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Romantische Liebe zwischen Mensch und Maschine?

Liebe

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57 Antworten in diesem Thema

#1 lapismont

lapismont

    Linksgrünversifft

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Geschrieben 21 Februar 2012 - 10:05

Ich greife hier ein Thema auf, das Trul anhand des Buch-Threads zu Die steinernen Götter von Jeanette Winterson aufwarf:

Was mir aber noch aufgefallen ist und was der eigentliche Grund ist, warum ich hier antworte, ist eine Frage, die Du in deinem Eingangs-Posting und in deiner Rezension ansprichst. Und zwar zum Thema Liebe zwischen Mensch und Maschine, oder weniger nüchtern, zwischen Mensch und künstlichem Biowesen, bzw. Roboter. Das ist wie du zutreffend anmerkst, in der Tat ein spannendes Thema, gerade für die Science-Fiction. Es ist nur so, dass sich mir dabei instinktiv die Nackenhaare sträuben, weil ich genau weiß, nur in den seltensten Fällen, das Thema ohne Kitsch und Gefühlsduselei in all seiner Komplexität behandelt wird. Ich fand, dass bereits in Spielbergs Film A.I. gerade diese Problematik allzu gefühlsselig abgehandelt wurde. Ich bin grundsätzlich der Meinung, die romantische Liebe zwischen einem Menschen und einer nichtbiologischen Maschine ist in sich widersinnig. Aber das ist glaube ich hier nicht der Ort um darüber ausführlich zu diskutieren. Das Thema ist aber spannend und so abgehoben, dass darüber in einem Extra-Thread ganz entspannt diskutiert werden könnte. Interesse?


Mir fallen dazu einige Punkte ein.
  • der Mensch ist auch eine Maschine
  • der Mensch kann alles lieben
  • Kitsch und Gefühlsduselei sind subjektive Größen
  • Liebe beinhaltet ganz verschiedene Ebenen
Winterson thematisiert verschiedene Arten der Liebe und setzt sie in Beziehung zu einander. Dadurch offenbart sie, dass die Art der beteiligten Partner egal ist.

Immer geht es um Geben und Nehmen, um Selbstvergessen und Sichfinden.

Dass sich ein Mensch in eine künstliche Lebensform verlieben und sie auch lieben kann, halte ich nicht nur für vorstellbar, sondern auch für real. Die Frage ist, ob es andersherum auch passieren kann.
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#2 Trurl

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    Phanto-Lemchen

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Geschrieben 21 Februar 2012 - 11:21

Hi lapismont, freut mich, dass du meinen Vorschlag aufgegriffen hast, muß ich es nicht selber tun. Eingefügtes Bild
Dachte schon es bestünde kein wirkliches Interesse.

Mir fallen dazu einige Punkte ein.

  • der Mensch ist auch eine Maschine
  • der Mensch kann alles lieben
  • Kitsch und Gefühlsduselei sind subjektive Größen
  • Liebe beinhaltet ganz verschiedene Ebenen
Winterson thematisiert verschiedene Arten der Liebe und setzt sie in Beziehung zu einander. Dadurch offenbart sie, dass die Art der beteiligten Partner egal ist.






Immer geht es um Geben und Nehmen, um Selbstvergessen und Sichfinden.

Dass sich ein Mensch in eine künstliche Lebensform verlieben und sie auch lieben kann, halte ich nicht nur für vorstellbar, sondern auch für real. Die Frage ist, ob es andersherum auch passieren kann.

Ja, dazu lässt sich einiges sagen, habe aber gerade im Augenblick leider noch Wichtigeres zu tun (Datenbank-Administration ...), deshalb erst später mehr. Übrigens gibt's zu dem Thema einen Essay von Lem, den wollte ich mir vorher noch einmal durchlesen.

LG Trurl
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#3 alexandermerow

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    Giganaut

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Geschrieben 21 Februar 2012 - 11:22

Dafür müsste ein "künstlicher Mensch" allerdings sehr, sehr hoch entwickelt sein und einen realen Menschen fast perfekt imitieren können. Zudem müssten gewisse biologische Grundbedürfnisse gestillt werden können Eingefügtes Bild Alles sehr spekulativ. Mir fällt da die Zylonen-Blondine aus "Kampfstern Galactica" ein...

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#4 Trurl

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    Phanto-Lemchen

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Geschrieben 22 Februar 2012 - 01:48

Dafür müsste ein "künstlicher Mensch" allerdings sehr, sehr hoch entwickelt sein und einen realen Menschen fast perfekt imitieren können. Zudem müssten gewisse biologische Grundbedürfnisse gestillt werden können Eingefügtes Bild Alles sehr spekulativ.

Yabsolut. Das ist natürlich ein Thema, das einem nicht unmittelbar auf den Nägeln brennt, aber im Rahmen eines SF-Forums kann man sich doch durchaus ein paar Gedanken dazu machen, bin aber im Moment zu müde sie niederzuschrei ...

LG Trurl
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#5 lapismont

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    Linksgrünversifft

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Geschrieben 22 Februar 2012 - 07:18

Die biologischen Grundbedürfnisse meinen aber nur den Sex, oder? Und warum sollte Imitation notwendig sein? Spannend wird doch das Zurückgeben. Bei Winterson gibt die "Maschine" etwas zurück, will es zurückgeben.
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#6 Torwan

Torwan

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Geschrieben 22 Februar 2012 - 10:07

Hierzu kann man sich durchaus der verschiedenen Artikel über "Gynoiden" durchlesen (Wikipedia ist ein guter Einstiegspunkt). Ich denke mal, dass Mensch/Maschine-Beziehungen unvermeidbar sind, wenn es Androiden mit menschlichem Aussehen und halbwegs menschlichem Verhalten geben wird. Leute, die eher geringe Ansprüche an Beziehungen haben, werden sich mit so etwas sicher anfreunden können. Solange aber keine "starke KI" in Sicht ist, die menschliches Verhalten qualitativ vollständig erreicht bzw. übertrifft, wird es kein Ersatz sein für reale menschliche Partnerschaften. Zudem bleibt immer die Frage: Ist das Verhalten der Maschine nun wirklich Empfindung oder nur Programmcode? Wo zieht man da die Grenze? Soll man da überhaupt eine ziehen?

#7 Trurl

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Geschrieben 22 Februar 2012 - 11:00

Zum Punkt der Imitation. Imitation ist wohl im Sinne von Simulation gemeint, der Nachbildung eines Menschen, vor allem seiner Denkvorgänge, in einer Maschine. Aber nicht nur der Denkens, sondern noch mehr, des ganzen emotionalen Spektrums des Menschseins. Denn damit eine Maschine einen Menschen simulieren kann und auch einem anderen Menschen als gleichwertiger Partner erscheint, muss sie quasi zu einem Menschen werden. Dieses Problem ist ja seit langem Thema in der Philosophie des Geistes und den Kognitionswissenschaften und als Turing-Test bekannt. Doch der Turing-Test soll ja nur die Frage beantworten ob eine Maschine (Computer) in einem Gespräch mit einem Menschen auf intelligente Fragen ebenso intelligente Antworten geben kann, bzw. so erscheint als habe man einen Menschen vor sich. Implizit schwingt bei der Diskussion des Turing-Tests aber immer die Frage mit, ob ein sich intelligent verhaltender Computer, der den Turing-Test besteht, *wirklich* Denken kann oder noch weiter gefasst, ob er tatsächlich über ein Bewusstsein, also so etwas wie eine Seele, verfügt. Oder ob das, was der Computer vorgibt, als rein mechanischer Vorgang oder als formaler Prozess abläuft, und er nicht mehr ist als ein plappernder Papagei, der *innerlich* so hohl wie eine leere Bierdose ist. Das ist noch immer eine offene Frage der KI-Forschung und kann auf absehbare Zeit nicht beantwortet werden.

@Torwan: Deine Ausführungen entsprechen in etwa meinen.

Solange aber keine "starke KI" in Sicht ist, die menschliches Verhalten qualitativ vollständig erreicht bzw. übertrifft, wird es kein Ersatz sein für reale menschliche Partnerschaften. Zudem bleibt immer die Frage: Ist das Verhalten der Maschine nun wirklich Empfindung oder nur Programmcode? Wo zieht man da die Grenze? Soll man da überhaupt eine ziehen?


Nur mal vorausgesetzt die starke KI sei möglich und egal ob die Empfindungen real oder nur vorgespielt sind, warum sollte die Beziehung zwischen Mensch und Maschine je mehr sein als ein armseliger Ersatz für beziehungsgestörte Menschen. Liebe, nicht nur körperliche Liebe wie die romantische Liebe, ist doch nie völlig losgelöst von den rein biologischen Bedingungen, wie z.B. Fortpflanzung, deshalb erscheint mir das als widersinnig, aber vielleicht, warum auch nicht, kann man in einer platonischen Beziehung mit einem gleichwertigen, menschenähnlichen Wesen auch seine Befriedigung ziehen. Aber das wäre schon ein wirklich hochentwickeltes Wesen, für das die Bezeichnung Maschine nicht mehr ausreicht.

LG Trurl
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#8 Trurl

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    Phanto-Lemchen

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Geschrieben 23 Februar 2012 - 06:01

Teil 2 der Folge, welche Voraussetzungen müssen notwendig erfüllt sein, damit eine Maschine (=Roboter) als ein vollwertiger (Liebes-) Partner (eventuell als Surrogat?) in Frage kommt?
  • Bewusstes rationales Denken + Emotionalität = Persönlichkeit
  • Autonomie = Entscheidungs-Freiheit (nix mit Asimovs 3 Gesetzen)
  • Menschenähnlichkeit = Androgynie (sowohl geistig als auch körperlich, mit männlichen oder weiblichen Ausprägungen)
  • Fehlt etwas?
So, wenn diese Bedingungen erfüllt sind, über die Chancen der Realisierung wollen wir einmal großzügig hinwegsehen und sollen einfach unterstellt werden, stellen sich für mich weitere Fragen:


Haben wir es dann noch mit einer Maschine zu tun oder nicht eher mit einer künstlichen Lebensform mit autonomen Lebensrecht, also einer Person?

Einen so perfekten Androiden müsste man sicher als eigenständiges Wesen, als Person betrachten und wäre kein Sklave oder Diener des Menschen. Und dürfte folglich auch nicht zur reinen Triebbefriedigung (=> Sexsklave) missbraucht werden. Diese Konzeption von Roboter geht weit über das hinaus, was beispielsweise Asimov im Auge hatte als seine drei Roboter-Gesetze formulierte und entspricht dem was ich mir unter einem Roboter vorstelle, der mit einem Menschen auf Augenhöhe steht.

Kann man so ein Wesen lieben?

Ich denke so lange die Illusion aufrechterhalten wird, wird sogar das nicht undenkbar sein. Aber ich könnte mir auch vorstellen, dass sobald die Hülle beschädigt ist und klar wird, dass die Menschenähnlichkeit nur zum Schein besteht, sich die Liebe sehr schnell in Entsetzen wandeln kann. Aber möglicherweise ist das auch nur eine Frage geistiger Anpassung und von Normalität und Gewöhnung, wenn man erst einmal die Person, den *Menschen* hinter der *Blechhülle* entdeckt. Es gibt ja bei Star-Trek einige Data-Folgen, die diese Probleme gut illustrieren. Ich erinnere mich an eine Folge, in der sich ein weibliches Besatzungsmitglied in Data verliebte, diese Beziehung aber daran scheiterte, dass Data diese Liebe nicht erwidern konnte. Ich finde auch, dass gerade Filme besonders geeignet sind Illusionen zu erzeugen, Maschinen wie lebendige Menschen erscheinen zu lassen. Eher muss man darauf achten, dass sie nicht zu menschlich wirken.

Und wenn ja, wozu dient diese Liebe und wäre so etwas wünschenswert?

Diese Frage halte ich für die Interessanteste. Mir ist natürlich klar dass es immer ein wenig seltsam klingt, wenn man nach dem Sinn, bzw. Zweck der Liebe fragt. Liebe hat ja keinen Zweck nur einen Grund Eingefügtes Bild, auch wenn sie objektiv im Dienst einer Sache steht, der Fortpflanzung, aber in der subjektiven Empfindung ist sie zweckfrei, dient nur sich selbst,. Dennoch ist die Frage, ob man nicht besser einen imperfekten Menschen dem perfekten Surrogat vorziehen sollte, nicht unzulässig. Oder denke ich nur hoffnungslos altmodisch?

Hinzu kommt noch ein weiterer Aspekt, der bei dem Roboter-Mensch-Thema immer auftaucht.

Eingefügtes Bild
Ein Roboter ist eine Konstruktion, d.h. jemand hat ihn gebaut, zu einem bestimmten Zweck, er ist nicht von seinem Wesen her zweckfrei, im Gegensatz zum Menschen, der ein zufälliges Produkt der Evolution ist und zu keinem bestimmten Zweck existiert, keinen Sinn hat, sondern nur aus sich selbst heraus existiert. Und wenn man einen menschenähnlichen Roboter als Partner will, steht dahinter natürlich ein Zweck, eine Aufgabe, die ihm von seinem Konstrukteur, dem Menschen, vorgegeben wird. Auch seine Form ist der Funktion angepasst der er dient, im Fall des menschenähnlichen Roboters, als Ebenbild zu dienen. Und jetzt kommt der Knackpunkt. Es ist von der eigentlichen Intention her also so gewollt, dass der Roboter eine Funktion, eine Aufgabe hat, diese aber in diesem Fall überschreiten muss, wenn er zum echten Ebenbild, zum Partner des Menschen werden soll. Er muss sich quasi emanzipieren, frei machen von den Vorbedingungen seiner Existenz um seine eigentliche Funktion zu erfüllen. Er dient einem Zweck, aber damit er seinen Zweck erfüllen kann muss er frei sein, das heißt sich entscheiden können etwas anderes zu tun als ein Partner des Menschen zu sein, sich eigene, andere Ziele zu setzen, sonst hätte die Idee der Gleichwertigkeit, der Partnerschaft überhaupt keinen Sinn. Das ist ein Paradox. Eingefügtes Bild
Als vorläufiges Ergebnis kann man also festhalten: Liebe bedingt Partnerschaft, bedingt Entscheidungsfreiheit, Autonomie, bedingt Loslösung von der eigentlichen Funktion und Aufgabe.

Nur so ein paar weitere Gedanken zum Thema, Roboter – Mensch.

Eingefügtes Bild

LG Trurl
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#9 Torwan

Torwan

    Cybernaut

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Geschrieben 29 Februar 2012 - 15:05

Ich weiß nicht, ob man bei der "Partnerfähigkeit" eines Androiden eine so spezifische Liste erstellen kann; die "Anforderungen" sind doch bei jedem etwas anders. Aber grundsätzlich denke ich kann man sich auf folgendes einigen: - Menschliches Äußeres - wir sind nunmal in der Hinsicht sehr simpel "programmiert" und die wenigsten werden auf einen Toaster stehen oder beim Anblick eines Zylonen (die Blechkameraden-Version) in Extase geraten - Natürliches Verhalten - etwas, was wie ein mechanischer Apparat funktioniert, wird wohl kaum als Partner akzeptabel sein; es muss auch auf neue und unerwartete Dinge natürlich reagieren können und nicht mechanisch oder nach einem Update schreiend Das mit dem Inneren/Äußeren sehe ich unproblematisch. Wenn man einen Androiden "öffnet" und seine Innereien betrachtet, dürfte man eher weniger entsetzt sein als wenn man diese Prozedur bei einem Menschen durchführt. Blut und Gedärme sind doch etwas abschreckender als Drähte und Platinen. Bezüglich der Zweckgebundenheit sehe ich hier ehrlich gesagt das Problem nicht. Ein Beziehungs-Android hätte als Daseinszweck Partner eines Menschen zu sein. Warum muss er diesen Zweck abschütteln, um diese Aufgabe zu erfüllen? Muss er nicht, ganz im Gegenteil - er muss ihn nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen. Wenn der Android eigenständig sein soll, um diese Aufgabe zu erfüllen, ist es Teil des Zwecks und der Anforderung an ihn und sein natürlich wirkendes Verhalten. Falls du mehr auf "emanzipiertes Verhalten" abzielst, nach dem Motto "der Android soll auch prinzipiell den Menschen verlassen können", "der Mensch muss um den Androiden werben" usw., muss dir klar sein, dass du dann keinen Beziehungsandroiden mehr entwickelt hast, sondern einen komplett autonomen Apparat, der nicht mehr zielorientiert und zweckgerichtet operiert. Zudem: Nicht jeder Mensch WILL einen solchen komplett autonomen Partner. Viele könnten sich sicher mit der Option "ist autonom und selbstständig, aber verlässt mich nie - das ist nicht verhandelbar!" sehr gut anfreunden. Manche stehen sicher auch auf unterwürfige Partner, ist ja im echten Leben auch oft anzutreffen.

#10 Trurl

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Geschrieben 29 Februar 2012 - 18:09

Ich weiß nicht, ob man bei der "Partnerfähigkeit" eines Androiden eine so spezifische Liste erstellen kann; die "Anforderungen" sind doch bei jedem etwas anders. Aber grundsätzlich denke ich kann man sich auf folgendes einigen:


- Menschliches Äußeres - wir sind nunmal in der Hinsicht sehr simpel "programmiert" und die wenigsten werden auf einen Toaster stehen oder beim Anblick eines Zylonen (die Blechkameraden-Version) in Extase geraten

- Natürliches Verhalten - etwas, was wie ein mechanischer Apparat funktioniert, wird wohl kaum als Partner akzeptabel sein; es muss auch auf neue und unerwartete Dinge natürlich reagieren können und nicht mechanisch oder nach einem Update schreiend

Wenn ich von Partnerfähigkeit spreche, und die Voraussetzungen dafür definiere, dann habe ich natürlich eine sehr weitgehende Vorstellung von Beziehung im Kopf, die weit darüber hinausgeht lediglich einen hinreichend intelligenten Gesprächspartner zu haben. Ich denke, dass eine Maschine, die hoch genug entwickelt ist als vollwertiger Beziehungspartner einen Menschen zu ersetzen, keine Maschine mehr im herkömmliche Sinne sein kann, sondern eine neue Qualität erlangt. Sie ist dann keine reine Simulation eines Menschen mehr, sondern wird selbst zu einem menschenähnlichen Wesen, mit den gleichen inneren Empfindungen wie ein Mensch. Ich weiß nicht ob so was möglich ist, das ist ja auch nur ein Gedankenspiel. Natürlich könnte ich mir verschiedene Grade von Autonomie und Zweckgebundenheit von Robotern vorstellen. Angefangen vom Arbeitssklaven, oder reinen Liebesrobotern (quasi mechanische Prostituierte) und am oberen Ende die Beziehungsroboter, quasi die Königsklasse, mit voller menschlicher Empfindungsfähigkeit. Der Ferrari unter den Robotern.


Das mit dem Inneren/Äußeren sehe ich unproblematisch. Wenn man einen Androiden "öffnet" und seine Innereien betrachtet, dürfte man eher weniger entsetzt sein als wenn man diese Prozedur bei einem Menschen durchführt. Blut und Gedärme sind doch etwas abschreckender als Drähte und Platinen.

Das mit dem Entsetzen wäre für mich auch nur dann gegeben, wenn der Roboter so perfekt ist, dass er sich als Mensch tarnen kann, wenn er de facto von einem Menschen ununterscheidbar ist, bis man ihn aufschneidet. Und sich dem Menschen nicht als Maschine zu erkennen gibt. Also, weiblicher Roboter kommt zu Mann, Mann verliebt sich in Roboter, weiß aber nicht das Frau Roboter ist, sie heiraten und so weiter. Frau erleidet Unfall und peng! Mann entdeckt dass Frau Maschine ist. Und ist enttäuscht oder entsetzt oder es ist ihm völlig schnurz egal, weil so was in der hypothetischen Zukunft sowieso Usus ist, man zum Reparaturdienst geht und alles ist paletti. Scheint mir aber dennoch nicht ganz plausibel.


Bezüglich der Zweckgebundenheit sehe ich hier ehrlich gesagt das Problem nicht. Ein Beziehungs-Android hätte als Daseinszweck Partner eines Menschen zu sein. Warum muss er diesen Zweck abschütteln, um diese Aufgabe zu erfüllen? Muss er nicht, ganz im Gegenteil - er muss ihn nach bestem Wissen und Gewissen erfüllen. Wenn der Android eigenständig sein soll, um diese Aufgabe zu erfüllen, ist es Teil des Zwecks und der Anforderung an ihn und sein natürlich wirkendes Verhalten.

Dahinter steht allerdings eine ziemlich reduzierte Sichtweise von Beziehung. Dann benötigt man tatsächlich nur eine zweckgebundene Maschine, die eine festgelegte Aufgabe erfüllt, eine Maschine die menschliches Verhalten nur simuliert. Ob einem das als Voraussetzung für eine Beziehung ausreichend ist, muß jeder selbst entscheiden. Mir würde es nicht genügen, wenn sich hinter dem menschlichen Äußeren nur ein Blechkasten befindet. Das würde mir wie ein Fake erscheinen, die Vorspiegelung falscher Tatsachen. Sicher gibt es auch für derart reduzierte Ansprüche einen Kundenkreis. Für manche Männer sind Frauen ja auch nur Ge-brauchs-Objekte.


Falls du mehr auf "emanzipiertes Verhalten" abzielst, nach dem Motto "der Android soll auch prinzipiell den Menschen verlassen können", "der Mensch muss um den Androiden werben" usw., muss dir klar sein, dass du dann keinen Beziehungsandroiden mehr entwickelt hast, sondern einen komplett autonomen Apparat, der nicht mehr zielorientiert und zweckgerichtet operiert. Zudem: Nicht jeder Mensch WILL einen solchen komplett autonomen Partner. Viele könnten sich sicher mit der Option "ist autonom und selbstständig, aber verlässt mich nie - das ist nicht verhandelbar!" sehr gut anfreunden. Manche stehen sicher auch auf unterwürfige Partner, ist ja im echten Leben auch oft anzutreffen.

Exakt das meinte ich. Aber du hast natürlich Recht, es gibt viele Menschen, die genau das wollen, die menschliche Version eines Hundes. Das ist allerdings kein Partner, sondern ein Kuscheltier oder ein Sklave ...

LG Trurl
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#11 Jaktusch † 

Jaktusch † 

    Andronaut

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Geschrieben 29 Februar 2012 - 19:00

Eine schöne Kurzgeschichte zum Thema: Norbert Stöbe, "Klondike" (in NOVA 18) Jaktusch
Man erwirbt keine Freunde, man erkennt sie.

#12 Torwan

Torwan

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Geschrieben 02 März 2012 - 09:04

Wenn ich von Partnerfähigkeit spreche, und die Voraussetzungen dafür definiere, dann habe ich natürlich eine sehr weitgehende Vorstellung von Beziehung im Kopf, die weit darüber hinausgeht lediglich einen hinreichend intelligenten Gesprächspartner zu haben. Ich denke, dass eine Maschine, die hoch genug entwickelt ist als vollwertiger Beziehungspartner einen Menschen zu ersetzen, keine Maschine mehr im herkömmliche Sinne sein kann, sondern eine neue Qualität erlangt. Sie ist dann keine reine Simulation eines Menschen mehr, sondern wird selbst zu einem menschenähnlichen Wesen, mit den gleichen inneren Empfindungen wie ein Mensch.


Das ist dann aber eher eine philosophische Trennlinie, die man da zieht. Genauso könnte man einen Menschen als "Biomaschine" bezeichnen, die den Zweck hat sich selbst fortzupflanzen und die Umwelt an eigene Wünsche anzupassen. Da ich im Bereich der Philosophie nicht allzu bewandert bin, möchte ich mich da etwas zurückhalten; nur soviel: es wird sehr schwer, diese Trennlinie bzw. diese "neue Qualität" an irgendetwas messbarem festzumachen. Das ist sehr schwammig.

Das mit dem Entsetzen wäre für mich auch nur dann gegeben, wenn der Roboter so perfekt ist, dass er sich als Mensch tarnen kann, wenn er de facto von einem Menschen ununterscheidbar ist, bis man ihn aufschneidet. Und sich dem Menschen nicht als Maschine zu erkennen gibt. Also, weiblicher Roboter kommt zu Mann, Mann verliebt sich in Roboter, weiß aber nicht das Frau Roboter ist, sie heiraten und so weiter. Frau erleidet Unfall und peng! Mann entdeckt dass Frau Maschine ist. Und ist enttäuscht oder entsetzt oder es ist ihm völlig schnurz egal, weil so was in der hypothetischen Zukunft sowieso Usus ist, man zum Reparaturdienst geht und alles ist paletti.


Na gut, das kann natürlich passieren, ist allerdings in der SciFi ein ziemlich ausgelutschtes Thema mittlerweile.
Zudem: Sobald es Androiden gibt, die wirklich menschlich aussehen und agieren, wird das kaum ein planetares Geheimnis bleiben. Die Menschheit bzw. jeder einzelne wird sich dann recht schnell darüber klar werden müssen, wie er/sie künftig auf so etwas reagieren möchte. Von daher sehe ich da das "Entsetzen"-Potential nicht. Das gibts ja nur, wenn der Nicht-Android sich nicht bewusst ist, dass es solche Maschinen überhaupt gibt (Terminator-Szenario).

Dahinter steht allerdings eine ziemlich reduzierte Sichtweise von Beziehung. Dann benötigt man tatsächlich nur eine zweckgebundene Maschine, die eine festgelegte Aufgabe erfüllt, eine Maschine die menschliches Verhalten nur simuliert.


Hier erreichen wir wieder die Philosophie. Bis wohin ist es eine Simulation, ab wo die "neue Qualität"? Wo zieht man die Trennlinie?

Exakt das meinte ich. Aber du hast natürlich Recht, es gibt viele Menschen, die genau das wollen, die menschliche Version eines Hundes. Das ist allerdings kein Partner, sondern ein Kuscheltier oder ein Sklave ...


Genau deswegen bin ich auch ziemlich überzeugt davon, dass es die Sexroboter bald wirklich geben wird, vielleicht so im Laufe der 2020er Jahre. Ab wann das dann "mehr" wird - man darf gespannt sein!

#13 yiyippeeyippeeyay

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    Interstellargestein

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Geschrieben 02 März 2012 - 13:54

Eingefügtes Bild (ohne Groll, mit großen Baby-Augen): Wenn das Wörtchen "Romantische" nicht im Titel stünde, hätte ich hier gerne auf den japanischen Roboter PARO hingewiesen, über den es im heutigen TAGESSPIEGEL einen Artikel gibt. (In dem übrigens auch von Sexrobotern in Japan schon heute die Rede ist.) Aber so... Eingefügtes Bild
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Ihr vergesst m.E. ein wenig die Erfahrungen mit konkret "da draußen" eingesetzter K.I., z.B. Weizenbaums Eliza. Die Leute projizieren Menschlichkeit viel eher auf etwas, das anscheinend Verständnis und Geduld zeigt, als man denkt. Sich darin zu verlieben ist dann nicht ein sehr viel weiterer Schritt. Ich denke vor allem wäre ein halbwegs glaubhafter Kopf und emotionale Ausdrücke, sowie klevere Antwort-Software, wichtig; alles andere scheint mir auf Dauer sekundär.

/KB

Yay! SF-Dialog Ende März...
Senator: Und dies ist nun die Epoche der Laser?

Farmer: [..] Die Anzahl der Menschen auf der Erde, die voller Hass/Frustration/Gewalt sind, ist zuletzt furchterregend schnell gewachsen. Dazu kommt die riesige Gefahr, dass das hier in die Hände nur einer Gruppierung oder Nation fällt... (Schulterzucken.) Das hier ist zuviel Macht für eine Person oder Gruppe, in der Hoffnung dass sie vernünftig damit umgehen. Ich durfte nicht warten. Darum hab ich es jetzt in die Welt verstreut und kündige es so breit wie möglich an.

Senator: (erblasst, stockt) Wir werden das nicht überleben.

Farmer: Ich hoffe Sie irren sich, Senator! Ich hatte eben nur eine Sache sicher kapiert - dass wir weniger Chancen dazu morgen haben würden als heute.

(Leiter eines US-Congress-Kommittees vs. Erfinder des effektivsten Handlasers, den es je gab, grob übersetzt aus der 1. KG aus Best of Frank Herbert 1965-1970, im Sphere-Verlag, Sn. 38 & 39, by Herbert sr.)


#14 Trurl

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Geschrieben 02 März 2012 - 15:38

Eingefügtes Bild (ohne Groll, mit großen Baby-Augen): Wenn das Wörtchen "Romantische" nicht im Titel stünde, hätte ich hier gerne auf den japanischen Roboter PARO hingewiesen, über den es im heutigen TAGESSPIEGEL einen Artikel gibt. (In dem übrigens auch von Sexrobotern in Japan schon heute die Rede ist.) Aber so... Eingefügtes Bild
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Ihr vergesst m.E. ein wenig die Erfahrungen mit konkret "da draußen" eingesetzter K.I., z.B. Weizenbaums Eliza. Die Leute projizieren Menschlichkeit viel eher auf etwas, das anscheinend Verständnis und Geduld zeigt, als man denkt. Sich darin zu verlieben ist dann nicht ein sehr viel weiterer Schritt. Ich denke vor allem wäre ein halbwegs glaubhafter Kopf und emotionale Ausdrücke, sowie klevere Antwort-Software, wichtig; alles andere scheint mir auf Dauer sekundär.

Tja, wenn man sich ansieht wofür neue Technologien, wie das Internet, als erstes "mißbraucht" werden, wundert mich das natürlich nicht und ich denke auch, dass die Sexbranche die erste sein wird, die Roboter für ihre Zwecke einsetzen wird. Das ist so klar wie der morgendliche Sonnenaufgang, aber bei dem bin ich mir nicht so sicher ...

Aber ist es nicht traurig oder faszinierend, je nach dem, wie einfach strukturiert wir Menschen, auch emotional funktionieren? Über diese mechanischen Kuscheltiere, die in der Altenpflege eingesetzt werden, habe ich auch schon gehört. Da gab es vor Monaten schon einen Fernsehbericht, der mich bereits damals erstaunt hat.
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#15 Trurl

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Geschrieben 02 März 2012 - 16:17

Das ist dann aber eher eine philosophische Trennlinie, die man da zieht. Genauso könnte man einen Menschen als "Biomaschine" bezeichnen, die den Zweck hat sich selbst fortzupflanzen und die Umwelt an eigene Wünsche anzupassen. Da ich im Bereich der Philosophie nicht allzu bewandert bin, möchte ich mich da etwas zurückhalten; nur soviel: es wird sehr schwer, diese Trennlinie bzw. diese "neue Qualität" an irgendetwas messbarem festzumachen. Das ist sehr schwammig.


Es ist immer ein wenig heikel und zu kurz gegriffen *dem* Menschen einen *Daseinszweck* zu unterstellen der ihn entweder rein naturalistisch durch seine Biologie beschreibt und ihn somit als Biomaschine auf bestimmte Biofunktionen reduziert, oder ihm auf der anderen Seite ein metaphysisches Lebensziel vorgibt, das in einem dem Dasein zugrunde liegenden *Plan* der Evolution besteht. Das sind beides rein anthropomorphe Vorstellungen, die in die *Natur der Dinge* hineininterpretiert werden und da begeben wir uns in der Tat auf das Gebiet der philosophischen Metaphysik. Aber weder versklavt uns unsere biologische Ausstattung, womit die Bezeichnung Biomaschine irreführend ist, noch erfüllen wir mit unserem Leben ein teleologisch definiertes transzendentes Endziel der Evolution. Wir Menschen setzen uns unsere Lebensziele selbst und das macht echte Autonomie aus, auch wenn diese Freiheit manchmal belastend ist, weil sie mit Entscheidungen verbunden ist.

Und deshalb meine ich, wenn ich von hoch entwickelten Robotern rede, die komplexe menschliche Tätigkeiten und Aufgabestellungen bewältigen können um zum Beispiel als Ingenieure oder Piloten auch schwierige Entscheidungen treffen zu müssen, dass ihre Fähigkeiten eine neue *Qualitätsstufe* erreichen, die an Hand der Qualität ihrer Aufgabenstellung durchaus auch messbar ist, weil sie autonomes Handeln erfordert und ein Maß an Freiheit, welches die Erfüllung einfacher Aufgaben und Zwecke überschreitet, z.B. die einer Sexpuppe.

Es gibt es eine Pirx-Geschichte, Die Verhandlung, in der Pirx eine Besatzung testen soll, in der als Menschen getarnte Roboter eingeschmuggelt werden, um zu beweisen, dass auch Maschinen menschliche Aufgaben übernehmen können. Pirx soll nun durch Beobachtung und Befragung herausfinden, wer in seiner 5-köpfigen Mannschaft der Automat ist. Das stellt sich - natürlich - schwieriger heraus, als gedacht. Und in der Tat entpuppt sich der Roboter einfallsreicher und perfider als gedacht und zudem als findiger Saboteur in eigener Sache und bringt Pirx so in tödliche Schwierigkeiten, die er zwar in letzter Sekunde beheben kann, für die er sich dann später aber rechtfertigen muss (deshalb der Titel der Geschichte). Lem thematisiert in der Erzählung so ganz nebenbei einige grundlegende Fragen der Beziehung Mensch-Roboter.


Zudem: Sobald es Androiden gibt, die wirklich menschlich aussehen und agieren, wird das kaum ein planetares Geheimnis bleiben. Die Menschheit bzw. jeder einzelne wird sich dann recht schnell darüber klar werden müssen, wie er/sie künftig auf so etwas reagieren möchte. Von daher sehe ich da das "Entsetzen"-Potential nicht. Das gibts ja nur, wenn der Nicht-Android sich nicht bewusst ist, dass es solche Maschinen überhaupt gibt (Terminator-Szenario).

Nun, da die Entwicklung menschlicher Roboter auch nicht schlagartig zu perfekten Androiden führen wird, sondern eine Reihe langsamer Entwicklungsschritte beeinhalten wird, dürfte auch die Anpassung der Menschen langsam erfolgen und das Entsetzen der Menschen über komplett humanoide Roboter gering sein, da hast du wahrscheinlich recht.

Da fällt mir allerdings ein Aspekt ein, der zwar ein wenig vom Thema wegführt, aber vielleicht nicht unberücksichtigt bleiben sollte. Falls es denn einmal Roboter geben sollte, die menschliche Tätigkeiten und Aufgaben immer besser und perfekter beherrschen und ausüben können, werden die sozialen Verwerfungen enorm sein. Arbeitslosigkeit wird da noch das geringste Problem sein. Ich denke, dass der flächendeckende Einsatz von Robotern, die jede menschliche Tätigkeiten ersetzen können, außer vielleicht die stark spezialisierten kreativen, auf künstlerischem oder wissenschaftlichem Gebiet, das Ende unserer bisherigen Zivilisation bedeuten könnte. Angenommen die Menschheit hätte die Ressourcen zur Verfügung diese Welt zu unterhalten, was sollten die Menschen dann noch tun? Es würden sich doch alle zu Tode langweilen. Interessanterweise wurde dies Problem in Star Trek nie thematisiert. Denn mit Einführung des Holo-Docs, der ja fachlich sogar einen hochspezialisierten Facharzt ersetzt, ist doch im Prinzip eine menschliche Besatzung in Raumschiffen ab dem Moment überflüssig. Das nur nebenbei.


Hier erreichen wir wieder die Philosophie. Bis wohin ist es eine Simulation, ab wo die "neue Qualität"? Wo zieht man die Trennlinie?

Es wird sicher interessant sein, wie *mensch* reagiert, wenn ihm eine Maschine begegnet, die völlig menschlich aussieht und reagiert, auch wenn *mensch* sich klar darüber ist, dass das Gegenüber eine Maschine ist. Ich glaube, dass das Gefühl mit einer Maschine zu reden ab dem Moment verschwindet, wenn man glaubt es mit einem Menschen zu tun zu haben. Von da an ist deine *Trennlinie* überschritten. Dann ist die Maschine keine Maschine mehr. Dann hört auch die Zweckgebundenheit der Maschinenexistenz auf und der Weg für Partnerschaftlichkeit, für Freundschaft und Beziehung ist geebnet. Dennoch muss *mensch* sich doch fragen, was tue ich hier? Wir können vielleicht Freunde sein, eine Beziehung haben, uns vielleicht körperlich lieben, aber es stellt sich doch immer die Frage sind die Gefühle echt, empfindet das/der/die Andere das Gleiche wie ich. Diese Fragen lassen sich doch nicht wegschieben.

Ich denke es gibt eine Grenze zwischen Freundschaft und Liebesbeziehung in all ihren menschlichen Facetten zwischen Leidenschaft, Eifersucht und Gleichgültigkeit. Ich sehe kein Problem in einer Freundschaft mit einem künstlichen Wesen das intelligent ist, mit dem man sich intelligent unterhalten kann und vielleicht Humor versteht. Aber bei einem Roboter, selbst wenn es die perfekte Traumfrau wäre, hätte ich wohl immer das Gefühl, des Irrealen, des Unnormalen, denn so perfekt ein Mensch auch simuliert wird, bis hin auf die letzte emotionale Glaubwürdigkeit optimiert, es bliebe doch immer dieser Rest Misstrauen, der mir sagt, das alles ist nur vorgespielt, weil die biologische Gemeinsamkeit fehlt, das Gefühl, dass man zur selben Art gehört, der selben Ahnenreihe entstammt, kurz gesagt, dass der/die Andere eine® von uns ist.

Wir Menschen sind, was und wie wir sind, weil wir eine Evolution durchlaufen haben, die unsere Gestalt, unser Denken, unser Gefühlsleben geformt haben, weil das alles für unser Überleben notwendig war. Wir können uns unseren Körper nicht aussuchen, sondern müssen damit leben und haben uns auch damit arrangiert. Unserer ganze Kultur beruht darauf. Ein Roboter, ist nicht darauf fixiert ein Mensch zu sein, mit all seinen biologischen Notwendigkeiten. Seine Funktion ist völlig offen. Er könnte auch ein Toaster sein. Was also bewegt so einen Roboter wirklich. Unsere menschlichen Antriebe, die im Wesentlichen durch unsere Körperlichkeit, also biologisch determiniert sind, auch wenn wir uns in Maßen davon emanzipieren können, fehlen bei einer Maschine, die ja konstruktiv ganz anders aufgebaut ist. Deshalb die Frage: was motiviert einen Roboter, der autonom ist und sich frei entscheiden kann? Wozu sollte er dem Mensch dienen wollen, außer man zwingt ihn dazu? Und wozu sollte er menschlich werden wollen? Ist es nicht eher so, dass ein Roboter seinem *Wesen* nach stets fremd bleiben wird, egal wie menschlich sein Verhalten auch erscheinen mag, da seine innere Struktur, seine Körperlichkeit weder biologisch noch menschlich ist.

Mein Gefühl ist, ich kann es nicht beweisen, aber ich behaupte es, dass es nie gelingen wird menschliche Emotionen in einer Maschine so zu simulieren, dass sie den Emotionen eines Menschen nahe kommen. Warum? Es ist schwierig zu erklären, aber ich glaube, dass die Emotionalität und auch die Personalität des Menschen nicht allein in seinem Kopf lokalisiert ist, quasi als Programmcode, sondern ein holistisches emergentes Phänomen ist, das die gesamte Körperlichkeit des Menschen miteinbezieht, einschließlich des gesamten endokrinen Systems (die Hormone), der Rückkopplung des Gehirns mit dem Körper (Stichwort: Körperempfindung) usw.



Falls sich jemand gelegentlich fragt, ob ich nicht völlig durchgeknallt bin, weil ich dieses Roboter-Thema so ernst nehme. Ja das stimmt *g*. Aber soo ernst nehme ich es auch wieder nicht. Andererseits bin ich auch nicht durchgeknallter als jeder beliebige Philosoph im Elfenbeinturm, der sich über Metaphysiken Gedanken macht, über Philosophien wie Nondualismus und ähnliches oder als SF-Autoren wie viele hier im Forum, die sich ohne Not irgendwelche Phantasie-Geschichten ausdenken und sie sogar veröffentlichen. Im Moment sind Roboter von der Art wie die, über die ich hier *philosophiere*, ganz und gar fiktiv und es ist noch völlig offen, ob es sie je geben wird. Dennoch macht es Spaß sich darüber Gedanken zu machen, wie es ja überhaupt Spaß macht sich über Science-Fiction Themen Gedanken zu machen, deshalb lesen wir ja Science-Fiction Literatur und sehen Filme und deshalb gibt es diese Forum.

Ich betrachte übrigens diesen Thread als meinen privaten Sandkasten, aber ihr dürft ruhig mitspielen ... Eingefügtes Bild Eingefügtes Bild

LG Trurl

Bearbeitet von Trurl, 03 März 2012 - 11:35.

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#16 Ming der Grausame

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Geschrieben 03 März 2012 - 15:37

Wenn ich von Partnerfähigkeit spreche, und die Voraussetzungen dafür definiere, dann habe ich natürlich eine sehr weitgehende Vorstellung von Beziehung im Kopf, die weit darüber hinausgeht lediglich einen hinreichend intelligenten Gesprächspartner zu haben.

Ich weiß nicht, der weibliche Android Cherry 2000 konnte all das auch nicht. Dessen Qualitäten waren weit expliziter und das reichte scheinbar völlig aus. Auch Gigolo Joe aus A.I. – Künstliche Intelligenz hatte diese von dir propagierte Fähigkeiten nicht wirklich und auch da reichte es vollkommen aus. Auch die eher an die Analoge Halluzinelle erinnernde holographische Projektion aus The 6th Day war diesbezüglich ziemlich eingeschränkt. Nichtsdestotrotz bestand in alle angefügte Beispiele eine Art Liebesbeziehung und nichts anderes ist eine romantische Beziehung. Für ein intimes Verhältnis ist die Fähigkeit, einen hinreichend intelligenten Gesprächspartner gegenüber zu haben, nicht wirklich zwingend vorauszusetzen.

Auch bei einer Prostituierten bekommst du nichts davon, trotzdem haben sie Stammkunden. Auch da genügt scheinbar, ich habe diesbezüglich keine praktische Erfahrungen, nur der Schein.

Und deine Grundannahme, dass nur beziehungsgestörte Menschen romantische Beziehung zu Nicht-Menschen aufbauen, ist so sowieso nicht haltbar.

Sie ist dann keine reine Simulation eines Menschen mehr, sondern wird selbst zu einem menschenähnlichen Wesen, mit den gleichen inneren Empfindungen wie ein Mensch.

Du gehst implizit davon aus, dass eine hinreichend gute Simulation identisch mit der menschlichen Realität sein muss. Diese deine Grundannahme ist aber schlicht eine unzulässige Verallgemeinerung.
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#17 Ming der Grausame

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Geschrieben 03 März 2012 - 15:52

Es wird sicher interessant sein, wie *mensch* reagiert, wenn ihm eine Maschine begegnet, die völlig menschlich aussieht und reagiert, auch wenn *mensch* sich klar darüber ist, dass das Gegenüber eine Maschine ist. Ich glaube, dass das Gefühl mit einer Maschine zu reden ab dem Moment verschwindet, wenn man glaubt es mit einem Menschen zu tun zu haben.

Du vergisst dabei aber, dass der Mensch schon von sich aus dazu neigt, andere Menschen zum Objekt zu reduzieren. Ein zum Objekt reduzierter Mensch ist aber kein echter Mensch mehr, zumindest in den Augen desjenigen, der den anderen zu Objekt reduziert.

Ich denke es gibt eine Grenze zwischen Freundschaft und Liebesbeziehung in all ihren menschlichen Facetten zwischen Leidenschaft, Eifersucht und Gleichgültigkeit.

Ich zumindest sehe diese sogenannte Grenze nicht. Diese angebliche Grenze wird immer nur von realen Menschen individuell gezogen oder auch nicht.
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#18 Nina

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Geschrieben 03 März 2012 - 16:18

Es mag sein, dass die Liebe zu einer Maschine absurd ist. Aber letztendlich ist der Mensch mit dem Schenken seiner Liebe nicht rational. Nehmen wir beispielsweise unsere Liebe zu Tieren: So mancher isst mittags ein Schnitzel und heult sich abends in den Schlaf, weil sein Haustier eingegangen ist. Hier sieht man sehr deutlich, dass man als Mensch individuell entscheidet, als was er ein Tier sieht: Als Sache (Fleisch-, Milchlieferant ...), Arbeitsgerät (hierzulande hat man zu Arbeitstieren wie Drogenspürhunden meist auch eine enge persönliche Bindung, aber in anderen Länder sind Lastentiere u.ä. tatsächlich nichts wie anderes als "Geräte"), Freund oder sogar Kinderersatz. Und ich denke, dass es mit Maschinen auch so sein wird. Dass da immer wieder Entscheidungen fallen. Ich habe schon öfter gehört, dass jemand gesagt hat: "Ich kann kein Tier essen, dass keinen Namen hat." (Also das anonyme Schwein ja, Schwein Rudi nicht??? - Wobei Schwein Rudi höchstwahrscheinlich nicht mal weiß, dass es benamst wurde ... So viel zum rationalen Denken ...) Ich habe übrigens selbst im ARS Electronica (das ist so ein Technologiemuseum) gemerkt, dass man von einer Maschine ganz schön beeinflusst werden kann. Es gibt da einen Stoffseehund und ich wollte das auch ausprobieren, den mal auf den Schoß zu nehmen und zu streicheln. Die erste Überraschung war gleich einmal: Das künstliche Tierchen war warm! Gut, ist es halt beheizt, aber es fühlt sich gleich ganz anders an. Es ist fähig, auf Berührung und Zureden zu reagieren und auch auf unerwünschte Berührungen mit Unmutslauten zu reagieren. Man glaubt es nicht, aber ich hatte bei den kläglichen Lauten so richtig ein schlechtes Gefühl. Die Technik wird sicher Möglichkeiten finden, auch Maschinen zu erschaffen, die auch menschlichen Verhalten simulieren können. Gerade weil das Beispiel genannt wurde, eher kurzzeitiges "miteinander zu tun haben" wie im Bordell stelle ich mir auch gar nicht als die große programmiertechnische Herausforderung vor. Dass es aber so weit kommt, dass man tatsächlich selbst wenn man Jahre miteinander verbringt, nicht merkt, dass man es mit einer Maschine zu tun hat, halte ich zwar für vorstellbar, aber letztendlich in der Realität nicht sehr wahrscheinlich. Dass es jemand weiß, aber mit so einer Beziehung dennoch zufrieden ist, ist aber für mich durchaus denkbar. Es gibt ja auch sonst allerhand skurrile Dinge, sich eine Katalogfrau aus einem Entwicklungsland zu holen, obwohl man sich mit ihr mitunter gar nicht richtig verständigen kann, ist für mich so absonderlich, da wirkt die Variante mit der Roboterfrau dagegen ja fast normal.

#19 Trurl

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Geschrieben 03 März 2012 - 17:29

Es mag sein, dass die Liebe zu einer Maschine absurd ist. Aber letztendlich ist der Mensch mit dem Schenken seiner Liebe nicht rational. Nehmen wir beispielsweise unsere Liebe zu Tieren: So mancher isst mittags ein Schnitzel und heult sich abends in den Schlaf, weil sein Haustier eingegangen ist. Hier sieht man sehr deutlich, dass man als Mensch individuell entscheidet, als was er ein Tier sieht: Als Sache (Fleisch-, Milchlieferant ...), Arbeitsgerät (hierzulande hat man zu Arbeitstieren wie Drogenspürhunden meist auch eine enge persönliche Bindung, aber in anderen Länder sind Lastentiere u.ä. tatsächlich nichts wie anderes als "Geräte"), Freund oder sogar Kinderersatz.

Und ich denke, dass es mit Maschinen auch so sein wird. Dass da immer wieder Entscheidungen fallen. Ich habe schon öfter gehört, dass jemand gesagt hat: "Ich kann kein Tier essen, dass keinen Namen hat." (Also das anonyme Schwein ja, Schwein Rudi nicht??? - Wobei Schwein Rudi höchstwahrscheinlich nicht mal weiß, dass es benamst wurde ... So viel zum rationalen Denken ...)

Das mit der Tierliebe ist natürlich eine extreme Variante fehlgeleiteter Liebe. Ich will es jetzt nicht rundweg verurteilen, aber verstehen kann ich es beim besten Willen nicht. Allerdings ist es tatsächlich ein Indiz dafür, dass sich Menschen bereits mit reduzierten Ansprüchen an emotionaler Zuwendung zufrieden geben und sich auch mit der Pseudoemotionalität einer menschenähnlichen Maschine abgeben werden. Deshalb meinte ich ja auch, dass viele Menschen mit der menschlichen Variante eines Hundes zufrieden sein können.


Dass es aber so weit kommt, dass man tatsächlich selbst wenn man Jahre miteinander verbringt, nicht merkt, dass man es mit einer Maschine zu tun hat, halte ich zwar für vorstellbar, aber letztendlich in der Realität nicht sehr wahrscheinlich. Dass es jemand weiß, aber mit so einer Beziehung dennoch zufrieden ist, ist aber für mich durchaus denkbar. Es gibt ja auch sonst allerhand skurrile Dinge, sich eine Katalogfrau aus einem Entwicklungsland zu holen, obwohl man sich mit ihr mitunter gar nicht richtig verständigen kann, ist für mich so absonderlich, da wirkt die Variante mit der Roboterfrau dagegen ja fast normal.

Ob man nun merkt, dass der Partner eine Maschine ist, hängt primär von der Perfektion der Simulation ab, was die äußere Erscheinung und die Simulation menschlicher Verhaltensweisen angeht. In der von mir erwähnten Lem-Erzählung war es Pirx z.B. nicht möglich den Roboter von einem Menschen zu unterscheiden.

Dass es Perversionen gibt und Menschen sich allerlei absonderlichen Leidenschaften hingeben, steht ja ausser Frage. Ich meine nur, dass solche Verhaltensweisen nicht die Norm sind, sondern Abweichungen von der Norm und wenn, wie im Thread-Titel eigentlich angesprochen, die romantische und partnerschaftliche Liebe im Vordergrund stehen soll, geht es nicht allein um die Befriedigung gymnastischer Bedürfnisse oder des Kuscheltierfaktors (was ich ebenfalls schon extrem finde), sondern darum, dass ein robotischer Partner einem realen Menschen tatsächlich wie ein echter menschlicher Liebespartner erscheint, genauso wie im richtigen Leben. Und dass das funktioniert, halte ich aus meiner subjektiv menschlichen Perspektive für extrem unwahrscheinlich, egal wie perfekt der Roboter auch sein mag. Freundschaft allerdings könnte ich mir gut vorstellen.

LG Trurl
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#20 Trurl

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Geschrieben 03 März 2012 - 18:09

Nichtsdestotrotz bestand in alle angefügte Beispiele eine Art Liebesbeziehung und nichts anderes ist eine romantische Beziehung. Für ein intimes Verhältnis ist die Fähigkeit, einen hinreichend intelligenten Gesprächspartner gegenüber zu haben, nicht wirklich zwingend vorauszusetzen.

Auch bei einer Prostituierten bekommst du nichts davon, trotzdem haben sie Stammkunden. Auch da genügt scheinbar, ich habe diesbezüglich keine praktische Erfahrungen, nur der Schein.

Für intime Verhältnisse ist Intelligenz sicher nicht zwingend erforderlich, aber doch ein einigermaßen menschliches Sexual-Verhalten, das bestreite ich auch nicht. Bei romantischen Beziehungen bin ich mir nicht so sicher, jedenfalls würde mir fehlende Intelligenz bei einer Partnerin nicht ausreichen. Eingefügtes Bild


Und deine Grundannahme, dass nur beziehungsgestörte Menschen romantische Beziehung zu Nicht-Menschen aufbauen, ist so sowieso nicht haltbar.

Ach, dass finde ich jetzt interessant. Du meinst also, die romantische Beziehung zu einer Maschine sei normal? Das must du begründen. Okay, lass es, ich weiß schon worauf es hinausläuft ...


Du gehst implizit davon aus, dass eine hinreichend gute Simulation identisch mit der menschlichen Realität sein muss. Diese deine Grundannahme ist aber schlicht eine unzulässige Verallgemeinerung.

Ich schwanke noch, ob perfekte Simulationen tatsächlich personal einem Menschen entsprechen. Ich könnte mir in der Tat vorstellen, dass eine Maschine alles, auch die Persönlichkeit eines Menschen, vorspielen kann. In Lems Erzählung Golem ist das so. Der Computer erscheint den Menschen als Persönlichkeit, behauptet aber von sich, dass er keine habe und die Illusion nur den Menschen zuliebe aufrecht erhält.


Du vergisst dabei aber, dass der Mensch schon von sich aus dazu neigt, andere Menschen zum Objekt zu reduzieren. Ein zum Objekt reduzierter Mensch ist aber kein echter Mensch mehr, zumindest in den Augen desjenigen, der den anderen zu Objekt reduziert.

Ist mir schon klar, aber das meinte ich diesem Zusammenhang eigentlich nicht. Sondern die Entstehung der Illusion des Menschlichen. Wie wird etwas von dem ich weiß, dass es kein Mensch ist, zu der Vorstellung (die ja nur eine Illusion ist), es könne doch ein Mensch sein. Ich hoffe du verstehst was ich meine.


Ich zumindest sehe diese sogenannte Grenze nicht. Diese angebliche Grenze wird immer nur von realen Menschen individuell gezogen oder auch nicht.

Ich wollte das auch nicht als absolut geltende Aussage verstehen, aber ich mache zwischen einer Freundschaft und einer Liebesbeziehung doch noch einen kleinen Unterschied. Auch wenn dieser Unterschied möglicherweise kleiner ist, als ich es mir wünsche.

LG Trurl

Bearbeitet von Trurl, 03 März 2012 - 21:36.

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#21 Nina

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Geschrieben 03 März 2012 - 19:19

Das mit der Tierliebe ist natürlich eine extreme Variante fehlgeleiteter Liebe. Ich will es jetzt nicht rundweg verurteilen, aber verstehen kann ich es beim besten Willen nicht. Allerdings ist es tatsächlich ein Indiz dafür, dass sich Menschen bereits mit reduzierten Ansprüchen an emotionaler Zuwendung zufrieden geben und sich auch mit der Pseudoemotionalität einer menschenähnlichen Maschine abgeben werden.


Ich bin zu dem Thema selbst zwiegespalten. Ich sehe es in vielen Fällen nicht "fehlgeleitet". Eine Katze beispielsweise kann auch viel zurückgeben und gerade dadurch, dass es sehr eigensinnige Tiere sind, die einem auch deutlich ihre Ablehnung zeigen können (au ja, eine Katze kann das!), kann man da einen eigenen Antrieb erkennen, wenn sie sich dann beispielsweise auf den Schoß setzt, ihren Kopf an einem reibt. Es ist auch Zuneigung, die da zurückkommt. Aber trotzdem ist es ein Tier. Es ist kein Kind und kein Partner. Und ich finde es ganz furchtbar, wenn Leute teils mit ihren Haustieren liebevoller umgehen als mit Menschen, die ihnen nahestehen. (Beispielsweise eine ehemalige Nachbarin, zu ihrem Hund als Begrüßung: "Ja hallo, na komm her, *Name*, ja, du bist ja ein Lieber!", zu ihrem Kind als Begrüßung: "Bist deppert, dass du ...!" - Und das wohlgemerkt mit weniger als einer Stunde zeitlichem Abstand! Und so lautstark, dass es nur ja alle mitbekommen ...)

#22 Turbinenreiter

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Geschrieben 03 März 2012 - 20:15

Ach, dass finde ich jetzt interessant. Du meinst also, die romantische Beziehung zu einer Maschine sei normal?


naja, ich weiß nicht was der ming sagen will.
aber, du sagst ja eigentlich, wenn ich das richtig versteh, dass es eine 'normale' liebe gibt. also eine art es richtig zu machen, andere formen der liebe wären dann anormal oder beziehungsgestört. das find ich nicht richtig. jeder kann lieben wie und was er will, und wenn er oder sie es für echte liebe hält, ist es das auch. homosexuelle liebe wurde früher auch, von manchen auch heute noch, als gestört empfunden (was ich dir hier ausdrücklich NICHT vorwerfen will).

will damit sagen, da man wohl nicht definieren kann was 'richtige liebe' ist, kann man wohl auch nicht klar definieren was NICHT 'richtige liebe' ist.

außerdem denke ich, liebe spielt sich eh zu weiten teilen im kopf des verliebten ab, das geht so weit, es gibt sogar stalker die sich in schauspielerInnen verlieben, die sie noch nie getroffen haben.

#23 Trurl

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Geschrieben 03 März 2012 - 20:18

Ich bin zu dem Thema selbst zwiegespalten. Ich sehe es in vielen Fällen nicht "fehlgeleitet". Eine Katze beispielsweise kann auch viel zurückgeben und gerade dadurch, dass es sehr eigensinnige Tiere sind, die einem auch deutlich ihre Ablehnung zeigen können (au ja, eine Katze kann das!), kann man da einen eigenen Antrieb erkennen, wenn sie sich dann beispielsweise auf den Schoß setzt, ihren Kopf an einem reibt. Es ist auch Zuneigung, die da zurückkommt. Aber trotzdem ist es ein Tier. Es ist kein Kind und kein Partner. Und ich finde es ganz furchtbar, wenn Leute teils mit ihren Haustieren liebevoller umgehen als mit Menschen, die ihnen nahestehen. (Beispielsweise eine ehemalige Nachbarin, zu ihrem Hund als Begrüßung: "Ja hallo, na komm her, *Name*, ja, du bist ja ein Lieber!", zu ihrem Kind als Begrüßung: "Bist deppert, dass du ...!" - Und das wohlgemerkt mit weniger als einer Stunde zeitlichem Abstand! Und so lautstark, dass es nur ja alle mitbekommen ...)

Unter "fehlgeleiteter" Tierliebe verstehe ich auch nicht alle Formen des Zusammenlebens von Mensch und Tier. Und dass Tiere das Leben bereichern können steht nicht zur Diskussion. Auch hier kritisiere ich nur die Extreme, wo Hunde oder Katzen infolge "intensiver" Tierliebe eher Mastschweinen gleichen.

Du drückst es ganz richtig aus mit deinen Beispielen. Man darf bei Haustieren auch nicht vergessen, dass sie uns ausgeliefert sind, auch in unserer vermeintlichen Liebe, die allzu oft in dem Mißbrauch der Tiere als Partnerersatz endet. Ein Tier ist ein Tier und kein Partner und muß wie ein Tier behandelt werden. Artgerecht. Meine Schwester hatte jahrelang einen schwarzen Perser-Kater, den ich auch sehr gern gehabt habe. Aber er hat mir auch leid getan, weil er sein ganzes Leben lang in der Wohnung eingesperrt blieb, weil es eine Etagenwohnung war. Mir wäre lieber gewesen er hätte um die Häuser streifen können, auch wenn er dann nicht mehr so kuschelig gewesen wäre. Und darin liegt die Krux, wenn wir Geschöpfe mit eigenem Willen - und den haben Katzen, Hunde etwas weniger, weil sie Rudeltiere sind - für unsere Zwecke instrumentalisieren. Und da finde ich wieder die Kurve zu den Robotern. Sobald ein Geschöpf, und sei es eine Maschine, einen eigenen Willen entwickelt, eventuell Personalität und man kann ja nicht grundsätzlich ausschließen, dass solche Maschinen diese Eigenschaften irgendwann besitzen werden, hört der Spaß auf und es wäre moralisch unverantwortlich sie beispielsweise für unsere emotionalen Defizite zu mißbrauchen.

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#24 Nina

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Geschrieben 03 März 2012 - 20:39

Man kann auch "normal" unterschiedlich definieren. Manche definieren "nicht-normal" als abartig, gestört oder pervers, andere sehen es einfach in Prozentzahlen, wobei die Grenzen natürlich auch verschieden definiert werden können. Grundsätzlich ist das mit den Gefühlen ohnehin eine schwierige Sache, da sie im Endeffekt auf chemische Prozesse zurückzuführen sind. Manchmal verdammen wir Menschen für ihre gefühlsbetonten Reaktionen, dann wieder werden sie entschuldigt ("Der ist dement, der kann nichts dafür", "Schwangere Frauen sind nun mal so!"). Grundsätzlich kann aber so gesehen niemand was für seine Gefühle, die sind nun mal da und mit rationalen Argumenten nur selten wegzubekommen. Und wenn nun ein Roboter in bestimmter Weise auf etwas reagiert, würde es meiner Ansicht nach ab einer gewissen Ausgereiftheit des Programms schwer zu beweisen, dass in dem Streben nach etwas kein Gefühl oder etwas Ähnliches liegt. "Liebe" ist schon eine recht schwierige Sache, mit der auch die meisten normalen, erwachsenen Menschen so ihre Probleme haben. Aber was ich mir sehr gut vorstellen kann, wäre, dass sich beispielsweise bei Roboter sehr schnell eine Art von "Unwohlsein" entwickelt, wenn sie ihrer Programmierung nicht folgen können. Also z.B. wenn die Energie knapp wird, so was Ähnliches wie ein "Hungergefühl". (Und ja, man sagt nicht umsonst: "Erst kommt das Fressen, dann die Moral!")

#25 Trurl

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Geschrieben 03 März 2012 - 20:44


naja, ich weiß nicht was der ming sagen will.
aber, du sagst ja eigentlich, wenn ich das richtig versteh, dass es eine 'normale' liebe gibt. also eine art es richtig zu machen, andere formen der liebe wären dann anormal oder beziehungsgestört. das find ich nicht richtig. jeder kann lieben wie und was er will, und wenn er oder sie es für echte liebe hält, ist es das auch. homosexuelle liebe wurde früher auch, von manchen auch heute noch, als gestört empfunden (was ich dir hier ausdrücklich NICHT vorwerfen will).

will damit sagen, da man wohl nicht definieren kann was 'richtige liebe' ist, kann man wohl auch nicht klar definieren was NICHT 'richtige liebe' ist.

außerdem denke ich, liebe spielt sich eh zu weiten teilen im kopf des verliebten ab, das geht so weit, es gibt sogar stalker die sich in schauspielerInnen verlieben, die sie noch nie getroffen haben.

Okay, jetzt nähern wir uns endlich dem eigentlichen Kernthema des Threads. Alles andere war Vorrede. Und schon gibt es die ersten Missverständnisse.

Ich will nicht definieren was Liebe ist, oder Leuten vorschreiben wen oder was sie lieben sollen oder dürfen. Mir geht es auch nicht um richtige oder falsche Liebe (vielleicht ein ganz ganz kleines bischen), sondern ich habe in der Frage Liebe zwischen Mensch und Maschine nur mein Unbehagen ausdrücken wollen, inwieweit ausgerechnet diese Form der Liebe, die falls es sie geben sollte, wohl einmalig in der Geschichte der Menschheit sein dürfte, irgendeine rationale Basis hat. Wobei mir selbstverständlich klar ist, dass Liebe keiner rationalen Basis bedarf, deshalb gibt es ja auch jede Form der Perversion, worunter die homosexuelle Liebe selbstverständlich nicht zählt, um das ganz deutlich zu sagen. Da sind ja auch zwei Menschen beteiligt, die das völlig frei entscheiden. Und niemand anderen geht das an. Ächz.

Aber ich denke, dass z.B. Päderastie keine Liebe ist und nicht normal, sondern eine Perversion und nicht akzeptabel. Oder Fetischismus, der zwar nicht normal aber den man akzeptieren kann, aber nicht verstehen muß. Letztlich ist das eine gefühlsmässige Sache und für mich wäre eine Robotergeliebte wohl nichts. Andererseits, kann man sich nie völlig sicher sein ...

LG

Bearbeitet von Trurl, 03 März 2012 - 20:47.

»Schau dir diese Welt nur richtig an, wie durchsiebt mit riesigen, klaffenden Löchern sie ist, wie voll von Nichts, einem Nichts, das die gähnenden Abgründe zwischen den Sternen ausfüllt; wie alles um uns herum mit diesem Nichts gepolstert ist, das finster hinter jedem Stück Materie lauert.«

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#26 Turbinenreiter

Turbinenreiter

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Geschrieben 03 März 2012 - 20:55

ich wollte dir auch gar nix unterstellen. ist auch alles sinnvoll was du sagst. eine annäherung an dieses thema aus einer anderen richtung: roboterliebe wäre dann 'echt' wenn der oder die roboterliebende seinen roboterpartner behalten würde, auch wenn er oder sie aussicht auf die liebe eines menschen hätte. wenn also der roboter nicht nur ersatz für einen menschlichen partner ist. und das glaub' ich ehrlichgesagt wäre selten, egal wie perfekt die maschine wäre.

#27 Trurl

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Geschrieben 03 März 2012 - 21:38

ich wollte dir auch gar nix unterstellen.

Ist schon okay, ich wollte nur diesen Punkt klarstellen, weil es eventuell doch nicht immer so eindeutig ist, was ich sagen will.
»Schau dir diese Welt nur richtig an, wie durchsiebt mit riesigen, klaffenden Löchern sie ist, wie voll von Nichts, einem Nichts, das die gähnenden Abgründe zwischen den Sternen ausfüllt; wie alles um uns herum mit diesem Nichts gepolstert ist, das finster hinter jedem Stück Materie lauert.«

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#28 Ming der Grausame

Ming der Grausame

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Geschrieben 03 März 2012 - 21:52

Dass es jemand weiß, aber mit so einer Beziehung dennoch zufrieden ist, ist aber für mich durchaus denkbar.

Vor allem, da es bei Menschen durchaus vorkommt, dass Beziehungen nur und ausschließlich auf Sex basieren und sonst überhaupt keine Gefühle involviert sind. Es gibt also bereits genügend Menschen, die nichts anderes wollen.

Das mit der Tierliebe ist natürlich eine extreme Variante fehlgeleiteter Liebe.

Womit du recht hättest, wenn es so etwas wie fehlgeleitete Liebe überhaupt geben würde. Tatsächlich existiert jedoch nur die Liebe, bekanntlich die stärkste Form der Zuneigung, die ein Mensch zu empfinden in der Lage ist. Die Art des Liebesobjekts ist dagegen so vielfältig, wie es Menschen auf diesen Planeten gibt. Allein die Wikipedia listet 7 verschiedene Formen auf: Selbstliebe, Partnerliebe, Familiäre Liebe, Nächstenliebe, Objekt- und Ideenliebe, Gottesliebe und zuletzt die Objektlose Liebe. Welche diese Formen ist deiner Meinung nach fehlgeleitet? Und kann deine persönliche Präferenz überhaupt sich zur Grundlage eines kategorischen Imperativs aufschwingen?

Ich will es jetzt nicht rundweg verurteilen, aber verstehen kann ich es beim besten Willen nicht.

Niemand muss alles verstehen können, es genügt vollkommen, wenn man respektiert, dass andere es vollkommen anders sehen können.

Allerdings ist es tatsächlich ein Indiz dafür, dass sich Menschen bereits mit reduzierten Ansprüchen an emotionaler Zuwendung zufrieden geben

Ja, so etwas soll es tatsächlich geben. Es gibt z.B. Menschen die Fernbeziehungen führen, was für mich überhaupt nicht in Frage käme, aber jeder soll nach seiner Façon selig werden. Es steht mir nicht zu, mir darüber ein Werturteil zu erlauben. Oder wie Theodor Geiger in Ideologie und Wahrheit – Eine soziologische Kritik des Denkens aus dem Jahr 1968 sehr treffen hierzu feststellte: „Das Werturteil also objektiviert ein subjektives Verhältnis des Sprechenden zu einem Gegenstand und macht dieses Pseudo-Objektive zum Aussagebestandteil eines Satzes von der Form theoretischer Sachaussagen. Dies ist illegitim.“

und sich auch mit der Pseudoemotionalität einer menschenähnlichen Maschine abgeben werden.

Und wieder propagierst du etwas, was überhaupt nicht existiert. Es gibt nämlich überhaupt keine sogenannte Pseudoemotionalität, es gibt nur die menschliche Emotionalität und sonst gar nichts.

Dass es Perversionen gibt und Menschen sich allerlei absonderlichen Leidenschaften hingeben, steht ja ausser Frage.

Was implizit unterstellt, dass eine romantische Mensch-Maschine-Liebe zwangsläufig eine Form der Perversion ist, was erst noch bewiesen werden müsste. Eine Perversion ist nämlich primär immer ein Ausdruck der vorherrschenden Moralvorstellungen und diese sind bekanntlich nicht aus Stein gemeißelt, sondern schlicht über Basis und Überbau rückkoppelnd wechselwirkend.

Ich meine nur, dass solche Verhaltensweisen nicht die Norm sind

Und wer bestimmt was die Norm ist? Richtig, das sind wir alle. Die Norm ist nichts weiter als eine weitere gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit, wie z.B. die Mode.

geht es nicht allein um die Befriedigung gymnastischer Bedürfnisse oder des Kuscheltierfaktors (was ich ebenfalls schon extrem finde)

Darf ich dich dabei an die behavioristischen Versuche mit jungen Affen erinnern, die vor der Wahl gestellt wurden, sich für eine Drahtgittermutter, die auch Nahrung gab und ein stoffbespannter Mutterersatz, dass außer einem Kuscheltierfaktor nichts anzubieten hatte? Rate mal, wofür sich alle Jungaffen entschieden haben: exakt, für den Kuscheltierfaktor.

sondern darum, dass ein robotischer Partner einem realen Menschen tatsächlich wie ein echter menschlicher Liebespartner erscheint, genauso wie im richtigen Leben. Und dass das funktioniert, halte ich aus meiner subjektiv menschlichen Perspektive für extrem unwahrscheinlich, egal wie perfekt der Roboter auch sein mag.

Warum nicht? Es funktioniert doch bereits bei Prostituierten, warum sollte es nicht bei einer Maschine funktionieren? Oder glaubst du etwa, dass eine Prostituierte tatsächlich Gefühle für ihre Freier empfindet? Nein, sie spielt es nur vor. Sie simuliert und eine Maschine sollte dazu auch in der Lage sein.

Bei romantischen Beziehungen bin ich mir nicht so sicher, jedenfalls würde mir fehlende Intelligenz bei einer Partnerin nicht ausreichen.

Für Romantik ist sogar überhaupt keine Intelligenz notwendig, dafür braucht man nämlich im Zweifelsfall nur die Fähigkeit zur Emotion. Emotionen haben nichts mit dem Intellekt am Hut.

die Entstehung der Illusion des Menschlichen. Wie wird etwas von dem ich weiß, dass es kein Mensch ist, zu der Vorstellung (die ja nur eine Illusion ist), es könne doch ein Mensch sein. Ich hoffe du verstehst was ich meine.

Ja, ich verstehe es durchaus und kann dir darauf sogar eine Antwort darauf geben: in dir selbst und ganz von selbst. Ein jeder von uns erzeugt beständig exakt die Illusionen, die er haben will.

Ich wollte das auch nicht als absolut geltende Aussage verstehen, aber ich mache zwischen einer Freundschaft und einer Liebesbeziehung doch noch einen kleinen Unterschied. Auch wenn dieser Unterschied möglicherweise kleiner als mir lieb ist.

Ich nicht. Eine Beziehung ist eine Beziehung, ob ich mit jemand befreundet bin oder besagte Person auch Liebe sind nur Abstufungen ein und derselben Emotion.

Sobald ein Geschöpf, und sei es eine Maschine, einen eigenen Willen entwickelt, eventuell Personalität und man kann ja nicht grundsätzlich ausschließen, dass solche Maschinen diese Eigenschaften irgendwann besitzen werden, hört der Spaß auf und es wäre moralisch unverantwortlich sie beispielsweise für unsere emotionalen Defizite zu mißbrauchen.

Maschinen sind keine Lebewesen. Wenn eine Maschine nicht so funktioniert, wie ich es wünsche, dann wird sie einfach entsprechend gepatcht. Selbst ein noch so hochentwickelter Android hat keine größere Rechte als ein Toaster. Ansonsten möchte ich hier an Stanislaw Lem erinnern, der sagte: „Bevor wir instande sein werden, künstliche Intelligenz zu konstruieren, gelingt es uns nach großen Anstrengungen, ein System zu bauen, das mit beträchtlicher Dummheit versehen ist.“

Ich will nicht definieren was Liebe ist, oder Leuten vorschreiben wen oder was sie lieben sollen oder dürfen. Mir geht es auch nicht um richtige oder falsche Liebe (vielleicht ein ganz ganz kleines bischen), sondern ich habe in der Frage Liebe zwischen Mensch und Maschine nur mein Unbehagen ausdrücken wollen, inwieweit ausgerechnet diese Form der Liebe, die falls es sie geben sollte, wohl einmalig in der Geschichte der Menschheit sein dürfte, irgendeine rationale Basis hat.

Da Emotionen grundsätzlich keine rationale Basis haben, ist die Frage darauf nun wirklich trivial: überhaupt keine. Sie sind, wie alle psychophysiologische Prozesse, bestenfalls im Nachhinein interpretierbar.

Bearbeitet von Ming der Grausame, 03 März 2012 - 22:05.

„Weisen Sie Mittelmäßigkeit wie eine Seuche zurück, verbannen Sie sie aus ihrem Leben.“

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#29 Trurl

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Geschrieben 04 März 2012 - 08:58

Hallo lieber Ming,

Findest du es nicht müßig, dir Texte vorzuknöpfen und sie lediglich auf die Aussagen abzuklopfen, die dir aus irgendwelchen beliebigen Gründen nicht in den Kram passen?
Dieses Spielchen ließe sich auch mit einem deiner Texte machen, wenn es denn einen gäbe der lang genug wäre, dass man einen brauchbaren Sinn daraus ziehen könnte und wenn ich an Korinthenkackerei interessiert wäre, was ich nicht bin.

Ich erspare es mir deshalb auf deine Erbsenzählerei einzugehen, ich müsste im Grunde zu jedem deiner Einwände eine eigene Erwiderung schreiben, um all das was nicht- bzw. missverstanden wurde geradezurücken, was wiederum zu Entgegnungen deinerseits führt, ad infinitum.

Dein genuines Desinteresse Sachthemen konstruktiv zu behandeln ist beklagenswert. Ich finde es weiterhin bedauerlich, dass du offenbar keinerlei Willen zeigst eine eigene Position zum Thema darzustellen. Das würde mich zunächst interessieren. Einen eigenen zusammenhängenden konstruktiven Gedanken zum Thema Roboter, Bewusstsein, Personalität, Moral, Sexualität und Liebe. Wenn du dazu etwas zu sagen hast, dann kannst du es gerne in einem längeren Kommentar tun, den ich als eigenständigen Beitrag auch stehen und gelten lassen kann, auch wenn mir dann einige Aussagen nicht gefallen sollten.


Nur zu folgenden zwei Punkten noch eine kurze Erwiderung weil sie besonders ärgerlich sind (auch wenn es letztlich nutzlos ist):

Sobald ein Geschöpf, und sei es eine Maschine, einen eigenen Willen entwickelt, eventuell Personalität und man kann ja nicht grundsätzlich ausschließen, dass solche Maschinen diese Eigenschaften irgendwann besitzen werden, hört der Spaß auf und es wäre moralisch unverantwortlich sie beispielsweise für unsere emotionalen Defizite zu mißbrauchen.

Maschinen sind keine Lebewesen. Wenn eine Maschine nicht so funktioniert, wie ich es wünsche, dann wird sie einfach entsprechend gepatcht. Selbst ein noch so hochentwickelter Android hat keine größere Rechte als ein Toaster. Ansonsten möchte ich hier an Stanislaw Lem erinnern, der sagte: „Bevor wir instande sein werden, künstliche Intelligenz zu konstruieren, gelingt es uns nach großen Anstrengungen, ein System zu bauen, das mit beträchtlicher Dummheit versehen ist.“


Tja da kann ich nur erwidern, du hat nichts verstanden. Wenn du der Meinung bist, dass ein hochentwickelter Roboter mit Persönlichkeit und eigenen Willen, nicht mehr Rechte hat als ein Toaster, dann ist auch ein Mensch nicht mehr als ein Toaster. Toll, wie du moralische Kategorien so einfach vom Tisch fegst. Okay, wenn du das so siehst, dann ist das eben so. Aber dann erübrigt sich auch jede weitere Diskussion. Es gibt eine nette Star Trek Folge in der die Persönlichkeitsrechte Datas verhandelt wurden. Es ging genau um den strittigen Punkt: Ist Data eine Person oder nur eine Maschine, die der Sternenflotte gehört und auseinander genommen werden darf. Du darfst raten wie die Verhandlung ausging. Und zu Lem: ich fürchte du kennst ihn nicht gut genug, um ihn diesem Zusammenhang korrekt zu zitieren.



Ich will nicht definieren was Liebe ist, oder Leuten vorschreiben wen oder was sie lieben sollen oder dürfen. Mir geht es auch nicht um richtige oder falsche Liebe (vielleicht ein ganz ganz kleines bisschen), sondern ich habe in der Frage Liebe zwischen Mensch und Maschine nur mein Unbehagen ausdrücken wollen, inwieweit ausgerechnet diese Form der Liebe, die falls es sie geben sollte, wohl einmalig in der Geschichte der Menschheit sein dürfte, irgendeine rationale Basis hat.

Da Emotionen grundsätzlich keine rationale Basis haben, ist die Frage darauf nun wirklich trivial: überhaupt keine. Sie sind, wie alle psychophysiologische Prozesse, bestenfalls im Nachhinein interpretierbar.

So trivial ist das auch wieder nicht. Da Gefühle nicht nur einfach da sind, sondern durchaus einen sinnvollen biologischen Zweck haben, der wiederum im Überlebensinteresse eines jeden Individuums steht, kann man mit einiger Berechtigung auch von deren Rationalität sprechen. Aber die Diskussion wie Rationalität und Gefühle miteinander zusammenhängen geht noch weit darüber hinaus. Wenn dich das tatsächlich interessieren sollte, kann ich dir Literatur empfehlen, bzw. einen Artikel in SdW.

Aber auch hier hast du den Kern meines Anliegens gründlich missverstanden. Es geht nicht um eine wie auch immer geartete "Rationalität der Gefühle", sondern um die Vernünftigkeit einer Liebe zwischen ontologisch unterschiedlichen Wesen. Ich sehe das so. Zwischen zwei Menschen ist die Vernünftigkeit schon wegen der biologischen Gleichheit und der Zweckgebundenheit des gegenseitigen Interesses gegeben. Beide Parteien ziehen einen emotionalen Nutzen aus einer Liebesbeziehung. Welches Interesse sollte eine Maschine an einem Menschen haben? Welchen Nutzen bezieht eine Maschine aus einer Beziehung? Das ist doch die Kernfrage, die sich letztlich hinter der Frage der Vernünftigkeit verbirgt. Erst wenn eine Maschine dieselben inneren mentalen Zustände wie ein Mensch hat, dann und nur dann wäre in meinen Augen die Basis einer Vernünftigkeit, zumindest im geistigen Bereich, gegeben. Dann wäre die Maschine aber auch keine Maschine mehr sondern ein menschliches Gegenstück. Um es noch einmal klipp und klar zu sagen: "Partnerschaftliche" Liebe im menschlichen Sinne, wie ich es verstehe, ist für mich nur dann möglich, wenn die beteiligten Parteien menschlich und wenn sie emotional und intellektuell vergleichbar sind, sonst ergibt für mich der Begriff Partnerschaft keinen Sinn (und es interessiert mich hier auch nicht was Wikipedia zum Begriff Partnerschaft sagt), bzw. wenn ein Partner körperlich und geistig so geartet ist, dass er einem Menschen gleicht und nicht ein "Wesen anderer Art" ist. Ist das so schwer zu verstehen?

LG Trurl
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#30 Ming der Grausame

Ming der Grausame

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Geschrieben 05 März 2012 - 00:12

Findest du es nicht müßig, dir Texte vorzuknöpfen und sie lediglich auf die Aussagen abzuklopfen, die dir aus irgendwelchen beliebigen Gründen nicht in den Kram passen?

Eigentlich nicht. Sowohl die Kunst der Exegese als auch der Hermeneutik hat schließlich ihre Berechtigung und wird daher zu Recht an praktisch jeder Universität gelehrt. Ansonsten ist es etwas verwunderlich, dass man sich ausgerechnet in ein Diskussionsforum rechtfertigen muss, dass man an eine Diskussion teilnimmt, weil man die darin transportierten Meinungen nicht teilt. Fakt ist doch, dass du hier schlicht dein Modell der Liebe als das Modell der Liebe verkaufen wolltest. Ich weiß nichts über ein Standardmodell der Lieben, ich wüsste nicht einmal, wie man so etwas überhaupt erarbeiten könnte, weiß jedoch zweifellos, dass dein Modell es definitiv nicht sein kann.

Dieses Spielchen ließe sich auch mit einem deiner Texte machen

Natürlich. Auch dir steht es frei, meine Texte zu interpretieren und sie entsprechend auszulegen. Das ist schließlich das Wesen des Diskurses. Jürgen Habermas ernannte es nicht umsonst zum Schauplatz der kommunikativen Rationalität, wo man sich argumentativ über die Wahrheit der darin transportierten Behauptungen und ihre Legitimität auseinandersetzt. Ich halte den Wahrheitsanspruch vieler deiner Thesen schlicht und einfach für nicht gegeben. Darauf habe ich aufmerksam gemacht. Ich weiß nicht, was bezüglich der Liebe die Norm ist und ich weiß ganz sicher nicht, was in eine ferne Zukunft, wo die hier diskutierte Thematik tatsächlich relevant wird, als die Norm gelten wird. Ich weiß aber sehr wohl, dass die hier von dir propagierte Moralvorstellungen illegitim sind und in besagte Zukunft ganz sicher als absolut veraltet gelten werden, weil sie bereits heute als veraltet gelten.

Dein genuines Desinteresse Sachthemen konstruktiv zu behandeln ist beklagenswert.

Und wieder stellst du Tatsachenbehauptungen in den Raum, die durch nichts belegt werden können. Wie behandelt man Sachthemen fürwahr konstruktiv und wer legt überhaupt fest, was als konstruktiv zu gelten hat? Wenn man eine These falsifiziert, ist das konstruktiv? Zweifellos, wenngleich derjenige, der die These aufgestellt hat diesbezüglich ganz sicher andere Meinung ist. Wenn man auf problematisch gewordene Geltungsansprüche aufmerksam macht, ist das konstruktiv? Auf jeden Fall, schließlich ist es das Wesen der kooperativen Wahrheitssuche. Wenn man aufzeigt, dass sowohl die Form als auch der Inhalt einer Äußerung inkonsistent ist, ist das konstruktiv? Gewiss, schließlich hat der Kontrahent so die Möglichkeit die Heteromorphie seiner Aussage entsprechend zu konkretisieren. Das ist das Wesen einer wissenskonstituierenden Diskussion und das ist definitiv konstruktiv, selbst wenn die Schlussfolgerung lauten muss, dass wir darüber schlussendlich nichts wissen.

Ich finde es weiterhin bedauerlich, dass du offenbar keinerlei Willen zeigst eine eigene Position zum Thema darzustellen.

Eventuell hängt es einfach nur damit zusammen, dass ich diesbezüglich keine eigene Position zum Thema habe? Meine Position zum Thema ist bis dato noch rein negierend. Ich kann dir nur sagen, welche Position ich zum Thema nicht habe. Ich teile die Ansicht von Stanislaw Lem, wonach wir in absehbare Zeit eher keine künstliche Intelligenz werden konstruieren können, sondern bestenfalls selten dämliche Expertensysteme, die nur in einem Spezialfach halbwegs brauchbare Ergebnisse bringen werden, jedoch nicht mit einem Experten werden konkurrieren können, weil sie schlicht bar jeder Phantasie sein werden. Dass Roboter jemals so etwas wie Bewusstsein oder gar Personalität erreichten werden, halte ich sogar für noch unwahrscheinlicher, weil dafür weder heute noch in der Zukunft ein Bedarf existiert. Und zum Thema Moral, Sexualität und Liebe halte ich es mit dem Alten Fritz, jeder soll nach seiner Façon selig werden. Ich werde mir hierbei ganz sicher nichts anmaßen.

Sobald ein Geschöpf, und sei es eine Maschine, einen eigenen Willen entwickelt, eventuell Personalität und man kann ja nicht grundsätzlich ausschließen, dass solche Maschinen diese Eigenschaften irgendwann besitzen werden, hört der Spaß auf und es wäre moralisch unverantwortlich sie beispielsweise für unsere emotionalen Defizite zu mißbrauchen.

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Tja da kann ich nur erwidern, du hat nichts verstanden. Wenn du der Meinung bist, dass ein hochentwickelter Roboter mit Persönlichkeit und eigenen Willen, nicht mehr Rechte hat als ein Toaster, dann ist auch ein Mensch nicht mehr als ein Toaster.

Nein, den eine von Menschen konstruierte Maschine ist und bleibt eine von Menschen konstruierte Maschine und kein Lebewesen. Das eine ist lebendig und das andere ist nichts weiter als tote Materie. Ein Virus ist schließlich auch kein Lebewesen, warum sollte also ein Android ein Lebewesen sein? Nur weil etwas ein Lebewesen besonders gut simulieren kann, wird es doch damit nicht automatisch zum Lebewesen. Eine Simulation ist und bleibt eine Simulation, gleichgültig, wie perfekt besagte Simulation ist.

Toll, wie du moralische Kategorien so einfach vom Tisch fegst.

Ja, ich kenne eben Jenseits von Gut und Böse von Friedrich Nietzsche. Dort kann man bekanntlich nachlesen: „Es gibt gar keine moralischen Phänomene, sondern nur eine moralische Ausdeutung von Phänomenen.“

Es gibt eine nette Star Trek Folge in der die Persönlichkeitsrechte Datas verhandelt wurden. Es ging genau um den strittigen Punkt: Ist Data eine Person oder nur eine Maschine, die der Sternenflotte gehört und auseinander genommen werden darf. Du darfst raten wie die Verhandlung ausging.

Ja, ich kenne die Folge. Die Sternenflotte hätte erst einmal überhaupt ihre Besitzansprüche rechtfertigen müssen, was sie jedoch nie gemacht hat. Der Eigentümer ist und bleibt derjenige, der ihn erbaut hat, nach seinem Nachleben sein Rechtsnachfolger. Ohne Rechtsnachfolger ist nicht zwingend der Staat dafür verantwortlich, schon gar nicht die Sternenflotte. Die Folge war vom juristischen Standpunkt einfach nur hanebüchener Nonsens.

Und zu Lem: ich fürchte du kennst ihn nicht gut genug, um ihn diesem Zusammenhang korrekt zu zitieren.

Da du überhaupt nicht beurteilen kannst, wie gut ich Stanislaw Lem kenne, kannst du dir darüber auch überhaupt kein Urteil anmaßen. Arroganz steht dir nicht sonderlich gut.

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Nein, das ist sie nicht. Ist es vernünftig, dass Jungtiere von artfremden Stiefeltern aufgezogen werden? Ich denke schon und dabei denke ich nicht einmal an Menschen dabei. Die Frage, ob es sich dabei um ontologisch unterschiedliche Wesen handelt, ist meiner Meinung sogar absolut irrelevant. Ja, selbst die Frage nach der Vernünftigkeit einer Liebe zwischen ontologisch unterschiedlichen Wesen, ist meiner Meinung gänzlich bedeutungslos. Wenn ein Mensch Sex mit einer Maschine haben will, dann steht es mir nicht einmal zu über die angebliche Vernünftigkeit dieser Handlung nachzufragen, geschweige den mir ein Urteil darüber anzumaßen. Wenn es für eine Frau Sinn macht, sich mit einem Vibrator zu befriedigen, dann ist das eben so. Wenn es für einen Mann Sinn macht, sich mit einem besseren Staubsauger zu befriedigen, dann ist das eben auch so. Dass ich darin persönlich keinen Sinn erkennen kann, ist belanglos.

Bearbeitet von Ming der Grausame, 05 März 2012 - 00:22.

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