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Inszenierungen des Widerstreits: Die Heterotopie als postmodernistisches Subgenre der Utopie


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3 Antworten in diesem Thema

#1 simifilm

simifilm

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Geschrieben 19 Februar 2012 - 11:10

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Leiß, Judith: Inszenierungen des Widerstreits: Die Heterotopie als postmodernistisches Subgenre der Utopie. Aisthesis: Bielefeld 2011.

ISBN: 978-3895287688, € 29,80.


Kurzbeschreibung
Die Utopie als literarische Gattung sieht sich im 20. Jahrhundert angesichts der postmodernistischen Forderung nach einem radikal pluralistischen Denken mit einem Legitima tionsproblem konfrontiert. Der weit verbreiteten Auffassung, der Postmodernismus habe den Tod der Utopie besiegelt, wird von Judith Leiß im vorliegenden Buch jedoch entschieden widersprochen. Den Abgesängen stellt sie die These von der Herausbildung einer neuen Spielart der literarischen Utopie entgegen, die als Ergebnis einer konstruktiven Rezeption des postmodernistischen Denkens innerhalb der utopischen Tradition verstanden wird.
In diesem neuen Subgenre der Utopie, das im kreativ-anverwandelnden Rückgriff auf ein bekanntes kulturphilosophisches Konzept Heterotopie genannt wird, manifestiert sich das postmodernistische Pluralitätspostulat als literarisches Gestaltungsprinzip. Wie anhand von Romanbeispielen aus verschiedenen Literaturen aufgezeigt wird, stellt die Heterotopie mit Blick auf die Totalitarismusvorwürfe, welchen sich die Utopie insbesondere seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges in zunehmendem Maße ausgesetzt sieht, eine neue Stufe der innerliterarischen Reflexion dar.

--

Das Buch ist vom Thema und der Ausrichtung her ziemlich spezialisiert und sicher nicht für jedermann gedacht. Ich habe es gerade erst gelesen und war insgesamt angenehm überrascht. Eine sehr sorgfältig gemacht, sauber argumentierte und gut geschriebene Dissertation zur Frage, ob und wie sich postmodernistische Schreibweisen mit der utopischen Tradition vertragen. Leider kannte ich kaum eines der darin analysierten Bücher, aber der theoretische Teil war erfreulich gut zu lesen. Eine ausführliche Rezension habe ich bereits geschrieben; sie wird wohl im Quarber Merkur erscheinen. Ich werde sie auf jeden Fall nach der Veröffentlichung verlinken.

Bearbeitet von simifilm, 19 Februar 2012 - 13:34.

Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

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#2 derbenutzer

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Geschrieben 19 Februar 2012 - 13:18



Leiß, Judith: Inszenierungen des Widerstreits: Die Heterotopie als postmodernistisches Subgenre der Utopie. Aisthesis: Bielefeld 2011.

ISBN: 978-3895287688, € 29,80.


[...]

Das Buch ist vom Thema und der Ausrichtung her ziemlich spezialisiert und sicher nicht für jedermann gedacht. Ich habe es gerade erst gelesen und war insgesamt angenehm überrascht. Eine sehr sorgfältig gemacht, sauber argumentierte und gut geschrieben Dissertation zur Frage, ob und wie sich postmodernistische Schreibweisen mit der utopischen Tradition vertragen. Leider kannte ich kaum eines der darin analysierten Bücher, aber der theoretische Teil war erfreulich zu lesen. Eine ausführliche Rezension habe ich bereits geschrieben; sie wird wohl im Quarber Merkur erscheinen. Ich werde sie auf jeden Fall nach der Veröffentlichung verlinken.


Hallo simifilm!

Klingt interessant, da freue ich mich schon jetzt auf Deine Rezension.

Könntest du eventuell einige Beispiele (wenige reichen) für die (von der Autorin als typisch erachteten) neueren Spielarten literarischer Utopien nennen.

Sind da unterschwellige Einflüsse schon als Gestaltungsprinzip subsumiert?

Klar, vieles – wenn nicht alles – im literarischen Leben ist gesellschaftliche Interaktion. Aber ich könnte mir vorstellen, dass einige Autoren, wenn sie mit der Aussage konfrontiert werden, sie hätten ihre Werke „innerliterarisch reflexiv“ als – bewusst oder unbewusst – Reaktion auf ein „postmodernistisches Pluralitätspostulat“ geschrieben, eher mit Belustigung reagieren.

Viele Literaten hätten IMHO da vielleicht ein Problem damit, in gewisse Schubladen einsortiert zu werden. Mag da nun „Postmodernismus“ oder irgendetwas anderes darauf stehen.

Fiktives Interwiew:

Interviewer: „Mr. Banks, die pan-galaktische anarchistische Organisation der Kultur in vielen ihrer Romane erscheint mir als Beispiel einer utopischen Gesellschaft, die ihre literarische Antwort auf ein postmodernistisches Pluralitätspostulat darstellt.“

Banks: Häh? Ist bloß meine persönliche Wunschwelt. Viel Reisen, schnelle Fahrzeuge, viel erleben, viel Action, uralt werden, kein Geld brauchen, viel Sex ...“


Ist natürlich scherzhaft gemeint Eingefügtes Bild

Kurzfassung: Besteht in solchen Abhandlungen („Inszenierungen des Widerstreits“) nicht (auch) die eklatante Gefahr massiven Überinterpretierens?

Liebe Grüße!

Jakob

Bearbeitet von derbenutzer, 19 Februar 2012 - 15:33.

Austriae Est Imperare Orbi Universo


#3 simifilm

simifilm

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Geschrieben 19 Februar 2012 - 13:31

Hallo Jakob,

Leiß untersucht folgende Romane, die ihrer Definition einer Heterotopie entsprechen: The Plato Papers (Peter Ackroyd), Sirius Transit (Herbert W. Franke), Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt (Murakimi Haruki) und Thetis. Anderswelt (Alban Nikolai Hebst).

Eine Stärke von Leiß' Arbeit ist, dass sie Begriffe wie "postmodernistisch" und "Utopie" präzise definiert und dass sie sie als formale Kategorien versteht. Sprich: Es geht um konkrete Merkmale des Textaufbaus, die sich einigermassen objektiv an den Romanen selbst festmachen lassen. Man kann sicher darüber streiten, ob die verwendeten Definitionen über alle Zweifel erhaben sind (das kann man immer), aber zumindest kann man klar nachvollziehen, warum The Plato Papers gemäss Leiß eine Heterotopie ist, Trouble on Triton dagegen nicht. Die Gefahr der Überinterpretation ist hier deshalb vergleichsweise gering, weil es eben wirklich um die Organisation des Textes geht, wo es vergleichsweise wenig Subjektivität gibt. Dieser Ansatz ist auch der Grund, weshalb ich diese Arbeit für ziemlich gelungen halte.

Bearbeitet von simifilm, 19 Februar 2012 - 13:33.

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#4 simifilm

simifilm

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Geschrieben 08 August 2012 - 07:59

Mit einiger Verzögerung ist meine Rezension nun online.

Bearbeitet von simifilm, 08 August 2012 - 11:12.

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