(Die letzten Posts haben es angedeutet, und auch das Anthropische Prinzip ist ja nur eine Hypothese, also: Der Thread wurde ins Spekulations-Subforum verschoben. Ich habe mir auch die Freiheit genommen, den Thread-Untertitel etwas zu versachlichen; hoffe das ist Ok. /Mod)
So, ich hab den Artikel jetzt auch endlich gelesen. Interessanter Lesestoff,
Oliver!
Fokaler Satz scheint mir darin dieser zu sein:
Die Summe aller neueren Erkenntnisse in den Bereichen Astronomie, Astrochemie, Astrobiologie und Astrophysik legt damit einen überraschenden Schluss nahe, nämlich dass das Leben auf der Erde wahrscheinlich einzigartig ist in einem ansonsten unbelebten Universum.
Genau dieser Satz sagt aber eher wenig aus. Erstens wäre interessant, wie die Wahrscheinlichkeit aussieht, und wie es zu deren Berechnung kam. Zweitens wird hier gleich aufs ganze Universum expandiert; das Universum aber ist groß - es gibt vieles darin, das wir noch nicht verstehen bzw. geortet haben (z.B. zig Trilliarden Tonnen dunkler Materie
).
Auch diese Schlussfolgerung verstehe ich nicht:
Der Biochemiker Jacques Monod vertrat 1970 in seinem legendären Buch "Zufall und Notwendigkeit" noch die These, dass nur der Zufall die Entstehung des Lebens erklären kann. Doch der Begriff des Zufalls würde voraussetzen, dass wir die primäre Biogenese verstehen und einerseits ihr Nicht-Ereignis, ihr Ausbleiben, andererseits ihr unerwartetes Geschehen erklären könnten. Genau das ist nicht der Fall. Somit kann dieser unerklärliche Prozess, der sich in der Geschichte des Universums nur ein einziges Mal abgespielt hat, genau wegen dieser Einzigartigkeit nicht mit der Kategorie des Zufalls erfasst werden. Die Einzigartigkeit des Lebens liegt jenseits von Zufall und Notwendigkeit.
Der 1. Satz im Zitat kann nur bestehen, wenn Hr. Monod genug von der Biogenese verstanden hat, um feststellen zu können dass sie nur zufällig geschehen "konnte". Hat er das wirklich? Wie kann man sich da sicher sein? Der 2. Satz im Zitat sagt genau das aus, dass Hr. M. die Biogenese verstanden haben muss usw.. Der 3. Satz "widerlegt" das. Danach folgert der Artikel-Autor, es könne also kein Zufall gewesen sein.
Am ganzen Artikel missfallen mir 2 Punkte:
- Erstens wird kaum darauf hingewiesen, dass eine wissenschaftliche Definition, was genau Leben konstituiert, nach wie vor kaum möglich ist; dies ist übrigens eines der wichtigeren Hintergrundthemen von Crichtons Andromeda Strain. Die Diskussion ist in meinen Augen daher evtl. ähnlich wackelig fundiert wie z.B. alle "wissenschaftlichen" Debatten über menschliche Intelligenz, die den IQ als Grundlage dafür nehmen.
- Zweitens geistert in letzter Zeit durch allgemeine Zeitungen und Zeitschriften die scheinbare Gewissheit, dass der Stand aktueller Forschungen grundsätzlich immer mehr oder minder endgültig ist; Folgerungen daraus werden mit einem überzeugten Ton vorgetragen, als ob es sich hier nicht nur um eine (noch?) unbeweisbare Hypothese handle, sondern um eine mit 99%iger Genauigkeit machbare Voraussage, was künftig passieren wird (z.B. Klimawandel) oder entdeckt werden wird (hier: Leben im Universum). Ich persönlich halte da eine Menge mehr Zurückhaltung für angebracht; es wird scheinbar oft Präzision mit Genauigkeit verwechselt. Letztere ergibt sich aber erst nach Messungen "vor Ort" oder zumindest relativ (zeit)nah am Geschehen, und dann wäre noch wichtig, dass es eine klare Hypothese gibt, die (von allen "peers") getestet werden kann.
Insofern ist Basis und Methode der Schlussfolgerung in der ersten Hälfte des Artikels m.E. leider relativ schwammig. Um den Autor zu zitieren: "Spekulationen über extraterrestrisches Leben entbehren [..] jeglicher Grundlage." Das ist mir zwar zu stark formuliert, lässt sich aber eben aus den genannten Gründen m.E. auch auf seine Spekulation anwenden.
Die 2. Hälfte des Artikels - zum "Hirten des Lebens" u.Ä. - fände ich zwar grundsätzlich sympathisch, wenn da nicht wieder dieser Grundtenor wäre, dass wir Menschen alles (zumindest in einer positiven Zukunft nach Art der Sicht des Autors) im Griff haben (werden). Das lehne ich grundsätzlich ab. Es wäre schon viel erreicht, wenn wir lernen, in einem nicht-destruktiven Einklang mit anderem Leben (vorrangig: anderen Menschen!) zu leben. (Evtl. als Training für spätere Erstkontakte mit außerirdischem Leben!
http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/devil.gif)
P.S.: Den vom Autor angedeuteten gottgegebenen Auftrag, die Erde vor Meteoriten/Kometen zu schützen, lässt mein hoffentlich junggebliebenes Herz natürlich schneller schlagen! Wann fangen wir an, die entsprechenden apokalyptischen Abwehrsysteme zu entwickeln?!
/KB
Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?
Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.
Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.
Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.
(Leiter eines US-Congress-Kommittees vs. Erfinder des effektivsten Handlasers, den es je gab, grob übersetzt aus der 1. KG aus Best of Frank Herbert 1965-1970, im Sphere-Verlag, Sn. 38 & 39, by Herbert sr.)