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Charles Stross - Neptunes Brood


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Eine Antwort in diesem Thema

#1 martin089

martin089

    Ufonaut

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Geschrieben 10 Januar 2014 - 21:01

Ich habe mich ja sehr auf Neptunes Brood gefreut. Der Vorgänger in der gelichen Reihe, Saturns Children. hat mir gut gefallen und auch die dazwischen angesiedelte Kurzgeschichte Bit Rot (in Engineering Infinity). Aber leider ist Stross diesmal hinter seine Möglichkeiten zurückgefallen. Worum geht es? Eine Buchhalterin/Historikern sucht nach einem Schatz, nach einer Jahrtausendalten Überweisung. Wie kommts? Die Menschheit ist als biologische Spezies ausgestorben, es gibt nur noch ihre Nachfahren - sehr menschenähnliche Roboter, die sich auch selber als Menschen bezeichnen (wie bei Lem mit den Weichlingen, die biologischen Menschen heissen Fragile). Diese besiedeln so peu a peu neue Sternensysteme. Die post-biologische Menschheit reist interstellar, indem das Gehirn übertragen per Signallaser übertragen wird und nach der Ankunft ein neuer Körper aussen rum gebaut. Aber dafür muss mal jemand dahoingeflogen sein um die nötige Infrstruktur zu bauen. Und hier kommen wir zum wirklich originellen Teil der Geschichte: Wenn wir mal von harten Fakten ausgehen wie der Lichtgeschwindigkeit und den horrenden Energiemengen die benötigt werden um interstellare Distanzen zurück zu legen ist die Kolonisierung schon schwierig. Stross geht einen Schritt weiter und freagt: wie finanziert sich so ein Unternehmen? In der Welt von Neptunes Brood gibt hierfür Slow Money, eine rein digitale Währung für den interstellaren Zahlkungsverkehr. Ein kompliziertes System bei dem Banken in verschiedenen Sternensystemen beteiligt sind, eine Überweisung dauert entsprechend oft Jahre - und wenn währenddessen einem beteiligten etwas passiert, hängt eine Menge Geld im Nimbus - womit wir beim Aufhänger unserer Geschichte wären. Neben den Feinheiten des interstellaren Bankenwesens geht es auch um Schulden. Eigentlich geht es fast immer um Schulden. Um Schulden die ein frisch gebauter Mensch bei seinen Schöpfern hat, um Schulden die eine frische Kolonie hat, und so weiter - Stross hat sich stark von David Graebers Debt - the first 5000 years inspirieren lassen. Ausser wirtschaft und Finanzinstrumente treffen wir auch eine Wasserwelt, mit Meermenschen und kommunistischen Tintenfischen. Wir treffen eine tyrannische Königin die nichts dem Zufall überlässt, weshalb stets mehrere Kopien von ihr verschiedene Stellen ihres Reiches überwachen. Weltraumpiraten gibts auch, also eigentlich wäre eine Menge Zubehör für eine nette Hard SF Space opera vorhanden. Auch die die Situation - eigentlich nicht auf Abenteuer eingestellter Nerd kommt in Schwierigkeiten - ist so ein Stross Standard, den er wie ich finde, oft gut hingekriegt hat. Aber diesmal ... Je weiter die Geschichte fortschreitet, desto hölzerner und konstruierter wirkt der Plot.Mir erschließt sich nur halb warum unsere Protagonistin tut was sie tut und die wichtigsten Punkte der Handlung finden ohne ihr zutun statt. Persönlich haben mich diese Sachen am stärksten gestört: Überraschende Dinge passieren auf den letzten 20 Seiten ohne irgendwo vorher angedeutet zu werden. Das Ende ist eh verhauen und aprupt und voller verschenkter Möglichkeiten, und wirkt dann noch total konstruiert. Und je mehr wir über unsere Protagonistin erfahren, desto weniger Sinn macht alles: Sie ist Teil einer Verschwörung zusammen mit zwei Schwestern - die sie nicht besonders schätzt, zu denen sie kein enges Verhältnis hat und mit denen sie keine Ziele teilt. Warum geht sie dann auf Schatzsuche? Last not least: Sie war die ersten Jahrzehnte ihres Lebens in Schuldknechtschaft und ständiger Bedrohung, das wirkt sich doch auf einen Menschen aus. In einer Geschichte, deren Dreh und Angelpunkt Schulden sind, kein Wort dazu wie sich verschuldet sein in das Leben einschreibt? Also mein Fazit: Tolles worldbuilding, ein ernst gemeinter Versuch einer hard-SF space opera ... aber die möglichkeiten die im eigentlichem Thema - Geld und Schulden - stecken verschenkt.

#2 Waffeleisen

Waffeleisen

    Pyronaut

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Geschrieben 10 Januar 2014 - 23:08

Ich würde ihn trotzdem lesen, wenn er auf Deutsch käme. Seit 2010 kein neuer Stross mehr übersetzt!!! "du bist tot" war zwar auch nicht gerade sein bestes Stück, aber mit "Supernova", "Accelerando", "Glashaus" und "Kinder des Saturn" - ja, sogar mit dem ersten Bob Howard-Band - hatte mich das Stross-Fieber gepackt. Heyne hats versaut. Wann gibts endlich den nächsten Stross??!!!

Was nicht in mein Regal passt: Booklooker

  • (Buch) gerade am lesen:Tiefraumphasen


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