Ja. Die alten Zeiten. Die Reihe wird wohl wieder erblühn. Aber das wird 2008. Zu der rein grundsätzlichen Aussage wäre zu vermerken, daß es keine Barmherzigkeit geben kann, weil der Mensch einer solchen Motivation nicht fähig ist. Barmherzigkeit wäre eine Motivation, die jenseits jeglicher egozentrischer und sonstiger Interessen liegt, eine völlig interessenfreie Motivation - und diese stemmt der Mensch als solches nicht. Welch Tatendrang auch immer man einer näheren Betrachtung unterzieht, die Motive waren andere. Und das gilt selbst für Mutter Theresa, dem Sinnbild für Barmherzigkeit schlechthin - ihre Motivation war vielmehr Mitleid, was im Endergebnis keinen Unterschied macht. Aber es gibt keine Barmherzigkeit. Und ich bin gegenüber Falschbehauptungen unbarmherzig <g>. Gruß My.P.S.: Manchmal gibt es auch Barmherzigkeit. Kann mich noch gut an Deine Fanzineserie erinnern - lang ists her. Aber manche Themen verfolgen uns wohl.
Es gibt keine Barmherzigkeit -
#1
Geschrieben 04 Juni 2007 - 15:27
#2
Geschrieben 04 Juni 2007 - 15:40
Da sind wir wohl bei einem Definitionsproblem. In der Bibel wird vom "barmherzigen" Samariter berichtet. Irgendwo in der Geschichte heist es "er sah ihn und hatte Mitleid mit ihm". Mitleid und Barmherzigkeit gehört also irgendwie zusammen. Oder wie unterscheidest du die beiden Begriffe? Gruß keaJa. Die alten Zeiten. Die Reihe wird wohl wieder erblühn. Aber das wird 2008. Zu der rein grundsätzlichen Aussage wäre zu vermerken, daß es keine Barmherzigkeit geben kann, weil der Mensch einer solchen Motivation nicht fähig ist. Barmherzigkeit wäre eine Motivation, die jenseits jeglicher egozentrischer und sonstiger Interessen liegt, eine völlig interessenfreie Motivation - und diese stemmt der Mensch als solches nicht. Welch Tatendrang auch immer man einer näheren Betrachtung unterzieht, die Motive waren andere. Und das gilt selbst für Mutter Theresa, dem Sinnbild für Barmherzigkeit schlechthin - ihre Motivation war vielmehr Mitleid, was im Endergebnis keinen Unterschied macht. Aber es gibt keine Barmherzigkeit. Und ich bin gegenüber Falschbehauptungen unbarmherzig <g>. Gruß My.
Karl E. Aulbach (kea)
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#3
Geschrieben 05 Juni 2007 - 08:12
Jup. Ich unterscheide. Mitleid basiert i.d.R. auf einem schlechten Gewissen oder einer ähnlichen, meist anerzogenen und gesellschaftlich beeinflußten oder gar begründeten Motivation. Es gibt Konventionen, die sich im Rahmen der gesellschaftlichen Entwicklung aufgestellt haben, die aber eigentlich nur deshalb Konventionen geworden sind, weil sich im Laufe der Zeit dieses schlechte Gewissen entwickelt hat. In Wirklichkeit entsprechen diese Konventionen nicht der menschlichen Natur. Barmherzigkeit ist kein Mitleid. Barmherzigkeit - wie es auch in der Bibel gemeint sein könnte - wäre motivationsfrei, eher ein Instinkt, denn der Versuch, eine Konvention umzusetzen. Die Bibel ist unglücklicherweise keine gute Quelle, denn auch sie wurde von Menschen verfaßt, deren Motivation - sofern überhaupt klar - nachvollziehbar ist, und m.E. nicht aus Menschenfreundlichkeit - oder gar Barmherzigkeit, sic! - geschaffen wurde, sondern um ein ganz klar definiertes, bestimmtes Ziel zu erreichen. Gruß My.Da sind wir wohl bei einem Definitionsproblem. In der Bibel wird vom "barmherzigen" Samariter berichtet. Irgendwo in der Geschichte heist es "er sah ihn und hatte Mitleid mit ihm". Mitleid und Barmherzigkeit gehört also irgendwie zusammen. Oder wie unterscheidest du die beiden Begriffe? Gruß kea
Bearbeitet von Beckinsale, 05 Juni 2007 - 08:13.
#4 Gast_Gabriele Behrend_*
Geschrieben 11 Juli 2008 - 08:43
Bin durch Zufall hier gelandet - finde das Thema interessant. Und kann mich deiner Ausführung nicht anschliessen. Mitleid bedeutet mitleiden - das passiert in dem Moment, in dem man sich in die Lage eines anderen hineinversetzt. Mitleid hat also nichts mit einem schlechten Gewissen zu tun, sondern ist viel mehr der Ausdruck von Empathie. Diese Fähigkeit machen sich sämtliche Filmemacher, Autoren, etc zu eigen, um uns Konsumenten an den Kanthaken zu bekommen, damit wir auch offen und aufnahmebereit sind für die Inhalte, die sie vermitteln wollen. Ein schlechtes Gewissen bleibt immer was es ist - ein schlechtes Gewissen. Nehmen wir als Beispiel ... eine Spende für eine caritative Einrichtung in Afrika. Ich für meinen Teil habe kein schlechtes Gewissen, dass ich in besseren Umständen lebe. Daher würde ich allein aus diesem Grund nicht spenden. Aber ich kann ansatzweise nachfühlen, wie sich Hunger anfühlt, vor allem aber wie sich Verzweiflung anfühlt - und das berührt, das trifft - da beginnt der Prozess des Mitleidens. Und dann kann ich auch spenden. Konventionen bilden sich auf viele Arten - ein schlechtes Gewissen zu beruhigen ist da nur eine Möglichkeit. Das Konventionen sich mit der Zeit zur moralischen Instanz "hochschlafen" können, ist noch einmal ein ganz anderes Thema. Gruß G.BehrendMitleid basiert i.d.R. auf einem schlechten Gewissen oder einer ähnlichen, meist anerzogenen und gesellschaftlich beeinflußten oder gar begründeten Motivation. Es gibt Konventionen, die sich im Rahmen der gesellschaftlichen Entwicklung aufgestellt haben, die aber eigentlich nur deshalb Konventionen geworden sind, weil sich im Laufe der Zeit dieses schlechte Gewissen entwickelt hat.
#5
Geschrieben 11 Juli 2008 - 09:07
Das ist doch ein Haufen Unsinn.Jup.
Ich unterscheide. Mitleid basiert i.d.R. auf einem schlechten Gewissen oder einer ähnlichen, meist anerzogenen und gesellschaftlich beeinflußten oder gar begründeten Motivation. Es gibt Konventionen, die sich im Rahmen der gesellschaftlichen Entwicklung aufgestellt haben, die aber eigentlich nur deshalb Konventionen geworden sind, weil sich im Laufe der Zeit dieses schlechte Gewissen entwickelt hat. In Wirklichkeit entsprechen diese Konventionen nicht der menschlichen Natur.
Barmherzigkeit ist kein Mitleid. Barmherzigkeit - wie es auch in der Bibel gemeint sein könnte - wäre motivationsfrei, eher ein Instinkt, denn der Versuch, eine Konvention umzusetzen.
Die Bibel ist unglücklicherweise keine gute Quelle, denn auch sie wurde von Menschen verfaßt, deren Motivation - sofern überhaupt klar - nachvollziehbar ist, und m.E. nicht aus Menschenfreundlichkeit - oder gar Barmherzigkeit, sic! - geschaffen wurde, sondern um ein ganz klar definiertes, bestimmtes Ziel zu erreichen.
Gruß
My.
1. Was ist die menschliche Natur. Falls es so etwas tatsächlich geben sollte - für alle Völker, Kulturen und Zeiten übergreifend -, wieso solltest ausgerechnet Du wissen, was das ist.
2. Die Gegenüberstellung von "menschlicher Natur" (was immer das auch ist) und "gesellschaftlicher Konvention" ist ebenfalls unsinnig, weil es keinen Menschen gibt, dessen Persönlichkeit sich ausserhalb "gesellschaftlicher Konvention" entwickelt. Es gibt also keine Möglichkeit, jenseits die gesellschaftliche Konvention, auf irgend einen reinen Urzustand zu blicken.
3. Ansonsten muss ich mich den Ausführungen meines Vorredners zum Thema Empathie anschliessen; jeder emotional einigermassen normal funktionierende Mensch ist in der Lage ist, Empathie mit seinem Gegenüber zu empfinden und das hat grundsätzlich mal nichts mit schlechtem Gewissen zu tun, sondern primär mit der Tatsache, dass man das Gegenüber als menschliches Wesen erkennt und dessen Leiden bis zu einem gewissen Grad nachvollziehen kann. Das ist ein sehr grundlegender Mechanismus, den Du auch problemlos evolutionsbiologisch erklären kannst.
Bearbeitet von simifilm, 11 Juli 2008 - 11:02.
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#6 Gast_Gabriele Behrend_*
Geschrieben 11 Juli 2008 - 09:30
#7
Geschrieben 11 Juli 2008 - 09:45
Dass Problem an diesem Argument ist, dass man immer alles so drehen kann, dass es stimmt. Es stimmt wohl, dass die wenigsten Dinge primär deswegen tun, weil sie ihnen keine Befriedigung bringen; irgendeine Form von Befriedigung muss wohl jeder aus seinem Tun ziehen, und sei es auch nur aus Selbstschutz, weil er sonst durchdreht. Daraus kann man aber noch nicht ableiten, dass alles nur aus egoistischen Antrieb geschieht, resp. Egoismus wäre dann so breit gefasst, dass es am Ende überhaupt kein unegoistisches Handeln mehr geben kann, womit der Begriff hinfällig würde.Irgendwo in der Psychologie gibt es die These, dass der Mensch grundsätzlich aus einer Triebbefriedigung heraus handelt - sprich: er wird nichts machen, wenn er nicht einen Nutzen daraus ziehen kann. Nutzen kann vielerlei Gesichter haben - ein verbessertes Image, bzw soziales standing zum Beispiel. - Vielleicht ist das die Grundlage von My Denken.
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#8 Gast_Gabriele Behrend_*
Geschrieben 11 Juli 2008 - 09:56
...eben! Genau mein Denken - Merci!Dass Problem an diesem Argument ist, dass man immer alles so drehen kann, dass es stimmt. Es stimmt wohl, dass die wenigsten Dinge primär deswegen tun, weil sie ihnen keine Befriedigung bringen; irgendeine Form von Befriedigung muss wohl jeder aus seinem Tun ziehen, und sei es auch nur aus Selbstschutz, weil er sonst durchdreht. Daraus kann man aber noch nicht ableiten, dass alles nur aus egoistischen Antrieb geschieht, resp. Egoismus wäre dann so breit gefasst, dass es am Ende überhaupt kein unegoistisches Handeln mehr geben kann, womit der Begriff hinfällig würde.
#9
Geschrieben 11 Juli 2008 - 11:57
Ich habe nie behauptet, daß meine Meinung die "einzig richtige" sei, nicht mal die "richtige". Außer vielleicht für mich. Aber ich sehe mich nicht gezwungen, meine Meinung automatisch für falsch zu halten, weil jemand eine andere Meinung hat. Ich sehe mich auch nicht gezwungen, eine andere Meinung für einen "Haufen Unsinn" - - zu halten, nur weil ich eine andere Meinung habe. Das Thema ist sicherlich leicht philosophisch und ein Spielfeld für viele Argumentationen, Sichtweisen, Gedanken. Ich schrieb zum Mitleid nicht von absoluten Maßstäben, sondern von der Regel: "i.d.R. = in der Regel". Ich sprach davon, daß Barmherzigkeit kein Mitleid ist, sondern motivationsfrei, ein Instinkt vielleicht. Ich halte den Menschen an sich der Barmherzigkeit nicht für fähig. Wirkliche Barmherzigkeit müßte auch ohne Zweifel und Zögern Dinge ermöglichen, die durch gesellschaftliche Konvetionen nicht gedeckt, nicht ermöglicht werden. My.PS Im Übrigen sind mir Leute grundsätzlich suspekt, die ihre Meinung in einer Art und Weise vertreten, als sei dies die einzig *richtige* - nur mal so am Rande.
#10
Geschrieben 11 Juli 2008 - 12:15
Auch wenn man über diese Definition von Barmherzigkeit streiten könnte, würde ich, selbst wenn man dieses enge Verständnis anlegt, behaupten, dass es diesen "Instink" gibt. Wenn jemand vor Dir auf der Strasse umfällt und blutend liegend bleibt, macht sich in den meisten Menschen sofort der Drang bemerkbar, diesem Menschen zu helfen. Diesen Drang werden, so behaupte ich, die meisten Menschen verspüren. Ob sie dann danach handeln ist etwas anderes; manche, vielleicht auch viele, werden es aus allen möglichen Gründen nicht helfen, aber der unmittelbare Impuls "Oh, da ist jemand verletzt, da muss man doch etwas tun", werden die meisten verspüren. Und das hat eben genau mit Empathie zu tun: Wir verstehen, dass es dem anderen schlecht geht, und verspüren einen Impuls, etwas zu tun. Und dieser unmittelbare Impuls ist ziemlich motivationsfrei.Ich habe nie behauptet, daß meine Meinung die "einzig richtige" sei, nicht mal die "richtige". Außer vielleicht für mich. Aber ich sehe mich nicht gezwungen, meine Meinung automatisch für falsch zu halten, weil jemand eine andere Meinung hat. Ich sehe mich auch nicht gezwungen, eine andere Meinung für einen "Haufen Unsinn" - - zu halten, nur weil ich eine andere Meinung habe. Das Thema ist sicherlich leicht philosophisch und ein Spielfeld für viele Argumentationen, Sichtweisen, Gedanken. Ich schrieb zum Mitleid nicht von absoluten Maßstäben, sondern von der Regel: "i.d.R. = in der Regel". Ich sprach davon, daß Barmherzigkeit kein Mitleid ist, sondern motivationsfrei, ein Instinkt vielleicht.
Bearbeitet von simifilm, 11 Juli 2008 - 12:16.
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#11 Gast_Gabriele Behrend_*
Geschrieben 11 Juli 2008 - 12:42
...das liegt vielleicht an der Art des sprachlichen Ausdrucks. Du wirkst in dem wie du schreibst leicht aggressiv und selbstüberzeugt - was gerade in einem philosophischen Thread so wirken kann, wie ich es im Postscriptum beschrieben habe - und auch ebensolche Reaktionen hervorrufen kann, wie sie simifilm gezeigt hat.Ich habe nie behauptet, daß meine Meinung die "einzig richtige" sei, nicht mal die "richtige". Außer vielleicht für mich. Aber ich sehe mich nicht gezwungen, meine Meinung automatisch für falsch zu halten, weil jemand eine andere Meinung hat. Ich sehe mich auch nicht gezwungen, eine andere Meinung für einen "Haufen Unsinn" - - zu halten, nur weil ich eine andere Meinung habe.
Nun ist das so, dass man wenn in einem Forum miteinander kommuniziert wird, vieles falsch verstanden werden kann. Obwohl ich schon der Überzeugung bin, dass man auch allein durch seinen Stil eine Bereitschaft zur gemeinsamen Diskussion ausdrücken könnte.
Nimm diesen Teil meines Beitrags nur als kurze Spiegelung, was deine Aussenwirkung betrifft - und Gott erhalte dir deine eigene Meinung, um Himmels Willen
(und bevor du es schreibst: deine Meinung ist deine Meinung, da hat der liebe Gott rein gar nichts mit zu tun und ja, du bist groß genug, sie selber zu verteidigen)
Zurück zum Thema !Das Thema ist sicherlich leicht philosophisch und ein Spielfeld für viele Argumentationen, Sichtweisen, Gedanken. Ich schrieb zum Mitleid nicht von absoluten Maßstäben, sondern von der Regel: "i.d.R. = in der Regel". Ich sprach davon, daß Barmherzigkeit kein Mitleid ist, sondern motivationsfrei, ein Instinkt vielleicht.
Du sagst schon wieder, dass Mitleid motivationsgebunden ist. Ich sage schon wieder, dass dem nicht so ist.
wiki sagt dazu folgendes:
Wo steht da etwas von Motivation?Mitleid ist die Anteilnahme an Schmerz und Leid anderer. Es unterscheidet sich vom bloßen Miterleben durch die Bereitschaft, aktiv zu helfen und dem anderen bei der Bewältigung des Leids zur Seite zu stehen.
Mitleid erscheint als Gegenstand der Literatur bereits in der „Ilias" von Homer, wenn Achill von seinem Zorn lässt und dem Priamos auf dessen Bitte den Leichnam seines Sohnes Hektor übergibt. Es gilt in den meisten Philosophien und Religionen als positive Eigenschaft oder Tugend. Im Christentum ist Mitleid die Voraussetzung für Barmherzigkeit (Misericordia) und damit wesentlicher Bestandteil tätiger Nächstenliebe. Im Mahayana-Buddhismus ist Mitleid das zentrale Motiv, das Bodhisattvas auf die eigene Erleuchtung verzichten lässt, um Menschen auf dem Weg zu dieser voranzuhelfen (zur buddhistischen Konzeption von Mitleid vergleiche auch Karuna).
Ablehnend stehen die Stoiker sowie Friedrich Nietzsche dem Mitleid gegenüber, wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. In der Gefühlsethik des 18. Jahrhunderts wurde das Mitleid zum zentralen sozialen Gefühl und Prinzip der Moral. Später vertrat Arthur Schopenhauer eine Mitleidsethik, in der das Gefühl des Mitleids in ähnlicher Weise im Mittelpunkt stand.
Max Scheler unterscheidet zwei Arten von Mitleid: das echte Mitleid und die reine Gefühlsansteckung. Bei letzterer leidet die betreffende Person.
Mitgefühl umfasst im Gegensatz zu Mitleid unter anderem auch die Mitfreude, ist also nicht auf Leid beschränkt.
#12
Geschrieben 11 Juli 2008 - 14:39
#13
Geschrieben 11 Juli 2008 - 14:49
So allgemein gefragt, kann man das kaum beantworten. Aber vor allem: Was hat das mit dem zu tun, was ich geschrieben habe?@ Simon: Ein Mensch liegt vor dir, der stirbt. Der offensichtlich stirbt. Der nicht nur das tut, sondern es auch möchte. Was tust du? Hilfst du ihm, zu sterben? Tötest du ihn?
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#14 Gast_Gabriele Behrend_*
Geschrieben 11 Juli 2008 - 15:00
Diskutieren wir hier nicht unter anderem auch den Unterschied zwischen Barmherzigkeit und Mitleid? Wenn Mitleid also nicht motiviert ist - wo ist dann der Unterschied zur Barmherzigkeit? Und wenn du unmotiviertes Mitleid in deinem Denken zulässt, warum dann nicht unmotivierte Barmherzigkeit?Ich sagte, daß Barmherzigkeit motivationsfrei ist. Ich sagte damit nicht - und will das auch nicht so verstanden wissen - daß Mitleid motivationsgebunden = motiviert sein muß.
#15
Geschrieben 11 Juli 2008 - 15:32
#16
Geschrieben 11 Juli 2008 - 17:36
#17
Geschrieben 11 Juli 2008 - 17:49
Tut mir leid, aber ich kann dieser Argumentation nicht einmal ansatzweise folgen, nicht zuletzt weil die von Dir beschriebene Situation völlig künstlich ist und ich ohne Kontext überhaupt nichts dazu sagen kann. Solange ich nichts über die Beweggründe dieses Menschen weiss, kann ich dazu nicht antworten, denn es stimmt keineswegs, dass ich in jedem Fall barmherzig handeln würde, wenn ich seinem Wunsch folge. Es könnte genau so gut auch leichtfertig sein. Ausserdem hast Du in meine Augen die Definition von Barmherzigkeit geändert. Zuerst hast Du sie als motivfrei definiert, in diesem Beispiel geht es aber drum, ob es andere Antriebe/Motivationen/Zwänge gibt, die die Barmherzigkeit überlagern könnte. Diese gibt es zweifelsohne, nur folgt daraus noch nicht, dass es keine Barmherzigkeit gibt.@ Simifilm: Wenn du in der Lage wärst, ohne Weiteres, dem Menschen zu helfen, zu sterben, ihn zu töten, um ihm zu helfen, dann würde ich Barmherzigkeit für möglich halten können. Das Problem ist, daß du es nicht tun würdest, nicht tun wirst. Nicht, daß ich dir das mit diesen Worten jemals zum Vorwurf machen wollte. Oder irgendjemand anderem. Es ist einfach so, und es gibt gute Gründe dafür, daß es so ist. Daß du es nicht tun würdest. Einer der Gründe ist, daß es keine wirkliche Barmherzigkeit gibt. Denn gäbe es wirkliche Barmherzigkeit, dann stünde in dieser kurz angedeuteten Situation, der du - oder jemand anders - dich gegenüber sehen könntest, nicht die Frage im Vordergrund, ob das, was du möglicherweise tun mußt, gut ist oder nicht, gesellschaftlich sanktioniert oder nicht, anerkannt oder nicht, richtig oder nicht.
Bearbeitet von simifilm, 11 Juli 2008 - 17:53.
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#18
Geschrieben 11 Juli 2008 - 18:20
Im Grunde sagst du es selbst, wie ich es meine. Mit anderen Worten. Barmherzigkeit ist ein Instinkt. Wenn es sie überhaupt gibt. Ich glaube nicht, daß der Mensch noch Instinkte hat. Wenn du nachdenkst, kannst du nicht barmherzig sein. My.Tut mir leid, aber ich kann dieser Argumentation nicht einmal ansatzweise folgen, nicht zuletzt weil die von Dir beschriebene Situation völlig künstlich ist und ich ohne Kontext überhaupt nichts dazu sagen kann. Solange ich nichts über die Beweggründe dieses Menschen weiss, kann ich dazu nicht antworten, denn es stimmt keineswegs, dass ich in jedem Fall barmherzig handeln würde, wenn ich seinem Wunsch folge. Es könnte genau so gut auch leichtfertig sein. Ausserdem hast Du in meine Augen die Definition von Barmherzigkeit geändert. Zuerst hast Du sie als motivfrei definiert, in diesem Beispiel geht es aber drum, ob es andere Antriebe/Motivationen/Zwänge gibt, die die Barmherzigkeit überlagern könnte. Diese gibt es zweifelsohne, nur folgt daraus noch nicht, dass es keine Barmherzigkeit gibt.
#19
Geschrieben 11 Juli 2008 - 21:14
Wenn ich darüber nachdenke, komme ich nur zum Schluss, dass mich Deine Argumentation nicht überzeugt. Der Mensch hat durchaus noch Instinkte, der offensichtlichste ist der Überlebensinstinkt. Und manche Leute handeln in gewissen Situationen tatsächlich aus dem "Barmherzigkeitskinstinkt".Im Grunde sagst du es selbst, wie ich es meine. Mit anderen Worten. Barmherzigkeit ist ein Instinkt. Wenn es sie überhaupt gibt. Ich glaube nicht, daß der Mensch noch Instinkte hat. Wenn du nachdenkst, kannst du nicht barmherzig sein.
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#20
Geschrieben 11 Juli 2008 - 21:22
Versuch mich mal rein theoretisch zu überzeugen und sag mir, welche Barmherzigkeitsinstinktsituation da relevant wäre, v.a. eine, die z.B. den - durchaus bemerkenswerten - Überlebensinstinkt "überschreiben" würde. Nur neugierhalber. My.Wenn ich darüber nachdenke, komme ich nur zum Schluss, dass mich Deine Argumentation nicht überzeugt. Der Mensch hat durchaus noch Instinkte, der offensichtlichste ist der Überlebensinstinkt. Und manche Leute handeln in gewissen Situationen tatsächlich aus dem "Barmherzigkeitskinstinkt".
#21
Geschrieben 11 Juli 2008 - 21:28
Ein Kind ist im See am Ertrinken, ein Mann, der vorbeikommt und mit dem Kind nicht weiter bekannt oder verwandt ist, springt hinein, um es zu retten, am Ende ertrinken beide. Ein Szenario, das immer wieder vorkommt. Der Mann versucht aus einem ganz urwüchsigen Trieb hinaus, das Kind zu retten, obwohl er bei Lichte betrachtet eigentlich wissen müsste, dass die Gefahr gross ist, dass sie beide nicht überleben. Dennoch springt er hinein.Versuch mich mal rein theoretisch zu überzeugen und sag mir, welche Barmherzigkeitsinstinktsituation da relevant wäre, v.a. eine, die z.B. den - durchaus bemerkenswerten - Überlebensinstinkt "überschreiben" würde. Nur neugierhalber.
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#22
Geschrieben 16 Juli 2008 - 14:36
Ich bin mir nicht sicher, ob das unter Barmherzigkeit fällt, ich glaube eher, dasß das ein speziell auf *Kinder* bezogener Instinkt ist. Von solchen Fällen bei Erwachsenen hört man nichts, mir fällt jedenfalls keiner ein.Ein Kind ist im See am Ertrinken, ein Mann, der vorbeikommt und mit dem Kind nicht weiter bekannt oder verwandt ist, springt hinein, um es zu retten, am Ende ertrinken beide. Ein Szenario, das immer wieder vorkommt. Der Mann versucht aus einem ganz urwüchsigen Trieb hinaus, das Kind zu retten, obwohl er bei Lichte betrachtet eigentlich wissen müsste, dass die Gefahr gross ist, dass sie beide nicht überleben. Dennoch springt er hinein.
Martin Stricker
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Science-Fiction-Rezensionen
#23
Geschrieben 16 Juli 2008 - 14:41
Beckinsale bezeichnet Barmherzigkeit ja gerade als Instinkt ...Ich bin mir nicht sicher, ob das unter Barmherzigkeit fällt, ich glaube eher, dasß das ein speziell auf *Kinder* bezogener Instinkt ist. Von solchen Fällen bei Erwachsenen hört man nichts, mir fällt jedenfalls keiner ein.
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#24
Geschrieben 17 Juli 2008 - 20:17
Ich denke hier steckt ein Widerspruch drin, was vielleicht am abstrakten Topos liegt. Ein soziales Verhalten ist etwas an-gelerntes und demnach ist es nicht zwingend erforderlich das zu be- oder überdenken. Typisches Beispiel: Rote Ampeln. Selbst wenn man Nachts um Drei mitten in der Mongolei auf eine rote Ampel trifft, zögerte man. Vielleicht geht man dann doch einfach drüber, wenn man eine statistische Erhebung über die mittlere Verkehrsdichte um 03.03 Uhr Nacht in der mongolischen Steppe gelesen hat, aber der erste STOPP!-Effekt ist den meisten Menschen bis ins Mark antrainiert. Sie werden nicht einfach weiterlaufen, sondern kurz innehalten und sei es für den Bruchteil einer Sekunde. Bei einem solchen sozial antrainiertem Verhalten denkt man nicht nach.Du kannst nur barmherzig sein, wenn du denkst. Denn Barmherzigkeit ist kein Instinkt, sondern ein soziales Verhalten, das in der Regel aus Mitleid resultiert.
Rationales Denken ist eher ein Feind der Barmherzigkeit, weil Barmherzigkeit ein Akt der Großzügig- und Großherzigkeit ist. Sie geht deswegen auch immer einher mit Einschnitten für den 'Retter' selbst. Er geht erhebliche Risiken und eigene Verluste ein. Auch ein ganz bestimmtes Folge-Risiko nimmt er oft in Kauf: nämlich das sein Handeln vielleicht gar nichts bewirkt.
Das alles sieht die Ratio nicht so gerne.
Das ist ein sehr schönes Beispiel, weil ich denke, dass man daran gut sieht, was Barmherzigkeit nicht ist. Einem Bettler einen Euro zu geben ist zwar ein mildtätiger Akt, aber man weiß bereits sehr genau, dass der eine Euro dem Bettler in keinster Weise aus seiner Lage befreit. Man kann sehr wohl Mitleid mit dem Bettler haben, tiefes echtes Mitempfinden für seine Situation. Das bedeutet aber noch nicht sehr viel, nicht einmal das man hilft. Es gibt nicht umsonst den Ausdruck, "sich mitleidig abwenden".Wenn ich einem Bettler einen Euro gebe, dann ist das eine Form von Barmherzigkeit, weil mir der Kerl leid tut ...
Wenn man also Mitleid hat und nicht aus dem Grund schon 'flieht', kommt an der Stelle eventuell zum ersten mal kurz das Denken ins Spiel: Soll ich - und wie kann ich helfen?
Entweder bleibt es an der Stelle wiederum beim bloßen Mitleid und es geschieht nichts, außer das man erst jetzt weitergeht und einem der arme Bettler noch eine ganze Weile Leid tut. Oder man lässt sich von seinem Mitleid derart mitreißen, dass man seine Jacke auszieht, sie ihm gibt und noch die eigene ganze Brieftasche hinterher reicht, in der Hoffnung das beides ausreicht den Mann weiter zubringen. Wenn man barmherzig ist, tut man im ersten Moment alles was man tun kann. Oder besser, man würde es tun.
Denn noch bevor ich meine Jacke ausgezogen habe, lauert oft eine zweite Überlegung au mich, die aber auch keineswegs zwangsläufig ist: man gerät in eine Abwägung. Wie viel kann ich tun, ohne mir selbst zu schaden?
Und spätestens an der Stelle wird eine emotionale Reaktion bei uns allen sehr oft von rationalen Gründen überlagert und scheitert. Je mehr man hier denkt, desto unwahrscheinlicher ist, dass ich am Ende wirklich helfe. Wäre es denn gut, wenn ich meine Brieftasche mit 500 Euro darin weggebe? Oder meine Jacke? Vielleicht regnet es und ich setze mich so der Gefahr aus zu erkranken? Wahrscheinlich wird auch das dem Mann nicht reichen, wozu also überhaupt etwas tun? Die Gründe gar nichts zu tun sind logisch viel greifbarer als die etwas zu tun.
Aber wie auch immer ich diese Fragen beantwortet, wenn am Ende meine Reaktion für mich einen Verlust darstellt, eine Einbuße, welche ich nur zugunsten des anderen hinnehme, dann handle ich Barmherzig. Wenn ich aber gerade einmal soviel gebe, dass es mich selbst nicht wirklich schmerzt, handle ich mildtätig. Ich gebe dem, der weniger hat als ich... aber nur soviel, dass es mich keinesfalls bedroht.
Ich glaube hier betrügen wir uns gerne selbst (ich schließe mich da selbstverständlich mit ein). Denn ist der eine Euro wirklich eine Hilfe? In der heutigen Politik würde man so was als 'nicht nachhaltig' bezeichnen. In gewisser Weise helfen wir uns selbst damit oft mehr, als irgendjemand sonst. Häufig wollen wir durch die Gabe jemand in unserem Umfeld beeindrucken oder wir versuchen unser eigenes Gewissen zu kaufen. Obwohl also der Bettler am Ende was bekommt, bekommen (oder erwarten) wir für uns selbst viel mehr. Wir beschenken uns selbst.... denn ich kann mich ja auch dazu entscheiden, ihm nichts zu geben. Diese Entscheidung ist dann aber nicht auf einen Instinkt zurückzuführen, sondern auf einen Denkvorgang.
Barmherzig wäre in dem Fall, wenn wir ihm , obwohl wir es doch besser wissen, 250 Euro in die Hand drücken würden und dabei entweder gar nicht darüber nachdenken von was wir nächste Woche essen, oder aber, es trotz dieser Überlegung in Kauf nehmen den Rest den Monats zu hungern.
So ungern ich Dir, Kaffee-Charly, also ein schlechtes Gewissen machen will, Du hast Dich hier nicht dazu entschlossen zu helfen, sondern nur dazu (irgend-)etwas zu tun. Also selbst wenn Du rein altruistische Motive hattest, reden wir im besten Fall über Mild-tätigkeit, nicht über Barmherzigkeit.
Ein sehr schönes, reales und definitiv nicht-biblisches Beispiel für Barmherzigkeit hat meiner Meinung nach ausgerechnet Friedrich Nietzsche, der bekanntlich Mitleid für eine Fehlentwicklung hielt, geliefert. Am 3. Januar 1889 verlässt Nietzsche seine Wohnung. Auf der Piazza Carlo Alberta beobachtet er, wie ein Droschkenkutscher wie ein Wahnsinniger auf sein Kutsch-Pferd einschlägt. Weinend wirft sich der 45 Jährige Nietzsche dem Tier an den Hals, um es mit seinem Körper vor den Schlägen zu schützen. Von Mitleid überwältig, bricht er kurz darauf zusammen. Die restlichen 11 Jahre seines Lebens verbringt er in einem geistigen Dämmerzustand.
Und an der Stelle kommt die ganze Sache vermutlich auch in die Richtung "Instinkt" auf die Michael abzielt. Das Nietzsche keinerlei Vorteile davon hatte das Pferd zu schützen dürfte hoffentlich unstreitig sein. Bei dieser Aktion Akt hatte er wohl keinerlei eigene Überlegungen und Interessen. Sollte er überhaupt rationale Abwägungen gedacht haben, so hat er das Ergebnis verworfen und das Pferd doch geschützt. Mit dem Fehlen jedwedes eigenen Grundes bzw. Vorteils könnte man sein Handeln zumindest in die Nähe einer nicht rational begründeten Reflex- oder Instinkthandlung rücken, auch wenn es das nicht im Sinne des Instinkt-Fachterminus' sein dürfte (falsia demonstratia non nocet). Es ist eben eine sehr reine Form etwas zu tun; vollkommen ohne Eigeninteresse oder sogar ohne Überlegung in diese Richtung.
ne'shau
Tcha'
#25
Geschrieben 29 Juli 2008 - 00:41
Charly, es tut mir wirklichleid das zu sagen, aber manchmal erzählst Du ziemlich hanebüchene Sachen. Das betrifft nicht nur diesen Thread, aber ich beschränke ich mal darauf. Und nein, ich verwechsle es nicht. Eine rote Ampel wird erst durch einen sozialen Kontext und Konsens zu einem Gefahrensignal. Ein Ureinwohner von Papua-Neuiginea, der noch nie so was gesehen hat, wird grinsen und drüber gehen, weil es in seiner Kultur solche komischen Apparate nicht gibt und sie eben keine Bedeutung für ihn haben. Für ihn ist eine Oxyuranus scutellatus canni ein Gefahrensignal, ein rote Ampel jedoch nur ein kurioses Blinkeding. Es ging auch zu keinem Zeitpunkt um soziale "Prozesse" - aber das sei dahingestellt. Vielleicht erlaubst Du mir noch einen, sicher überflüssigen, Hinweis; Insbesondere Foren fordern Wider- und Zuspruch geradezu heraus. Es ist beinahe selbstverständlich, dass immer jemand dagegenhält. Das wäre an sich auch nicht das Problem, wenn es einer offenen Diskussion dient. Aber viele Diskutanten steigern sich in ihre eigenen Argumente hinein und sind damit dann per se davon überzeugt, dass ihr Widerspruch auch gleich Wahrheit ist. Und dass sie demnach ihre Wahrheit bis zu Ende durchfechten müssen. Oftmals kommt es dann, ohne das man es selbst im Eifer des Gefechtes merkt, dazu das man sehr abstruse Sachen sagt oder versucht ebensolche Theorien belegen zu können. Am Ende widerspricht man nur noch, um zu widersprechen, und man streitet, um zu streiten. Die eigentliche Sache wurde dabei schon lange aus den Augen verloren. Womöglich solltest Du einige Beiträge die Du verfasst mal unter diesem Blickwinkel gegenlesen, und sei es nur, um Dir sicher zu sein, dass ich falsch liege. Ich möchte mich übrigens von diesem oben beschriebenen Foren-Phänomen ausdrücklich nicht ausnehmen. Ich habe mir für diese Antwort hier nicht umsonst viel Zeit gelassen. Es schien mir durchaus angemessen, die Sache erstmal ruhen zu lassen, um sie danach halbwegs objektiv anzugehen und so viele Fehler wie möglich zu vermeiden.Da verwechselt du etwas. Antrainierte Reflexe (wie Rote-Ampel-Stops) sind kein soziales Verhalten. Solche Reflexe dienen nur dem Selbstschutz (Selbsterhaltungstrieb). Rote Ampeln sind ja nichts anderes als ein Gefahrensignal. Und auf Gefahrensignale reagieren die meisten Menschen weitestgehend gleichartig - weltweit. Das sind aber keine sozialen Prozesse.
Ich möchte Dich darauf aufmerksam machen, wie ausgemacht arrogant das rüberkommt. Wenn Du meinst, dass ausser Dir niemand ausreichend Erfahrung mit dem Thema habe, um darüber zu sprechen, so sei das Deine Meinung. Sie wirft aber in vielerlei Hinsicht ein denkbar schlechtes Licht auf Dich. Wie Du sie hier anbringst ebenso. ne'shau Tcha'So - ich werde mich jetzt aber wieder aus dieser Diskussion ausklinken.... Sie ist mir nämlich viel zu theoretisch, weil ich den Eindruck habe, dass die hier beteiligten Diskutanten keine realen Erfahrungen mit dieser Thematik haben.... Ich hatte mal 'was mit Drogenbekämpfung zu tun - da habe ich den Unterschied zwischen barmherzig und unbarmherzig auf sehr reale (und auch sehr krasse) Weise kennengelernt... Seid froh, wenn ihr das Glück habt, auf solche Erfahrungen verzichten zu können. (Aber vielleicht würdet ihr das Thema dann aus einem ganz anderen Blickwinkel betrachten.)
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