghetto gibt es sowas mit Sicherheit nicht. Wenn Touristen-Attraktion, dann also für breitere Kreise, den vielen und bizarren Hochhäusern dort zufolge wie eine Art architektonischen Futurerama.

#5 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 04 September 2006 - 07:48

(OT: Ok, aber die Frage ist ja ob es so bleibt. Noch ist die ganze Sache m.E. im Aufbau. Wenn erstmal mehr Touristen dort waren, und "word of mouth" eine Reise dorthin begehrlicher macht, wird es evtl. auch exklusiver?)

/KB

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Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

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#6 Tarantoga

Tarantoga

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Geschrieben 04 September 2006 - 12:17

Zudem frage ich mich, ob es bei den Arabern nicht auch eine futuristische Ader gibt. Wer nicht weiß, wo zum beispiel dieses Gebäude steht:

Eingefügtes Bild

könnte es glatt für eine Kulisse aus einem Science Fiction-Film halten. Es existiert aber und zwar in dem Stadtstaat Dubai (Teil der Vereinigten Arabischen Emirate). Sowei ich das übers Internet, aus Fernsehberichten und einigen Posts in einem anderen Forum nachrecherchieren konnte, ist dieser Stadtstaat unter der Fuchtel seines Emirs so etwas wie eine Realität gewordene, wenn auch autoritäre und sozial ungerechte, technokratische Near-Future-Vision.

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Hallo Beverly
Ich denke das sieht du falsch. Diese Märchenschlösser in Dubai sind genau das, Märchen aus tausendundeiner Nacht.
Wenn die Petrodollars nicht mehr fliessen wird das wie eine Fata Morgana in der Wüste versinken ( oder schon vorher im Krieg zerstört werden ) .
Das ist alles buchstäblich auf Sand gebaut .
Natürlich ist dieses Gebäude in dessen Atrium der Eifelturm hineinpasst beeindruckend, aber ich möchte nicht wissen was allein der Unterhalt und die Klimaanlage täglich kostet.

Es gibt keine moslemische SCFI, weil das mit dem Islam unvereinbar ist.
Wie sollte das auch aussehen ?

Nach den Vorstellungen der etwas härteren Moslems sollte die Welt in 500 Jahren vermutlich so aussehen wie in SA oder dem Iran.

Natürlich wird sie das nicht.

#7 Diboo

Diboo

    Kaisertentakel

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Geschrieben 04 September 2006 - 12:52

Es gibt keine moslemische SCFI, weil das mit dem Islam unvereinbar ist.
Wie sollte das auch aussehen ?


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Das ist natürlich Mumpitz. Tatsächlich könnte man auf der Basis des Islam durchaus interessante Utopien verfassen. Oder etwa alternative-history-Romane, das wäre ein weites Feld.
Meine These ist, dass SF als Genre nur in relativ reichen Gesellschaften mit einem reichhaltigen Kulturleben prosperieren kann. Arme Gesellschaften oder jene, die ökonomische und soziale Probleme gravierender Art haben, kümmern sich auch in der literarischen Bearbeitung eher um die Gegenwart, weniger um die ferne Zukunft, kaum um literarischen Eskapismus. Es gibt etwas ägyptische und etwas mehr südafrikanische SF, ansonsten ist das Genre etwa bei afrikanischen Autoren nicht wahrnehmbar. Das läßt sich ähnlich erklären.

Bearbeitet von Diboo, 04 September 2006 - 12:52.

"Alles, was es wert ist, getan zu werden, ist es auch wert, für Geld getan zu werden."
(13. Erwerbsregel)

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#8 Beverly

Beverly

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Geschrieben 04 September 2006 - 13:54

Zu Dubai: Soweit ich das überblicken kann, versucht sich der Stadtstaat eben durch den Tourismus, Ansiedlung von Dienstleistungen und als Finanzplatz vom Öl unabhängig zu machen. Die Unterhaltskosten vom Burj al-Arab sind so lange nicht entscheident, wie sie durch Einnahmen gedeckt oder sozusagen als Aufwand für "Stadtmarketing" betrachtet werden. Zum Nährboden für SF: sie steht auch im Widerspruch zum Christentum und dem, was bis vor kurzer Zeit als "Lehren der Kirche" galt. Dass das Christentum nichts von seiner Wissenschaftsfeindlichkeit eingebüßt hat, zeigen die Diskurse um den Kreationismus. Trotzdem schreiben wir im Westen SF und die meiste SF kommt aus dem Land mit den meisten christlichen Fundamentalisten - den USA. Warum sollen es die Araber nicht auch tun? Lustigerweise beklagt der Autor in dem Artikel von Telepolis, wie wenig SF es in der arabischen Welt gibt und zugleich wären eben diesem Artikel zufolge da ca. 50 Romane und Erzählungen, die beiden ältesten 1000 und 750 Jahre alt. Passt nicht ganz zusammen. Was stimmt da genau nicht? Die Quantität - Anzahl der Titel, verkaufte Auflagen - oder die Qualität der Werke?Und warum sollen arme Gesellschaften eine schlechte Grundlage für SF bieten und reiche eine gute? So einfach ist das nicht. So war der Ostblock ärmlicher als Westeuropa, hatte aber trotzdem bedeutende SF-Literatur.

Bearbeitet von Beverly, 04 September 2006 - 13:59.


#9 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 04 September 2006 - 13:55

Ich hoffe doch sehr, dass SF auch bei uns nicht auf irgendeiner Religion BASIEREN muss, bevor es zustande kommen kann, auch wenn Religion gelegentlich Einfluss auf den Plot oder die gebauten Welten nimmt. Insofern ist eher die Frage, ob der Islam (und andere Umstände, wie Diboo bemerkte) ein Umfeld schaffen kann, in dem relativ freies Literaturschaffen möglich wäre. M.E. kann er das ganz klar; nur verbieten das die islamischen Fundamentalisten/Nationalisten, von denen wir soviel hören/reden, und die du, Tarantoga, mal wieder mit der Mehrheit der MuslimInnen an sich verwechselst.

Letztens in Tunesien habe ich wieder hier und da und auch nur ansatzweise (ich war nur 11 Nächte dort) das Gesicht des urbanen, säkuläreren Muslimenalltags gesehen. Solche Menschen, die man so gut wie nie im TV oder in den den Zeitungsberichten sieht, müsste man mal zu Zukunftsträumen befragen, und warum diese aktuell nicht schriftlich stattfinden.

P.S. @Beverly:

Zu Dubai: Soweit ich das überblicken kann, versucht sich der Stadtstaat eben durch den Tourismus, Ansiedlung von Dienstleistungen und als Finanzplatz vom Öl unabhängig zu machen.

Stimme zu. Außerdem liegt es, wenn ich mich richtig erinnere in einer Freihandelszone, wird also als preiswerter Umschlagplatz für Flug- und Schiff-Verkehr angeboten. Das ist auch ölunabhängig.

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 04 September 2006 - 14:07.

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Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

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#10 Diboo

Diboo

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Geschrieben 04 September 2006 - 16:46

Und warum sollen arme Gesellschaften eine schlechte Grundlage für SF bieten und reiche eine gute? So einfach ist das nicht. So war der Ostblock ärmlicher als Westeuropa, hatte aber trotzdem bedeutende SF-Literatur.

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Du verwechselst Äpfel mit Birnen. Im Vergleich etwa zu Subsahara-Afrika war auch der sozialistische Osten das Schlaraffenland. Sobald eine Gesellschaft reich genug ist, dass sie sich geschliffene Formen des Eskapismus leisten kann, entsteht Interesse an SF. Ist sie arm, sind die wenigen Literaten, die von ihr ernährt werden können entweder auf die Reflektion der Gegenwart zurückgeworfen oder schreiben für den internationalen, nicht den heimischen Markt (eine gute Beschreibung der afrikanischen Filmindustrie vor Nollywood).

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#11 Pirx

Pirx

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Geschrieben 05 September 2006 - 17:48

Es gibt keine moslemische SCFI, weil das mit dem Islam unvereinbar ist.
Wie sollte das auch aussehen ?


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Das ist natürlich Mumpitz. Tatsächlich könnte man auf der Basis des Islam durchaus interessante Utopien verfassen. Oder etwa alternative-history-Romane, das wäre ein weites Feld.
Meine These ist, dass SF als Genre nur in relativ reichen Gesellschaften mit einem reichhaltigen Kulturleben prosperieren kann. Arme Gesellschaften oder jene, die ökonomische und soziale Probleme gravierender Art haben, kümmern sich auch in der literarischen Bearbeitung eher um die Gegenwart, weniger um die ferne Zukunft, kaum um literarischen Eskapismus. Es gibt etwas ägyptische und etwas mehr südafrikanische SF, ansonsten ist das Genre etwa bei afrikanischen Autoren nicht wahrnehmbar. Das läßt sich ähnlich erklären.

Klingt einleuchtend, aber wie erklärst Du dann die SF in den ehemaligen Ostblockstaaten (Lem, Strugatzkis etc.)?

Hätte weiter lesen sollen, sorry.

Aber dennoch, wir reden hier doch nicht über das Fehlen von SF-Literatur in Subsahara-Afrika, oder?

Bearbeitet von Pirx, 05 September 2006 - 17:53.

Gruß

Pirx
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#12 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 10 September 2006 - 10:06

Beim Lesen dieses Threads sind mir sehr viele Dinge eingefallen, die ich eigentlich schreiben wollte, die ich dann aber wieder gelöscht habe.Kurz gefaßt: Ich glaube nicht, daß der Islam per se ein Problem mit Science Fiction hat, ebenso wenig wie das Christentum. Beides sind im Kern fatalistische Religionen, in denen das Ende in Form des Jüngsten Gerichts bereits feststeht - für streng gläubige Menschen sollte somit allenfalls die Zeit des eigenen Lebens wichtig sein - also die Zeit, in der sie sich für das jenseitige Leben bewähren müssen.Das ist es aber nicht!Viele bekannte SF-Autoren sind bekennende Christen und wurden dadurch keineswegs beschränkt. Zwischen dem Hier und Jetzt, dem eigenen Ende und dem Ende von Allem liegt soviel Zeit, die es mit Sinn (und evtl. Unsinn) zu erfüllen gilt.Das Problem ist meiner Ansicht nach weniger die Religion als das Umfeld, in dem sie verbreitet ist. SF ist bis auf wenige Ausnahmen das klassische Betätigungsfeld der Mittelschicht, also jener Leute, die nicht 24/7 damit beschäftigt sind, ihr Leben zu bestreiten oder - das entgegengesetzte Extrem - das Leben anderer zu organisieren und zu bestimmen. Eine solche Mittelschicht gibt es aber in den Regionen nicht, in denen der Islam seine größte Ausbreitung hat - und wenn, dann ist es eine Mittelschicht, die an ihrem Aufstieg arbeitet oder gegen ihren Abstieg ankämpft. Es fehlt die Muße, jene freien Momente des Grübelns über eine Zukunft, die nicht die eigene ist.Konzepte gibt es auch dort viele. Selbst der Traum von Islamisten eines weltweiten Gottesstaates ist im Grunde SF, nur wird es diesen Leuten nicht einfallen, dieses Konzept in eine Geschichte zu verpacken und als solche zu publizieren. Wozu auch; die hohen Kader haben das Konzept als solches bereits verinnerlicht und die niederen Kader müssen es weitaus verdaulicher bekommen, selbst wenn sie nicht gerade Analphabeten sind.Und ist SF-Literatur nicht gerade ein Weg, die eigenen Gedanken einer möglichen Zukunft zu vermitteln?Wenn ja, hilft es nichts, etwas zu vermitteln zu haben, sondern auch das Bewußtsein, daß es Leute gibt, die das Vermittelte annehmen könnten. Und wo fanatische Gewißheit und soziale Ungewißheit dominieren, fehlt das Umfeld für bestimmte Inhalte und deren Vermittlung.
Though my soul may set in darkness, it will rise in perfect light;
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(Sarah Williams: The Old Astronomer To His Pupil)

#13 Axel

Axel

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Geschrieben 10 September 2006 - 18:17

Das Problem ist meiner Ansicht nach weniger die Religion als das Umfeld, in dem sie verbreitet ist. SF ist bis auf wenige Ausnahmen das klassische Betätigungsfeld der Mittelschicht, also jener Leute, die nicht 24/7 damit beschäftigt sind, ihr Leben zu bestreiten oder - das entgegengesetzte Extrem - das Leben anderer zu organisieren und zu bestimmen. Eine solche Mittelschicht gibt es aber in den Regionen nicht, in denen der Islam seine größte Ausbreitung hat - und wenn, dann ist es eine Mittelschicht, die an ihrem Aufstieg arbeitet oder gegen ihren Abstieg ankämpft. Es fehlt die Muße, jene freien Momente des Grübelns über eine Zukunft, die nicht die eigene ist.

Das SF ein Betätigungsfeld der Mittelschicht ist stimmt nicht wirklich. Ein nicht zu verachtender Teil der SF-Autoren stammen aus der Oberschicht (Akademiker). In meinen Augen ist SF etwas, das eher von nicht-konservativen Kreisen gelesen wird. Dabei spielt die Einkommensschicht, aus der sie kommen keine Rolle. Nur fehlt der Unterschicht häufig das Geld, um sich Bücher zu kaufen. In den arabischen Staaten gibt es so gut wie keine Mittelschicht. Die Unterschicht ist zu arm, um sich Bücher zu leisten und die Oberschicht ist konservativ. Durch diese Kombination gibt es keinen Markt für SF.
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#14 Diboo

Diboo

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Geschrieben 10 September 2006 - 18:24

Aber dennoch, wir reden hier doch nicht über das Fehlen von SF-Literatur in Subsahara-Afrika, oder?

Nein, aber ich halte die Erklärungsansätze für vergleichbar (und mehr als die Hälfte der afrikanischen Staaten sind auch noch islamisch :coool:)

In meinen Augen ist SF etwas, das eher von nicht-konservativen Kreisen gelesen wird. Dabei spielt die Einkommensschicht, aus der sie kommen keine Rolle.

Dafür hätte ich, angesichts der großen Anzahl politisch sehr konservativer SF-Autoren, gerne mal einen besseren Beleg als Dein Bauchgefühl.

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#15 Beverly

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Geschrieben 10 September 2006 - 20:35

In meinen Augen ist SF etwas, das eher von nicht-konservativen Kreisen gelesen wird. Dabei spielt die Einkommensschicht, aus der sie kommen keine Rolle.

Dafür hätte ich, angesichts der großen Anzahl politisch sehr konservativer SF-Autoren, gerne mal einen besseren Beleg als Dein Bauchgefühl.

Ein SF-Autor kann schon in einigen oder den meisten Bereichen konservativ sein. Ist er es in ALLEN, bringt er meines Erachtens keine gute SF mehr zustande. So war Heinlein politisch konservativ, aber ich assoziieren ihn mit Raumfahrt-Visionen. Poul Anderson war auch konservativ, aber auch er hat Visionen von der Besiedlung des Weltraums entwickelt. Vom konservativen Larry Niven stammen die beiden besten Romane - WELT IN DEN LÜFTEN und DER SCHWEBENDE WALD - über das Leben von Menschen in Schwerelosigkeit. Die Umkehrung sind dann Linke - also politisch nicht-konservative -, die etwa gegenüber Raumfahrt skeptisch bis ablehnend eingestellt sind ("technikfeindlich").

Bearbeitet von Beverly, 10 September 2006 - 20:50.


#16 Axel

Axel

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Geschrieben 10 September 2006 - 20:47

Mit konservativ meine ich nicht direkt politisch konservativ sondern fortschrittsfeindlich (zumindest in diese Richtung).
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#17 Beverly

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Geschrieben 10 September 2006 - 21:03

Das Problem ist meiner Ansicht nach weniger die Religion als das Umfeld, in dem sie verbreitet ist. SF ist bis auf wenige Ausnahmen das klassische Betätigungsfeld der Mittelschicht, also jener Leute, die nicht 24/7 damit beschäftigt sind, ihr Leben zu bestreiten oder - das entgegengesetzte Extrem - das Leben anderer zu organisieren und zu bestimmen. Eine solche Mittelschicht gibt es aber in den Regionen nicht, in denen der Islam seine größte Ausbreitung hat - und wenn, dann ist es eine Mittelschicht, die an ihrem Aufstieg arbeitet oder gegen ihren Abstieg ankämpft. Es fehlt die Muße, jene freien Momente des Grübelns über eine Zukunft, die nicht die eigene ist.

Das SF ein Betätigungsfeld der Mittelschicht ist stimmt nicht wirklich. Ein nicht zu verachtender Teil der SF-Autoren stammen aus der Oberschicht (Akademiker). In meinen Augen ist SF etwas, das eher von nicht-konservativen Kreisen gelesen wird. Dabei spielt die Einkommensschicht, aus der sie kommen keine Rolle.

Ich glaube, dass im Westen nicht wenige SF-Autoren und ihre Leser zum "intellektuellem Proletariat" gehören - also überdurchschnittlich gebildet, aber unterdurchschnittliches Einkommen.

Nur fehlt der Unterschicht häufig das Geld, um sich Bücher zu kaufen. In den arabischen Staaten gibt es so gut wie keine Mittelschicht. Die Unterschicht ist zu arm, um sich Bücher zu leisten und die Oberschicht ist konservativ. Durch diese Kombination gibt es keinen Markt für SF.

Ich weiß nicht, ob man das so pauschal sagen kann, weil ja andere Literaturgattungen in der arabischen Welt durchaus florieren. Da sind viele Autoren auch nicht konservativ und müssen ihre Bücher in einem Markt verkaufen, wo viele Käufer sehr arm sind und es noch viele Analphabeten gibt. Mir scheint es eher, dass SF selbst in ihren westlichen Ursprungsländern derzeit keine große Rolle spielt und sich Bücher mit dem Label "SF" sehr schlecht verkaufen, wenn nicht noch etwas anderes dazu kommt (bekannter Autor, Lokalkolorit). Die Araber liegen da vielleicht nur im für die SF schlechten Trend und währen die SF im Westen von einer langen Tradition zehren kann, hat sie diese in der arabischen Welt nicht.

#18 MartinHoyer

MartinHoyer

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Geschrieben 17 September 2006 - 15:26

Das SF ein Betätigungsfeld der Mittelschicht ist stimmt nicht wirklich. Ein nicht zu verachtender Teil der SF-Autoren stammen aus der Oberschicht (Akademiker).

Deine Definition von "Mittelschicht" ist stark gewöhnungsbedürftig. Der durchschnittliche Akademiker in Deutschland lebt in kleinbürgerlichen Verhältnissen, hat bestenfalls ein Eigenheim und vielleicht 'nen Zweitwagen - aber dann muß er schon einen verdammt gut dotierten Posten an Land gezogen haben. Viele Akademiker harken Laub im Stadtpark für einen Euro die Stunde. Kurz gesagt: Der Bildungsgrad hatte zuletzt vor rund 150 Jahren zwingend etwas mit der Platzierung im sozialen Gefüge zu tun.

In meinen Augen ist SF etwas, das eher von nicht-konservativen Kreisen gelesen wird.

Tatsächlich ist es so, daß es Genre-Literatur wie SF für jede politische Ausrichtung gibt. Konservative, Linksautonome, bibeltreue Christen und Ultrarechte - sie alle finden die ihnen genehmen Vertreter der SF.

Dabei spielt die Einkommensschicht, aus der sie kommen keine Rolle. Nur fehlt der Unterschicht häufig das Geld, um sich Bücher zu kaufen.

Du irrst. Selbst die härtesten Sozialfälle in der Bundesrepublik haben immer noch genug Geld, um sich drei bis fünf Vollpreis-Romane im Monat leisten zu können - und sie hätten sogar die Zeit, sie in diesem Monat zu lesen. Allerdings wird das Geld häufiger für Zigaretten und billigen Fusel ausgegeben, weil Perspektivlosigkeit herrscht. Und diese Perspektivlosigkeit ist es auch, die SF unattraktiv macht.

In den arabischen Staaten gibt es so gut wie keine Mittelschicht. Die Unterschicht ist zu arm, um sich Bücher zu leisten und die Oberschicht ist konservativ. Durch diese Kombination gibt es keinen Markt für SF.

Die "arabischen Staaten" an sich sind schon eine grob fehlerhafte Formulierung, aber das sei dahingestellt. Tatsache ist, daß muslimische Länder im schlimmsten Fall, wie zum Beispiel in weiten Teilen Afrikas, eine sehr geringe Alphabetisierungsrate haben und tatsächlich keine freien Mittel, sich SF-Romane zu kaufen, selbst wenn es sie denn zu kaufen gäbe. Sie werden aber gar nicht angeboten, selbst dort nicht, wo die Petrodollar fließen und selbst der letzte Gastarbeiter noch genug verdient, um sich Bücher zu leisten. Auch nicht in Ländern wie Ägypten, wo es zwar deutlich mehr Armut, aber dennoch ein mit westlichen Nationen vergleichbares Gesellschaftsmodell mit einer großen Mittelschicht gibt. Warum SF gar nicht angeboten wird, obwohl es im Prinzip Käufer dafür geben sollte, das ist die Frage, die zu behandeln wäre. Die Antwort kann nur mangelndes Interesse sein, entweder von potentiellen SF-Schaffenden, von potentiellen SF-Konsumierenden oder von beiden. Und dann bleibt noch die Frage, warum mangelndes Interesse an diesem Genre herrscht.
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#19 Axel

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Geschrieben 17 September 2006 - 16:10

Deine Definition von "Mittelschicht" ist stark gewöhnungsbedürftig. Der durchschnittliche Akademiker in Deutschland lebt in kleinbürgerlichen Verhältnissen, hat bestenfalls ein Eigenheim und vielleicht 'nen Zweitwagen - aber dann muß er schon einen verdammt gut dotierten Posten an Land gezogen haben. Viele Akademiker harken Laub im Stadtpark für einen Euro die Stunde. Kurz gesagt: Der Bildungsgrad hatte zuletzt vor rund 150 Jahren zwingend etwas mit der Platzierung im sozialen Gefüge zu tun.

Nun ja, Akademiker sind nicht nur die Leute, die in einer Uni unterrichten. Faktisch ist jeder mit Hochschulausbildung ein Akademiker. Außerdme sind Einkommen und Bildung noch immer stark verknüpft. Diese Verknüpfung geht in beide Richtungen.

Tatsächlich ist es so, daß es Genre-Literatur wie SF für jede politische Ausrichtung gibt. Konservative, Linksautonome, bibeltreue Christen und Ultrarechte - sie alle finden die ihnen genehmen Vertreter der SF.

Wie schon gesagt, meinte ich mit "konservativ" nicht "politisch konservativ" sondern zurückblickend/fortschrittsfeindlich.

Du irrst. Selbst die härtesten Sozialfälle in der Bundesrepublik haben immer noch genug Geld, um sich drei bis fünf Vollpreis-Romane im Monat leisten zu können - und sie hätten sogar die Zeit, sie in diesem Monat zu lesen. Allerdings wird das Geld häufiger für Zigaretten und billigen Fusel ausgegeben, weil Perspektivlosigkeit herrscht. Und diese Perspektivlosigkeit ist es auch, die SF unattraktiv macht.

OK, das ist jetzt verdammt verallgemeinernd und überaus feindlich gegenüber Ärmeren.

Die "arabischen Staaten" an sich sind schon eine grob fehlerhafte Formulierung, aber das sei dahingestellt. Tatsache ist, daß muslimische Länder im schlimmsten Fall, wie zum Beispiel in weiten Teilen Afrikas, eine sehr geringe Alphabetisierungsrate haben und tatsächlich keine freien Mittel, sich SF-Romane zu kaufen, selbst wenn es sie denn zu kaufen gäbe.

Es geht hier nicht um muslimische Staaten, sondern, wie sowohl im Titel des Threads wie auch im Artikel, auf den sich diese Diskussion bezieht, genannt um arabische Staaten. Das es in vielen Teilen Afrikas keine SF gibt ist selbstverständlich und hängt nicht mit den dortigen Religionen zusammen.

Sie werden aber gar nicht angeboten, selbst dort nicht, wo die Petrodollar fließen und selbst der letzte Gastarbeiter noch genug verdient, um sich Bücher zu leisten. Auch nicht in Ländern wie Ägypten, wo es zwar deutlich mehr Armut, aber dennoch ein mit westlichen Nationen vergleichbares Gesellschaftsmodell mit einer großen Mittelschicht gibt. Warum SF gar nicht angeboten wird, obwohl es im Prinzip Käufer dafür geben sollte, das ist die Frage, die zu behandeln wäre. Die Antwort kann nur mangelndes Interesse sein, entweder von potentiellen SF-Schaffenden, von potentiellen SF-Konsumierenden oder von beiden. Und dann bleibt noch die Frage, warum mangelndes Interesse an diesem Genre herrscht.

Ägypten und auch andere arabische Länder befinden sich gerade im Umschwung. Durch den Tourismus öffnet sich die Kultur langsamm und ermöglich eine Mittelschicht. Ein anderes Beispiel hierzu ist Dubai.
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#20 Beverly

Beverly

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Geschrieben 17 September 2006 - 19:47

ZITAT(MartinHoyer @ 17 Sep 2006, 16:26) [*]

Du irrst. Selbst die härtesten Sozialfälle in der Bundesrepublik haben immer noch genug Geld, um sich drei bis fünf Vollpreis-Romane im Monat leisten zu können - und sie hätten sogar die Zeit, sie in diesem Monat zu lesen. Allerdings wird das Geld häufiger für Zigaretten und billigen Fusel ausgegeben, weil Perspektivlosigkeit herrscht. Und diese Perspektivlosigkeit ist es auch, die SF unattraktiv macht.

OK, das ist jetzt verdammt verallgemeinernd und überaus feindlich gegenüber Ärmeren.

Es führt vor allem weit weg vom Thema "Arabische Science Fiction".

Bearbeitet von Beverly, 17 September 2006 - 21:12.


#21 Pirx

Pirx

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Geschrieben 18 September 2006 - 18:02

Nun ja, Akademiker sind nicht nur die Leute, die in einer Uni unterrichten. Faktisch ist jeder mit Hochschulausbildung ein Akademiker. Außerdme sind Einkommen und Bildung noch immer stark verknüpft. Diese Verknüpfung geht in beide Richtungen. Wie schon gesagt, meinte ich mit "konservativ" nicht "politisch konservativ" sondern zurückblickend/fortschrittsfeindlich. OK, das ist jetzt verdammt verallgemeinernd und überaus feindlich gegenüber Ärmeren. Es geht hier nicht um muslimische Staaten, sondern, wie sowohl im Titel des Threads wie auch im Artikel, auf den sich diese Diskussion bezieht, genannt um arabische Staaten. Das es in vielen Teilen Afrikas keine SF gibt ist selbstverständlich und hängt nicht mit den dortigen Religionen zusammen. Ägypten und auch andere arabische Länder befinden sich gerade im Umschwung. Durch den Tourismus öffnet sich die Kultur langsamm und ermöglich eine Mittelschicht. Ein anderes Beispiel hierzu ist Dubai.

Bezüglich des Umschwungs in den arabischen Ländern, kann ich nur auf die Artikel in der Rheinischen Post vom 18.09.2006 verweisen. Hier wird die Entwicklung bei weitem nicht so positiv beurteilt. Laut der UN-Berichte (von arabischen Intellektuellen verfasst) hinken die arabische Länder deutlich hinter anderen Ländern her, trotz des Ölbooms und großer Ivestitionen. Von einem Aufschwung oder gar der Bildung einer Mittelschicht ist nicht die Rede. Als Hauptursache für die "Rückständigkeit" der arabischen Welt werden drei Mängel benannt: Mangel an Bildung, Freiheit und Emanzipation. Meiner Meinung nach, sind dies auch die Ursachen für den geringen Anteil arabischer Autoren an der SF. Ferner wird wohl auch wenig SF oder überhaupt Literatur aus anderen Sprachen ins Arabische übersetzt. Ob der Islam eine negative Wirkung auf die Entwicklung einer arabischen SF-Szene hat, kann ich nicht beurteilen. Allerdings scheint der Islam für die Auseinandersetzung mit moderner Wissenschaft schlechter gerüstet zu sein, als beispielsweise das Christentum.
Gruß

Pirx
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#22 shoogar

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Geschrieben 20 September 2006 - 18:13

Hallo! Ich verfolge Diskussionen in Teilen dieses Forums schon seit einigen Jahren, und habe mich jetzt hier angemeldet, weil ich eventuell etwas beitragen kann. Ganz kurz zu mir: Seit meiner Kindheit lese ich kontinuierlich SF. Bald werde ich ein halbes Jahrhundert alt, und hoffentlich werde ich auch weiterhin noch ebenso lange SF lesen können. :smokin:

Warum SF gar nicht angeboten wird, obwohl es im Prinzip Käufer dafür geben sollte, das ist die Frage, die zu behandeln wäre. Die Antwort kann nur mangelndes Interesse sein, entweder von potentiellen SF-Schaffenden, von potentiellen SF-Konsumierenden oder von beiden. Und dann bleibt noch die Frage, warum mangelndes Interesse an diesem Genre herrscht.

Möglicherweise haftet der SF in arabischen Ländern aus ganz anderen Gründen als in Europa/USA eine gewisse "Anrüchigkeit" an. Moslems möchten in der Regel keine Aussagen über die Zukunft machen, da sie dies als Gott vorbehalten betrachten. Wenn man sagt, dass man sich am kommenden Wochenende treffen wird, wird die Antwort eines Moslems immer ein "Inshallah" enthalten (So Gott will). Diese Einstellung begegnet einem überall und zieht sich durch alle Bevölkerungsschichten. Auch bei Menschen, die weniger ausgeprägt den Islam praktizieren. Im Telepolis-Artikel wird dies ebenfalls angesprochen ...

Das fast völlige Fehlen des Elements "Zukünftigkeit" ist charakteristisch für die gesamte arabische Literatur - wie für einen weiten Bereich des Lebens. Denn die Zukunft ist allein in Gottes Hand, und es ist fast ein Sakrileg diesem in seine Pläne hineinphantasieren zu wollen. [...] Außerdem bedeutet Phantasie im engen islamischen Sinn Schaffenskraft - und Erschaffen ist auf Gott alleine beschränkt.

Möglicherweise gibt es sogar direkte Aussagen islamischer Religionsgelehrter zum Thema SF. Ich selbst weiß es nicht, weil ich kein Moslem bin, und habe lediglich durch längere Reisen einige Kenntnisse erworben. Aber ganz grundsätzlich hat der Islam eine sehr starke Wirkung auf alle Lebensbereiche in vorwiegend islamischen Ländern. So viel ich weiß, gehören zwar ca. 10% der Bevölkerung aller arabischen Staaten anderen Religionen an, haben aber meist gesellschaftlich wenig zu sagen. Im Telepolis-Artikel geht es um arabischsprachige Literatur. Der Islam ist aber nicht nur in arabischen Ländern verbreitet, sondern auch in sehr vielen anderen Ländern Afrikas und Asiens. Vielleicht meiden die dortigen Schriftsteller ebenfalls SF oder SF-nahe Themen? Wie stark ist eigentlich generell die Verbreitung von SF in Asien?

Bearbeitet von shoogar, 20 September 2006 - 18:17.


#23 molosovsky

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Geschrieben 22 Januar 2008 - 23:19

Noch zum Dubai-Tower:Sind dort nicht die Wasserhähne aus Gold und der Eintritt in die Hotellobby allein kostet 50 US-Dollar?Alles eitel Menschenmerk. Alles Tand, gebaut auf Sand.GrüßeAlex / molo, der weiß, dass Allah der schnellste Rechner ist.

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

Ich weiß es im Moment schlicht nicht besser.

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#24 cekay

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Geschrieben 23 Januar 2008 - 00:37

Gut gesprochen, Martin.Was das Fehlen von SF im arabischen Raum angeht, oder überhaupt in Ländern des Nahen Ostens, also auch im Iran oder Pakistan, gibt es sicherlich viel zu viele Gründe, um hier einen schlichten Satz als Begründung aufzustellen.Fakt ist aber, denke ich, dass SF vorallem oft auch Eskapismus ist, und Eskapismus ist schon immer ein großes Problem gewesen, im arabischen, muslimisch geprägten Raum. Sich vorzustellen, wie es in der Zukunft sein wird, sich ein Bild zu machen, das passt nicht mit der orthodoxen Überzeugung des Islam zusammen, glaube ich. Wobei mich schon ein Roman interessieren würde, der eine alternative Zukunft zeigen würde, in der Al Kaida der Sieger ist, der fundamentalistische Islam sein Ziel erreicht hat und die Welt sich nun der Scharia beugen muss. Doch sowas wird es wohl nie geben. Zu groß ist die Gefahr hier als Autor in die radikale und rechte Ecke geschoben zu werden, antimuslimisch und so weiter...

#25 cekay

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Geschrieben 23 Januar 2008 - 00:42

Noch zum Dubai-Tower: Sind dort nicht die Wasserhähne aus Gold und der Eintritt in die Hotellobby allein kostet 50 US-Dollar? Alles eitel Menschenmerk. Alles Tand, gebaut auf Sand. Grüße Alex / molo, der weiß, dass Allah der schnellste Rechner ist.

Naja, ich weiß nicht, ob das hier nicht schon erwähnt wurde, aber die Emirate und auch Länder, wie der Oman, werden selbst nach dem letzten Tropfen Öl noch stehen, reich und vital. Längst machen sie anders Geld und die dortige Oberschicht zählt zu den wichtigsten Investoren weltweit, zu den bedeutendsten Businessmachern, die es gibt. Sie sind längst global aktiv und Weltbürger. Und die Armut in den Emiraten oder dem Oman herrscht überwiegend nur bei den zahlreichen Einwanderern aus den anderen afrikanischen oder asiatischen Ländern. Darin liegt aber auch der Grund für ein gewisses Stück Boom und Reichtum. Denn, obwohl die Arabar dort so reich sind, bezahlen sie einen auf der Baustelle arbeitenden Inder mit gerade einmal 1 Euro pro Tag. Eine Versicherung gibt´s auch nicht extra. Doch auch dies wird sich bald ändern, denn längst rücken die Inder ab, weil es in ihrerm Heimat auch für die Armen immer mehr Chancen gibt. Andere dafür kommen an ihre Stelle, aus Pakistan oder Bangladesh. Aber so ist das. Ein Kartenspiel der Völker.

#26 Gast_Michael Iwoleit_*

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Geschrieben 23 Januar 2008 - 00:54

Hallo, ich habe mich vor einigen Monaten mit Achmed Khammas, dem Verfasser des Telepolis-Artikels, in Berlin getroffen und bin seitdem regelmäßig mit ihm in Kontakt. Achmed plant mit einem Kollegen eine SF-Anthologie, die auf Englisch erscheinen soll und ursprünglich nur den arabischen Raum abdecken sollte, aber, weil dort wenig zu finden ist, auf den ganzen islamischen Raum ausgedehnt wurde. Achmed hat auf diversen arabischen Literaturseiten um Material gebeten und jede Menge angeboten bekommen, ist aber mit der Ausbeute noch nicht zufrieden. Das meiste, was interessant ist, scheint eher in die Richtung allgemeiner Phantastik zu gehen. Aber immerhin, vereinzelt gibt es schon SF-Bücher islamischer Autoren und Artikel/Essays zur islamischen SF. Unter dem Stichwort "islamic science fiction" findet man bei Google einiges. Hier ein Blog, der sich dem Thema widmet: http://www.tc.umn.edu/~ahma0089/scifi/ In Asien dagegen tut sich schon eine ganze Menge. China ist schon seit vielen Jahren der größte SF-Wachstumsmarkt der Welt, Indien könnte sich ähnlich entwickeln. Literarisch ist ein Großteil der SF-Produktion aus beiden Ländern, soweit ich sehen kann, noch nicht sehr interessant und orientiert sich an der amerikanischen Golden-Age-SF aus den Vierzigerjahren. Seit William Gibsons "Neuromancer" ins Chinesische übersetzt wurde, scheint eine jüngere Autorengeneration vom Cyberpunkt beeinflußt neue Wege zu gehen. Informationen sind spärlich zu finden, deshalb weiß ich über andere Länder der Region noch nicht viel. Es würde mich aber wundern, wenn im Bücherland Südkorea keine SF geschrieben würde. Ich habe Hinweise, daß z.B. auch in Thailand SF veröffentlicht wurde. Fast vergessen: in Taiwan gibt es eine eigenständige SF-Tradition, und der "Vater der taiwanesischen SF" Chang Hsi-Kuo, von dem ich im Netz eine gute Story gefunden habe, ist immerhin mit einem Hauptwerk in englischer Übersetzung verfügbar. Siehe hier: http://www.amazon.co...n/dp/0231128525 Habe ich in meiner Sammlung, aber noch nicht gelesen. Gruß MKI

#27 †  a3kHH

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Geschrieben 23 Januar 2008 - 07:14

Ich glaube, ihr liegt hier alle falsch.(So bin ich nun 'mal, die Weisheit mit Löffeln gepachtet. :rofl1: )Ihr habt übersehen, woraus sich die SF entwickelt hat : Aus einer Extrapolation herrschender Zustände in die Zukunft. Von daher ist die Basis der SF eigentlich immer Kritik an der herrschenden Gesellschaft, andere Formen (Space Opera) entwickeln sich erst danach. Oder anders gesagt : SF ist Revolutionsliteratur - und konservativen Gesellschaftssystemen verhasst wie die Pest. Dieser Ansatz erklärt deutlich, warum wir hier in Deutschland nach Kohl und Schröder kein postives Klima für die SF haben. Und warum es in der rigiden arabischen Welt (jetzt !) keine SF mehr gibt.

#28 simifilm

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Geschrieben 23 Januar 2008 - 07:35

Ich glaube, ihr liegt hier alle falsch. (So bin ich nun 'mal, die Weisheit mit Löffeln gepachtet. :rofl1: ) Ihr habt übersehen, woraus sich die SF entwickelt hat : Aus einer Extrapolation herrschender Zustände in die Zukunft. Von daher ist die Basis der SF eigentlich immer Kritik an der herrschenden Gesellschaft, andere Formen (Space Opera) entwickeln sich erst danach.

Literaturhistorisch stimmt diese Behauptung so absolut sicher nicht. Zwei der treibenden Kräfte hinter der "Erfindung" der SF im 19. Jhdt. waren Verne und Poe. Beide hatten mit Gesellschaftskritik nicht am Hut. Der erste, für den Gesellschaftskritik ein Thema war und der auch die Nachfolger beeinflusste, war H. G. Wells. Für die amerikanische SF der 1920er und 1930er - die eigentliche Geburtsstunde der modernen SF - stimmt Deine Behauptung aber schon wieder nicht mehr.

Oder anders gesagt : SF ist Revolutionsliteratur - und konservativen Gesellschaftssystemen verhasst wie die Pest. Dieser Ansatz erklärt deutlich, warum wir hier in Deutschland nach Kohl und Schröder kein postives Klima für die SF haben. Und warum es in der rigiden arabischen Welt (jetzt !) keine SF mehr gibt.

Auch das stimmt kaum mit der historischen Realität überein. Oder sind USA des Golden Age in Deinen Augen ein revolutionäres Land?

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#29 †  a3kHH

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Geschrieben 23 Januar 2008 - 08:52

Zwei der treibenden Kräfte hinter der "Erfindung" der SF im 19. Jhdt. waren Verne und Poe. Beide hatten mit Gesellschaftskritik nicht am Hut. Der erste, für den Gesellschaftskritik ein Thema war und der auch die Nachfolger beeinflusste, war H. G. Wells. Für die amerikanische SF der 1920er und 1930er - die eigentliche Geburtsstunde der modernen SF - stimmt Deine Behauptung aber schon wieder nicht mehr.

Nemo ? Gernsback ?

#30 simifilm

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Geschrieben 23 Januar 2008 - 09:17

Das wird jetzt immer mehr OT, vielleicht kann man ja einen eigen Thread daraus machen.

Nemo ?

Ich habe 20'000 Meilen unter dem Meer gerade erst kürzlich wieder gelesen (in einer neuen ungekürzten Übersetzung). Wenn das Deine Vorstellung von Gesellschaftskritik ist, dann ist die aber sehr zahm. Verne'sche Gesellschaftskritik ist, wenn man alle Annehmlichkeiten des französischen Bürgertums in ein U-Boot packt und den Leser mit seitenlangen Beschreibungen der Meereswelt überschüttet.

Aber selbst wenn wir Nemo als gesellschaftskritische Figur verstehen, dann macht er alleine das Buch nun wirklich nicht zu einem primär gesellschaftskritischen Roman.

Gernsback ?

Dass Gernsback gesellschaftskritisch ist, hat meines Wissens nicht einmal er selbst behauptet (zumindest wäre mir kein entsprechendes Zitat bekannt). Gemäss eigener Aussage ging es ihm um das Propagieren von (natur)wissenschaftlichem Wissen (und nicht einmal das hat er wirklich erfüllt). Man kann einem Buch wie Ralph 124C 41 + ja vieles nachsagen, aber Gesellschaftskritik findest Du darin nicht.

EDIT: Bevor wir uns da in der Analyse einzelner Werke verzetteln, noch einmal was Grundlegendes. Du hast ja geschrieben, dass die Basis der SF Kritik an den herrschenden Zuständen ist. Ich glaube, selbst wenn Du einzelne Geschichten von Verne oder Gernsback findest, die als klar gesellschaftskritisch gelten können, wäre Deine Aussage falsch. Keiner der beiden war primär Kritiker der aktuellen Verhältnisse. Das erschliesst sich weder aus den Biographien der beiden, noch aus ihren Aussagen zu ihren Texten, noch aus den Reaktionen der Leser noch aus den Texten selbst. Weder Verne noch Gernsback waren in ihrem Selbstverständnis oder in der Rezeption primär Gesellschaftskritiker. Wenn ihre Texte diese Funktion auch erfüllt haben sollten (was ich bezweifle), dann allenfalls als Nebeneffekt. Die Behauptung, dass "Kritik an der herrschenden Gesellschaft" die Basis ihres Schreibens war, wirst Du kaum belegen können.

Bearbeitet von simifilm, 23 Januar 2008 - 09:31.

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