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Ursula K. LeGuin - Planet der Habenichtse


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28 Antworten in diesem Thema

#1 Holger

Holger

    Temponaut

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Geschrieben 02 Dezember 2006 - 21:07

Herzlich willkommen zum Klassikerlesezirkel im Dezember.

Wir lesen:

Ursula K. LeGuin
Planet der Habenichtse
amazon.de

Mal in die Runde gefragt: Wer liest mit? Ich selbst habe mein Exemplar noch immer nicht ...

Grüße

Holger
"Rezensionen: eine Art von Kinderkrankheit, die die neugeborenen Bücher befällt."
(Georg Christoph Lichtenberg)

#2 mindblasted

mindblasted

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Geschrieben 02 Dezember 2006 - 22:13

Keien Ahnugn wie das mit eurem Lesezirkel so läuft...aber darf mensch auch mitdiskutiern wenn das entsprechende Büchlein schon vor Jahren konsumiert wurde ?Gute Wahl übrigens.
"Es gibt eine größere Dunkelheit als die, die wir bekämpfen ... Viel schwerwiegender als der Tod der körperlichen Materie ist der Tod der Hoffnung, der Tod der Träume, und vor dieser Gefahr dürfen wir niemals kapitulieren. Die Zukunft ist überall um uns herum. In der Phase des Übergangs wartet sie darauf, in der Phase der Erleuchtung neu geboren zu werden. Niemand weiß, wie die Zukunft aussieht und wohin sie uns führen wird. Nur eines wissen wir. Sie wird stets unter Schmerzen geboren."
  • (Buch) gerade am lesen:Walter Jon Williams-Hardwired
  • • (Buch) Neuerwerbung: Neal Stephenson-Confusion
  • • (Film) gerade gesehen: Jin-Roh
  • • (Film) als nächstes geplant: Ghost in the shell SAC

#3 Rusch

Rusch

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Geschrieben 02 Dezember 2006 - 22:30

Ja, natürlich.

#4 Scotty

Scotty

    Infonaut

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Geschrieben 02 Dezember 2006 - 22:36

Herzlich willkommen zum Klassikerlesezirkel im Dezember.

Wir lesen:

Ursula K. LeGuin
Planet der Habenichtse
amazon.de

Mal in die Runde gefragt: Wer liest mit? Ich selbst habe mein Exemplar noch immer nicht ...

Grüße

Holger

Hätte ich das gewusst, dann hätte ich dir gestern meins mitgebracht.

#5 Rusch

Rusch

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Geschrieben 03 Dezember 2006 - 04:46

Ich habe schon begonnen und bin derzeit auf Seite 130.Das Buch ist gut geschrieben, sehr gut sogar und gehört ganz ohne zweifel zu LeGuins wichtigsten Werken, wenn es nicht sogar das beste ist.Mir gefällt die recht unpolitische Beschreibung des Komunistischen Systems auf dem Mond. Shevek zeigt außerdem eine fast kindliche Neugier, die im Gegensatz zu seiner wissenschaftliche Brillianz zu stehen scheint. Zwei Fragen kommen mir bei diesem Buch:1. Ist dies tatsächlich ein SF Roman? Die Geschichte ließe sich ohne weitere auch auf unserer Welt erzählen.2. Ist dies ein politisches Buch? Die Gegenpole Kapitalismus / Komunismus spielen eine große Rolle.

#6 Herr B

Herr B

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Geschrieben 03 Dezember 2006 - 15:06

Hallo, habe das Buch vor längerer Zeit schon gelesen.

Zwei Fragen kommen mir bei diesem Buch: 1. Ist dies tatsächlich ein SF Roman? Die Geschichte ließe sich ohne weitere auch auf unserer Welt erzählen. 2. Ist dies ein politisches Buch? Die Gegenpole Kapitalismus / Komunismus spielen eine große Rolle.

Zu Frage 1: Ich halte das Buch durchaus für SF, da zukünftige gesellschaftliche Alternativen angedacht werden...das S steht dann eher für social als für science. Zu Frage 2: Das Buch ist mMn nach hochpolitisch, da ein Thema - wenn ich mich recht erinnere - das Problem menschliche Natur vs. freiheitliche Gesellschaftsform ist. Das Etikett "kommunistisch" passt glaub ich nicht genau - anarchosyndikalistisch ist wohl exakter. Anarchosyndikalismus Schöne Grüße, Markus

#7 Rusch

Rusch

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Geschrieben 03 Dezember 2006 - 19:54

Der Komunismus in dieser Idealisierten Form wird den Kapitalismus gegenübergestellt. Das kann durchaus eine Analogie des kalten Krieges sein. Ich werde auf diese Fragen zurückkommen, wenn ich mit dem Buch durch bin. Vorher werde ich sie wohl nicht beantworten können. Mein Eindruck ist derzeit, dass LeGuin eher eine Utopie als ein politisches Buch schreiben wollte. Freilich ist natürlich eine Utopie immer in gewissen Sinne ebenfalls politisch.

#8 Kopernikus

Kopernikus

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Geschrieben 03 Dezember 2006 - 22:59

Mal in die Runde gefragt: Wer liest mit? Ich selbst habe mein Exemplar noch immer nicht ...

Ich werde in ein oder zwei Tagen einsteigen, bin aber auf jeden Fall dabei.

#9 Rusch

Rusch

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Geschrieben 04 Dezember 2006 - 02:11

Ich werde heute eine Pause einlegen und dann warten, bis ihr aufgeholt habe.Wegen der politischen Frage will ich mich jetzt schon äußern. Nach der Hälfte des Buchs würde ich sagen, dass es in dem Roman darum geht, dass ein Gesellschaftssystem noch so perfekt aufgebaut sein mag: Der Egoismus des einzelnen wird es dennoch aushöhlen und zur Farce machen. Leider, leider ist dies eine sehr treffende Aussage.

#10 mindblasted

mindblasted

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Geschrieben 04 Dezember 2006 - 21:37

Ich habs nicht ganz so drastisch verstanden, eher als Warnung vor informellen Hierarchien die sich selbst in den antiautoritärsten Zusammenhängen immer sehr schnell durch die Hintertür einschleichen.Das muss nicht mal einem ausgeprägten Egoismus( wie bei Sheveks Wissenschaftler- Mentor) geschuldet sein sondern kann auch an mangelnder Kommunikation und/oder unterschiedlichen Spezialisierungsgraden in irgendwelchen Tätigkeiten liegen. Ein Beispiel auch das im Buch angesprochene Bürokratieproblem.Was im Buch glaub ich auch so rüberkommt ist die Kritik am Dogmatismus. Es gibt diese eine Philosophin und Revolutionsvordenkerin (Odo) welche die Bewegung ins Leben gerufen hat und die scheinbar "freien" Anarrestis laufen jedem Zitat von ihr Jahrhunderte später noch hinterher. Erinnert so ein wenig an die realen Marxisten.Ich glaube das kommt im Buch auch so rüber, ganz sicher bin ich nicht, ist ja wie gesagt Jahre her, und mein Exemplar hab ich leider auch nicht hier.Ganz klar aber ist das in der nach dem Roman entstandenen Kurzgeschichte "The day before the revolution" mit besagter Odo als Protagonistin. Die regt sich da bitter über ihre Anhänger auf, welche sie nicht mehr als Person sondern als revolutionäre Ikone wahrnehmen. Die Story ist übrigens genau wie der Rest in dem Buch ("The winds twelve quarters", Kurzgeschichtensammlung von Le Guin ) sehr zu empfehlen.Die Darstellung einer plausiblen anarchokommunistischen (bzw. syndikalistischen, ich mach da nicht so die Unterschiede) Gesellschaft finde ich gerade wegen der Unstimmigkeiten super gelungen. Auch die vielen kleinen Details ("die kapitalistischen Punks" bzw. "Bettler" oder die "nonpossesive" Sprache zB) machen das ganz stimmig.

Bearbeitet von mindblasted, 04 Dezember 2006 - 21:45.

"Es gibt eine größere Dunkelheit als die, die wir bekämpfen ... Viel schwerwiegender als der Tod der körperlichen Materie ist der Tod der Hoffnung, der Tod der Träume, und vor dieser Gefahr dürfen wir niemals kapitulieren. Die Zukunft ist überall um uns herum. In der Phase des Übergangs wartet sie darauf, in der Phase der Erleuchtung neu geboren zu werden. Niemand weiß, wie die Zukunft aussieht und wohin sie uns führen wird. Nur eines wissen wir. Sie wird stets unter Schmerzen geboren."
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#11 Rusch

Rusch

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Geschrieben 05 Dezember 2006 - 00:22

Ich finde es interessant, wie der Roman aufgebaut ist. Obwohl die eine Ebenen in der Gegenwart und die andere langsam von der Vergangen heit das Leben Sheveks aufrollt, gibt es ganz deutliche Parallelen. So wird in beiden Ebenen zunächst eine gelungenes Gesellschaftssystem eingeführt, das dann aber nach und nach mehr demontiert ist und die Autorin mehr und mehr die unschönen Seiten sowie die Schwachstellen beleuchtet.

#12 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 07 Dezember 2006 - 01:59

Ich lese auch mit, sobald das blöde Paypal endlich das Versandantiquariat bezahlt, und die mir die bestellte (engl.) Ausgabe schicken. Ich hatte mich auf einen 2.-Hand-Buchladen in der Nähe verlassen, aber die hatten das Buch gar nicht. Wie so oft lese ich also erst verspätet mit.P.S. @Rusch: Ich hab das Buch schon ein paar Mal gelesen, und hatte nie den Eindruck dass die "Mondleute" ein kommunistisches System haben, wie wir es auf Erden kennen. Es geht eher um die Verwirklichung einer anarchistischen Demokratie, mit einem Minimum von gemeinschaftsnützigen Einschränkungen. Shevek lernt Vor- und Nachteile dieses Systems in seinem Leben vor der Reise nach "drüben" kennen, und hat kurz vor der Reise ziemlich "blaue Augen" wie es dort bei den "Reichen" werden könnte. Die traditionelle Armut der Mondler lag aber auch daran, dass sie auf einem Planeten (dem "Mond") klar kommen mussten, der vorher kein menschliches Leben beherbergt hatte. Insofern ist m.E. die Gesellschaft der Mondler eigentlich nicht mit irdischen Entwicklungen zu vergleichen - eher eine anthropologische Utopie Le Guins.

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 07 Dezember 2006 - 02:26.

/KB

Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?

Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.

Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

(Leiter eines US-Congress-Kommittees vs. Erfinder des effektivsten Handlasers, den es je gab, grob übersetzt aus der 1. KG aus Best of Frank Herbert 1965-1970, im Sphere-Verlag, Sn. 38 & 39, by Herbert sr.)


#13 Rusch

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Geschrieben 07 Dezember 2006 - 05:01

Oho, in meinen Augen ist dies eine pure kommunistische Kultur. Es gibt kein Einkommen, es gibt keinen Besitz, der einzelne ordnet sich der Gesellschaft unter. Sicherlich leben sie nicht unbeding freiwillig in diesem Status. Auf der anderen Seite hatten die Gründungsväter sehr woll das Bedürfnis so eine Welt zu erbauen. Es ist die Armut, die dieses System so stabil macht. Wäre dem nicht so, wäre dieses utopische System wohl längst unterwandert worden.

#14 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 07 Dezember 2006 - 14:31

Ja, "Kommunismus-Kultur" schon eher, aber dann kann man auch allgemeiner "sozialistisch" sagen. Vergleiche zum stalinistischen und post-stalinistischen Kommunismus (weiter oben) sehe ich aber wenige...

/KB

Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?

Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.

Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

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#15 Kopernikus

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Geschrieben 07 Dezember 2006 - 16:42

Ich habe gestern angefangen, sehr viel läßt sich nach 40 Seiten noch nicht sagen, zumal dies das erste mal ist, das ich etwas von LeGuin lese. Bisher hat mir der Schreibstil aber sehr gefallen, schöne, ausführliche Beschreibungen der Szenen garniert mit etwas subtilem Humor (Shevek's Reaktionen auf die neue, für ihn fremde Kultur), macht auf jeden Fall Lust auf mehr.

#16 Rusch

Rusch

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Geschrieben 08 Dezember 2006 - 03:30

@Yippi: Wenn ich von Kommunismus rede, dann meine ich das Idealisiert Bild. Hätte ich die Diktatur gemeint, die Stalin errichtet hatte, dann hätte ich Sozialismus gesagt, klar. ;)

#17 mindblasted

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Geschrieben 09 Dezember 2006 - 00:55

@yippie"anarchistischen Demokratie" kann es nicht geben, weil Demokratie auf parlamentarischen Wahlen und "autoritäre" Repräsentation aufbaut. Zwei Konzepte die sich mit dem anarchistischen Gedanken beißen.Auch "Basisdemokratie" hat mit Anarchie nur bedingt was am Hut.@Rusch"Es ist die Armut, die dieses System so stabil macht. Wäre dem nicht so, wäre dieses utopische System wohl längst unterwandert worden."Glaube nicht...eher die Verankerung der odonischen "Ideologie" in den Menschen. Sie benutzen Wörter wie "mein" oder "dein" nicht mehr, und sind entsetzt wenn jemand nicht teilen will. Diese Gesellschaft existiert anscheinend schon ziemlich lange stabil so sonst wäre das nicht zu erklären. Da es keinen Zwang (außer dem sozialen Druck) gibt kann meiner Meinung nach durchaus von freiwillig gesprochen werden. Von Armut kannst du dagegen nicht wirklich sprechen weil die vorhandenen ,spärlichen Ressourcen relativ gerecht verteilt werden. Was in der Sowjetunion gelaufen ist, ist nach heutigem marxistisch-kommunistischem Verständnis Staatskapitalismus unter roten Fahnen. Begrifflichkeiten ändern sich (wenn mensch nicht grad die Mlpd oder so fragt). Wo ist bei Stalin bitte der Sozialismus ? Ich versteh unter dem Wort von der Theorie her eigentlich keine totalitäre Einparteiendiktatur. Heute gelten auch eine Menge Staaten als Demokratien die definitiv keine sind...ich bitte daher darum die Theorie und den sowjetischen Unterdrückungsapparat voneinander abzugrenzen. Abgesehen von der Symbolik ist da nicht so viel mehr an Ähnlichkeit. Le Guin beschreibt diese Gesellschaft selbst als anarchistisch, meinem Verständnis nach eher von der Theorie her anarchosyndikalistisch (Syndikate für einzelne Arbeitsbereiche)...obwohl die Grenzen hier fließend sind.Die spanischen Anarchosyndikalisten 36/37 bezeichneten sich beispielsweise oft als libertäre Kommunisten um sich einerseits von den stalinistischen Partei"commies" zu distanzieren, und andererseits gleichzeitig die ideologischen Gemeinsamkeiten hervorzuheben. Von daher ist es doch eigentlich ganz egal ob wir jetzt kommunistisch oder anarchistisch oder wie auch immer sagen. Solange wir damit nicht den guten alten Priesterseminaristen (heißt das so?) aus Tiflis und seinen Schergen meinen trifft das schon zu.
"Es gibt eine größere Dunkelheit als die, die wir bekämpfen ... Viel schwerwiegender als der Tod der körperlichen Materie ist der Tod der Hoffnung, der Tod der Träume, und vor dieser Gefahr dürfen wir niemals kapitulieren. Die Zukunft ist überall um uns herum. In der Phase des Übergangs wartet sie darauf, in der Phase der Erleuchtung neu geboren zu werden. Niemand weiß, wie die Zukunft aussieht und wohin sie uns führen wird. Nur eines wissen wir. Sie wird stets unter Schmerzen geboren."
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#18 Rusch

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Geschrieben 26 Dezember 2006 - 15:32

Ich habe das Buch jetzt zuende gelesen. Zuerst dacht ich, es kommt ja noch mehr, aber die Begeisterung hielt sich wohl in Grenzen. Der Schluss des Werkes ist grandios. Man kann wohl sagen, dass "The Dispossed" die letzte wirklich große Utopie im klassischen Sinne war. Am Ende kommt es zum wirklichen Knackpunkt, wenn es darum geht, dass man zwar auf Anarres keine Gesetze kennt, aber abweichen von Volkeswillen durchaus mit Missachtung und Abgrenzung bestraft wird. Das alles ist leider nur zu plausibel.Tatsächlich zeigen sich auch deutlich die Unterschiede zwischen den Odeaner und den Kommunisten, wenngleich Anarres sich so stark den Zwängen unterworften, sodass die Unterschiede kaum noch erkennbar waren. Umso schöner ist es, dass Shevek daran arbeitet, die Unterschieder wieder zu betonen.Fazit: Das Buch ist großartig und es ist ein Seegen, dass es wieder aufgelegt wurde.

#19 Kopernikus

Kopernikus

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Geschrieben 26 Dezember 2006 - 16:33

Ich bin leider immer noch nicht durch, werde mich aber mal bis Neujahr ranhalten, das ich es zumindest noch diesen Monat fertig kriege. Ich persönlich war bisher nicht so begeistert, es ist zwar ganz nett und wenn ich so an meine Schulzeit zurück denke, habe ich schon unverdaulichere Bücher der Rubrik "Sozio-philosophischer Exkurs" gelesen, aber ich bin insgesamt dann doch eher ein Unterhaltungsleser, hier hatte ich teilweise das Gefühl ein Buch von Marx und Engels in den Händen zu halten, was ich dann doch eher weniger unterhaltsam fand. Aber der oben beschriebene Ersteindruck hat sich doch nicht ganz verflüchtigt (Sonst hätte ich das Buch schon längst angebrochen), die ein oder andere gute Szene ist dann doch vorhanden, vor allem wenn es um die Unterschiede zwischen Urras und Annarres und die Wahrnehmung derselben durch Shevek geht.

#20 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 27 Dezember 2006 - 00:38

Ich habe das Buch auch erst spät bekommen, und bin jetzt noch im 1. Drittel. Bemühe mich neben dem Post-Xmas-Trubel so schnell wie möglich durch zu kommen. Gerade gefällt mir mal wieder sehr Le Guins Namensgebung der Hauptcharaktere.P.S. @mindblasted: Auf Anarres müssen bestimmte Dinge abgesprochen sein, und außerdem regiert "niemand" als das Volk sich selbst. So meinte ich das. Aber ich geb zu, dass es ein besseres Wort geben müsste. Gibt es "Anarchokratie"? :thumb: (Und erst jetzt fällt mir auf, dass Le Guins Benennung des Mondes ja schon fast brutal auf die Grundeigenschaft dessen Gesellschaft hinweist! :ufo:)

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 27 Dezember 2006 - 00:46.

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#21 Rusch

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Geschrieben 27 Dezember 2006 - 05:38

Das mit dem "das Volk regiert niemand" ist der zentrale Punkt des letzten Kapitels. Da geht es eigentlich nur um diesen Punkt und für mich war es eigentlich die Aussage des Buchs schlechthin. Aber lass uns darüber reden, wenn Du es gelesen hast. Ich will nicht vorgreifen.

#22 mindblasted

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Geschrieben 31 Dezember 2006 - 05:27

Das mit dem Namen ist super, oder? Bin ich auch erst drauf gekommen als ich ca das halbe Buch durch hatte.Nimm doch einfach "Odonokratie" wenn sowas unbedingt sein muss :smokin: ...ansonsten empfehle ich weiterhin Anarchie (O-Ton Le Guin) oder Anarchosyndikalismus (das verwandeste System das je real und sogar ganz erfolgreich existierte). Mit Absprachen beißt sich übrigens nix davon, es sei denn du definierst Anarchie wie Taz, Faz, Spiegel, Bild,Tageschau etc. das manchmal tun wenn sie von "Anarchie im Irak" oder so sprechen. Kennt hier außer mir sonst noch wer die weiter oben angesprochene Kurzgeschichte ? Da gibts nochmal ein Vorwort zu das sich auch aufs Buch bezieht und auch durch die Story selber wird einiges klarer.@rusch: Ist eine Utopie nicht sowas wie das nette Buch vom Morus oder das Märchen vom Schlaraffenland wo alles einfach nur glatt läuft ? Ich hab "The Dispossessed" nie so wirklich als Utopie wahrgenommen weil halt gerade auch die negativen Aspekte der beschriebenen Gesellschaft ins Gewicht fielen. Wodurch ich übrigens im Gegensatz zu den oben genannten Erzählungen wirklich das Gefühl hatte das es um richtige Menschen geht und nicht um Pappaufsteller.

Bearbeitet von mindblasted, 31 Dezember 2006 - 05:32.

"Es gibt eine größere Dunkelheit als die, die wir bekämpfen ... Viel schwerwiegender als der Tod der körperlichen Materie ist der Tod der Hoffnung, der Tod der Träume, und vor dieser Gefahr dürfen wir niemals kapitulieren. Die Zukunft ist überall um uns herum. In der Phase des Übergangs wartet sie darauf, in der Phase der Erleuchtung neu geboren zu werden. Niemand weiß, wie die Zukunft aussieht und wohin sie uns führen wird. Nur eines wissen wir. Sie wird stets unter Schmerzen geboren."
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#23 Rusch

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Geschrieben 31 Dezember 2006 - 05:41

Sicher, Morus hat mit Utopia eine Welt beschrieben, die dem Ideal einer zu erstrebenden Welt gleichkommt. Doch ich denke, der Begriff hat sich ein wenig gewandelt. Das Gegenteil einer Utopie wäre wohl eine Dystopie wie 1984 oder Brave New World. Doch das trifft auf das Buch auch nicht zu. Es ist eher ein Roman über einen Weltentwurf, der mit allen Vor- und Nachteilen diskutiert wird. Deswegen sage ich Utopie, aber nur aus Ermangelung eines besseren Begriffs.Mir fällt übrigens sehr gelungene Szene ein aus dem Buch ein:Als Vea zu Shevek sagt: "Sie sind wunderbar, gibt es etwas, das sie nicht sind?" Antwortet dieser: "Ja, ein Verkäufer."

#24 Ulrich

Ulrich

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Geschrieben 31 Dezember 2006 - 22:04

Wenn man davon ausgeht, dass die Utopieforscher Le Guins Roman intensiv besprochen haben, dann ist es durchaus eine Utopie. Sie ist aber nicht identisch mit Morus' Utopia, das statisch war. Bei Le Guin kommt u.a. zum Ausdruck, dass die Errichtung einer Utopie und das Daranfesthalten nicht so einfach ist.Bei der Neuausgabe finde ich interessant, dass das Vorwort von Denis Scheck ist, der z.B. auch "Traveller" aus der Edition Phantasia besprochen hat.

Bearbeitet von Ulrich, 31 Dezember 2006 - 22:04.


#25 lapismont

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Geschrieben 03 Januar 2007 - 14:16

Im Almanach der EP gab es ja auch einen interessanten Essay zum Roman.Mir gefiel beim Lesen besonders, dass Le Guin sich für Plattheiten zu schade war. Weder Verdammnis noch Lobhudelei auf die konträren Systeme, sondern erlebte Reflexionen.Shevek erkundet auf beiden Planeten die Grenzen der Ordnung. Ganz wichtig erscheint mir übrigens Le Guins fundamentale Vorraussetzung, dass die Anaresti Zeit hatten, sich auch ethisch weiterzuentwickeln. Sie sind keine reinen Anhänger Odos, sondern Menschen, die in diesem System sozialisiert wurden.Wichtig dafür ist sicher die radikale Änderung der Sprache. Durch die große Zeitspanne umschifft die Autorin einige Untiefen, etwa Slang oder vereinzelte Resistenz gegen die neue Sprache, bis hin zur Parallelexistenz.

#26 Waffeleisen

Waffeleisen

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Geschrieben 08 Juni 2017 - 12:05

Hat jemand zum Vergleich die Neuübersetzung von Karen Nölle gelesen? Ich kenne nun das Werk endlich auch, aber nur diese Neuausgabe bei Fischer/Tor. Im Anhang schreibt Nölle noch ein Assay über LeGuin und ihre Schöpfung, so dass ich durchaus einen Eindruck ihrer eigenen Sprache gewinnen konnte. Gibt es gravierende Unterschiede zur vorherigen Übersetzung?

 

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Das Buch selbst ist natürlich der Hammer. UKG zeigt uns vor allem eines: Nämlich, dass der Mensch nicht fähig ist, irgendeine Gesellschaftsform zur allgemeinen Zufriedenheit und zum allgemeinen Wohl zu beleben.


Bearbeitet von Herr Schäfer, 08 Juni 2017 - 12:07.

Was nicht in mein Regal passt: Booklooker

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#27 Waffeleisen

Waffeleisen

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Geschrieben 17 Juni 2017 - 15:30

Ich hab noch eine Rezension dazu geschrieben.


Was nicht in mein Regal passt: Booklooker

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#28 Gast_Jorge_*

Gast_Jorge_*
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Geschrieben 25 Juni 2017 - 23:05

 

 

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TV-Tipp

lesenswert quartett



#29 Peter-in-Space

Peter-in-Space

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Geschrieben 14 Januar 2018 - 18:46

Ich habe es nur ein der Version "Freie Geister" gelesen, aber muss sagen, dass leGuin zuerst den Anarchosyndikalismus hochleben lässt, um ihm nachher im Vergleich zum Kapitalismus und in beiderseits immanenten Offenheit für die Perversion der beiden Systeme relativ klar bloßzustellen.

 

Bei Annares sieht man zum Schluss die Folgen der egalitären Politik, die sich nur noch zum Zwecke der Abgrenzung von Urras' Kapitalismus hält, und Urras Ablehnung des Gesellschaftssystems auf Annares zeigt sich in der geradezu mütterlich aufgeschlossenen Haltung der dortigen Bevölkerung, Shevek aufzunehmen. Der Rest ist nur noch eine Frage des Geldes und des Einflusses. Auf Urras setzt man nicht auf die offen gezeigte Feindschaft, sondern auf auf die Trennung von einen System durch Vereinnahmung durch das Andere.


Wenn es eine Krisensituation gibt, sucht der intelligente Mensch nach einer Lösung,

der dumme Mensch nach Schuldigen.

(Verfasser unbekannt)

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