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China Mieville: Die Stadt und die Stadt


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78 Antworten in diesem Thema

#1 Morn

Morn

    Temponaut

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Geschrieben 29 Oktober 2010 - 15:46

Eingefügtes Bild
Die Stadt und die Stadt
China Mieville

Beginn: 1.11.2010

Viel Spass beim Lesen und Diskutieren!

#2 Kopernikus

Kopernikus

    Temponaut

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Geschrieben 30 Oktober 2010 - 08:14

Es ist zwar noch nicht der 1.11, aber ich mache hier trotzdem schon mal auf, falls der ein oder andere das Wochenende schon mal nutzen möchte.

#3 Pharo

Pharo

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Geschrieben 30 Oktober 2010 - 09:23

Es ist zwar noch nicht der 1.11, aber ich mache hier trotzdem schon mal auf, falls der ein oder andere da Wochenende schon mal nutzen möchte.


Danke! Das Buch liegt seit gestern auf meinem Schreibtisch und ich muss immer wieder rüberlinsen. Bin total neugierig.
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#4 Lomax

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Geschrieben 30 Oktober 2010 - 13:45

Freut mich jedenfalls, dass der Mieville hier zu Ehren kommt :thumb: Da werde ich auf jeden Fall auch mal bei der Diskussion reinschauen, soweit es meine Zeit im November erlaubt. Und es erinnert mich gerade daran, dass ich noch immer gar kein Exemplar von der fertigen deutschen Ausgabe habe und in den Dateien nachschauen müsste, wenn Fragen aufkommen, zu denen ich Bearbeiter der deutschen Übersetzung etwas sagen wollen würde oder sollte ... :huh:
"Modern Economics differs mainly from old Political Economy in having produced no Adam Smith. The old 'Political Economy' made certain generalisations, and they were mostly wrong; new Economics evades generalisations, and seems to lack the intellectual power to make them." (H.G. Wells: Modern Utopia)

#5 Morn

Morn

    Temponaut

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Geschrieben 01 November 2010 - 16:55

Hat jemand schon mal etwas von Bruno Schulz gelesen, dem Autoren, von dem Mieville sagt, er habe ihm bei der Arbeit an "Die Stadt und die Stadt" ueber die Schulter geschaut? Dem Buch ist auch ein Zitat aus einem von Schulzes Werken vorangestellt.

Ich bin schon auf Seite 104. Wie weit sind meine Mitleser? Sollte ich langsam machen?

Bisher gefaellt mir das Buch sehr gut. Die Unterschiede gegenueber unsere Welt werden sehr langsam eingefuehrt. Hat jemand eine Ahnung, in welchem Land der Roman spielen soll?

Die Gruende fuer die Teilung sind der Bevoelkerung nicht bekannt. Ich stelle sie mir momentan als eine Art Dimensionsverschiebung vor, dass gewissermassen die Staedte denselben Raum ausfuellen und dass manche Stellen aber nicht aufgespalten wurden, sondern eben zu beiden Staedten gehoeren. Anfangs war ich mir nicht sicher, ob es physisch nicht nur eine Stadt gibt und die Teilung eher politisch o.ae. zu sehen ist. Ich bin gespannt, ob man im Laufe des Romans noch etwas ueber die Teilung erfaehrt oder ob es nur Kulisse ist. Und ich hoffe, dass man erfaehrt, wer oder was Ahndung ist.

@ Lomax:
Da haette ich gleich eine Frage an Dich: Mir sind recht viele Partizipien Praesens augefallen. Ich kann mich noch erinnern, dass es in der Schule immer hiess, man solle das bei einer Uebersetzung immer mit einem Nebensatz aufloesen und nie als Partizip Praesens stehen lassen. Hat sich das geaendert oder gibt es dafuer andere Gruende?

#6 molosovsky

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Geschrieben 01 November 2010 - 17:21

Hat jemand schon mal etwas von Bruno Schulz gelesen,

Hat jemand eine Ahnung, in welchem Land der Roman spielen soll?



Ich habe "Die Zimtläden" (alte Übersetzung) von Schulz gelesen. Recht gute Lektüre.

Soweit ich verstanden habe, ist Beszel / Ul Qoma ein Stadtstaat. Und es lässt sich schlussfolgern, dass die Doppelstadt am westlichen Ufer des Schwarzen Meeres liegt, auch wenn das (glaub ich) nirgendwo ausdrücklich so steht.

Grüße
Alex / molo

MOLOSOVSKY IST DERZEIT IN DIESEM FORUM NICHT AKTIV: STAND 13. JANUAR 2013.

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#7 Pharo

Pharo

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Geschrieben 01 November 2010 - 17:23

Hat jemand schon mal etwas von Bruno Schulz gelesen, dem Autoren, von dem Mieville sagt, er habe ihm bei der Arbeit an "Die Stadt und die Stadt" ueber die Schulter geschaut? Dem Buch ist auch ein Zitat aus einem von Schulzes Werken vorangestellt.

Ich bin schon auf Seite 104. Wie weit sind meine Mitleser? Sollte ich langsam machen?


Meinetwegen brauchst du nicht langsam zu machen. Ich habe heute angefangen, bin aber erst auf Seite 48, weil ich eingenickt bin. Keine Sorge: Das liegt nicht am Buch, sondern an der Winterzeit. :lol:

Bisher finde ich die Ermittlungen etwas unspannend - Plakate aufhängen, Leute befragen -, aber hey, ich bin erst auf Seite 48. Es ist - wie Morn schon gesagt hat - eine langsame Einführung.

Was mir sehr gut gefällt, sind Kunstverben wie "nichtsehen". Sicher wird sich das noch häufen. Bin gespannt. So etwas finde ich sehr cool.

Bruno Schulz kenne ich auch nicht, aber das Zitat am Anfang hat meine Fantasie sehr angeregt.

Gute Frage, wo die Stadt sein soll. Bis Seite 38 tappte ich vollkommen im Dunkeln. Mich haben die Namen der Personen sehr irritiert und ich hielt sie für Fantasienamen, was mich hinsichtlich des tristen Slum-Alltags etwas gestört hat, auch Begrifflichkeiten wie "Sir", "Schwalben" oder Sätze wie "Er sprach etwas Englisch" fand ich in dem Zusammenhang seltsam. Auf Seite 38 wird dann von Muslimen und Juden gesprochen, so dass ich an Bosnien gedacht habe, dann aber war die Rede von Fremden aus dem Balkan ... Bestimmte Namen klingen ungarisch, andere arabisch, dritte wieder serbisch. Bisher kommt mir "Die Stadt und die Stadt" wie eine Allegorie des ehemaligen Ostblocks vor. Die Beschreibungen erinnern mich an meine Zeit in Moskau. Vielleicht liege ich auch daneben. Mal sehen, wie es sich weiterentwickelt.
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#8 Morn

Morn

    Temponaut

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Geschrieben 01 November 2010 - 18:33

Die Gruende fuer die Teilung sind der Bevoelkerung nicht bekannt. Ich stelle sie mir momentan als eine Art Dimensionsverschiebung vor, dass gewissermassen die Staedte denselben Raum ausfuellen und dass manche Stellen aber nicht aufgespalten wurden, sondern eben zu beiden Staedten gehoeren. Anfangs war ich mir nicht sicher, ob es physisch nicht nur eine Stadt gibt und die Teilung eher politisch o.ae. zu sehen ist.


Ich bin ein paar Seiten weiter am Ende des 6. Kapitels. Nach der Beschreibung dort scheint es mir jetzt doch eher um physisch eine Stadt zu handeln, in der es - aus welchen Gruenden aus immer - diese Teilung in zwei Staedte gibt. Was meint Ihr?

#9 Amtranik

Amtranik

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Geschrieben 01 November 2010 - 19:11

Ich bin schon auf Seite 104. Wie weit sind meine Mitleser? Sollte ich langsam machen?

Bisher gefaellt mir das Buch sehr gut. Die Unterschiede gegenueber unsere Welt werden sehr langsam eingefuehrt. Hat jemand eine Ahnung, in welchem Land der Roman spielen soll?


Ich bin ziemlich genau so weit wie Du - Anfang Kapitel 7.

Ehrlich gesagt, haut mich die Story nicht gerade vom Hocker. Pharo hat es angesprochen..
Die Kriminalgeschichte hmm na ja gelinde gesagt gehts langsam voran. Ich bin ja sowieso nicht
gerade ein Freund von Fantasy und nachdem ich "The Scar" überragend fand, habe ich mich
letzte Woche schon über "Der eiserne Rat" geärgert weil ich das Buch einfach unterirdisch fand.
Die Stadt und die Stadt ist dazu erstmal grundsolide zu nennen. Mieville schreibt sehr gut keine
Frage aber irgendwie ist das bisher für mich weder Fisch noch Fleisch. Es kommt als
biedere Kriminalgeschichte daher und im Prinzip sind die phantastischen Elemente sehr dezent
eingeflochten und spielen derzeit für die Storyline so gut wie keine Rolle. Anhand
einiger Andeutungen habe ich aber die Hoffnung das dies sich im laufe des Textes noch ändern
wird. Falls nicht, so würde ich mich ehrlich gesagt schon fragen was das soll.. dann kann ich
auch einen Eifelkrimi etc lesen.

Aber so langsam muß China mal Gas geben, denn mit knapp 110 Seiten sind bereits mehr als ein
Viertel des Buches rum. Ich kann auf jeden Fall sagen, hätte ich bislang noch nichts von diesem
Autor gelesen, so würde ich mich spätestens jetzt fragen woher der Hype um ihn kommt.
Aber mal sehn wie es weitergeht.

#10 Lomax

Lomax

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Geschrieben 01 November 2010 - 19:16

Da haette ich gleich eine Frage an Dich: Mir sind recht viele Partizipien Praesens augefallen. Ich kann mich noch erinnern, dass es in der Schule immer hiess, man solle das bei einer Uebersetzung immer mit einem Nebensatz aufloesen und nie als Partizip Praesens stehen lassen.

Partizipien haben im Englischen als elegante Konstruktionen einen anderen Stellenwert als im Deutschen, wo sie eher behäbig wirken. Insofern verändert es den Ton der Sprache, wenn man sie (zu oft) stehen lässt, und in der Regel ersetzt man sie durch andere Konstruktionen (oder lässt sie ganz weg). Insofern ist das, was du da im Kopf hast, in gewisser Hinsicht korrekt - auch wenn es natürlich nicht so ist, dass man sie "nie" stehen lässt oder "immer" in einen Nebensatz überführt. Partizipien werden im Englischen sehr unterschiedlich verwendet, und dementsprechend gibt es auch eine Menge Möglichkeiten, wie man das im Deutschen am besten wiedergibt - mitunter sogar als Partizip :lol:. Übersetzungen in der Schule arbeiten auch eher darauf hin, den Inhalt exakt zu treffen und die Grammatik des Originals erkennbar zu halten. Was man dabei am ehesten aufgibt, ist die "literarische Dimension", der "Ton" der Originals. Aber genau der ist bei der Literaturübersetzung natürlich das wichtigste.
Insofern gilt also ganz allgemein, dass das, was du über die problematische Übertragbarkeit von Partizipialkonstruktionen gelernt hast, korrekt ist und eine 1:1-Übernahme nicht stattfinden sollte, dass aber die konkreten Übersetzungsregeln aus der Schule (und auch aus den eher auf juristische Präzision schielenden Diplom-Übersetzerstudiengängen) bei literarischen Übersetzungen auch nicht zu erwarten sind.
Wie es sich in dieser Hinsicht bei der Stadt und der Stadt verhält, habe ich gar nicht mehr im Kopf. Man kann auch nicht davon ausgehen, dass jedes Partizip im Deutschen auch aus dem Englischen kommt. Denn genau wie man es beim Übersetzen normalerweise vermeidet, Partizipien als solche zu übernehmen, kann es umgekehrt natürlich vorkommen, dass man als Übersetzer an anderen Stellen deutsche Partizipialkonstruktionen bildet, wo im Englischen etwas ganz anderes steht.
Als Bearbeiter vergleiche ich da auch nicht die Übersetzung mit dem Original, sondern greife nur dann ein, wenn es im Deutschen merkwürdig klingt oder wenn Fehler in der Kohärenz der Übersetzung auffallen. Was das betrifft, bin ich über die Partizipien jetzt gar nicht gestolpert. Eine unangemessene oder sehr häufige Verwendung habe ich nicht bemerkt, und darum habe ich da auch nichts systematisch mit dem Original verglichen. Eine explizite Entscheidung, Partizipien hier anders zu handhaben als bei anderen Übersetzungen, habe ich jedenfalls nicht getroffen.
Ich würde das also eher als Bestandteil des deutschen Erzähltons auffassen, den ich insgesamt als rund und stimmig empfunden habe, und weniger als zufällige Abfolge von Einzelfallfragen bei der Übersetzung, wie nun genau dieses konkrete Partizip übersetzt werden sollte.
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#11 Susanne11

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Geschrieben 01 November 2010 - 19:41

Ich bin auf Seite 238. Die Art und Weise, wie er die fiktive Stadt in ihrer doppelten Eigenheit beschreibt und gleichzeitig in die Realität unserer Welt einbettet, finde ich sehr beindruckend. Die Handlung finde ich nicht so spannend, aber die Details über die Organisation der Gesellschaft, die sich aus dem Doppeltsein der Stadt ergeben, finde ich ich atemberaubend gut gemacht.

Bearbeitet von TrashStar, 01 November 2010 - 20:09.


#12 Pogopuschel

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Geschrieben 01 November 2010 - 19:52

Ich hatte das Buch vor einem Jahr begonnen und Schwierigkeiten in die Geschichte reinzukommen. Die Grundidee mit den Städten die sich nicht sehen ist faszinierend, aber die ganzen Beschreibungen um den Kriminalfall habe ich als langweilig empfunden. Ich bin bisher auch nicht über die Seite 158 der englischen Ausgabe hinausgekommen. Dabei bin ich großer Miéville Fan, und habe inzwischen auch schon "Kraken" gelesen.

#13 Rusch

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Geschrieben 02 November 2010 - 23:29

Also Amtranik, The Scar ist auch meiner Meinung nach China Miévilles bester Roman, seine anderen Werke kommen an diese Erzählkraft nicht ran. Von diesem Buch habe ich aber erst 70 Seiten gelesen, zu wenig um eine Meinung zu bilden, aber ich fühle mich ein wenig in die großen Utopien versetzt, in denen der Protagonist zunächst seine Welt für gegeben nimmt und allmählich seinen Horizont weitet und plötzlich sich mit dem System konfrontiert sieht. Ich denke, der Protagonist dieses Buchs wird eine ähnliche Wendung nehmen und am Ende werden wir uns fragen, ob dies ein Kriminalroman war oder nicht. Die Trennung der Stadt ist mir noch nicht ganz klar. Es gibt zwei Möglichkeiten: Entweder die Menschen beider Städte leben nebeneinander und nehmen sich - aus welchen Grund auch immer - nicht wahr, oder aber es gibt zwei Existenzebenen - ähnlich wie bei Neil Gaimans "Niemalsland". Na, mal sehen.

#14 Amtranik

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Geschrieben 03 November 2010 - 07:09

Ich bin auf Seite 238.

Die Art und Weise, wie er die fiktive Stadt in ihrer doppelten Eigenheit beschreibt und gleichzeitig in die Realität unserer Welt einbettet, finde ich sehr beindruckend.

Die Handlung finde ich nicht so spannend, aber die Details über die Organisation der Gesellschaft, die sich aus dem Doppeltsein der Stadt ergeben, finde ich ich atemberaubend gut gemacht.


Das kann ich, wie sollte es auch anders sein denn wir hatten ja schon bei anderen Bücher recht
unterschiedliche Blickwinkel, nicht so ganz nachvollziehen.

Stand Seite 275

Ich halte die Beschreibung für wenig aussagekräftig. Welche Auswirkungen hat diese dualität
organisatorisch, gesellschaftlich oder sonstwie ? Lediglich das ein nicht ignorieren und interageieren zwischen den Städten ein Verbrechen ist ist wirklich klar. Wie wird es bestraft?
Welche auswirkungen hat es im täglichen Leben und im Privatleben? Erfährt man so gut wie
gar nicht. Diese faszinierensten Aspekte bleiben aussen vor, zugunsten einer vorsichtig ausgedrückt farblosen Kriminalschmonzette.
Das ist für mein empfinden ziemlich dünn und von daher wirkt der Plot mit der doppelten Stadt auf mich irgendwie albern. Jemand ( Mieville ) fabuliert irgend etwas von
ner Stadt in ner Stadt, aber eigentlich spielt es für die Geschichte kaum eine Rolle, ist wie ein
Kropf nämlich unnötig für die Geschichte, ist irendwie eine erschummelte Idee. Eine die eigentlich gar keine richtige ist denn Sie tangiert
die Geschichte nicht besonders. Der Cop hätte zb auch von Chicago nach New York zu den
dortigen Kollegen versetzt werden können. Hätte man den gleichen Effekt. Bulle bewegt sich
in fremden Revier ohne kompetenzen ( was für eine innovativ neue Idee - hüstel)
Einzig die geheimnisvolle 3. Stadt bietet noch etwas Hoffnung das dieses diffuse Stadt in der Stadt auch wirklich einen Sinn ergibt ausser auf Teufel komm raus ein Phantastisches Element
in einen ansonsten mehr als durchschnittlichen Kriminalroman geschummelt zu haben.

Ich weiß, derzeit klinge ich ein bißchen hart, aber ich bin tatsächlich arg enttäuscht von
den bisherigen Romanseiten. Alles hätte ich erwartet, aber so arg wenig ( bis hierher) dann doch nicht. Der Cop ist arg blaß und hat wenig Profil. Die anderen sowieso. Mir kommt es so
vor als wäre die ermordete die mit abstand interessanteste Person gewesen eine spannende
abwechslungsreiche Geschichte zu erzählen - aber das ist ja leider nicht mehr möglich.

#15 Morn

Morn

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Geschrieben 03 November 2010 - 10:25

Stand S. 150 Fuer mich ist der Mord zur Zeit eher der Aufhaenger dafuer, mehr ueber die Gegeben- und Eigenheiten der zwei Staedte zu erfahren, was ich bislang sehr interessant finde. Von daher teile ich TrashStars Einschaetzung. Um mal etwas zu spekulieren: Der Mord hat mit Orciny und dem Geheimnis der Teilung / Verschmelzung zu tun, (Nicht mal darueber ist man sich ja sicher.) und Ahndung und Orciny sind identisch. Zu der Teilung: Man kann anscheindend an jeder Grenze von einer Stadt in die andere wechseln, aber nur bei den deckungsgleichen Stellen ist das okay; man befindet sich aber trotzdem in seiner Ursprungsstadt. Seltsam: Eidechsen scheinen zu sterben, wenn sie die Grenze ueberschreiten, Fledermaeuse, Ratten und Woelfe aber nicht. Das wird aber auch gleich wieder relativiert, da gesagt wird, dass Eidechsen in Gefangenschaft sterben, wenn sie in der jeweiligen Stadt verbleiben.

#16 Susanne11

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Geschrieben 03 November 2010 - 10:48

Zu der Teilung: Man kann anscheindend an jeder Grenze von einer Stadt in die andere wechseln, aber nur bei den deckungsgleichen Stellen ist das okay; man befindet sich aber trotzdem in seiner Ursprungsstadt.

Es ist viel absurder.

Spoiler


Die Grenzen jeder Stadt bestehen aus Konventionen und daraus abgeleiteten Wahrnehmungsrestriktionen.

So eine Idee habe ich noch nirgendwo sonst gelesen, nicht einmal annähernd.

#17 Amtranik

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Geschrieben 03 November 2010 - 11:59

Die Grenzen jeder Stadt bestehen aus Konventionen und daraus abgeleiteten Wahrnehmungsrestriktionen.


Ja und wozu und warum das ganze?
Es wäre hilfreich wenn das ganze noch irgendwie einen Sinn ergibt wenn das Buch
zu Ende ist.

#18 Amtranik

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Geschrieben 03 November 2010 - 12:03

Stand S. 150

Fuer mich ist der Mord zur Zeit eher der Aufhaenger dafuer, mehr ueber die Gegeben- und Eigenheiten der zwei Staedte zu erfahren, was ich bislang sehr interessant finde. Von daher teile ich TrashStars Einschaetzung.


Vielleicht bin ich für solch eine Phantastik wirklich zu arg in der Science-Fiction
verwurzelt. Die Beschreibungen von Personen welche durch eine Stadt wandern und
andere eigentlich sehn aber auch wieder nicht ( ich meine Sie müssen doch beim Autofahren
zb den anderen zumindest ausweichen und tun dies mit Erfolg ) erfreuen mich noch nicht
per se - es sei denn mir würde endlich klar werden warum und wieso und überhaupt... na ja
hmm :(

#19 Susanne11

Susanne11

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Geschrieben 03 November 2010 - 12:47

Ja und wozu und warum das ganze?
Es wäre hilfreich wenn das ganze noch irgendwie einen Sinn ergibt wenn das Buch
zu Ende ist.

Was für einen Sinn sollte das ergeben? Kein Buch ergibt einen Sinn. Man liest es aus Vergnügen oder man mag es nicht.

Diese spezielle Trennung der Stadt ist die Grundidee des Buches und darauf hat Mieville einen Krimi aufgebaut. Wahrscheinlich hätte er auch eine Liebesgeschichte oder etwas Thrillerartiges nehmen können. Aber er hat sich für eine Krimihandlung entschieden. Das finde ich auch nicht so wichtig. Eine Liebesgeschichte hätte ich wohl nicht gelesen, weil ich soetwas nicht mag.

Im Grund geht es um die Interaktionen, die sich aus der Art und Weise der Organisation dieser doppelten Stadt ergeben - das ist das Hauptthema - und mir gefällt das. Ich mag so absurdes Zeug.

Irgendwo im Text erwähnt der ein fiktives (?) Buch von Palahniuk. Der schreibt auch so abgefahrene Sachen.

In meiner Vorstellungswelt ist der Roman ein schwarz-weiß-Film. Zwar werden immer wieder Farben erwähnt, aber die kriege ich vorstellungsmäßig nicht integriert.

#20 Lomax

Lomax

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Geschrieben 03 November 2010 - 13:20

Ja und wozu und warum das ganze?

Man sollte den Gedanken nicht zu weit von sich weisen und nicht als allzu phantastisches Konstrukt ansehen. Was es natürlich irgendwie ist ;). Aber es gibt durchaus historische Kontinuitäten, aus denen sich so etwas ableiten lässt.
So ist der Gedanke von "Flächenstaaten" mit festen geographischen Grenzen ja relativ neu. Historisch viel üblicher, und zwar insbesondere im germanischen Raum, ist die Vorstellung von Personenverbänden. Diese Verbände haben dann zwar einen Siedlungsraum und meist auch Land, dass sie beanspruchen, und aus rein praktischen Gegebenheiten neigt dieser Besitz dazu, sich zu konsolidieren, so dass auch physische Grenzen entstehen. Trotzdem ist die politische Dimension dieser physischen Grenzen eine eher neue Entscheidung.
Dass man zu einem Stamm, einem "Volk" oder einem "König" gehört, und nicht zu einem Land, ist eigentlich die natürlichere Form. Und in der Geschichte gibt es viele Beispiele, wo die Räume sich überlagern. Kleinere Gruppen gehören dann zu dem "Staat", zu dessem Fürsten sie sich bekennen - selbst wenn sie räumlich in Land eines anderen Fürsten liegen. Nomadische Gruppen haben sich an vielen Orten der Welt oft innerhalb der Grenzen von Ackerbauer-Siedlungsgebieten bewegt, Brachen genutzt und ihren eigenen "Staat" mit eigenen Gesetzen, Regeln und Anführern unterhalten, ohne sich mit den Herrschaftsstrukturen der landfesten Menschen zu vermischen. Derart "überlappende Staaten" können sogar Kriege miteinander führen. Und es gilt in der germanischen Tradition beispielsweise die Regel, dass man sein "Volksrecht" mitnimmt, selbst dann, wenn man anderswo hinreist - sprich, theoretisch unterliegt der Sachse dem sächsischen Recht, selbst wenn er räumlich bei den Franken wohnt.

Dass dieses Modell, je näher man der Moderne kommt, sich nicht durchgesetzt hat, hat natürlich seinen Grund. Man kann recht deutlich erkennen, warum eine Abweichung politischer von räumlichen Strukturen dazu neigt, rein "evolutionär" ausgemerzt zu werden - dem Sachsen bei den Franken nutzt es wenig, dass er ein Anspruch auf sächsisches Recht hätte, wenn es die Franken in seiner Nachbarschaft ihm nicht gewähren; Gebiete, die räumlich vom Haupteinflussbereich ihrer übergeordneten politischen Einheit getrennt sind, sind schwer zu halten und werden auf die ein oder andere Weise in die Strukturen ihrer Nachbarschaft eingeordnet werden. Und wenn es keinen Haupteinflussbereich gibt, sondern schlichtweg zwei Gruppen in demselben Gebiet, mit unterschiedlicher Führungsstruktur, dann gibt es so viele Reibungspunkte, dass sie zwangsläufig irgendwann verschmelzen oder eine Struktur sich durchsetzt und die Oberherrschaft einfordert.
Trotzdem, man kann historisch sehen, aus was für Strukturen ein Gebilde wie das von Mieville beschriebene sich entwickelt haben könnte, es wäre historisch herleitbar. Bis in moderne Verhältnisse hinein stabilisieren ließe es sich wohl nicht, aber in Afrika beispielsweise gibt es immer noch Regionen, die bis heute darunter leiden, dass regionale Siedlungsgebiete und traditionelle politische Strukturen eben nicht deckungsgleich sind und sich anstelle klarer Grenzen ein buntes Durcheinander ergibt.
Gerade als Historiker fand ich die Stadt und die Stadt auch als Was-wäre-wenn-Modell interessant. Einfach als Gedankenspiel, was sich aus gewissen historischen Strukturen auch hätte entwickeln können, wenn man es geschafft hätte, sie in tragfähige, stabile modernere Strukturen zu überführen. Die Frage, ob das überhaupt klappen kann, schwingt natürlich immer mit. Aber auch wenn die Antwort "nein" lautet, bleibt das Gedankenspiel interessant, weil die Frage, ob der Status Quo zwangsläufig und alternativlos ist, ja überhaupt erst mal gestellt werden muss, bevor man eine sachgerechte Antwort darauf geben kann.
Nicht zuletzt das war es, was mich an dem Buch fasziniert hat.
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#21 Amtranik

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Geschrieben 03 November 2010 - 13:46

@Lomax Was Du sagst mag ja alles seine Richtigkeit haben aber ich wollte eigentlich auf etwas anderes hinaus und vielleicht wird mir das ja mit dem Ende des Buches noch erfüllt. Beispiel: In einem Buch von Brian W. Aldiss tauchen Aliens auf die entgegen unseren Gebräuchen lieber in Gemeinschaft als in Ihrer Privatsphäre fäkalisieren. Für uns ein absurdes Verhalten - der Autor stellt dadurch aber eine Reihe von Fragen und zeigt in seinem Buch auf was andersartigkeit bedeutet. Das man nicht von sich auf andere schliessen sollte, die Ignoranz der Menschen, Ausgrenzung, Rassismus etc etc. Bei China Mieville wurden die Bewohner einer bestimmten Stadt dazu erzogen die eine häfte der Bewohner zu nichtsehen. Ok - so weit so gut. Doch woher kommt dieser Brauch, dieses Verhalten? Und das es früher mehr Gruppen als Territorialabgrenzungen gegeben hat schön und gut aber einen physisch vorhandenen Menschen als nichtexistent ansehn? Absurder Unsinn in meinen Augen wenn es nicht einem bestimmten Sinn und Zweck dient den ich hoffentlich noch im Buch finden werde. Ausserdem hat es wenig auswirkungen. Ich bin gerade an der Stelle wo der Cop den Attentäter von der einen in die andere ( welche ja eigentlich seine Stadt ist verfolgt ) Die Verfolgung funktioniert dennoch wie normal indem er das nichtsehn umgeht. Es wäre doch sinnvoller wenn der Status Quo auch deutlichere auswirkungen auf die Handlung im Buch hätte und es nicht letztlich immer wieder darauf hinausliefe das der Autor die von im selbst eingeführten Regeln umgeht um eine "normale" Kriminalhandlung schildern zu können. Das meinte ich mit Sinn ergeben.

#22 Amtranik

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Geschrieben 03 November 2010 - 13:51

Was für einen Sinn sollte das ergeben? Kein Buch ergibt einen Sinn.


Du bist aber leicht zufrieden zu stellen. Für mich sollten ein paar hundert Seiten
Weltenschöpfung schon in sich logisch und sinnvoll sein. Wenn an der Weltenschöpfung
was nicht funktioniert - sei es weil der Autor Unsinn schreibt oder auch weil ich was nicht
verstehe oder überlese dann ist das einfach ärgerlich.

#23 fictionality

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Geschrieben 03 November 2010 - 14:51

Ist der Miéville zu empfehlen? Wenn ja, welche Bücher besonders? Möchte mir auch mind. ein Buch von ihm zulegen. Danke!

#24 Susanne11

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Geschrieben 03 November 2010 - 15:02

Ist der Miéville zu empfehlen? Wenn ja, welche Bücher besonders? Möchte mir auch mind. ein Buch von ihm zulegen. Danke!

Ich finde, er ist sehr zu empfehlen. Am besten hat mir "Die Narbe" - "Leviathan" gefallen. Das ist ein Roman, der in Deutschland in zwei Bänden erschienen ist.

#25 Amtranik

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Geschrieben 03 November 2010 - 15:45

Ich finde, er ist sehr zu empfehlen. Am besten hat mir "Die Narbe" - "Leviathan" gefallen. Das ist ein Roman, der in Deutschland in zwei Bänden erschienen ist.


Dem würde ich mich anschliessen. Diese beiden Bücher sind einfach spitze!

#26 fictionality

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Geschrieben 03 November 2010 - 19:32

Danke! Werd ich mir beizeiten besorgen ;-)

#27 Lomax

Lomax

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Geschrieben 03 November 2010 - 22:27

Also, ich empfinde immer noch Mievilles Perdido Street Station (im Deutschen als "Die Falter"/"Der Weber" erschienen) als das beste Werk des Autors. Aber das ist womöglich nur meiner trivialen Neigung zu leichter Action und Unterhaltung geschuldet ... :lol: PSS ist jedenfalls das Buch von Mieville in meiner Top-Five-Ever-Buchliste.
"Modern Economics differs mainly from old Political Economy in having produced no Adam Smith. The old 'Political Economy' made certain generalisations, and they were mostly wrong; new Economics evades generalisations, and seems to lack the intellectual power to make them." (H.G. Wells: Modern Utopia)

#28 Pharo

Pharo

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Geschrieben 04 November 2010 - 11:07

Inzwischen bin ich bei Kapitel 19 angelangt, aber auch nur, weil wir den Roman hier gemeinsam lesen, sonst hätte ich es wahrscheinlich aufgegeben. Angesichts der Grundidee, die ich für genial halte, bin ich ziemlich enttäuscht. Nicht nur, dass die Kriminalstory wenig Überraschungen bereithält, der Stil spricht mich überhaupt nicht an. Auf Seite 104 werden die Flure der Kupola wie folgt beschrieben: "Die Ölgemälde sind kunstvoll, aber nicht künstlerisch, ohne Tradition, blutleer und beliebig." Bis auf die Sache mit der Tradition trifft das ziemlich genau auf den Roman zu. China Miéville ist zweifellos ein sehr talentierter Schriftsteller und in dem Buch steckt viel Arbeit, Kraft und sicher auch Herzblut, nur kommt Letzteres leider nicht rüber. Die Städte wie auch die Personen sind blutleer. Die Vermischung von Fiktion und einer uns vertrauten Welt wie USA, Kanada, usw. ist meines Erachtens gänzlich misslungen. Keine Ahnung, woran es liegt. Was die Sprachschöpfungen betrifft, die ich in meinem letzten Posting herausgestellt habe - inzwischen nerven sie nur noch. Nach fast 300 Seiten sind einem die Namen z.B. immer noch nicht vertraut. Mich irritieren viele Dinge: Laptop, Google, Internet, Website, Anrufbeantworter und dann aber eine olle Telefonvermittlung? Der Film "Brazil" verdankt seine dichte Atmosphäre auch der Einbindung dieses Retrocharakters. Hier allerdings wirkt es sehr bemüht. Das Lesen ist oft mühsam, weil viele Stadtbeschreibungen ausarten, ohne das Bild wirklich zu vervollständigen. Manche Sätze gehen über zehn Zeilen, dann aber tauchen immer wieder unvollständige Satzfragmente auf. Ich weiß, dass der Wechsel von kurzen und langen Sätzen wichtig ist, um im passenden Moment den Leser zu packen, nur wirkt der Stil hier teilweise unausgegoren. Unvollständige Satzfragmente sind sinnvoll, um beispielsweise Gedanken und Geistesblitze wiederzugeben. In einem Roman aus der Ich-Perspektive verpufft die Wirkung allerdings. Es ist schon erstaunlich, dass ich zu Borlú keine emotionale Beziehung aufbauen kann, obgleich er mir sein Inneres offenbart, Mir ist aufgefallen, dass viele Dialoge keine Dialoge sind, sondern Reden. Hier findet kein Austausch statt, sondern reine Informationbeschaffung. Außerdem verliert man schnell die Orientierung, wer was sagt. Ein paar Mal zieht das Tempo dann doch etwas an, um gleich wieder durch lange Passagen ausgebremst zu werden. Auch die Ahndung hält auf Dauer die Spannung nicht wirklich aufrecht. Und was die Kupola betrifft: Ich will nicht auf Details eingehen, aber das scheint mir vollkommen unlogisch. Auf der Suche nach der Pointe habe ich einen Blick nach hinten geworfen und ahne in etwa schon, worin der Superclou besteht. Nun ja ... Die Idee der zwei Städte oder drei, wie auch immer, ist wirklich sehr cool. Mieville hätte daraus lieber eine Novelle schreiben sollen. Was hätte Kafka aus diesem tollen Stoff gemacht!
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#29 Rusch

Rusch

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Geschrieben 04 November 2010 - 11:46

Ich bin jetzt bei Seite 150 - lasse mir halt Zeit. Das soll ja auch kein Wettlauf sein und ich bin ein bißchen angefressen darüber, dass es Leute gibt, die meinen am ersten Tag das ganze Buch lesen zu müssen. Ich habe extra von vom dem Monatswechsel ein neues Buch angefangen und dies nun kurzzeitig zur Seite gelegt, damit ich das eben nicht mache. Wir wollen das Buch ja gemeinsam lesen. Zum Buch an sich: Die Detektiv Geschichte ist meiner Meinung nur ein Aufhänger, um einen Einstieg in das Szenario der geteilten Stadt zu finden. Ganz glücklich war dieser Griff jedoch nicht, denn das weckt beim Leser Erwartungen, die - wie wir hier sehen - nicht erfüllt werden. Der interessanteste Aspekt ist die Sache mit der Ahndung - sozusagen die dritte Stadt. Mir ist immer noch nicht ganz klar, wie das mit der geteilten Stadt genau ist. Ich meine, die Menschen können ja nicht wirklich einfach alles ausblenden, was mit der Nachbarstadt zu tun hat. Da müssten die als Kinder ja schon richtig darauf geprägt worden sein und damit meine ich die Zuhilfenahme von Hypnose oder ähnlicher Ansätze. Ich würde das ganze Buch einfach mal als Metapher sehen für die Barrieren im Kopf, über das abgrenzen und über Fremdenphobien. Außerdem treffen in den beiden Städten, wie es scheint, eine molemische und eine osteuropäisch christliche Gemeinschaft aufeinander. Auch das ist Teil der Metapher. China Miéville verbirgt in dem Buch offensichtlich eine klare Botschaft. Mal sehen, wie genau die lautet. Mein Tipp: Trotz der Verschiedenartigkeit kann man zusammenleben (ich erwarte, dass zu Ende hin die Mauern fallen - mal sehen ob ich recht habe).

#30 Susanne11

Susanne11

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Geschrieben 04 November 2010 - 17:12

Mir ist immer noch nicht ganz klar, wie das mit der geteilten Stadt genau ist. Ich meine, die Menschen können ja nicht wirklich einfach alles ausblenden, was mit der Nachbarstadt zu tun hat. Da müssten die als Kinder ja schon richtig darauf geprägt worden sein und damit meine ich die Zuhilfenahme von Hypnose oder ähnlicher Ansätze.

Mir gefallen diese Beschreibungen des absurden Funktionierens der beiden Städte besonders gut.

Beispiel:
"Wissen Sie ... als ich vor Jahren meinen Führerschein gemacht habe ... Genau wie hier muss man lernen, nicht nur die eigenen Autos auf der Straße zu sehen, sondern man muss auch lernen, die anderen Autos zu nichtsehen, und zwar so schnell, dass man ihnen ausweichen kann."

Bei den Wahrnehmungsmodalitäten geht es um den Unterschied zwischen bewusstem Wahrnehmen und peripherem Wahrnehmen. So verstehe ich das. Wir haben alle Wahrnehmungsfilter, die sehr viel Ausblenden. Der Körper reagiert auf die Wahrnehmung, aber das Bewusstsein kriegt das nur am Rande mit. Und diese selektive Wahrnehmung ist anerzogen.
Wir sehen Gegenstände und nichtsehen die Zwischenräume, wir sehen die Objekte und nichtsehen die Schatten der Objekte. Wir sehen die Blätter der Bäume und nichtsehen die Zwischenräume zwischen diesen Blättern. Da braucht es keine Hypnose.
In diesem Buch ist das natürlich bis ins Absurde übersteigert.

Ich würde das ganze Buch einfach mal als Metapher sehen für die Barrieren im Kopf, über das abgrenzen und über Fremdenphobien. Außerdem treffen in den beiden Städten, wie es scheint, eine molemische und eine osteuropäisch christliche Gemeinschaft aufeinander. Auch das ist Teil der Metapher. China Miéville verbirgt in dem Buch offensichtlich eine klare Botschaft. Mal sehen, wie genau die lautet. Mein Tipp: Trotz der Verschiedenartigkeit kann man zusammenleben (ich erwarte, dass zu Ende hin die Mauern fallen - mal sehen ob ich recht habe).

Bis jetzt glaube ich nicht, dass das Buch eine Metapher für irgendetwas ist. Vielleicht hat Miéville nur eine abgefahrene Idee gehabt und einen Roman darumherum gebaut? An eine tiefere Botschaft glaube ich bisher noch nicht.

Was ist ein Vokuhila? Das Wort habe ich noch nie gehört.

Ich bin sehr gespannt, wie sich am Ende das Geheimnis um Orciny und Ahndung auflöst ... hoffentlich löst es sich auf.


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