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Satellite Sam [Image/2014]

Geschrieben von yiyippeeyippeeyay , 29 Dezember 2014 · 3.553 Aufrufe

*Chaykin Image 21.Jhdt.

Eingefügtes Bild

"If it's 3:45 and you've dialled up LeMonde, then it must be time for... SATELLIIIIIIIITE SAM!"

Altmeister & Storyteller extraordinair Howard Chaykin zaubert mit einem brandneuen Comic seines aktuellen Comeback-Oeuvres (u.a. gibt's da auch den neuen Non-SF-Titel Century West) nach mehreren Jahren Rückzug/Meditation mit Geschick die teils-verklemmte Welt der USA in den frühen 50ern aufs "Trade Paperback"-Papier - es handelt sich um eine fortlaufende Serie von ihm als Zeichner und dem ETWAS jüngeren Matt Fraction als Texter. Die auch werbetechnische Dominanz des "serial radios" herrschte in den Haushalten noch vor, aber das nun massentaugliche Fernsehen konkurrierte kräftig, auch wenn es noch in schwarz-weiß sendete & so gut wie alles live "gemacht" wurde.

Zur Story (ich schätze mal, auf Chaykins Mist gewachsen :)): In NYC ist das SF-Serial "Satellite Sam" der Renner des Senders LeMonde. Da es sich um Live-TV handelt ist im Studio immer eine Menge los - ständig passiert Unvorhergesehenes wie Lampenausfälle und Probleme mit den Schauspielern, einige von ihnen eigentlich reine Stimmkünstler, die nun in ausgefallenen Kostümen im Raumschiffbühnenbild wesentlich mehr agieren müssen als früher! Der Drehbuchautor Roth steht auch immer mit Manuskript & Bleistift in Hand bereit, um schnell was umzuschreiben. Der Star der gleichnamigen Fortsetzungssendung ist Carlyle White, auch eher eine ältere Größe aus der Radiophase, der aber außerdem blond-blendend aussieht. Sein (dunkelhaariger) Sohn Mike ist Techniker im Kontrollraum.

Das 1. Heft beginnt damit, dass Carlyle mal wieder spät dran ist. So spät, dass sich die Regie mitten in der Sendung eine Notlösung ausdenkt - Mike soll schnell in einen (50er! q:D) Raumanzug steigen, eine Textzeile lernen & dann als Aha-Moment am Ende so tun als ob er ein jüngerer Sam sei, der von Außerirdischen entspr. modifiziert wurde!

Der Band hat den Untertitel "Lonesome Death of Satellite Sam" und beschäftigt sich nun eingehend mit dem Ensemble der Show & deren Machern, nach dieser Schicksalswendung. U.a. entdeckt Mike im Hotelzimmer seines Vaters Dutzende von semipornografischen* Bildern diverser seiner Wegbegleiterinnen. Wie bei Chaykin seit Black Kiss üblich, geht es oft hart und - u.a. sexuell - kompromisslos zu. Definitiv keine Comic für Kinder. Auch dem ein oder anderen SF-Fan dürfte die Kinnlade auf den Boden plumpsen - denn SF kommt meist wesentlich weniger krass & dreckig daher. Bei mindestens einer Szene ekelt's einen richtig an - aus ähnlichen (immerhin aber deutlich extremeren) Gründen setzte ich damals meinen Konsum von Black Kiss aus (das übrigens im Rahmen des Comebacks mit "Teil 2" nun auch fortgesetzt wird)...

Ist es überhaupt SF? Bis Bandende eigentlich noch nicht, aber es geht die ganze Zeit um eine SF-Show - und außerdem kenne ich als jahrzehntelanger Fan Chaykin. Time², die Comic-Miniserie von ihm, auf die Satellite Sam am deutlichsten vom Stil & der Erzählart her fusst, ist anhand ihres Crossover-Helden Reuben Flagg eindeutig SF, genauer vielleicht Science Fantasy; bei Black Kiss ging Chaykin, soweit ich erkennen konnte, letztendlich nach dem Schema der Rocky Horror Picture Show vor - großbusige Alien-Hermaphroditen usw.. Also: Ich schätze Satellite Sam bekommt noch Besuch von irgendeinem Novum im Laufe der Serie - entweder in Form von fremdartigen Wesen oder Technik.

Nach soviel Negativ-Klingendem auch etwas Positives: Der Blick in die Realität erster US-Fernsehstudios vor ca. 60 Jahren ist erhellend, & dadurch sehr spannend. Die Comic-Technik ist perfekt - der maßgebliche Erfinder des extrem schleichenden Szenenübergangs im Comic kann das natürlich besser als viele Anderen, bzw. sein Akolyt (Fraction) hält sich liebevoll treu an die meisterliche Vorgabe aus den Achtzigern & Neunzigern. Die Dialoge sind geschliffen, & textüppig - Wenigleser, die in Richtung Comic flüchteten, um Romanbleiwüsten zu entkommen, sollten die neue Serie meiden. q;) Auch gefällt mir, dass es keine eindeutigen Helden gibt: Mike White sieht zwar wie Reuben Flagg aus, ist aber - zu Beginn zumindest - ein eher kleinmutiger Alkoholiker. Und, wie fast immer bei Chaykin, ist der Stoff politisch/ethisch brisant; Roth z.B. ist draufgängerisch schwul.

Und dann doch noch einen kurz auf den Pseudo-Raumhelm-Deckel: Der Untertitel des Folgebandes animiert mich leider nicht gerade weiter zu machen. Wenn es eine Sache gibt, die ich mein Leben lang wirklich nie näher untersuchen wollte... dann das, was dort vor "Kinescope" steht! (Wie ich mich kenne, werde ich aber nicht ewig einem neuen Chaykin-SF-Werk widerstehen können, und Band 1 - oben - ist ja noch im Allgemeinen recht "well-behaved".)


Fazit: Eher etwas für abgebrühte/unprüde SF'lerInnen, die eine gewisse Retro-Faszination pflegen, und/oder mal ein Genie der Comickunst in Aktualität miterleben wollen. Die Story ist noch zu offen, um sie jetzt, am Ende des 1. Sammelbandes, schon groß loben zu können.

Tipp: Bei Amazon (Klick aufs Bild oben) kann man "ins Buch schauen" & die ersten gezeichneten Seiten in gerade annehmbarer Qualität bewundern... B)

(* Ok, Kids, das sind die 50er! Die Damen auf den Fotos sind i.d.R. voll-kostümiert in diverser Lingerie - alle Genitalien bedeckt. Die Dame auf dem Cover oben gibt da eher mehr preis.)




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