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Gedo Senki


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#1 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

    Interstellargestein

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Geschrieben 21 August 2007 - 09:03

Ich habe gerade die japanische Ausgabe des neuen Films des berühmten Animationsstudios der Miyazakis durch. Es handelt sich um eine erste Annäherung an den Erdsee-Stoff von Ursula K. Le Guin, insbesonders um eine Neuinterpretation von Teilinhalten der 1., 3. und 4. Bücher, sowie dem Finale des letzten Buches. Mir gefiel der Film ganz gut. Er zeigt natürlich auch typische Elemente eines Miyazaki-Films auf: Prinz und Prinzessin, eine Welt deren Balance durch Missverhalten der Menschen gefährdet ist, kataklysmische Finalen...

Aber Le Guin selbst hatte gemischte Empfindungen dabei; ich hab mir die Mühe gemacht, ihre Reaktion größtenteils zu übersetzen, wobei darauf hingewiesen werden sollte, dass sie eigentlich KEIN ausführliches Kommentar abgeben wollte, sich dazu aber gezwungen fühlte durch die Blog-Veröffentlichung ihres kurzen verbalen Kommentars zum Regisseur, Goro Miyazaki, "Es ist nicht mein Buch. Es ist Ihr Film. Es ist ein guter Film.", das ihr bei derartiger breiter Veröffentlichung zu knapp erschien:

Ein großer Teil des Films war schön. Die Zeichentrickkunst wurde aber an vielen Stellen vereinfacht in diesem schnell produzierten Film. Er hat nicht die zarte Genauigkeit von Totoro oder die starke und herrliche Detailliertheit von Chihiros Reise. Die Bilder sind effektiv aber oft gang und gäbe.

Ein großer Teil des Films war aufregend. Die Aufregung wurde aufrecht erhalten durch Gewalt, in einem Maße das ich als zutiefst ungerecht ggü. dem Geist der Bücher empfand.

Ein großer Teil war zusammenhangslos, fand ich. Das kann daran gelegen haben, das ich dauernd versuchte die Geschichten in meinen Büchern wieder zu erkennen...
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Die "Botschaften" des Films scheinen mir etwas zu plump, da die Aussagen über Leben und Tod, die Balance, usw., obwohl oft ziemlich genau aus dem Buch wieder gegeben, nicht wie im Original aus Rollen und Taten hervor gehen. Wie sehr sie auch gut gemeint sein mögen, sind sie nicht Teil der Geschichte und der Rollen im Film. Sie wurden nicht "erworben". Also wirken sie wie eine Predigt.
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In modernen fantastischen Werken (literarisch oder regierungs-erfunden) ist das Töten von Menschen die übliche Lösung zum sogenannten Krieg zwischen Bösem und Gutem. Meine Bücher wurden nicht erdacht im Sinne eines solchen Kriegs, und bieten keine einfachen Antworten zu zu sehr vereinfachten Fragen.

Obwohl ich meine eigenen Erdsee-Drachen schöner finde, bewundere ich die edle Art wie Goros Drachen ihre Flügel falten. Die Tiere die er sich ausdachte wurden mit viel Zärtlichkeit gesehen - ich mochte die ausdrucksstarken Ohren des Pferd-Lamas. Ich mochte auch sehr die Pflug-, Wasserholen- und Stall-Szenen usw., die dem Film eine erdige und praktische Ruhe geben - eine weise Änderung des Tempos zwischen ständigem Kampf und dauernder "Action". In diesen Szenen, zumindest, erkannte ich mein Erdsee wieder.

Zum Thema Hautfarbe:

Mein Ziel der Farbgebung der meisten Erdseebewohner, und dass die Weißen dort nur ein rückständiges Randphänomen sind, war natürlich moralischer Art, mit jungen Amerikanern und Europäern als Zielgruppe. Fantasyhelden der europäischen Tradition waren üblicherweise weiß - so gut wie immer in 1968 - und dunklere Hautfarbe wurde oft mit Bösem assoziiert. Durch das einfache Umdrehen einer Erwartung kann eine Romanschreiberin Vorurteile unterwandern.

Die Macher der amerikanischen TV-Fassung, die damit angaben "farbenblind" zu sein, reduzierten die farbige Bevölkerung Erdsees zu eineinhalb Personen. Ich habe sie stark angefahren dafür dass sie Erdsee weißgetüncht haben, und vergebe ihnen das nicht.

In Japan liegt die Sache anders. Ich kann das Rassenthema in Japan nicht ansprechen weil ich zu wenig darüber weiß. Aber ich weiß dass ein Anime-Film immer mit den fast ewigen Gesetzen des Genres zu ringen hat. Die meisten Menschen in Animes wirken weiß - in amerikanischer/europäischer Betrachtung. Mir wurde gesagt dass das japanische Publikum das anders wahrnimmt. Mir wurde gesagt dass sie Ged als dunkler sehen könnten als mein Auge das vermag. Ich hoffe es...

(Dies ist ein meist spoilerloser Auszug des Kommentars - um es vollständig im Engl. inkl. längerer Einleitung zu lesen, bitte dem ersten obigen Link folgen!)

P.S.: Ein wenig klingt m.E. durch, dass Le Guin bereut vor 20 Jahren nicht genauer hin gesehen zu haben als Miyazaki senior ihr anbot Erdsee zu verfilmen, und sie ihn unbekannterweise ablehnte. Eine traurige Entscheidung - man stelle sich vor, eine ganze Generation von Kids wäre mit einer sanfteren Erdsee-Vision im Kino aufgewachsen. Immerhin war Gedo Senki in Japan wochenlang ein Hit.

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 21 August 2007 - 12:54.

/KB

Yay! Fantasy-Dialog Ende Januar...
Prof.: Dies sind die Bedingungen meiner Vormundschaft. (schiebt 2 Seiten über den Tisch) [..]

Junge: (schockiert, aber er nickt)

Prof.: Sehr gut... Noch eine Sache. Es fällt auf, dass du noch keinen Namen hast. Du benötigst einen.

Junge: Ich habe einen! -...

Prof.: Nein, das genügt nicht. Kein Engländer kann das aussprechen. Hatte Fräulein Slate dir einen gegeben?

Junge: ... Robin.

Prof.: Und einen Nachnamen. [..]

Junge: Einen [anderen] Nachnamen... aussuchen?

Prof.: Englische Leute erfinden sich namentlich ständig neu.

(Studierter Brite in besten Jahren, vs. dem Jungen, den er vor kurzem vorm Verenden in einem chinesischen Slum rettete, grob übersetzt aus Babel, im Harper-Voyager-Verlag, S. 11, by Kuang)




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