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Die Marsianer


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38 Antworten in diesem Thema

#1 Dave

Dave

    Hamannaut

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Geschrieben 27 August 2002 - 22:05

Ich war etwas irritiert, diese Buch zu entdecken.Der Autor hat doch die drei Megaschinken ROTER- BLAUER- und GRÜNER MARS gechrieben, wenn ich nicht irre. Jetzt schiebt er noch einen Roman zum gleichen Thema nach.Die Trilogie hat mich nicht wirklich gereizt, habe auch nichts davon gelesen.Offiziell in den höchsten Tönen gelobt, aber hinter vorgehaltener Hand doch ziemlich kritisiert.Ein Buch, das an sich schenken kann, oder?

#2 Holger

Holger

    Temponaut

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Geschrieben 28 August 2002 - 12:29

Jetzt aber mal langsam mit den jungen Pferden ...  :aliensmile: Kim Stanley Robinson steht für solide Hard SF. Dabei vernachlässigt er zwar hin und wieder den Unterhaltungsauftrag eines Romanschriftstellers, aber wer kann ihm bei seiner Detailtreue und visionären Authentizität daraus einen Vorwurf machen?Wenn die NASA eine technische Vorlage für die Besiedlung des roten Nachbar sucht, sollte sie zuerst bei Robinson nachlesen. ROTER MARS ist das wissenschaftlichste Stück SF-Literatur was ich zu diesem Thema kenne. Wohlgemerkt, die Fortsetzung GRÜNER MARS steht noch immer ungelesen im Regal. Tatsächlich sehr mühsehlig. Aber das werde ich schon noch bewältigen ...  :biglaugh: Wie auch immer DIE MARSIANER ist Pflichtprogramm. Der Titel verspricht (wenn ich den Sachverhalt richtig einschätze), dass Robinson sich nun der belebten Seite des Mars widmet. Ich bin gespannt  ;)
"Rezensionen: eine Art von Kinderkrankheit, die die neugeborenen Bücher befällt."
(Georg Christoph Lichtenberg)

#3 Dave

Dave

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Geschrieben 28 August 2002 - 17:34

Okay, so etwas nennt man wohl ein Vorurteil...Die Trilogie ist sicher ein anspruchsvolles und auch anerkanntes Werk, ich frage mich nur, ob die Thematik rund 3ooo Seiten rechtfertigt.Aber ist DIE MARSIANER nicht eine Fortsetzung seines Magnum Opus?Oder ist es eine gänzlich andere Sicht der Dinge?Es wird ja wohl nicht um grüne Männchen gehen, sondern um menschliche Siedler.Möglicherweise eignet es sich als Einstieg für die dickeren Schinken, wenn man sich nicht gleich an sie heran traut.Womöglich hast Du die Trilogie aus Zeitgründen noch nicht komplett gelesen, vielleicht war es aber sogar für Dich als Fürsprecher einfach zu viel an Stoff und zu wenig an...ja, an Spannung vielleicht?

#4 Holger

Holger

    Temponaut

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Geschrieben 28 August 2002 - 19:32

Hab' mich mal bei Amazon.com umgesehen:

Amazon.com The Martians is a collection of stories, alternate histories, poems, and even the complete text of a planetary constitution based on Kim Stanley Robinson's award-winning Mars trilogy (composed of Red Mars, Green Mars, and Blue Mars). For those unfamiliar with the series, The Martians from the title are the humans who have colonized and terraformed the Red Planet over the course of several generations. While Robinson told their story at considerable length in his novels, The Martians fleshes out some of his more interesting characters and also adds depth to their world. When it's at its best, this collection presents stand-alone stories of life, love, and work on our celestial neighbor, ranging from the tale of an expedition seeking to conquer Olympus Mons in "Green Mars" to a folksy story of friendship and baseball in "Arthur Sternbach Brings the Curveball to Mars." Unfortunately, some of the material here can be tough going for those unfamiliar with Robinson's Mars milieu. For instance, the ending piece, "Purple Mars," is apparently an autobiographical snippet about the day Robinson finished writing the final novel. That's great stuff for someone who has been following the entire Mars saga from beginning to end, but newcomers will probably not know what to make of it. Still, there is enough material here to interest anyone on the lookout for some good Mars stories. Although Robinson has made his name by writing fat novels that span dozens of generations and characters, in The Martians he proves that he is also adept at shorter pieces. It's a fine if somewhat uneven collection that serves to round out the Mars universe while providing some excellent reading. --Craig E. Engler --

Laut den Leser-Kommentaren scheint das Werk eher eine Versatzstücksammlung zu sein. Einer schrieb "I want my money back"  :biglaugh: Schade, dachte es wäre ein eigenständiger Roman, und die MARSIANER wären vielleicht Archaeen oder Bakterien ... Mal was biologisches. Übrigens hast Du mit Deiner Einschätzung des Sachverhaltes bezüglich der Triologie durchaus recht  ;) Du musst unbedingt mal hier reingucken: http://www.amazon.com/exec....=507846 Da kann man doch glatt in 26 Seiten (einschließlich Front- und Rückencover) reinlesen. Die Jungs werden immer raffinierter.
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#5 Dave

Dave

    Hamannaut

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Geschrieben 29 August 2002 - 00:08

Ahh...So ist das!Komisch, ich hatte das Buch in der Hand, aber mir ist nicht aufgefallen, dass es sich um Kurzgeschichten handelt.Es kommt ja nicht selten vor, dass zu einem größeren Werk anschließend eine Sammlung Kurzgeschichten erscheinen. Gefällt mir ganz gut.(Zum Beispiel die ganz hervorragenden VAKUUM DIAGRAMME von Stephen Baxter)Einen biologischen Aspekt hätte ich auch lieber. Ich mag HEIMAT MARS sehr gerne, ein Roman, der durch hunderte Seiten hindurch einfach keine Schwächen hat, in meinen Augen, und kein trockenes Zukunftsszenario ist mit zahllosen Personen, die alle ähnlich farblos bleiben (Mist, schon wieder ein Vorurteil).Ich bin nicht ganz sicher, ob ich den Begriff „Sense of wonder“ richtig interpretiere, nämlich als das ungewöhnliche, nicht zu erwartende, das mir bei der Trilogie fehlte. Ich meine jetzt nicht die technischen Dinge, die wohl ziemlich genau extrapoliert wurden.  Ich weiß, ich bin ziemlich unfair, weil ich letzten Endes nichts gelesen habe. Ich dachte nur, ich erwähne einmal meine Gedankengänge, warum eigentlich.    Das Look inside ist wirklich nicht schlecht, genau das richtige für unentschlossene.

#6 Impala

Impala

    Giganaut

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Geschrieben 24 August 2003 - 20:45

Kim Stanley Robinson, Roter Mars (Red Mars, 1. Teil der Trilogie)
unter Umständen empfehlenswert

Roter Mars (Nebula Award for Best Novel 1993), handelt von der ersten Kolonie der Menschen auf dem Mars (Flug, Landung, Besiedlung, Terraformung). Eine heterogene Gruppe von hoch qualifizierten Männern und Frauen meistert die Herausforderungen des Überlebens im unberührten Territorium.

Der Planet mag neu sein, dummerweise sind ihre Köpfe das nicht. Sie bringen nicht nur Fähigkeiten und Ideen mit, sondern auch Hoffnungen, Wünsche, Ängste und ihre (amerikanische) Denk- und Lebensweise.

Einige wollen nur Wissenschaftler sein, andere wollen eine neue (bessere) Gesellschaft aufbauen, einige wollen den Planeten in seinem originalen Zustand belassen, andere wollen ihn kreativ für die Menschheit verbessern. Die Kolonisten sind ein kleiner Kern, in dem wir pars pro toto ein Abbild der gesamten Spezies in ihrer Vielfalt und in ihren Meinungsverschiedenheiten erkennen können. Alle (bis auf eine kl. Gruppe, von der wir das nicht erfahren) perpetuieren ungewollt das Alte.

Innerhalb von 35 Jahren ist Mars in eine Baugrube verwandelt, im Ansatz Terra geformt und mit Tausenden von neuen Arbeitern besiedelt. Es bricht ein Krieg aus zwischen ihnen und den Big Corporations. Zum Schluss des ersten Teils ist Mars verwüstet, Mond Phobos in die ewigen Jagdgründe eingegangen und die Überlebenden verstreut und versteckt, kurz: ein Desaster.
---
Wir haben es mit einem Roman über vorausschauende Geschichte zu tun, der Art „auf dem steinigen Weg nach Utopia“. Die Betonung liegt auf Geschichte, denn für einen Roman ist es zu langweilig.
Das Buch liest sich in einem plätschernden Ton verständlich dahin, ohne größere Spannungsmomente hervorzurufen. Einem halben Dutzend Hauptpersonen wird abwechselnd gefolgt. Leider sind alle recht eindimensional.

Das Herausragende an diesem Zukunftsentwurf ist, dass die Marsgeologie, die Technologie, bzw. alle naturwissenschaftlichen Aspekte bis auf ein, zwei Ausnahmen gut recherchiert und realistisch erscheinen. Ebenso das politische Szenario: die internen Differenzen, die Interessen der transnationalen Corporations gegenüber den Siedlern, die Probleme des Ressourcenschwunds auf der überbevölkerten Erde: absolut plausibel.

Bestimmte andere Dinge fallen großzügig unter den Tisch. Zwar gibt es einen Psychologen, der die 4 Temperamente neu entdeckt (oh, Jeez), auch wird mal kurz auf psychologische Herausforderungen eingegangen - die allesamt recht irdisch aussehen - danach wird das Thema verklappt. Soziologen gibt es keine, Anthropologen schon gar nicht.

Zwar wird in ellenlangen Diskussionen darauf hingewiesen, dass eine völlig neue Situation völlig neuer Lösungen und Lifestyles bedarf - und genau aus diesem Grunde sind die ellenlangen Landschaftsbeschreibungen wichtig, um uns diesen neuen Raum begreiflich zu machen, der eine Entwicklung vom Menschen zum Marsianer nötigt, praktisch aber kann Robinson das nicht für alle Ebenen vorführen, jedenfalls nicht in diesem Buch. Man kriegt den Eindruck, dass nicht das Sein (Mars) das Bewusstsein bestimmt, wie es eigentlich sein Anliegen wäre, sondern dass Veränderungen im Laufe der Zeit, durch Zufall und viel Kopf-politisches Engagement passieren.

Etwas Unbekanntes zu imaginieren ist schwierig. KSR unterliegt dem gleichen Problem wie sein Grüppchen Protagonisten - er kann seinen Mindset nicht ablegen und wiederholt letzthin den Status Quo. Zum Beispiel ist ihm kulturelle Vielfalt wichtig, diese wird öfter thematisiert, das wirkt jedoch viel ethnozentrischer, als wenn er sich darüber ausgeschwiegen hätte, denn die wirklich anders aussehenden Kulturen sind nur Randfiguren, während die Hauptakteure einen deprimierend amerikanischen Lebensstil pflegen, auch wenn nicht alle Amerikaner sind.

Im Grunde sagt das Buch mehr über das kalifornische Denken der Neuzeit aus, als über den Mars. Es gehört zu denen, die eine Halbwertzeit haben. Schon jetzt wirkt es gealtert, da ein zu hoher Russenanteil vorhanden ist, jetzt würde man eine große europäische Fraktion an ihre Stelle setzen. Das ist das Problem mit Geschichte. Jedenfalls wird die Marsbesiedlung in 20 Jahren (wenn sie denn überhaupt stattfindet) nicht so ähnlich ablaufen wie Kim Stanley Robinson sie vorhergesagt hat, auch wenn viele das glauben mögen.

Dafür gibt es zu viele Unbekannte. Wer glaubt eigentlich, dass bei wenig Sonnenlicht, zirkulierter Luft, Dosenfutter bzw. MarsGenFood und GenAufputschpillen der sattsam bekannte effiziente, arbeitsreiche Tagesablauf bis zur Erschöpfung erhalten bleibt? Keine Zeit haben, außer mal beim 100fach größerem Mars Grand Canyon für ein Stündchen anzuhalten, Kaffee schlürfend in die Gegend zu schauen, bevor es wieder weiter geht, on the road, zum nächsten Projekt, beim Dinner wird sich dann ernsthaft über die Erbeutung der wertvollen Mineralvorkommen unterhalten, dabei etwas Wein getrunken, damit man sich überhaupt entspannen kann.

I don†™t think so.
Julius Gaius Baltar!

#7 Impala

Impala

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Geschrieben 24 August 2003 - 20:50

Kim Stanley Robinson, Der blinde Geometer, (Novella), Nebula 1987

Dies ist eine tolle Story von KSR. Vielleicht werde ich noch mehr kürzere Sachen von ihm lesen.

Die Novella ist dicht wie eine Kurzgeschichte, intelligent und spannend.
Sie ist in dem Band: IKARUS 2001, Best of SF (hrsg. von W. Jeschke) zu finden.
Julius Gaius Baltar!

#8 eRDe7

eRDe7

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Geschrieben 24 August 2003 - 21:31

In den späten 80ern oder so las ich von Kim Stanley Robinson SPHÄRENKLÄNGE, ein Roman, der bei Bastei erschienen war. Leider besitze ich das Buch nicht selber, ich hatte es damals nur für einen Freund besorgt, der absolut begeistert war von DIE EISIGEN SÄULEN DES PLUTO von KSR. SPHÄRENKLÄNGE gefiel mir damals sehr und ich verband deshalb immer große Erwartungen mit KSR. Die Mars-Trilogie habe ich nie gelesen, weil ich irgendwie ein Problem mit Fortsetzungen/Mehrteilern habe (vielleicht albern, aber es ist nunmal so...). Aber als ANTARTIKA bei Heyne vor einiger Zeit erschien, stürzte ich mich sofort darauf. Was für eine Enttäuschung... http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/bigcry.gif Ich fand das Buch ziemlich öde (was natürlich zum Schauplatz paßt). Ich bin mir nicht sicher, aber mir scheint, dass seine alten Sachen besser sind - oder mein Geschmack hat sich seit damals radikal geändert (das hat er ganz sicher, aber ich glaube nach wie vor, dass SPHÄRENKLÄNGE ein guter Roman war und nach den Erzählungen des erwähnten Freundes DIE EISIGEN SÄULEN DES PLUTO ebenso grandios ist). DIE MARSIANER habe ich letztens auf einem Grabbeltisch gefunden. Den BLAUEN MARS habe ich auch vor einiger Zeit preiswert bekommen. Mal sehen, vielleicht gebe ich ihm noch eine Chance. Ralph

R. C. Doege: Ende der Nacht. Erzählungen (2010)

R. C. Doege: YUME. Träumen in Tokio (2020)

 


#9 Impala

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    Giganaut

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Geschrieben 25 August 2003 - 10:50

... glaube nach wie vor, dass SPHÄRENKLÄNGE ein guter Roman war und nach den Erzählungen des erwähnten Freundes DIE EISIGEN SÄULEN DES PLUTO ebenso grandios ist.

Hmh, scheint keine direkte Übersetzung zu sein, fallen Dir die Originaltitel noch ein? Impala
Julius Gaius Baltar!

#10 yiyippeeyippeeyay

yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 31 Oktober 2003 - 11:51

Woza Impala!

Ich glaube es handelt sich um The Memory of Whiteness (und Icehenge - wohl eh klar).

Ein gemeinsamer Freund mit Rauschebart empfiehlt TMOW als eines der besten Werke seines "Freundes Stan". Ich habe es mal angefangen aber fand es ein wenig zu "tief" (der Anfang erinnerte mich an Harness's Rose) für meinen derzeitigen "mind set" - will, da ich KSR-Fan bin, es also irgendwann mal näher ansehen.

Deine Kommentare zu Mars finde ich interessant. Mir haben alle 3 Bücher sehr gut gefallen, aber ich bin auch Mars- und "harte SF"-Fan, und diese beiden Bedürfnisse wurden sehr gut vom Autor (als Info-"Dealer") befriedigt. Mal abgesehen von dem starken Hintergrundthema zukünftige politische Modelle zu erkunden (ob das "kalifornisch" ist, kann ich nicht beurteilen), scheint mir die eingeschränkte Charakterisierung eher zu unterstreichen dass es um einen ganzen PLANETEN geht, weniger um ein paar zweibeinige Ameisen darauf, und wie dieser sich in Zukunft ändern könnte. Es ist schon etwas her dass ich die Bücher las, aber ich erinnere mich dass man doch von den Landschafts-/Erlebnis-Beschreibungen sehr klar die Eindrücke (Kälte, Weite, Farbe, extreme physikalische Effekte) mitbekam, "schmeckte". Antarctica weist einen sehr ähnlichen Stil auf. Letzteres ist eigentlich kein SF-Roman; vielleicht versuchte ja KSR mit der Mars-Trilogie auch eher einen oft dokumentarisch anklingenden (zukunfts-) geschichtshistorischen Roman zu schaffen?

Zu Marsianer bin ich noch nicht gekommen...

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 31 Oktober 2003 - 12:26.

/KB

Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?

Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.

Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

(Leiter eines US-Congress-Kommittees vs. Erfinder des effektivsten Handlasers, den es je gab, grob übersetzt aus der 1. KG aus Best of Frank Herbert 1965-1970, im Sphere-Verlag, Sn. 38 & 39, by Herbert sr.)


#11 Jakob

Jakob

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Geschrieben 31 Oktober 2003 - 14:32

Also, die Mars-Trilogie selbst halte ich ganz abgesehen von den Hard-SF-Aspekten eigentlich auch in der Charakterisierung der Hauptfiguren für ziemlich gelungen - insbesondere, was Sax angeht, mit dem werden ja doch in den letzten beiden Bänden einige radikale Sachen veranstaltet!Robinsons politischer Experimentierkasten erscheintm ir dagegen oft ein bisschen zu formelhaft - zwar gutwillig und mit viel Überlegung, aber dann doch nicht hundertprozentig überzeugend. Besonders die Begeisterung für das politische System der Schweiz erscheint mir etwas übertrieben ...Von den Marsianern war ich dann doch etwas enttäuscht. Die längeren Erzählungen sind zwar recht gelungen, aber einfach nicht genug in die Saga eingebunden, und für sich genommen erscheinen siem ir dann doch zu egal. Das spannendste an dem Band finde ich eine Story, in dem eine Alternative Mars-Geschichte erzählt wird, in der alles ziemlich übel ausgeht - aufgrund der entscheidung eines einzigen Hauptcharakters. nettes Experiment.Dann ist auch noch etwas Mars-Lyrik enthalten, dass war für mich ehrlich gesagt der Tiefpunkt - was natürlich sehr gut auch an der übersetzung liegen kann und daran, dass ich es nicht gewohnt bin, Lyrik zu lesen.
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama

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#12 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 02 November 2003 - 09:33

Hallo

Sorry, aber soweit ich mich ans damalige Lesen erinnere war Sax m.E. die am wenigsten glaubwürdige Figur. Ein emotionsloser Alleskönner - zwar irgendwie liebenswert, aber man entkommt dem Verdacht nicht so ganz dass es sich hier um den altbewährten "Autor als Professorfigur"-Trick handelt, also eine Figur die der Autor nutzt um sich selbst in die Geschichte einzubringen, damit durch deren Einsichten (früher lange Antworten auf Laienfragen, heuer eher Gedankengänge) dem Leser einiges an Hintergrund (-Wissen) erklärt wird. Crichton benutzte ähnlich den Mathematiker in Jurassic Park (Buchversion!), und ich glaube in einigen Siebziger-Jahre-Filmen zumindest hatte diese Rolle auch mal ein altkluges Kind - z.B. im "ersten Katastrofenfilm" Poseidon Adventure (dt. ?).

Natürlich streite ich NICHT KSR's Fähigkeiten zur Charakterisierung ab... Ca. zeitgleich mit den Marsianern ist in Englisch m.E. sein in diesem Sinne erstaunlichster Band erschienen, 4 verwobene Geschichten, die alle in Nepal und Umgebung handeln, enthaltend: Escape from Kathmandu. Ich fand den zum Totlachen.

Nicht wirklich SF, eher "alternative Realität". Vielleicht wollte ja KSR nach all den "Trockenheits-/Ödnis"-Vorwürfen zu den letzten 4 Extremumgebungsromanen mal einen schreiben der zeigt dass er auch anders kann. Jedenfalls kann ich mir jetzt endlich wirklich etwas vorstellen unter Begrifffen wie Yeti und Shangrila! :) Und man bekommt auch wie immer etwas von der realen Politikumgebung mit. Wie gesagt - erstaunliche Mischung. KSR hat definitiv Humor.

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 02 November 2003 - 10:10.

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Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

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#13 Rusch

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Geschrieben 12 Januar 2004 - 16:10

Kim Stanley Robinson steht für solide Hard SF. Dabei vernachlässigt er zwar hin und wieder den Unterhaltungsauftrag eines Romanschriftstellers, aber wer kann ihm bei seiner Detailtreue und visionären Authentizität daraus einen Vorwurf machen?

Besser könnte ich es nicht vermitteln. Sehr gute Aussage und mir kommt es fast so vor, als steckt in dieser Aussage eine Abgrenzung von Hard und Soft SF. Ich bin gerade aus diesem Grund kein großer Fan von Hard SF. Mir liegen die Personen und Geschichten sehr am Herzen und weniger die Beschreibungen von Technik und Univeren. Die mit besten SF Bücher sind diejenigen, in denen der Autor so talentiert war, beides unter einen Hut zu bringen. Eigentlich hätte mir dann die Mars Trilogie gefallen müssen, da die Personen im Vordergrund stehen, aber ich finde der Autor hat sich verzettelt. Die Geschichte kam nur mäßig voran und der zweite Band war noch ermüdender sodass ich dann aufgegeben habe. Ich persönlich halt Kim Standley Robinson für überschätzt, aber ich bin auch Soft SF Fan.

#14 tichy

tichy

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Geschrieben 12 Januar 2004 - 16:45

Wie gesagt, ich arbeite mich derzeit eher mühsam durch die letzten Seiten von "Red Mars"; die Nachfolger werde ich mir wohl nicht so schnell zulegen. Robinson hängt sein Anliegen, die Besiedelung des Mars technisch realistisch zu beschreiben, wie ein Klotz am Bein: Solange er realistisch bleibt, hat er keine Spannung; wo er dann spannend wird, geht der Realismus baden. Was mich an dem Roman auch stört (aber das ist subjektiv): Wenn ich von einer Vision wie der Marsbesiedelung lese, dann erwarte ich intuitiv keine Geschichte mit desaströsem Ende. Dadurch, dass er (um die spannungslosen ersten 300 Seiten zu überbrücken), sozusagen das vorletzte Kapitel als erstes erzählt, hängt diese dunkle Wolke von Intrige und Verrat zudem von Anfang an über der ganzen Handlung. Mir hat das das Lesevergnügen etwas verdorben. Dazu kommt dieser ständige Perspektivenwechsel von einer Figur zur nächsten in jedem Kapitel. Auch dadurch gerät er immer wieder in Handlungsnebenstränge, die wenig bis nichts zur Haupthandlung beitragen (wie das besagte psychologische Modell, das da wirklich wenig zu suchen hat). Aber es ist auch nicht so übel, dass ich die letzten 100 Seiten auslassen würde. Hat jemand Benfords Rennen zum Mars gelesen? Ist das empfehlenswert? -- tichy
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#15 Rusch

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Geschrieben 12 Januar 2004 - 16:55

Aber es ist auch nicht so übel, dass ich die letzten 100 Seiten auslassen würde.

Wenn ich soweit bin, dann müsste mich der Fortgang des Buches schon gewaltig interessieren. Ansonsten fliegt es in die Ecke und anschließen in mein EBay Angebot. Da bin ich gnadenlos.

#16 tichy

tichy

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Geschrieben 13 Januar 2004 - 09:41

Red Mars
Kim Stanley Robinson

Bantam
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Dieses Buch ist ärgerlich schlecht. Abgesehen von der realistischen Beschreibung einer ersten Marsbesiedelung hat der Autor alles getan, um mir den Spass zu verderben.

Der Roman beginnt mit einem Kapitel, das chronologisch in das letzte Drittel gehört -- ein alter Autorentrick, wenn der eigentliche Anfang der Handlung zu wenig Spannung bietet. In einer gerade neu entstandenen Marsstadt fällt John Boone, der erste Mensch auf dem Mars und charismatische Leitfigur, durch eine von seinem ehemaligen Freund angezettelte Intrige einem Attentat zum Opfer.

Durch diesen Vorgriff auf spätere Ereignisse wird das Geschehen der folgenden Kapitel dunkel überschattet, nämlich die Landung und der Aufbau der Kolonie -- wo das doch eigentlich eine Aura von Aufbruch, Hoffnung, Neuanfang, Euphorie ausstrahlen sollte. Es sind diese Abschnitte (Kapitel 2 und 3), in denen Robinson, wie es so schön ausgedrückt wurde, "etwas seinen Unterhaltungsauftrag vergisst" -- es wird praktisch spannungs- und höhepunkfrei geschildert, wie der Flug und der Aufbau der ersten Station ablaufen könnten. Immerhin spielt Robinson hier seinen Trumpf aus: profundes technisches und "areologisches" (marsgeologisches) Wissen. Einziger Kritikpunkt daran: Eine erste Marsstation im Jahr 2037 anzusiedeln war schon zur Entstehungszeit des Romans (1993) unrealistisch an der Grenze zur Naivität.

Im kurzen Teil 3 folgt ein irrer Zeitraffer, und dann sind 10 Jahre später plötzlich bereits mehrere 10.000 Menschen in dutzenden von Siedlungen auf dem Mars (?!?) Naja, und ab hier wird es dann halt doch ziemlich unrealistisch. Das gipfelt für mich darin, dass Robinson, um den Konflikt zusätzlich anzuheizen, eine "Anti-Alterungsmedizin" erfindet, wodurch der Erde die Überbevölkerung droht und alle zum Mars auswandern wollen. Und so zieht sich das Buch über hunderte von dicht bedruckten Seiten hin, mit ausgebreiteten Lebensgeschichten der wechselnden Protagonisten, mit detailverliebten Schilderungen von Marslandschaften, mit technischen Erklärungen immer neuer Erfindungen -- und mit unzähligen, weder vorher noch im Nachhinein motivierten Handlungs-Nebensträngen. Eine geschlagene halbe Seite lang wird da doch tatsächlich der Inhalt einer simplen Werkzeugkiste aufgezählt ...

Wie schon erwähnt, endet das Buch in einer Katastrophe: Erde und Mars sind Schlachtfelder, Wasserstoffbomben wurden eingesetzt, Kernreaktoren durchgeschmolzen, die Siedlungen weitgehend zerstört, zigtausend Menschen mit einer Grausamkeit abgeschlachtet, die aus der Handlung absolut nicht ausreichend motiviert ist -- wie auch schon der "Brudermord" am Anfang (Kain/Abel? Romulus/Remus?). Robinson schildert einerseits die politischen Prozesse, versäumt es aber, die Motive für solche Gräueltaten und sinnlose Zerstörung zu liefern. (Ebenso gelingt es ihm nicht überzeugend zu erläutern, welche Motive die Erde anfangs überhaupt gehabt haben könnte, derart unglaubliche Finanzmittel in den Mars zu pumpen.)

Ich bitte mich nicht falsch zu verstehen: Es muss für mich kein "happy ending" sein. Eine Katastrophe kann durchaus ein legitimes Ende für einen Roman sein -- mit dem Ziel, den Leser zum Nachenken zu bringen und damit letztlich eine solche Katastrophe zu verhindern. Das kann aber nur gelingen, wenn sie schlüssig motiviert ist. Das ist in meinen Augen hier einfach nicht der Fall.

Nicht zuletzt schadet Robinson mit dieser aufgebauscht-katastrophalen Aussage auch seinem eigentlichen Ziel, nämlich die Besiedelung des Mars voran zu bringen. Sicher will er die Katastrophe in den beiden folgenden Büchern der Trilogie zum Guten wenden -- aber wer wird sich die nach einer derart entäuschenden Lektüre überhaupt noch kaufen? Ich jedenfalls nicht ...

Wer sich für den Mars und seine Kolonisierung interessiert, dem empfehle ich die Kapitel 2 und 3 des Buches. Erstaunlicherweise ist "Red Mars" genau dort am lesenswertesten, wo Robinson "seinen Unterhaltungsauftrag vergessen" zu haben scheint -- kein Kompliment an ihn als Autor, aber ein Kompliment an ihn als Mars-Experten.

-- tichy
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#17 tichy

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Geschrieben 13 Januar 2004 - 10:15

Ach ja: Der aufrührerische Protagonist, der in "Red Mars" eine neue, antikapitalistische Gesellschaftsform für den Mars postuliert, heisst Arkadi Bogdanow, seine Anhänger "Bogdanowisten". Nun lese ich heute im Leitartikel des Feuilletons der FAZ (sic!), dass ein Alexander Bogdanow 1974 ein Buch "Der rote Stern" geschrieben hat, in dem der Mars kommunistisch wird. Zufall oder Anspielung? -- tichy
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#18 Rusch

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Geschrieben 13 Januar 2004 - 10:18

Wow, eine harte Kritik, aber sicherlich nicht ungerechtfertig. Mich wundert immer noch, dass dieses Buch seinerzeit den Nebular Award gewonnen hat. Überhaupt verstehe ich das überhaupt nicht: Ein bestenfalls durchschnittliches Buch wie dieses kommt in die engere Wahl und dann werden wirklich hervorragende Werke übergangen. So frage ich mich bis heute, warum Hamilton mit seinem Armageddon Zyklus noch nicht einmal für einen Preis nominiert wurde. Noch nicht mal für den Hugo.

#19 rockmysoul67

rockmysoul67

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Geschrieben 13 Januar 2004 - 11:10

Der Roman beginnt mit einem Kapitel, das chronologisch in das letzte Drittel gehört -- ein alter Autorentrick

Bei mir jedenfalls hatte der Trick zur Folge, dass ich das Buch mit dem Altpapier mitgab.

Eine Erklärung meines 'unrationellen' Verhaltens (wie kann man bloss ein SF-Buch wegwerfen) braucht vielleicht eine Erklärung. Vor etwa 1,5 Jahren fing ich an mich für SF-Literatur zu interessieren. Ich wollte - ich weiss selbst nicht weshalb - über eine wirklichkeitsnahe Marslandung lesen. Das wäre doch ein Thema! Wie könnte eine Landung, eine erste Besiedlung tatsächlich aussehen?

Ich kaufte mir drei Bücher. Nämlich:

"Mars" von "Ben Bova"
"Das Rennen zum Mars" von "Gregory Benford" und
"Roter Mars" von "Kim Stanley Robinson".

"Mars" und "Das Rennen zum Mars" hielten ihr Versprechen; sie beschrieben das, was der Klappentext und die Werbung versprach, eine frühe - technisch plausibele - Landung auf dem Mars.

Das Buch von Bova begeisterte mich besonders. Es hatte alles was ein guter Roman ausmacht (Ihr wisst schon: Personagen, Hintergrund, Tiefe, Spannung, Wendung, Plot, usw.) Besonders angetan war ich von den politischen Hintergründen. Sehr treffend geschildert war ein Mann, der sich sein Leben lang dafür eingesetzt hatte, um einen Marsflug zu realisieren. Er war hauptsächlich mit politischen Machtkämpfe beschäftigt, nicht mit der technischen Seite... (versteht mich nicht falsch, es gibt nur sehr, sehr wenigen Bücher, wo ich nichts zu meckern habe. Auch Mars ist nicht perfekt. In der Handlung beispielsweise bezweifle ich stark, dass die allererste Marslandung mit zwei Landern gleichzeitig ausgeführt werden wird)

Vom "Rennen zum Mars" war ich nicht gerade hellbegeistert. In Vergleich zu "Mars" waren die Ereignisse eher unrealistisch, die Figuren besassen wenig Substanz, auf dem Mars mal angekommen, herrschte vorallererst Langeweile...
Ich habe dieses Buch damals nicht ausgelesen und gemeinsam mit "Roter Mars" versorgt - es lebe die Papierrecycling. Dies würde ich heutzutage nicht mehr tun. Früher wollte ich nur ein gutes Buch lesen, Punkt. Doch jetzt bin ich überdurchschnittlich an SF-Literatur interessiert und ich vermag einen schwachen Schreibstil zu ignorieren; ich hoffe immer auf eine kleine interessante Wendung, auf einen unbekannten SF-Aspekt.

Auch "Roter Mars" wurde zu Toiletten- oder bräunliches Briefpapier verwandelt, allerdings aus anderen Gründen als bei "Das Rennen zum Mars". Der Stil war nämlich okay. Gut, es war ein Stil, der mich nicht so anspricht: Es ging nur um was eine Person dachte oder tat. Aber das ist eine Geschmacksache, Benford kann nichts dafür, dass gewisse Leser einen anderen Schreibstil bevorzugen. Nein, der Anfang war es, der mich säuerlich aufstiess. Ich wusste, dass es drei Teile gab. Der erster Teil, eben Roter Mars, handelte sich um die Anfangszeit der Besiedlung, als der Mars noch rot, sprich urspünglich war.
Und was lese ich? Ich sehe einen Mars, der schon total besiedelt ist. Technische Probleme scheint es nicht zu geben. O, ja, es gibt Probleme: soziale Schichten werden diskriminiert. Diese sozialen Schichten leben genauso wie auf der Erde. Es war ein Abbild von Arabern, die in Amerika oder Europa leben. Aber das wollte ich ja nicht lesen. Ich wollte über die Besiedlung von Mars lesen!
Dieser negativen Gedankengang wurde noch intensiviert wegen des Mars-Pioneers, der anders denkt (philosophisch, enttäuscht von der Marsbesiedlung) als er spricht (etwa: 'toll, wir haben es geschafft').
Okay, jetzt lese ich in deinem (total spitzen) Rezi, Tichy, dass dies ein vorgeschobener Kapitel war.
Doch woher sollte ich das wissen (ich stelle mich etwas naiv auf)? Mir wurde eine Landung bzw. eine erste, frühe Besiedlung versprochen. Und dann falle ich in eine terrarisierte Welt. Und mal ehrlich, auch wenn das letzte Kapitel am Schluss wäre: Was hat das überhaupt in diesem Buch zu suchen? Das gehört später in der Trilogie! Mir fehlte die Geduld... die Papierabfuhr war am nächsten Tag.

Wie gesagt: Heute würde ich die Bücher zu Ende lesen, doch die Mehrzahl der Leser (wozu ich früher gehörte) bringt dafür keine Geduld auf. Ich vermute, dass Robinsons Erfolg darin liegt, dass er a ) nur von SF-Interessierten gelesen wird und b ) weil es einfach nur wenige moderne Marsbücher gibt.
Aber ich band dieses Buch nur schweren Herzens an den Zeitungen fest. Ich wünschte mir damals tatsächlich, ich hätte auch Teil 2 oder 3, denn dann hätte ich die Robinson-Bücher sicher nicht weggetan. Sie besitzen nämlich ein sehr unhandliches Format: Zum Festhalten beim Lesen sind sie ein Horror, aber sie sind die perfekten Buchstützen.

#20 rockmysoul67

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Geschrieben 13 Januar 2004 - 11:26

Aaah, das merke ich erst jetzt: Ich bin quereingestiegen. Ich dachte, dass Tichy's Rezi das erste Posting war, alle vorherigen hatte ich somit nicht gelesen. Ich wusste somit auch nicht, dass es ursprünglich um Marsianer ging. Vielleicht wäre mein langer Absatz etwas anders formuliert, wenn ich eure Kommentare zuerst gelesen hätte, aber viel anders wäre meine Meinung auch nicht ausgefallen. Sorry, falls sich jemand übergangen oder so fühlt.

#21 Rusch

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Geschrieben 13 Januar 2004 - 13:23

Ich glaube nicht, dass es unmöglich ist, das Thema Mars in Film und Buch einmal, nur einmal richtig anzugehen. Es muss doch möglich sein, einmal was wirklich tolles zu dem Thema zu bringen.

#22 rockmysoul67

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Geschrieben 13 Januar 2004 - 13:57

Ich glaube nicht, dass es unmöglich ist, das Thema Mars in Film und Buch einmal, nur einmal richtig anzugehen. Es muss doch möglich sein, einmal was wirklich tolles zu dem Thema zu bringen.

Genau, Rusch! Und was wäre interessanter als eine Geschichte um die erste bemannte Marslandung? Ich war schon enttäuscht über diese beiden Mars-Filme vor ein paar Jahren. Können die nicht einfach eine logisch aufgebaute, technisch realistische Geschichte bringen? Muss es denn immer merkwürdige Aliens geben? Bei den Romanen kommt Ben Bova die Sache noch am nähsten. Kennt eigentlich jemand "White Mars" von Brian Aldiss? Wie hat er das Thema angepackt?

#23 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 13 Januar 2004 - 14:48

Tja, ich merke dass ich mal wieder schlechten Geschmack beweise, wenn ich behaupte dass die Mars-Trilogie für mich ein (bzw. der) SF-Höhepunkt der letzten Jahre war. Ich habe meine Meinung bereits anderswo etwas ausgeführt. M.E. sind die Stärken/Ziele der Bücher weniger Besiedlung zu beschreiben als alternative Gesellschaftsformen und Ansätze des Terraforming (und zu Letzterem kenn ich kein anderes Buch das diesem im Sinne der Physik-/Chemie-/Geologie-Beschreibungen dazu das Wasser reicht).

Ich für meinen Teil fand diese neuen Themen mutig und interessant; ich habe an einer Stelle (ich glaube im "grünen" Teil) mal ein bisschen Recherche betrieben als KSR ausführlich beschrieb wie die Lebensverlängerungsmedizin funktioniert, und es hatte auch dieses (Nebenthema) Hand & Fuß. Ein SF-Roman der mich dazu bringt die "Science" genauer zu verfolgen die er beschreibt anstatt nur die "Fiction" über mich ergehen zu lassen ist zumindest bemerkenswert.

Das Thema Marsbesiedlung gab's doch schon oft in anderen Romanen oder irre ich mich da? Ich wette dass allgemein zum Mars in den letzten 40 Jahren mindestens ein SF-Titel von einem namhaften Autor pro Jahr heraus kam.

@tichy: Deine Begründungen finde ich interessant, aber folgende Aussage war mir zumindest unklar. :confused:

Eine erste Marsstation im Jahr 2037 anzusiedeln war schon zur Entstehungszeit des Romans (1993) unrealistisch an der Grenze zur Naivität.

Das sind doch über 30 Jahre! Meinst du wirklich die Welt wäre nicht in der Lage durch irgendeine bis jetzt unvorhergesehene Entwicklung Geld & Technologie aufzubringen etwas schneller eine Marsbesiedlung zu betreiben? Eine Möglichkeit, die mir einfiel: Ein Virus, nur etwas virulenter als AIDS oder SARS, erscheint in den nächsten Jahren, und beginnt sich zu verbreiten. Als Folge tritt Pres. Bush III den eigenen Senat und, was weiß ich, die NATO-Staaten, Geld locker zu machen für eine erste bemannte Erkundungsmission, damit er die Zweite Neue Große Bushsche Weltordnung ankündigen kann ("die Menschheit MUSS überleben"). Das Pentagon stellt sich dahinter da es damit wieder neue Geldquellen für die Zukunft entdeckt. Mit entsprechenden Geldern, dauert es 5 Jahre ein gangbares Konzept für den 6-jährigen Hinweg zu entwickeln. Ca. weitere 20 Jahre später startet das erste Kolonieschiff...

Unmöglich? Bitte, klär mich auf.

Bearbeitet von yiyippeeyippeeyay, 13 Januar 2004 - 15:54.

/KB

Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?

Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.

Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

(Leiter eines US-Congress-Kommittees vs. Erfinder des effektivsten Handlasers, den es je gab, grob übersetzt aus der 1. KG aus Best of Frank Herbert 1965-1970, im Sphere-Verlag, Sn. 38 & 39, by Herbert sr.)


#24 Rusch

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Geschrieben 13 Januar 2004 - 14:54

^ Ich denke für einen Hard SF Fan hat die Mars Trilogie viel zu bieten. Es hängt besonders bei diesem Buch stark davon ab, was für einen Typ Bücher man mag. Ich kann mir durchaus vorstellen, dass jemand dieses Buch mag und ich freue mich für ihn. Mein Geschmack ist es halt nicht.

#25 tichy

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Geschrieben 13 Januar 2004 - 14:54

Eine erste Marsstation im Jahr 2037 anzusiedeln war schon zur Entstehungszeit des Romans (1993) unrealistisch an der Grenze zur Naivität.

Das sind doch über 30 Jahre!

Just in den letzten Wochen haben zuerst die ESA und dann die NASA grobe Zeitpläne verlautbart: frühestens 2018 Rückkehr zum Mond (dort Aufbau einer Mondstation, um die benötigten Technologien zu testen), frühestens 2030 oder 2033 Flug zum Mars. Wenn alles so läuft wie geplant, wohlgemerkt, was es eigentlich nie tut. -- tichy
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#26 yiyippeeyippeeyay

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Geschrieben 13 Januar 2004 - 15:19

Naja, ich erinnere mich nur wie erstaunt alle waren dass 1969 Apollo erfolgreich auf dem Mond landete (das Erstaunen klingt ja m.E. bis heute in Form der "alles nur ein Trick"-Verschwörungstheoretiker nach) und zurückkehrte. Als Kennedy das nur 8 (!) Jahre vorher angekündigt hatte, hatten das viele vernünftige Leute/Wissenschaftler nicht für möglich gehalten. Marsflüge sind ein etwas größeres Problem, klar, aber man nehme mal an die Geldgeber (staatliche & andere) seien auf einmal so sehr motiviert wie damals, und die WählerInnen fänden es auch wichtig...

/KB

Yay! SF-Dialog Ende März...
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Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.

Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

(Leiter eines US-Congress-Kommittees vs. Erfinder des effektivsten Handlasers, den es je gab, grob übersetzt aus der 1. KG aus Best of Frank Herbert 1965-1970, im Sphere-Verlag, Sn. 38 & 39, by Herbert sr.)


#27 Jakob

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Geschrieben 13 Januar 2004 - 15:45

Zur Ehrenrettung von KSR:Ich für meinen Teil habe die gesamte Marstrilogie freudig verschlungen. Nicht, weil sie überragend spannend gewesen wäre. Und den Hard-SF-Aspekt kann ich ohnehin kaum beurteilen, wichtig war für mich als Laie da nur, dass ich die mehr oder weniger Pseudowissenschaftlichen Aspekte im Rahmen der romanhandlung verstehe. Die Charakterisierung der figuren fand ich dann schon im großen und ganzen überdurchschnittlich gelungen - sicher, die meisten Charaktere definieren sich über ein oder zwei zentrale Eigenschaften und lassen etwas tiefe vermissen, aber als "soziale Versuchsanordnung" funktionieren sie großartig.Und das ist insgesamt auch der Aspekt, den ich an der Trilogie mag: KSR macht eine Versuchsanordnung in Sachen utpoisches Denken und schreckt dabei weitenteils nicht davor zurück, die Gefahren und Probleme der von ihm bevorzugten Ansätze zu einer prinzipiellen Gesellschaftsveränderung zu thematisieren. Besonders gelungen finde ich nach wie vor den Unlösbaren Konflikt zwischen "Roten" und "Grünen". Obwohl ich persönlich immer auf der seite der Terraformer war, schafft der Roman es doch, über weite Strecken die "Roten" als notwendiges Korrektiv auftreten zu lassen.Sicher sind KSRs soziale Szenarien etwas oberflächlich gestrickt, aber sie fordern dadurch auch zu Widerspruch heraus. KSRs Begeisterung für das politische System der Schweiz kann ich nicht teilen, und auch seine prämisse der sozialen und kulturellen Wandlung hat er meines Erachtens nicht gut genug umgesetzt - tatsächlich scheinen ja eher Lebensarten auf den Mars exportiert zu werden, anstatt das neue Lebensarten entwickelt werden. Und die Wiederentdeckung der vier Temperamente - Ja, das war nun wirklich Zeug von Vorvorgestern. Aber all diese Widersprüche beweisen für mich die Qualität der Trilogie, nämlich: dass sie sich auf Diskussionen einlässt.In diesem Sinne würde ich auch nicht bemängeln, dass die Zukunftsvision veraltet ist, weil heute alles ganz anders ablaufen würde. Bei der Mars-Trilogie scheint es meines Erachtens sowieso nicht darum zu gehen, die zukunft zu antizipieren - das Buch hat viel mehr den Charakter eines Experiments unter Laborbedingungen. es handelt sich nicht um ein Kochrezept, sondern um ein probeweises Mischen von Zutaten. Nicht besonders raffiniert oder verfeinert, aber das ist auch ganz gut so - man kann nämlich noch die einzelnen Zutaten erkennen und sich überlegen, welche vielleicht besser weggelassen werden sollten und was noch fehlt.
"If the ideology you read is invisible to you, it usually means that it’s your ideology, by and large."

R. Scott Bakker

"We have failed to uphold Brannigan's Law. However I did make it with a hot alien babe. And in the end, is that not what man has dreamt of since first he looked up at the stars?" - Zapp Brannigan in Futurama

Verlag das Beben
Otherland-Buchhandlung
Schlotzen & Kloben
Blog
  • (Buch) gerade am lesen:Zachary Jernigan, No Return/James Tiptree Jr., Zu einem Preis
  • (Buch) als nächstes geplant:Samuel R. Delany, Dunkle Reflexionen/Thomas Ziegler, Sardor - Der Flieger des Kaisers
  • • (Buch) Neuerwerbung: Julie Phillips, James Tiptree Jr. (Biographie)
  • • (Film) gerade gesehen: Oblivion
  • • (Film) als nächstes geplant: Star Trek Into Darkness
  • • (Film) Neuerwerbung: American Horror Story (Serie)

#28 Orca

Orca

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Geschrieben 14 Januar 2004 - 21:36

"Roter Mars" habe ich vor ca. 4 Jahren das erste Mal gelesen und damals wirklich verschlungen, und das, obwohl das damals einer meiner ersten Science-Fiction-Romane überhaupt war (zusammen mit "Mars" von Ben Bova, welcher mich jedoch nicht so ansprechen konnte) und ich da (altersbedingt) vielleicht noch nicht so empfänglich für KSRs Darstellungen war. Die Vermutung, dass nur Hard-SF-Fans an dem Buch Interesse haben können, ziehe ich aber somit ernsthaft in Zweifel, denn ich selbst würde das Buch jedem empfehlen, der ein gewisses Interesse für globale Entwicklungen und gesellschaftliche Entwicklungen hat, denn genau diese Aspekte machen einen Großteil der langfristigen Spannung des Buches aus. Vielleicht ist das erste Buch für einige in der Tat zu trocken-realistisch (und eben keine durchgängig positive Utopie), da es größtenteils nur Entwicklungen wiederspiegelt, die historisch nur allzu bekannt sind (genau dadurch jedoch auch für mich so authentisch ist). Da gibt es dann halt Untergrundbewegungen, terroristische Aktivitäten, Kriege und Revolutionen, analog zur jüngeren menschlichen Geschichte. Von allgemeinem neuen Denken ist in "Roter Mars" kaum eine Spur zu finden. Aber genau das mag auch KSRs Absicht gewesen sein: Zeigen, dass ein anderer Planet keine andere Gesellschaft verspricht, nur weil die Umgebung anders ist und es vermeintlich viel Land gibt. Dass der Krieg aus der Handlung heraus nicht ausreichend motiviert ist, stimmt meiner Meinung nach absolut nicht, denn das 5. und insbesondere das 6. Kapitel machen für mich den Krieg zu einer unausweichlichen, zwangsläufigen Entwicklung, die KSR auch genau so vorgesehen hat. Hier kommt es wie so oft in der Trilogie auch nicht auf die offensichtliche Handlung an, sondern auf die vielen Nebenentwicklungen und Andeutungen, die sich oft nur im Gesamtzusammenhang erschließen lassen, nichtsdestoweniger ungemein wichtig sind, will man dem Buch gerecht werden. Vielleicht ist aber auch gerade das besonders beim ersten Lesen nicht einfach zu durchschauen. Wer allerdings "Roter Mars" verurteilt, ohne die beiden anderen Bände gelesen zu haben, hat für mich zum einen sicherlich viel verpasst, zum anderen KSR aber auch nicht wirklich verstanden oder gar verstehen können. Sehr häufig sind mir hier Dinge aufgefallen, die an "Roter Mars" kritisiert wurden, letztendlich jedoch in "Grüner Mars" und "Blauer Mars" zuhauf zu finden sind; etwa genau die neuen Entwicklungen, die im ersten Band viele vermisst haben, oder eine neue "marsianische" Denk- und Lebensweise, die insbesondere in den Charakteren von Nirgal, Zoe und auch Jackie hervortritt. Indes ist die Motivation, den Mars zu besiedeln, und eben jede Menge finanzielle Mittel in seine Entwickllung zu pumpen, ist zum einen die absolut nicht zu unterschätzende Resourcenknappheit auf der Erde und zum anderen die amerikanische Weltsicht. Leider auch ein Kritikpunkt am gesamten Werk: aus amerikanischer Sicht geschrieben wirkt es auf Europäer mitunter wohl etwas sehr einseitig. Dennoch sollten auch für Europäer die Folgen einer ultimativen Globalisierung, mit denen sich die anderen beiden Bände noch weitaus mehr befassen, absolut nachvollziehbar sein. Die Kritik, dass der Vorgriff im ersten Kapitel ein schlechter Schachzug gewesen sei, kann ich zumindest nachvollziehen, da ich auch überlegt habe, ob es nicht interessanter wäre, die Kapitel in richtiger chronologischer Reihenfolge zu lesen. Letztendlich ergibt die Anordnung für mich aber durchaus Sinn, da einem die Spannungen und die Gründe für den Mord, die in den mittleren Kapiteln erkennbar werden, dann doch mehr auffallen und es KSRs Absicht, genau jene altbekannten (terranischen) Probleme auf den Mars zu übertragen, schließlich zugute kommt.

Die Charakterisierung der figuren fand ich dann schon im großen und ganzen überdurchschnittlich gelungen - sicher, die meisten Charaktere definieren sich über ein oder zwei zentrale Eigenschaften und lassen etwas tiefe vermissen, aber als "soziale Versuchsanordnung" funktionieren sie großartig.

Das kann ich fast ohne Einschränkungen unterschreiben. Alleine dass die Perspektive von Kapitel zu Kapitel wechselt und die Charaktere in gewisser Weise noch auf Distanz zum Leser gehalten werden, macht die Betrachtung der Entwicklungen aus den unterschiedlichen Blickwinkeln erheblich einfacher. Die Sichtweise eines Protagonisten hätte da zu erheblich mehr einseitiger Beurteilung geführt.

Besonders gelungen finde ich nach wie vor den Unlösbaren Konflikt zwischen "Roten" und "Grünen". Obwohl ich persönlich immer auf der seite der Terraformer war, schafft der Roman es doch, über weite Strecken die "Roten" als notwendiges Korrektiv auftreten zu lassen.

Das unterschreibe ich sofort! KSR schafft es, eben beide Seiten zu zeigen, und auch die bisweilen sehr verkrampfte Weltsicht der "Roten" durchaus verständlich zu machen. Die thematische Komplexität, die KSR im 2. und 3. Band offenbart, halte ich im Übrigen immer noch für ungeschlagen.
"Jede Wette, dass du außerdem einen richtig starken Kommunikationslaser besitzt. Stark genug, um eine Nachricht sauber durch ein gegnerisches Schiff hindurch zu übermitteln."
"Nein. Ehrlich gesagt, die Lady Mac besitzt acht davon. Vater war ein richtiger Pedant, was multiple Redundanz angeht."

#29 tichy

tichy

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Geschrieben 15 Januar 2004 - 09:33

Hallo Orca, da stimme ich Dir zu: Obwohl oft als "hard SF" eingestuft, könnte "Red Mars" viel eher für Freunde der "Space Opera" interessant sein. Ich bereue es trotzdem nicht, das Buch gelesen zu haben, denn ich hatte es gekauft, um "harte" Information über die Marsbesiedelung zu erhalten, und in dieser Hinsicht wurde ich nicht enttäuscht.

Wer allerdings "Roter Mars" verurteilt, ohne die beiden anderen Bände gelesen zu haben, hat für mich zum einen sicherlich viel verpasst, zum anderen KSR aber auch nicht wirklich verstanden oder gar verstehen können.

Verstanden zu werden ist die Bringschuld des Autors, nicht die Holschuld des Lesers. Ich habe ihm 550 eng bedruckte Seiten lang die Gelegenheit gegeben, verstanden zu werden -- er kann nicht von mir verlangen, dass ich das noch zweimal mache, nur um ihn zu verstehen ;) -- tichy

Bearbeitet von tichy, 15 Januar 2004 - 11:06.

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#30 Orca

Orca

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Geschrieben 15 Januar 2004 - 21:23

da stimme ich Dir zu: Obwohl oft als "hard SF" eingestuft, könnte "Red Mars" viel eher für Freunde der "Space Opera" interessant sein.

Äh, warum? Also ich seh da keine expliziten Zusammenhänge... :blink:

Verstanden zu werden ist die Bringschuld des Autors, nicht die Holschuld des Lesers. Ich habe ihm 550 eng bedruckte Seiten lang die Gelegenheit gegeben, verstanden zu werden -- er kann nicht von mir verlangen, dass ich das noch zweimal mache, nur um ihn zu verstehen ;)

Also so nebenbei, Iain Banks habe ich bei "Exzession" glatte drei Chancen gegeben, damit ich durch den Wirrwarr seiner Handlungsstränge und Verdächtigungen durchsteige, und beim dritten Mal wurde mir erst das ganze Ausmaß seiner Handlungskonstruktion bewusst. Ein Aspekt, den ich an dem Buch sehr schätze ;) Und beim Mars empfinde ich das, worüber man vielleicht etwas genauer nachdenken muss, um es verstehen bzw. richtig einordnen zu können, keinesfalls als so verwirrend wie bei Banks... Außerdem war das Zitat von mir auch eher auf die beiden anderen Bände bezogen.
"Jede Wette, dass du außerdem einen richtig starken Kommunikationslaser besitzt. Stark genug, um eine Nachricht sauber durch ein gegnerisches Schiff hindurch zu übermitteln."
"Nein. Ehrlich gesagt, die Lady Mac besitzt acht davon. Vater war ein richtiger Pedant, was multiple Redundanz angeht."


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