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Ursula K. Le Guin: Die linke Hande der Dunkelheit


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48 Antworten in diesem Thema

#1 Holger

Holger

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Geschrieben 07 August 2004 - 07:55

Auf Joes Wunsch hin, hier der zweite Thread zum Augustklassiker. Viel Spaß beim Lesen und Diskutieren,

Holger

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Rezension zu Die Linke Hand der Dunkelheit von Markus Wolf
Rezension zu Die Linke Hand der Dunkelheit von Rupert Schwarz

Bearbeitet von Rusch, 28 Oktober 2004 - 09:23.

"Rezensionen: eine Art von Kinderkrankheit, die die neugeborenen Bücher befällt."
(Georg Christoph Lichtenberg)

#2 Sullivan

Sullivan

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Geschrieben 11 August 2004 - 09:44

Okay, ich bin durch. "Winterplanet" ist eines der Bücher, dessen Wirkung sich erst nach dem Lesen entfaltet. Die einzelnen Teile fügen sich wie bei einem Puzzle zusammen und ergeben ein interessantes Gesamtbild. Der Schluss kam mir etwas zu schnell und verlief überraschend glatt. Schwer vorstellbar, dass mit der Ankunft des Schiffes alle Konflikte gelöst sein sollen. An einer Stelle wird gesagt, dass "die Reise wichtiger ist als das Ziel". Normalerweise bin ich mit dieser Philosophie einverstanden, aber in diesem speziellen Fall habe ich meine Zweifel. Wenn die Reise fast in den Tod führt, dann kann mir keiner erzählen dass das Ziel nicht wichtig sei. Oder anders gesagt, wenn der Weg das Ziel ist, sollte man sich genau überlegen, welchen Weg man einschlägt...Sehr gut gefallen hat mir die Passage mit den Wahrsagern und die Erkenntnis, dass es sich nicht lohnt, die Antwort auf bestimmte Fragen zu kennen.Weiß jemand woher Ursula K. LeGuin die Informationen und Details über die Eislandschaft hatte? Die Beschreibungen waren überaus realistisch (Blizzards, Spalten im Eis, übereinandergestapelte Eisschollen, Erfrierungen, ...) und sehr beeindruckend. Sullivan

#3 Rusch

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Geschrieben 11 August 2004 - 10:34

Irgendwo habe ich mal gelesen, dass dieses Buch eine Meilenstein in punkto Sexualität und SF ist. Das ist Unsinn. Was wurde den schon angesprochen? Klar, der Eingeborene hat sich in Ai verliebt und sein Geschlecht gewechselt. Aber das kam erst sehr spät raus uns wurde nur kurz angesprochen. So gesehen ist dieses Buch recht bieder und keinesfalls der hochgelobte Durchbruch in dieser Hinsicht.Das Buch an sich hat mir nicht so gut gefallen. Die Reisepassage war eindeutig zu lange und das Ende kam in der Tat sehr schnell. Zwei, drei weitere Kapitel wären wünschenswert gewesen.Bereits früher habe ich den fehlenden Zusammenhang des Buches kritisiert. Man hat den Eindruck, dies seien zwei Erzählungen, die miteinander verbunden wurden. Der übergrefende Spannungsbogen fehlt.Fazit: Für einen Hugo Gewinner ist das ein wenig dürftig, aber vielleicht war das ein mieser Jahrgang und unter den Blinden ist der Einäugige bekanntlich König. ;)

#4 Sullivan

Sullivan

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Geschrieben 11 August 2004 - 14:23

Hallo Rusch,

so schlecht ist das Buch doch gar nicht obwohl ich es viel besser in Erinnerung hatte. :lol: Es ist sehr gut geschrieben und der Stil von Ursula K. LeGuin macht Lust auf mehr. Die Handlung hätte spannendere Momente gut vertragen können, dafür ist das Gesamtbild über "Winter" in sich schlüssig und gut ausgedacht.

Irgendwo habe ich mal gelesen, dass dieses Buch eine Meilenstein in punkto Sexualität und SF ist. Das ist Unsinn.

Genau, ich hatte gedacht dass auf der Reise noch irgendwas passiert aber es kam nichts. Bei einer Wanderung von über 70 Tagen muss Estraven 2 bzw. 3 mal in Kemmerer gewesen sein. Wenn man bedenkt wie hilflos er/sie in dieser Zeit gewesen sein muss und welche Spannung es wahrscheinlich gegeben hat dann ist es verwunderlich, wie leicht Estraven mit der Situation umgegangen ist.

Einer der wesentlichen Punkte in diesem Roman ist die Unfähigkeit von Genly Ai, die Bewohner als Zwitter zu sehen und nicht als Mann bzw. Frau. Zuerst erschien mir dieser Konflikt logisch, aber mittlerweile habe ich meine Zweifel. Sind es Menschen wie wir? Anscheinend ja. Unterscheiden sie sich von uns? Definitiv. Gibt es äußerliche Unterschiede???

Der letzte Punkt ist der wichtigste. Wenn ich jemanden vor mir sehe der in meinen Augen wie eine Frau aussieht, dann habe ich natürlich ein Problem damit, ihn/sie nicht als Frau zu sehen. Die Frage ist, wie die Einwohner beschrieben werden - sehen sie aus wie Männer und Frauen auf der Erde??? Es ist immer nur von "weiblichen Zügen" o.ä. die Rede aber ich habe nicht verstanden, wo jetzt das Problem liegt. Anscheinend versucht Genly Ai uns weiszumachen, dass es bestimmte typisch männliche und typisch weibliche Wesenszüge gibt die sich gegenseitig ausschließen. Ist es so???

Bereits früher habe ich den fehlenden Zusammenhang des Buches kritisiert. Man hat den Eindruck, dies seien zwei Erzählungen, die miteinander verbunden wurden. Der übergreifende Spannungsbogen fehlt.

Ich finde ein Zusammenhang ist vorhanden. Mit dieser Reise baut der Gesandte Genly Ai eine persönliche Beziehung zu einem Eingeborenen auf. Diese persönliche Beziehung scheint ein wichtiger Aspekt zu sein in der Rolle als "Gesandter". Dass bei der Rückkehr die politische Lage umkippt und die Ankunft des Schiffes ermöglicht, ist ein geplanter Nebeneffekt.

Wieso aber das Schiff überhaupt gerufen wurde fand ich sehr merkwürdig. Der Gesandte hat seine Aufgabe noch lange nicht erfüllt, im Grunde waren die Einwohner nicht bereit für die Aufnahme in die Ökumene. Da sie von sich aus keinen Vorteil sahen, wären sie (genau wie befürchtet) nur eine weitere Zahl in der Liste, ein weiterer Planet unter vielen. Die "sanfte" Eingliederung ist gar nicht so sanft.

Sorry für den langen Beitrag.

Sullivan

#5 Rusch

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Geschrieben 11 August 2004 - 16:04

Der letzte Punkt ist der wichtigste. Wenn ich jemanden vor mir sehe der in meinen Augen wie eine Frau aussieht, dann habe ich natürlich ein Problem damit, ihn/sie nicht als Frau zu sehen. Die Frage ist, wie die Einwohner beschrieben werden - sehen sie aus wie Männer und Frauen auf der Erde??? Es ist immer nur von "weiblichen Zügen" o.ä. die Rede aber ich habe nicht verstanden, wo jetzt das Problem liegt. Anscheinend versucht Genly Ai uns weiszumachen, dass es bestimmte typisch männliche und typisch weibliche Wesenszüge gibt die sich gegenseitig ausschließen. Ist es so???

Ich kann Ais Handlungen schon nachvollziehen. Das wäre etwa so, als ob man erwägt, eine Homosexuelle Beziehung einzugehen. Ich glaube nicht, dass die weiblichen Züge im Kemmerer Stadium so klar zu Tage treten. Außerdem waren ja beide eingemummt. Selbst wenn er/sie 100 % weiblich gewesen wäre, hätte dies nicht auffallen müssen. Zuguterletzt hatte Ai ja stets das Bild des kraftvollen Einheimischen vor Augen, der ihm das Leben gerettet hat.

Interessant fand ich übrigens, dass die Einheimischen Ai mit seiner klaren Sexualität als Monstrum ansehen.

#6 Sullivan

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Geschrieben 11 August 2004 - 19:31

Interessant fand ich übrigens, dass die Einheimischen Ai mit seiner klaren Sexualität als Monstrum ansehen.

Du kannst ruhig sagen dass er ein "Perverser" ist. :lol: Wo bleiben die anderen Mitleser? So eine rege Beteiligung hatten wir schon lange nicht mehr aber keiner hat Zeit zum lesen?! :D

Bearbeitet von Sullivan, 11 August 2004 - 19:33.


#7 Pogopuschel

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Geschrieben 13 August 2004 - 23:21

So, jetzt habe ich das Buch endlich durch. Der Anfang hat mir ja nicht so gefallen, aber das letzte Drittel, ab Estravens und Genlys Flucht gefällt mir ganz gut. Allerdings hatte ich die ganze Zeit erwartet, daß zwichen denn beiden sexuell was läuft. Doch hier wurde meine Erwartung etwas entäuscht. Ich finde auch, daß am Ende alles ein bißchen plötzlich passiert. Fazit:Nachdem das Buch bereits im Voraus hoch gelobt wurde, waren meine Erwartungen auch dementsprechend hoch und wurden leider ein wenig entäuscht. Es gelingt der Autorin zwar ganz gut, die Geselschaft und die Rasse auf Winter zu beschreiben, aber leider fehlt der Handlung ein wenig die Spannung. Langweilige Passagen wechseln sich ständig mit sehr interessanten Passagen ab. Trotz meiner Entäuschung, ein Buch das man gelesen haben sollten, vor allem im Kontext zum Erscheinungsjahr.Gruß Markus

#8 Rusch

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Geschrieben 14 August 2004 - 11:53

Allerdings hatte ich die ganze Zeit erwartet, daß zwichen denn beiden sexuell was läuft. Doch hier wurde meine Erwartung etwas entäuscht. Ich finde auch, daß am Ende alles ein bißchen plötzlich passiert.

Das deckt sich haargenau mit meinen Erfahrungen. Aber das hatte ich ja geschrieben. Ich denke das kommt daher, dass auf dem Buchrücken und auch in vielen Rezis immer wieder geschrieben wird, wie maßstabsetzend dies Buch in punkto Sex und SF war. Bei genauer betrachtung ist dies natürlich Unsinn.

#9 Henrik Fisch

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Geschrieben 16 August 2004 - 07:15

So Leute,ich verkünde hiermit offiziell, dass ich den "Winterplaneten" zumindest vorläufig aufgebe. Die ersten vier Kapitel waren noch ganz interessant; entsprechendes erwähnte ich im Thread zu den ersten Kapiteln. Aber jetzt hat es mich erwischt: Zum einen war ich die ganze letzte Woche so müde, dass ich weder im Zug noch abends im Bett lesen konnte.Zum anderen geht mir der Stil ein wenig auf den Keks. Ich frage mich nach über sechzig Seiten immer noch, was mir die Frau eigentlich erzählen will. Und das nervt mich. Und Bücher dürfen alles mögliche; aber sie dürfen nicht in Arbeit und Nerverei ausarten. Vor fünfzig Jahren mag ein entsprechender Schreibstil noch angesagt gewesen sein; hintergründig und mit versteckten Andeutungen, da damals sowieso nur Intellektuelle entsprechendes gelesen haben. Aber mir ist meine Zeit dafür zu schade.Ich werde hier im Thread nachschauen, ob noch irgendwelche weltbewegenden Erkenntnisse warten, aber bisher sieht es ja eher nicht danach aus.Bis dennen,Henrik Fisch
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#10 Jakob

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Geschrieben 16 August 2004 - 17:26

Misch ich mich doch auch noch mal ein, obwohls lange her ist, dass ich das buch gelesen habe:Ich erinnere mich auch recht eindrücklich an die Reise durchs Eis, und ich denke mal, da hat der Roman schon als reine Abenteuerliteratur gehobenen Niveaus eine Menge geboten.Was die Geschlechter-Thematik angeht, war LeGuin auch zu ihrer Zeit aber m.E. nicht so revolutionär, wie oft gesagt wird. Ich habe den Eindruck, das hat mit ihren manchmal ganz leicht esoterischen Anwandlungen zu tun, die auch in "Die Erzähler" recht negativ auffallen. Die linke Hand der Dunkelheit unterstellt tendenziell schon so was wie "männliche" und "weibliche" Prinzipien. Und weil das so ist, kommt LeGuin dann ja auch letztlich doch nicht darum herum, für das Ausleben der Sexualität das einnehmen bestimmter Geschlechterrollen als notwendig zu beschreiben. Das finde ich ein bisschen Schade, da bleibt LeGuin ein bisschen hinter ZeitgenossInnen wie Russ oder Delany zurück. Wobei ich es nicht prinzipiell verwerflich finde, von "männlichen" und "weiblichen" Prinzipien auszugehen (obwohl ich anderer Meinung bin). Nur ist das eben auch sexueller Mainstream, und deshalb muss mensch sich nicht wundern, dass "Winterplanet" nicht wirklich zu radikalen Verunsicherung der Geschlechterverhältnisse beiträgt. Trotzdem ein verdammt schöner Roman.
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#11 Joe Chip

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Geschrieben 22 August 2004 - 11:53

hi alltut mir leid - aber ich hab bei winterplanet das handtuch geworfenich werde das buch lesen - und meinen senf ein andern mal abgeben - der thread hat ja kein ablaufdatumlg joe :D
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#12 Henrik Fisch

Henrik Fisch

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Geschrieben 27 August 2004 - 12:03

So Ihr Lieben,

ich wage mal den Stich in das Wespennest und stelle den Wert dieses Buches mal ganz global zur Diskussion. Ich selber habe die ersten vier Kapitel mit Begeisterung gelesen - wobei zwei Kapitel ja nun nichts anderes als überlieferte und damit fiktive Mythen waren - und ab da wurde es sehr zäh. Zunächst habe ich das einer gewissen Sommermüdigkeit zugeschrieben - ich lese immer in der Bahn und bin über den Seiten regelmäßig eingeschlafen - aber auch konzentrierte Lese-Orgien am Wochenende haben zu keinem anderen Ergebnis geführt. Ich kann das nicht weiterlesen.

Das alleine wäre ja nun noch nicht wert, hier erörtert zu werden, wobei ich bereits weiter oben in diesem Thread entsprechendes zu Protokoll gab. Was mich als Allesfresser stört, ist die Hartnäckigkeit, mit der dieses Buch sich erfolgreich meiner Aufmerksamkeit entzieht. Deswegen meine Frage: Warum ist das so?

Für einen Erklärungsversuch hole ich ein wenig aus, und erörtere mal, warum ich überhaupt Belletristik in die Finger nehme. Da fallen mir spontan folgende Gründe ein:

    [*]Zur Entspannung. Mein Hauptargument überhaupt. Man will von seinem Alltag eben auch einmal abschalten du in fremde Welten eintauchen, schlichtweg einfach weil es interessant ist. Das Entspannungs-Argument bedingt, dass die Lektüre nicht übermäßig kompliziert geschrieben ist.
    [*]Um in eine gewisse Stimmung einzutauchen. Das ist zwar sehr nahe am Entspannungs-Argument, allerdings nehme ich dafür auch eine gewisse Mühe beim Lesen in Kauf. Mein 1a-plus-Vertreter dieser Gattung ist „Neuromancer“ von William Gibson. Wortwahl, Schreibstil und die ganze Story erzeugen so ein gewisses Feeling, das man eben nur bei diesem Roman findet.
    [*]Intellektuelle Gedankenspiele. Das „Was wäre wenn“-Prinzip. Denkanstöße fördern den eigenen Intellekt, ohne dass dem Leser dabei unbedingt bahnbrechende Erkenntnisse vermittelt werden. Rudy Rucker hat ein paar sehr schöne Romane zu dem Thema geschrieben (zum Beispiel „Weißes Licht“).
    [*]Zur Wissens-Steigerung. Romane also, die dank ihres Themas Denkanstöße vermitteln und dem Leser für sein ganz persönliches Leben Entscheidungshilfen liefern. Peinlicherweise fällt mir hierzu im Moment kein Roman ein ... mit Filmen kann ich es besser.
    [/list]Wenn ich den vorliegenden Leserunden Roman auf diese vier Gründe hin abklopfe, dann trifft wohl am ehesten Argument c „Intellektuelle Gedankenspiele“ zu. Wir sind also auf einem Planeten, der zum einen fast immer Winter hat und auf dem zum anderen eine Abart der Menschheit lebt, die Unisexuell sind. Auf diesen Planeten kommt eine Gesandter eines galaktischen Bundes, um die dort lebenden Menschen in den Bund aufzunehmen. Das ist zunächst eigentlich alles recht interessant.

    Das Problem ist nun die Art und Weise, wie die Autorin mit diesem Thema umgeht: Ich erfahre zunächst einmal nicht, dass die Menschen auf dem Planeten weder Männlein noch Weiblein kennen. Stattdessen werde ich auf den ersten Seiten mitten in die Fehde eines ausgeflippten Königs geworfen. Die sexuelle Andersartigkeit wird nur am Rande erwähnt, obwohl das doch so ungewöhnlich, so einzigartig ist, dass die Story schlichtweg nach Aufklärung schreit. Stattdessen stapft der Protagonist von einem Kloster zum nächsten Dorf, lernt hunderte von Leuten kennen, die alle irgendwie komisch heißen und die sexuellen Gewohnheiten werden immer nur Bröckchenhaft vermittelt. Und zwar in derart homöphatischen Dosen, dass man sie eigentlich gar nicht richtig bemerkt.

    Man möchte vor Verzweiflung die Seiten aus dem Buch reißen um zu schauen, ob sich dazwischen nicht irgend etwas an Informationen versteckt, das man überlesen haben könnte. Was mich wieder zurück zu meinem Grund führt, warum ich ein Buch lese. Offenbar will mich hier die Autorin mit der Frage konfrontieren, wie eine Gesellschaft wäre, die weder Frauen noch Männer kennt. Ok. Danke. Gerne. Nur muss sie mir diese Frage eben auch stellen, um meine Gehirnwindungen auf Trapp zu bringen. Und diese eben nicht in vielen kleinen Andeutungen verstecken, auf dass der Leser selber irgendwie damit zurande kommt.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass 1969 solche Romane vielleicht noch ein wenig zu arg direkt wären und deshalb so geschrieben sein mussten wie sie geschrieben sind. Aber heute? Im Jahre 2004 hätte ich es gerne ein wenig direkter.

    Bis dennen,
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#13 Rusch

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Geschrieben 27 August 2004 - 15:10

Das deckt sich so ziemlich mit meiner Meinung. Interessant, dass Du schreibst, dass 1969 man solche Themen nicht offen diskutiert hat. Hey, das war doch die Hippy Zeit. Wenn die nicht freizügig waren, wer dann. Oder, und der Schluss liegt nahe (ich war ja damals noch ein Windelpoopser), man hat es gemacht und war freizügig, hat aber nicht darüber gesprochen und schon gar nicht darüber geschrieben.Auf jeden Fall ist die Aussage, das Buch sei ein Meilenstein zum Thema SF und Sex einfach nur noch lachhaft.

#14 Henrik Fisch

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Geschrieben 27 August 2004 - 15:16

@Rush:

Hey, das war doch die Hippy Zeit. Wenn die nicht freizügig waren, wer dann. Oder, und der Schluss liegt nahe (ich war ja damals noch ein Windelpoopser), man hat es gemacht und war freizügig, hat aber nicht darüber gesprochen und schon gar nicht darüber geschrieben.

Hm, jetzt da Du das mit der Hippy-Zeit ansprichst ... stimmt ... die waren doch damals eigentlich gerade sehr freizügig drauf. Komisch das.

Auf jeden Fall ist die Aussage, das Buch sei ein Meilenstein zum Thema SF und Sex einfach nur noch lachhaft.

Das deckt sich nun wieder komplett mit meinem Empfinden. Ich würde dazu aber gerne noch einmal eine Meinung von jemanden hören, der das Buch so richtig gut findet. Oder gibt diesen jemand in unserer Runde gar nicht?

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#15 rockmysoul67

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Geschrieben 27 August 2004 - 19:44

Ich habe das Buch zwar nicht gelesen, dennoch schreibe ich hier, weil Henriks Posting anregend ist. Weshalb lesen wir eigentlich? Weshalb mag jeder Einzelne Literatur? Zeit für eine kleine Analyse.

Ich fühle ähnlich wie Henrik, doch sein Punkt D, der "Wissensfaktor" ist bei mir an zweiter Stelle, knapp nach dem "Entspannungsfaktor".

Unter "Wissen" sieht Henrik eine Möglichkeit zur Entscheidungshilfe im wahren Leben. Nun, "Lebenshilfe" würde bei mir etwa unter Punkt N landen. Für mich hat der Wissensaspekt in Literatur eine andere Bedeutung.

Weshalb landet "Wissen" bei mir unter Punkt B?

(Für mich zählt:) Romane sind der Platz, in der Wissen tiefgreifend vermittelt werden kann. Nicht Theater, nicht Zeitung, nicht Film, nicht Fachbücher. Im Roman gibt es Platz um ein interessantes Thema wirklich gefühlsmässig näher zu bringen, auf menschlicher Ebene und auf sachlicher Ebene. Das Einzige, das einen Roman schlagen kann, ist die persönliche Erfahrung.

Ich möchte ein Beispiel geben. Früher, als ich Anfang zwanzig war, las ich gerne die Romane von Frederick Forsyth. Seine Bücher sind meistens politische Thriller, mit gründlich erforschtem Hintergrund. In einem Buch ging es u.a. über Waffenkäufe und -Schmuggel. Die Hauptfigur, die diese Käufe tätigte, im Geheimen operierte, Menschen unterschiedlichster Couleur traf, brachte mich nach meinem Gefühl näher an diese Welt als ein Fachbuch oder eine Fernsehdokumentation dies je machen könnte. Ich hatte das Gefühl, ich wäre dabei, ja, ich wisse jetzt, wie so etwas abläuft.

Noch ein Gedanke zum Wissen (es geht jetzt in Richtung von Punkt C / "was wäre wenn"), wieder mit einem Beispiel: Jurassic Park.
Ich kannte die Theorie des Klonens von Dinosauriern. Aber vor dem Buch war diese Idee "eines Tages könnte es tatsächlich wieder Dinos geben" kein Allgemeinwissen. ( Wenn ich jetzt im Nachhinein sage, dass auch ich schon vor der Publikation von Jurassic Park an einer Dino-Klon-Geschichte arbeitete, glaubt mir niemand das, also sage ich es gar nicht ;) ) Nach dem Buch und vor allem nach dem Film hörte ich öfter einen Spruch wie: "Ich muss weder Jurassic Park lesen oder sehen, um etwas über Dinos zu erfahren. Es gibt wunderbare Fachbücher über dieses Thema."
Ja, stimmt. Man muss weder das Buch lesen noch den Film schauen, um die Klon-Idee oder die Tiere selbst zu kennen. Man hat nach dem Film oft genug darüber geredet und geschrieben, man weiss Bescheid. ABER: Ohne das Buch von Michael Crighton wäre das Interesse an Dinosaurier vor fünfzehn Jahren etwa gleich geblieben. Es hätte keinen Hype (inklusive viele Publikationen über Dinos) gegeben. Und die Idee des Dino-Klonens wäre heute kein Allgemeinwissen.

So, genug blablabla. Ich habe "Winterplanet" nicht gelesen, aber mir ist ein Gedanke gekommen. Kann es sein, dass dieses Androgynie-Thema für Frau Le Guin nur ein Nebenthema oder ein Hintergrund war? Dass sie einfach eine Geschichte erzählen wollte? Romane haben so die Eigenschaft ein Eigenleben zu entwickeln und einen besonderen Status in der Kultur einzunehmen. Vielleicht sind Kritiker damals einfach über die Androgynie hergefallen, vielleicht hat der Verlag diesen Aspekt nur als Werbepunkt benutzt? Vielleicht wollte die Schriftstellerin das Thema während des Schreibens gar nicht betonen, aber als es unter diesem Gesichtspunkt gut verkaufte, hat sie einfach wohlweislich den Mund gehalten? Wie würde das Buch sich lesen, wenn man es einfach so direkt lesen würde, ohne irgendeine Erwartung über Geschlechter?

#16 ANUBIS

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Geschrieben 27 August 2004 - 20:06

Wie würde das Buch sich lesen, wenn man es einfach so direkt lesen würde, ohne irgendeine Erwartung über Geschlechter?

Anstrengend...*lach* Greetz
" Der erste Trank aus dem Becher der Naturwissenschaften macht atheistisch; aber auf dem Grund des Bechers wartet Gott "

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#17 Henrik Fisch

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Geschrieben 27 August 2004 - 20:12

@rocky:

Kann es sein, dass dieses Androgynie-Thema für Frau Le Guin nur ein Nebenthema oder ein Hintergrund war? Dass sie einfach eine Geschichte erzählen wollte? ...

Dieser Gedanke ist mir auch schon gekommen. Das sie quasie diese bisexuelle Gesellschaft auf dem eingefrorenen Planeten im Kopf hatte und darüber etwas schreiben wollte, und dann während des Schreibens in eine ganz andere Richtung abgedriftet ist. Dabei kann natürlich auch etwas Interessantes entstehen; allerdings sollte ein Autor seinen Lesern innerhalb einer Strecke von rund 120 Seiten wenigstens die grobe Richtung des Romans aufzeigen. Oder zumindest so interessant und einfühlsam schreiben, dass man es gar nicht erwarten kann, die nächste Seite umzublättern. Beides ist bei „Winterplanet“ irgendwie Fehlanzeige.

Oder bin ich einfach nur ein Kind meiner Zeit und viel zu ungeduldig?

Nein, kann nicht sein: Romane wie „Das Schloß“ von Kafka habe ich auch gerne gelesen und „Lost Highway“ von David Lynch schaue ich mir immer wieder gerne an. Und beide sind als Beispiele für klare strukturierte Geschichtserzählung nicht gerade berühmt.

Bis dennen,
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#18 Rusch

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Geschrieben 28 August 2004 - 20:29

Ich denke es ist wie mit Filmen: Manche Filme sieht man sich an, weil man einfach nur kurzweilig unterhalten werden will und andere Filme, weil man was zum Nachdenken braucht. Was ich aber überhaupt nicht ab kann, sind Tragödien - glanz gleich ob Film oder Buch.

#19 Henrik Fisch

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Geschrieben 29 August 2004 - 08:34

@Rush:

Was ich aber überhaupt nicht ab kann, sind Tragödien - glanz gleich ob Film oder Buch.

Ohhh, Du bist also kein Fan der Filme „Der englische Patient“ oder „Stadt der Engel“? Beide gehören in mein absolutes Pflichtprogramm, weil tolle Story, tolle Schauspieler mit zugehöriger Leistung, toll gefilmt und tolle Atmosphäre.

Und so schön traurig ... :angry: ... manchmal (selten) brauche ich das einfach.

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#20 Rusch

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Geschrieben 29 August 2004 - 10:08

Stadt der Engel ist gut. Den englischen Patienten habe ich nicht gesehen.Lass es mich besser ausdrücken. Ich mag keine Filme von durchgehend negativer Stimmung. Und, mein Nick ist Rusch, nicht Rush. Das ist ein Unterschied.

#21 Henrik Fisch

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Geschrieben 29 August 2004 - 10:17

@Rusch (mit 'c'):

Ok, Filme mit negativer Stimmung mag ich auch nicht. Die Fallen bei mir auch gerne in die Kategorie - ich entschuldige mich für die Wortwahl - "Intellektuellenkacke". Und so ewas brauche ich auch einfach nicht.

Uops, sorry wegen der vergessenen 'c'. Ich war gerade die ganze Zeit auf amerikanischen Seiten unterwegs; da ist mir das durchgerutscht. :angry:

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#22 Rusch

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Geschrieben 29 August 2004 - 12:18

Ok, Filme mit negativer Stimmung mag ich auch nicht. Die Fallen bei mir auch gerne in die Kategorie - ich entschuldige mich für die Wortwahl - "Intellektuellenkacke". Und so ewas brauche ich auch einfach nicht.

Mit einer fast amerikanischen Ignoranz sage ich: Das Leben ist nicht leicht. Da brauche ich mich nicht mit dem Elend anderer zu belasten. :angry:

#23 Sullivan

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Geschrieben 30 August 2004 - 12:37

Hi,ich bin wieder zurück aus dem Urlaub und habe anscheinend nichts verpasst. Als Fazit kann man ziehen, dass an WINTERPLANET der Zahn der Zeit genagt hat und das Buch kein zeitloser Klassiker ist, mir hat es beim zweiten Lesen auch nicht mehr so einen Spaß gemacht.Eine andere Theorie wäre, dass wir als Lesepublikum schon "zu alt" sind bzw. zu viele andere, bessere Bücher gelesen haben.Sullivan

#24 Henrik Fisch

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Geschrieben 30 August 2004 - 14:04

@Sullivan:

... bzw. zu viele andere, bessere Bücher gelesen haben.

Das ließe wiederum den Umkehrschluss zu, dass in der Vergangenheit die Qualität der SF-Romane auch nicht immer zum Besten bestellt war und dass Lem - der ja von dem Roman geschwärmt hat - ebenfalls nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Aber letzteres hatten wir ja in einem anderen Thread schon einmal. :D

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Henrik Fisch
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#25 Sullivan

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Geschrieben 30 August 2004 - 15:59

Hallo Henrik,

Das ließe wiederum den Umkehrschluss zu, dass in der Vergangenheit die Qualität der SF-Romane auch nicht immer zum Besten bestellt war...

Deswegen machen wir ja die Klassikerrunde! :lol:

Mir macht es großen Spaß, die Bücher noch einmal bzw. zum ersten Mal zu lesen und mit heutigen Maßstäben zu messen. Wenn dabei herauskommt dass ein Buch überbewertet oder als verklärtes und falsches Abbild im Gedächtnis haften geblieben ist, dann ist es eben so.

Sullivan

P.S. Übrigens habe ich gerade SOLARIS gelesen und konnte dem Buch nicht viel abgewinnen. Mal schauen was im Lesezirkel damals geschrieben wurde...

#26 Rusch

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Geschrieben 30 August 2004 - 16:00

Auch ein Lem redet viel Unsinn, wenn der Tag lang ist.Letztens habe ich mir die Mars Chroniken in einem Exquisiten Hörbuch angehört. Das Werk ist zeitweise schon so veraltet, dass man unfreiwillig schmunzeln muss. Das waschen Frauen ihre Wäsche in den Kanälen des Mars. LOL. Dennnoch: Das Buch ist in einer sehr schönen, zeitlosen Weise geschrieben und manche Teile sind heute aktueller denn je.

#27 Henrik Fisch

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Geschrieben 31 August 2004 - 15:06

@Sullivan:

Deswegen machen wir ja die Klassikerrunde!

Dann bin ich bisher eigentlich mit den falschen Voraussetzungen in den Klassiker-Lesezirkel gegangen. Ich lese nämlich eigentlich mit, um ein herausragendes altes Buch zu lesen, das ich sonst nicht in die Finger genommen hätte. Stimmt natürlich: Wenn sich heraus stellt, dass es bei aktuellem Licht betrachtet nicht so dolle ist †¦ Pech gehabt.

Solaris von Lem habe ich noch vor mir. Nach den beiden Verfilmungen (Tarkowsky und Soderbergh) muss ich doch endlich mal das Buch lesen.

@Rusch:

Ich lese gerade aktuell „Der Unbesiegbare“ von Lem (da sich hoffentlich heute beende, damit ich morgen frisch gestärkt in die neue Leserunde einsteigen kann). Das ist technisch auch schon etwas antiquiert. Aber trotzdem interessant!

Bis dennen,
Henrik
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#28 Rusch

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Geschrieben 31 August 2004 - 16:21

Dann bin ich bisher eigentlich mit den falschen Voraussetzungen in den Klassiker-Lesezirkel gegangen. Ich lese nämlich eigentlich mit, um ein herausragendes altes Buch zu lesen, das ich sonst nicht in die Finger genommen hätte. Stimmt natürlich: Wenn sich heraus stellt, dass es bei aktuellem Licht betrachtet nicht so dolle ist †¦ Pech gehabt.

Genau so sehe ich das auch. Winterplanet ist zwar nicht schlecht, aber das Buch ist absolut nicht mehr Zeitgemäß. Allerdings ist es durchaus interessant, mal so ein Werk zu lesen und darüber zu reden. Man bekommt ein Gefühl für die Zeit, in der das Werk geschaffen wurde. Das war bei Schlachthof 5 auch so. Aber das nächste Mal werde ich für Gateway stimmen. Dieses Werk habe ich schon ein paar Monate auf meiner Liste. Das kommt gelegen.

#29 Sullivan

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Geschrieben 31 August 2004 - 19:10

Hallo Rusch,

Aber das nächste Mal werde ich für Gateway stimmen. Dieses Werk habe ich schon ein paar Monate auf meiner Liste. Das kommt gelegen.

Geht mir ähnlich, bei mir steht das Buch ebenfalls schon laaaange auf der Liste. Übrigens denke ich nicht, dass der Inhalt von WINTERPLANET etwas mit der schwachen Beteiligung zu tun hat. So schlecht war das Buch nun auch wieder nicht. Mich hat schon gewundert dass überhaupt so viele Leute abgestimmt haben. Es gab nur wenige die wie Henrik zugegeben haben, dass sie das Buch nicht zu Ende lesen. Auf zu neuen Ufern bzw. "Altered Carbon". Sullivan

#30 Patze

Patze

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Geschrieben 02 September 2004 - 11:41

Irgendwo habe ich mal gelesen, dass dieses Buch eine Meilenstein in punkto Sexualität und SF ist. Das ist Unsinn. Was wurde den schon angesprochen? Klar, der Eingeborene hat sich in Ai verliebt und sein Geschlecht gewechselt. Aber das kam erst sehr spät raus uns wurde nur kurz angesprochen. So gesehen ist dieses Buch recht bieder und keinesfalls der hochgelobte Durchbruch in dieser Hinsicht. Das Buch an sich hat mir nicht so gut gefallen. Die Reisepassage war eindeutig zu lange und das Ende kam in der Tat sehr schnell. Zwei, drei weitere Kapitel wären wünschenswert gewesen. Bereits früher habe ich den fehlenden Zusammenhang des Buches kritisiert. Man hat den Eindruck, dies seien zwei Erzählungen, die miteinander verbunden wurden. Der übergrefende Spannungsbogen fehlt. Fazit: Für einen Hugo Gewinner ist das ein wenig dürftig, aber vielleicht war das ein mieser Jahrgang und unter den Blinden ist der Einäugige bekanntlich König. ;)

Irgendwo habe ich mal gelesen, dass dieses Buch eine Meilenstein in punkto Sexualität und SF ist. Das ist Unsinn. Was wurde den schon angesprochen?

Ich bin mit der Antwort etwas spät, bin aber neu im Forum und erst gerade daruf gestossen... Nicht was die SF angeht, aber aus der Zeit heraus betrachtet in der das Buch geschrieben wurde ist es ein Statement, das Beachtung verdient. In den ausgehenden 60er Jahren wurde gerade auch in den USA viel über die sexuelle Befreiung und vor allem über die Gleichstellung der Frauen in der Gesellschaft diskutiert. Le Guin setzt hier eine Konterpunkt, da sie eine Gesellschaft zeigt, die ohne typische und klischeehafte Geschlechterrollen auskommt, weil die meiste Zeit einfach kein Geschlecht vorhanden ist. Sie führt die emanzipatorische Bewegung ad absurdum, weil sie das Weibliche dem Männlichen weder unterordnet oder sonstwie bewertet. Der Mensch (Mann) der in diese Gesellschatf geworfen wird scheitert daher mit seinem Denkweise, fast alles solchen Kategorien unterzuordnen. Eigentlich das Idealbild der Emanzipation. Das dieses Gedankespiel ausgerechnet von einer Frau kommt war damals mutig und vor allem neu. Das Buch wurde auch außerhalb der SF viel diskutiert und legte dadurch auch mit den Grundstein für Le Guins Popularität, und sie zog sich den Zorn der halben Emanzipationsbewegung in den USA zu. Sicherlich ist das Buch heute nicht mehr soviel wert wie damals, wenn ihr es aber mit diesem Hintergrund lest, nimmt es wieder einen anderen Stellenwert ein. Genauso muss SF sein: Die Geschichte ist spannend und gut erzählt (wenn auch nicht herausragend) und nimmt eine Psoition ein, die über das reine Extrapolieren gegenwärtiger Strömungen hinausgeht und einen neuen Gesellschaftsentwurf abliefert. Ich denke deshalb hat Le Guin auch die Preise gewonnen. Zu Recht, wie ich finde. Vielleicht wurde das alles in diesem Thread auch schon geschrieben, ich hab nur quergelesen, ehrlich gesagt :bigcry: Gruß, Patze


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