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Der Chef ist auf Reisen


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3 Antworten in diesem Thema

#1 ShockWaveRider

ShockWaveRider

    verwarnter Querulant

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Geschrieben 23 Februar 2010 - 21:45

Der Chef ist auf Reisen
13 phantastische Geschichten aus Hannover

Der hannoversche Verlag Phantastische Zeiten hat einen Wettbewerb veranstaltet mit phantastischen Geschichten, die einen Lokalbezug zu Hannover haben sollten. Herausgekommen ist eine kleine, aber durchaus feine Anthologie mit manchem bekannten Namen aber auch einigen Newcomern, die man sich merken sollte.

Insgesamt ist die Sammlung durchaus gelungen. Zwar enthält nicht jede Auster eine Perle - zwei müffelten sogar so unappetitlich, dass ich sie nach kurzem Reinschmecken beiseite warf -, aber es bleiben genügend lesenswerte Storys über. Für einen Exil-Hannoveraner wie mich besonders nett, die Schauplätze wiederzuerkennen.

Ziska Schmitt: Last aus Silber
Ein Mann kommt in eine Bar in der Nähe des Raumhafens Hannover und erzählt, dass er Bewusstseinsträger einer insektoiden Spezies werden soll und das eigentlich gar nicht will.
Beginnt ganz launig, Szene in Bar nett und atmosphärisch gelungen, aber Ende fällt dagegen ab.

Flavio Redlich: Im Jazzclub ist die Hölle los
Der Protagonist, Jura-Student, wird von einer Achtelnote auf einem Pfannkuchen auf eine musikalische Folter angesprochen. Saxophone, nach einem Meteoriteneinschlag mit kosmischer Energie geladen, haben die Pausen in eine Bassdrum gesperrt und zwingen die Noten zum Dauerlärm.
Irrwitzig, abgedrehte Ideen, viel Drive und saugut geschrieben. Sehr unterhaltsam!

Eleni Kiriazaki: Mit den Augen einer Katze
Drei Wissenschaftler arbeiten an einem Projekt, das Bewusstsein von Katzen ins menschliche Gehirn zu übertragen.
Nun ja. Grundidee und Anfang okay, Ende blass und wenig überzeugend.

Thomas Pielke: Und der Teufel spielt Klavier
Ein Pastor unterhält sich mit dem Geist eines kleinen Mädchens, das er gerade begraben hat.
Nach drei Seiten abgebrochen! Eklatante Stilmängel.

Regina Schleheck: Fly Me To The Moon
Bauingenieurin Erdmute will sich mit dem Erdmute-Tower auf dem Mond ein Denkmal setzen. Dafür macht sie sich sogar an US-Präsident Johnny Depp ran. Doch bei der feierlichen Eröffnung merkt sie, dass sie gelinkt wurde.
Nette Einfälle, gelungener Schnodder-Stil, ganz unterhaltsam, aber nicht tiefgehend. Zweitaufguss von "Lost in Space" aus den Antho "Boa Esperança".

Sascha Vennemann: Feuerwasser
Einer der letzten Menschen, die nach dem Atomkrieg noch draußen leben, macht sich wiederholt am Tor des Atombunkers zu schaffen. Das mißfällt den Insassen, die ihren Roboter auf die "Rothaut" hetzen.
Schreiben kann er - starke Szenen, eindrückliche Bilder, der Leser ist voll in der Story drin. Aber letztlich bleibt es bei einer, wenngleich gelungenen, Fingerübung.

Sabine Kregel: Das Medaillon
Die Zauberer Maro und Vondor wollen ins Maschsee-Museum eindringen, um den Drachenmagier zu bezwingen. Als der nicht auffindbar ist, bricht Vondor plötzlich ein Duell vom Zaum.
Pseudo-SF-Hintergrund, der nicht genügend erläutert wird (wie kam es genau zur Ausbildung der Zauberer?). Teilweise deutliche sprachliche Mängel (vor allem die Dialoge), und am Ende doch nur eine Eifersuchts-Schmonzette.

Saven van Dorf: Attraktion
Fabian will sich mit einer heißen Schnitte aus Hamburg "unterm Schwanz" treffen. Ausgerechnet da verkündet Kai, dass im Gravitationswelleninstitut etwas schiefgelaufen ist. Einhörner und Elfen treiben in Hannovers City ihr Unwesen. Und sie verhalten sich ganz anders, als man es aus den Sagen und Märchen kennt.
Süße Idee, sehr lebendig und rasant geschrieben, starke Figuren, viel Action. Nur das Finale kommt etwas abrupt.

Dominik Grittner: Panoramablick mit Weltuntergang
Kunstliebhaber Dario Schöbel mietet das Apartment, aus dem sich Künstler van Tyrn in den Tod stürzte. Hätte er bloß auf das mahnende Maunzen seiner Katze gehört.
Schöbel und Vermieter Oswald sind gut dargestellt, auch insgesamt gut geschrieben. Aber "Horror for no reason". Warum erscheint die Apokalypse ausgerechnet vor dem Penthouse-Fenster in der Lavesallee?

Timothy McNeal: Quellenstudium
Ein Indianerstamm hat offenbar die Quelle der Ewigen Jugend gefunden. Diverse Geheimdienste, aber auch zwei Liebespaare machen sich auf den Weg.
Super geschrieben, Kurzszenentechnik bringt viel Drive rein, süße Auflösung!

Ernst-Eberhard Manski: Debit und Gebit
In den späten 70ern trampt ein junger Mann von Berlin anch Frankfurt. Ein Monteur, der die Klempnermesse Debit besuchen will, nimmt ihn durch die DDR bis nach Hannover mit. In der Nähe des Autobahnkreuzes Hannover-Ost begegnet ihm ein lebendes Metallgestell mit diversen Gebiss-Parasiten - offenbar ein Außerirdischer, der ins falsche Sonnensystem geflogen ist.
Typisch Manski! Abgedrehte Ideen, süße Details, dichte Atmosphäre und gut geschrieben. Das Lebensgefühl der späten 70er mit kaltem Krieg und Mauer wurde gut eingefangen. Hervorragende Unterhaltung mit etwas Tiefgang.

Karl Plepelits: Unaussprechliche Freuden
Bei seiner Beerdigung erwacht ein Mann in seinem Sarg. Nach seiner Wiederauferstehung berichtet er seinem Freund Peter vom Leben nach dem Tod.
Auf Seite 3 abgebrochen! Schwulstsprache, getränkt mit Adjektiven und Adverbien.

Michael Dignal: Der Chef ist auf Reisen
Der hannoversche OB liegt in der NEurologie und faselt Zukunftsvisionen vor sich hin. Ist er ein Seher?
Großartig! Einige Episoden sind stilistische Kabinettstückchen. Die Schlaglichter sind eingebunden in eine solide Rahmenhandlung, die den oberbürgermeisterlichen Visionsfetzen Halt gibt.

Gruß
Ralf

Bearbeitet von ShockWaveRider, 23 Februar 2010 - 22:01.

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#2 sezza

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Geschrieben 24 Februar 2010 - 14:52

Hi Ralf,
da bedanke ich mich doch mal bei dir.
Ernst-Eberhard hat mich gerade hierauf hingewiesen
und im Grunde, finde ich, hast du das recht treffend rezensiert.

Dann möchte ich aus gegebenen Anlass mal die Gunst der Stunde nutzen
und euch hier auf mein Forum im Comicforum verweisen.

Ich habe da gestern eine etwas ausgefallenere Crossover-Lesung angekündigt.
Crossover deshalb, weil ich unter anderem auch DIE WOHNRAUMHELDEN vertrete,
von denen CHRISTOF STEIN SCHNEIDER (Ex-Fury i.t.s.)
zusammen mit FLAVIO REDLICH "Im Jazzclub ist die Hölle los" liest.
Mal sehen ob Christof Noten lesen kann...

Support (wie man in Musiker-Kreisen so sagt ;-)
Dominik Grittner mit "Panoramablick auf den (nicht: mit) Weltuntergang"

http://www.comicforu...splay.php?f=344
Ankündigung in den beiden Threads (mit unterschiedlichen Fotos)
WOHNRAUMHELDEN exklusiv bei uns!
und
Zweiter "Phantastische Zeiten Story-Award" (Letzte Seite)

Das ganze wird gefilmt und Teile werden dann später
auf http://www.myspace.c...nraumheldenshop ins Netz gestellt.
Voraussichtlich auch auf Dominiks Seite unter
http://www.myspace.c...inthedeltawaves

Kleiner Gag am Rande:

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#3 ShockWaveRider

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    verwarnter Querulant

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Geschrieben 24 Februar 2010 - 17:20

Hi Ralf,
da bedanke ich mich doch mal bei dir.
Ernst-Eberhard hat mich gerade hierauf hingewiesen
und im Grunde, finde ich, hast du das recht treffend rezensiert.

Danke für die Rückmeldung, Manfred!
Das freut doch den Rezensenten, wenn der Antho-Herausgeber sein Werk nicht allzu falsch getroffen fühlt.

Gruß
Ralf

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#4 †  a3kHH

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Geschrieben 24 Februar 2010 - 20:42

Ernst-Eberhard Manski

Der scheint sich momentan in Hochform zu befinden, wenn ich mir die letzten Stories von ihm durch den Kopf gehen lasse.
:lol:


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