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SF-Dinosaurier








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Gelesen im August, September, Oktober und November 2011 (IV)

Geschrieben von †  a3kHH , in Rezensionen, Unkategorisiert 25 Januar 2012 · 805 Aufrufe

So, bevor der Januar 2012 sich dem Ende zuneigt, sollte ich meine Leselisten für das letzte halbe Jahr endlich auf die Reihe kriegen. Aber bevor ich die weiterschreiben konnte, wollte ich doch noch so ein, zwei Kommentare zu einigen Reihen (McCaffrey, Dominic Flandry) ausführlich als Blogeinträge schreiben. Auch einige Bücher haben wollte ich ausführlicher besprechen, als das innerhalb einer Leseliste möglich ist. Aber das hab' ich ja jetzt geschafft und kann meine "Leselisten-Schulden" weiter abarbeiten. :-)

Was also habe ich alles in den letzten Monaten gelesen. Als erstes ist da der neue Eschbach zu vermelden :

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Andreas Eschbach : Herr aller Dinge
Lübbe Hardcover 2011
690 Seiten, 22 €
ISBN 978-3785724293

Nett, aber etwas schwankend zwischen Jugendbuch und Erwachsenenliteratur. Und bei weitem nicht so nach meinem Geschmack wie "Ein König für Deutschland" oder "Black*Out". Details hier. Da fällt mir ein : Ich muß unbedingt noch den Nachfolger von Black*Out lesen, der liegt schon in meinem RUB. Auch und gerade in meiner Eigenschaft als DSFP-Juror.



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Stefan Burban : Nahende Finsternis
Der Ruul-Konflikt #3
Atlantis-Hardcover 2011
280 Seiten

Ein sehr schönes Buch des neuen Military SF-Spezialisten. "Schön" im doppelten Sinn : Erstens gut geschrieben, das Lesen macht einfach Spaß. Und zweitens habe ich diesen Band ebenso wie seinen Vorgänger als Atlantis-Hardcover, was a. nicht wesentlich teurer als ein Paperback ist, b. schicker im Regal aussieht (allerdings auch mehr Platz einnimmt) und c. beim Lesen besser in der Hand liegt. "Das Auge liest mit." Sozusagen. Ich bin schon mal gespannt auf den dritten bzw. vierten Band des Ruul-Zyklus. Und neugierig, ob sich dieser ebenso alleinstehend ohne Kenntnis der Vorgänger lesen lasst wie die ersten beiden bei Atlantis erschienenen MilSF-Bände.
Düstere Vorzeichen
Nahende Finsternis



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Poul Anderson : Dominic Flandry
Im Dienst der Erde (Ensign Flandry)
Roman, Originalausgabe 1966, Deutsche Erstausgabe 1967
Höllenzirkus (A Circus of Hells)
Roman, Originalausgabe 1970, Deutsche Erstausgabe 1973
Rebellenwelt (The Rebel Worlds)
Roman, Originalausgabe 1969, Deutsche Erstausgabe 1971
Ehrenwerte Feinde (Agent of the Terran Empire / Flandry of Terra)
Kurzgeschichten, Originalausgaben 1951-1959
Am Ende des Weges (A Stone in Heaven)
Roman, Originalausgabe 1979, Deutsche Erstausgabe 1982
Neuübersetzungen und chronologisch sortierte Ausgabe 2006-2008
Aus dem Amerikanischem von Dietmar Schmidt
Bastei-Lübbe SF-Spezial

Als Consultant bin ich ja oft außerhalb von Hamburg unterwegs, ein paar meiner Kunden sind in Hannover. Und dort gibt es direkt am Hauptbahnhof Schmorl & Seefeld, die große Buchhandlung in Hannover. (In der übrigens auch die Eschbach-Lesungen in Hannover stattfinden.) Als ich dort einen Großteil der Neuausgaben des Dominic Flandry-Zyklus heruntergesetzt sah, konnte ich nicht widerstehen. Obwohl ich diese bereits in früheren Ausgaben in meinen Regalen stehen hatte, war ich doch neugierig auf diese "Vollständige Taschenbuchausgabe". Hat sich auch gelohnt, Details hier. Bastei-Lübbe SF scheint sich auch immer mehr zum legitimen Nachfolger der klassischen Heyne Science Fiction und Fantasy zu entwickeln, die Qualität der Ausgaben ist meinem Empfinden nach in den letzten ein, zwei Jahren deutlichst angestiegen. Da werde ich dieses Jahr einmal genauer drauf achten.



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Anne McCaffrey : Schiffs-Zyklus
Anne McCaffrey : The Ship Who Sang
Corgi Books 1980 (4. Auflage), 200 Seiten
Anne McCaffrey & Margaret Ball : Partnership
Baen Books 1992, 320 Seiten
Anne McCaffrey & Mercedes Lackey : The Ship Who Searched
Baen Books 1992, 300 Seiten
Anne McCaffrey & S.M. Stirling : The City Who Fought
Baen Books 1994, 430 Seiten
Anne McCaffrey & Jody Lynn Nye : The Ship Who Won
Baen Books 1995, 330 Seiten

Obwohl ich die Geschichten um die Brains & Brawns nicht mehr so unbelastet wie noch vor zwanzig Jahren lesen kann, hat mir dieser Zyklus doch wieder einmal Spaß gemacht. Anne McCaffrey ist eben eine große Geschichtenerzählerin und diese Kooperationen um Helva und ihre KollegInnen sind einfach schöne SF. Detailiertere Kommentare zu diesem Zyklus findet man hier.



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Christoph Hardebusch : Sturmwelten
Sturmwelten
Unter schwarzen Segeln
Jenseits der Drachenküste
Heyne 52385 / 52397 / 52398
Erstausgaben 2008 / 2009 / 2010
720, 530 & 530 Seiten
ISBN : 978-3453523852 / 978-3453523975 / 978-3453523982

Markus Heitz promoted mit seinen Justifier-Romanen neue Schriftsteller. Dies ist zumindestens bei mir auf fruchtbaren Boden gefallen, ich habe unter anderem Christoph Hardebusch für mich entdeckt. Seine Sturmwelten-Romane sind eine gelungene Mischung aus Fantasy und Piratenroman, so frisch erzählt wie ich es seit meiner Kindheit nicht mehr in diesem Genre empfunden habe.

Ich muß auch unbedingt einmal einen Blogeintrag über alle bisher gelesenen Justifier-Romane machen, bisher verschwinden meine Kommentare dazu in den verschiedenen Leselisten. Das wird den Romanen nicht richtig gerecht, denn Heitz, Hardebusch und all die anderen AutorInnen haben mit diesen Romanen eine spannende, oftmals nicht-triviale Serie aus dem Boden gestampft.



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Christian von Ditfurth : Der 21. Juli
Geest-Verlag Vechta, 2011
491 Seiten
ISBN 978-3-86685-293-8

Was wäre, wenn das Attentat auf Hitler geglückt hätte ? Und wie würden sich die Männer des 20. Juli danach verhalten ? Christian von Ditfurth legt mit diesem Roman (Originalausgabe Droemer, München 2001) eine faszinierende Parallelweltgeschichte vor, die letztes Jahr in einer schönen neuen Aufmachung im Geest-Verlag neu herausgegeben wurde. In der deutschen Wikipedia steht eine ausführliche Inhaltsangabe des Romans nebst einer Darstellung dieser anderen Welt, mein Kommentar dazu findet sich hier.



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Dirk van den Boom : Eobal
Atlantis-Verlag 2011
170 Seiten
ISBN 978-3-941258-58-7 (Paperback)

Dirk van den Booms Version eines Diplomaten der Sterne. Ähnlichkeiten mit James Retief und Dominic Flandry sind nicht abzuleugnen, mehr als eine Hommage an diese beiden ist in DiBoos Roman jedoch nicht vorhanden. Bisher der beste Roman aus seiner Feder, spannend, detailreich und insgesamt echt gelungen. Meine Frau als auch ich fiebern nach einer Fortsetzung, möglichst schon in diesem Jahr.



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Clark Darlton : Die Zeit ist gegen uns
HJB – Utopische Klassiker, Neuwied 1996
174 Seiten
ISBN 3-930515-61-X
William Voltz : Die letzten Menschen der Erde
HJB – Utopische Klassiker, Neuwied 1996
174 Seiten
ISBN 3-930515-62-8

Zwei Klassiker, die schon einige Zeit bei mir im Regal standen und die ich jetzt endlich einmal gelesen habe. Sehr schöne Ausgaben, allerdings recht triviale Romane, die die Zeit überholt hat. Für Leute, die sich für die deutsche SF der 50er und 60er interessieren, ein gelungener Einstieg.
Clark Darlton : Die Zeit ist gegen uns
William Voltz : Die letzten Menschen der Erde


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Harald Giersche (Hrsg.) : Prototypen und andere Unwägbarkeiten
ISBN 978-3-981394603
Begedia-Verlag 2011, phatastic episodes V, 200 Seiten

Daß auch abseits von NOVA und den Anthologien des Wurdack-Verlags gelungene Kurzgeschichten-Sammlungen herausgegeben werden können, beweist einmal mehr der Begedia-Verlag. Wenn auch nicht jede Story gelungen ist, habe ich die "Prototypen" doch genossen. Eine detaillierte Meinung zu jeder Story habe ich hier geschrieben. Wenn ich die Geschichten mir jetzt noch einmal vor Augen führe, kann ich keinen Favoriten benennen, in dieser Anthologie waren viele Stories enthalten, die mir ausnehmend gut gefallen haben.


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Andreas Brandhorst : Das Artefakt

Geschrieben von †  a3kHH , in Rezensionen 22 Januar 2012 · 925 Aufrufe

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Andreas Brandhorst : Das Artefakt
Heyne 52863
Originalausgabe 2012, Paperback 650 Seiten
ISBN: 978-3-453-52865-9
Leseprobe


600 Jahre nach dem Ereignis spitzen sich die Konflikte der Menschen wieder zu, als die Gefallenen Welten und die Ägide um das Artefakt auf dem Planeten Heraklon kämpfen. Es scheint, als ob durch diese agressiven Handlungen jegliche Chancen der Menschheit, in die Gemeinschaft der Hohen Mächte aufgenommen zu werden, zunichte gemacht worden sind ...

Genau wie in dieser Inhaltsangabe wird der Leser im neuen Brandhorst sozusagen einfach ins kalte Wasser geworfen. Von der ersten Zeile an erzählt der Autor die Geschichte so, als wäre der Leser mit den historischen Begebenheiten seit dem Ereignis vertraut. Und auch das, was das Ereignis tatsächlich ist, löst Andreas Brandhorst erst im Verlauf der Geschichte auf – und nicht in der ersten Hälfte des Romans. In der Zwischenzeit liest man Science Fiction pur, so als hätte Brandhorst sie erfunden.

Ich möchte dies an dieser Stelle einmal etwas polemisch bewerten : Andreas Brandhorst pfeift auf die Doofen, denen man alles erst dreimal erklären muß und die unbedingt eine explizit-deutliche Darstellung des Settings und der bisherigen historischen Entwicklung benötigen, sondern adressiert seinen neuen Roman an die intelligentere Species der SF-Fans. Ganz bewusst lässt er den Leser teilweise alleine sich seine Gedanken machen, ganz bewusst überlässt er viel der Phantasie vor dem Papier bzw. Bildschirm.

Ich werde hier, an dieser Stelle, nicht mehr über den Inhalt verraten. Ganz bewusst nicht. Denn Brandhorst spielt mit der Phantasie seiner Leser, die erste Lektüre dieses seines neuen Romans ist etwas ganz Besonderes, die zweite Lesung dürfte ein ganz anderes Flair haben. Was man aber, ohne viel über den eigentlichen Inhalt zu verraten, sagen kann, ist daß Andreas Brandhorst sich in diesem SF-Roman mit Entwicklungshilfe auseinandersetzt. Wieviel Hilfe darf man weniger entwickelten Völkern angedeien lassen, wie stark darf man sich in innere Belange einmischen oder sollte man es ganz lassen ? Nicht, daß Brandhorst hier die Ultima Ratio zu Schau stellt, er wirft diese Fragen nur auf und lässt den Leser sich damit beschäftigen.

Ein sehr empfehlenswerter Roman, den man sich nicht entgehen lassen sollte.


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Poul Anderson : Dominic Flandry

Geschrieben von †  a3kHH , in Rezensionen 21 Januar 2012 · 863 Aufrufe

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Poul Anderson : Dominic Flandry
Im Dienst der Erde (Ensign Flandry)
Roman, Originalausgabe 1966, Deutsche Erstausgabe 1967
Höllenzirkus (A Circus of Hells)
Roman, Originalausgabe 1970, Deutsche Erstausgabe 1973
Rebellenwelt (The Rebel Worlds)
Roman, Originalausgabe 1969, Deutsche Erstausgabe 1971
Ehrenwerte Feinde (Agent of the Terran Empire / Flandry of Terra)
Kurzgeschichten, Originalausgaben 1951-1959
Krieger aus dem Nirgendwo (Agent of the Terran Empire / Flandry of Terra)
Kurzgeschichten, Originalausgaben 1954-1961
Schattenwelt (A Knight of Ghosts and Shadows)
Roman, Originalausgabe 1975, Deutsche Erstausgabe 1982
Am Ende des Weges (A Stone in Heaven)
Roman, Originalausgabe 1979, Deutsche Erstausgabe 1982
Neuübersetzungen und chronologisch sortierte Ausgabe 2006-2008
Aus dem Amerikanischem von Dietmar Schmidt
Bastei-Lübbe SF-Spezial


Zu meinen frühesten Leseerfahrungen gehören auch die Romane von Poul Anderson. Etwa seine geschichten über die Polesotechnische Liga, eine Händlervereinigung der terranischen Planeten, über Nicholas von Rijn oder David Falkayn und seine Mannschaft.

Meines Wissens beschreibt Poul Anderson in seiner Future History nicht den Übergang von dieser merkantil-demokratischen Union zu einem dekadentem terranischem Imperium. Doch in den Romanen um Dominic Flandry wird regelmäßig darauf Bezug genommen und Geschehnisse aus der damaligen Zeit weitererzählt.

Dominic Flandry begegnet uns im ersten Band der Flandry-Saga als blutjunger Fähnrich. Zu seiner Zeit ist von Demokratie keine Rede mehr, das terranische Imperium wird von einem (wahnsinnigem) Kaiser und einer dekadenten Clicque von Höflingen beherrscht. Nepotismus und Korruption findet man überall vor, begünstigt durch Adlige, die sich vermeintlich als besser als der Normalmensch ansehen. Durch Flandrys offenen Einstellung gegenüber Nichtmenschen, die in dieser Zeit dem allgemeinen Konsens der terranischen Oberschicht zuwiderläuft, wird er in eine Geheimdienstoperation auf dem Planeten Starkad verwickelt. Denn junge, aktivere Rassen, allen voran die Merseianer, bedrängen die Grenze des terranischen Imperiums und versuchen, die terranische Marine so zu schwächen, daß sie Annektionen entlegener terranischer Kolonien nichts mehr entgegenzusetzen hat. Abrams, Chef des terranischen Geheimdienstes, durchkreuzt zusammen mit Flandry den Plan der Merseianer, mittels eines Irrläufers und einer hochgespielten politischen Situation Naturphänomene als Waffe zu benutzen.

In der Folge, d.h. in den weiteren Romanen des Zyklus, kämpft Flandry immer wieder gegen die Pläne der Merseianer. Er versucht, das Interregnum, das dem Fall des terranischen Imperiums folgen und die einzelnen, von Menschen bewohnten Planeten voneinander isolieren und in die Barbarei zurückfallen lassen würde, immer weiter hinauszuschieben. Dies wird zu seiner Lebensaufgabe. Und so begegnen wir in jedem weiterem Roman einem immer älterem, immer mehr desillusioniertem und immer melancholischer werdendem Flandry. Denn er erkennt, daß er das Interregnum nur hinausschieben, nicht verhindern, kann. Dies spiegelt sich auch im Stil der Romane wieder, die immer melancholischer und (bis zu einem gewissem Grad) depressiver werden. Inhalt und Stil bilden hier eine Einheit.

Wobei man meiner Meinung nach die Geschichten um Dominic Flandry nicht alleine sehen darf. Denn vorangegangen sind die himmelstürmenden Romane um die Polesotechnische Liga mit ihrer optimistischen Lebenseinstellung und dem "Was kostet die Welt ?"-Feeling. Die Flandry-Saga ist sozusagen der Antiklimax zu diesen früheren Geschichten. Wobei "früher" in diesem Kontext nur innerhalb Poul Andersons Future History zu verstehen ist. Denn die optimistischen Romane der Liga wurden von Poul Anderson parallel zu den melancholischen um Flandry und das Imperium geschrieben. Alle Romane, Kurzgeschichten und Novellen datieren etwa aus den Jahren 1950 bis 1980.

Bemerkenswert bei der Dominic Flandry-Saga ist die Ähnlichkeit von Flandry mit James Bond. In jeder Geschichte kommt (mindestens) eine Frau vor, die
von Flandry vor irgendwelchen Unholden o.ä. beschützt wird. Ebenso wie Bond benutzt er gerne technische Gimmicks und verlässt sich stark auf seinen Intellekt. Dies wird sehr schön durch die aktuellen Baen-Ausgaben illustriert :

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Allerdings erschienen die ersten James Bond-Geschichten erst zwei Jahre nach der ersten Flandry-Story.

Wie ich eingangs sagte, lese ich Poul Anderson seit fast vier Jahrzehnten. Und natürlich bleiben meine ersten Bücher von ihm (etwa die Falkayn-Ausgabe der TERRA Taschenbücher) unvergesslich. Als vor einigen Jahren der Bastei-Verlag diese Serie in neuer, garantiert ungekürzter Übersetzung herausgab, wurde ich zwahr neugierig, konnte mich aber nicht zum Kauf durchringen. Als sie dann vor kurzem heruntergesetzt in der Hannoveraner Buchhandlung "Schmorl & von Seefeld" auslagen, konnte ich nicht mehr widerstehen und habe mir alle Exemplare, die es dort gab, besorgt. Leider waren dort nicht alle Bände vorhanden, einer der schönsten, A Knight of Ghosts and Shadows, fehlt mir in dieser Neuübersetzung noch. Soweit ich es aber nach den mir vorliegenden Bänden beurteilen kann, wurde die klassische Übersetzung behutsam modernisiert und viele unpassende Stellen verbessert. Auch die Stimmung der alten Übersetzungen wurde gut erhalten und behutsam modernisiert, so daß ich jedem diese Übersetzung nur empfehlen kann.


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phantastisch! #45 (II)

Geschrieben von †  a3kHH , in Rezensionen 20 Januar 2012 · 935 Aufrufe

Horst Illmer : Update

Was ich immer wieder gerne lese ist "Update", die Kolumne von Horst Illmer, in der er über Nachrichten und Neuerscheinungen der pantastischen Szene berichtet. In Mini-Artikeln werden einzelne Bücher, Ereignisse oder sonstiges Berichtenswertes dargestellt. Diesmal ist mir insbesondere der Kurzbericht über Dietmar Daths FAZ-Artikel, in dem er sich mit Edmond Hamilton beschäftigt, aufgefallen. Den hätte ich ansonsten definitiv verpasst, aber so habe ich vielleicht noch eine Chance, ihn mir zu besorgen.


Tad Williams (Interview durch Carsten Kuhr)

Interviews sehe ich immer mit gemischten Gefühlen entgegen. Ich stehe mehr auf Rezensionen, Besprechungen und Artikel. Dieses Interview war allerdings sehr hilfreich. Denn wenn man auf die Frage, warum man keine Bücher für Erwachsene schreibt, zugibt, dies nicht zu können, psychisch dazu weder in der Lage noch geistig reif genug zu sein, kann ich den Autor für mich unter "nicht lohnenswert" ablegen. Was ich hiermit getan habe.


Christian Endres : eBook – Das Buch der Zukunft ?

Christian Endres befasst sich mit dem eBook und seinen Chancen für die nächsten Jahre. Dabei lässt er hauptsächlich Autoren, Verleger und Buchhändler zu Wort kommen. Für mich, der ich mich intensiv mit diesem neuen "Feind" meines heissgeliebten TotenBaumProdukts beschäftigt habe, ergaben sich keine neuen Gesichtspunkte. Allerdings empfand ich diesen Artikel als sehr gute Zusammenfassung des augenblicklichen Stands des neuen Mediums. Wer sich also kurz, knapp und präzise über die aktuelle Positionierung des eBooks informieren möchte, dem sei dieser Artikel ans Herz gelegt.


Horst Illmer : Miriam Meckel

Miriam Meckel, die Lebensgefährtin von Anne Will, hat ein Buch geschrieben. Da drin laden sich doch glatt Menschen in das Internet hoch. Boah, eyh, echt was Neues. So eine Idee gab's ja noch nie nich' in der SF. Das musste unbedingt ausführlich besprochen werden, wah ? Ernsthaft : Für so altbackenen Kram ein Zwei-Seiten-Portrait zu verschwenden, ist mir unverständlich. Den Platz hätte man sinnvoller nutzen können.


Christian Endres : Gangster, Vampire und Aliens

Christian Endres schreibt über "Turf", das Comic-Debut von Jonathan Ross. Comics sind nicht meine Welt, von daher kann ich schlecht etwas dazu sagen. Allerdings kam mir der Artikel sehr ausführlich und qualifiziert vor.

Richard Kadrey (Interview durch Christian Endres)

Ein interessantes Interview mit einem Autor, den ich noch aus den ausgehenden 80ern kenne. Vielleicht sollte ich seine "Sandman Slim"-Reihe einmal antesten ?


Christian Hoffmann : Return of the Fuzzies

Christian Hoffmann nimmt die Nacherzählung "Fuzzy Nation" von John Scalzi zum Anlass, sich einmal intensiver mit dem Original "Little Fuzzy" von H. Beam Piper und den Folgebänden dazu zu widmen. Ein sehr ausführlicher und kritischer Artikel, der sich dem Fuzzy-Hype in allen Spielarten widmet. Eine empfehlenswerte Lektüre für jeden SF-Interessierten.


Manuela Braun : Science oder Fiction (DLR-Sonderdruck)

Ein Sonderdruck aus dem DLR-Magazin 131, in dem die Realität hinter dem Film "Moon" von Duncan Jones beleuchtet wird. Eine gute Idee : Statt das Rad neu zu erfinden, lässt man lieber diejenigen etwas zu den physikalischen und sonstigen Hintergründen sagen, die sich mit der Sache auskennen. Gerne wieder. Allerdings vielleicht beim nächsten Mal mit einer kurzen Einführung über das DLR und die Autorin.


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phantastisch! #45 (I)

Geschrieben von †  a3kHH , in Rezensionen 15 Januar 2012 · 989 Aufrufe

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Bezugsquelle : Verlag Achim Havemann

phantastisch! ist die Zeitschrift für phantastische Literatur aller Spielarten, Erscheinungsweise vierteljährlich, Preis 5,30 €. Und wer diese Zeitschrift nicht kauft, ist selber schuld : Er verpasst nämlich etwa 3/4 der wichtigen Publikationen des phantastischen Genres.

Ich wollte immer, bei jeder Ausgabe, eine ausführliche Besprechung der einzelnen Artikel schreiben, aber immer kam mir irgendetwas dazwischen. Und es ist ja auch nicht wenig, auf den 60 Seiten einer einzigen Ausgabe sind ja doch ziemlich viele Artikel mit einer erheblichen Informationsdichte vorhanden. Aber bevor das diesmal auch wieder untergeht, schreibe ich das in Häppchen, Kommentare zu einzelnen Artikeln, sofern ich Zeit und Lust habe.

Als erstes ist die im Fandom weitestgehend abgelehnte und von mir ganz besonders gemochte Kolumne "phantastisch! leben" von Johannes Rüster dran. Die lese ich immer als erstes, sogar noch vor "Update", den "Nachrichten und Neuerscheinungen" von Horst Illmer. Diesmal ging es bei Johannes Rüster um Superhelden als generationenübergreifende Sinnstiftung und die Perfidie der Comic-Verlage, selbige zu rebooten. Ich kann ihm nur zustimmen, setze mich zu Johannes und Opa auf die Ofenbank und lamentiere mit : "Ja, ist denn dieser Comic-Mafia gar nichts mehr heilig ?"

Ach so, und : "Episode IV comes first ! It's just good parenting !"

Inhaltsverzeichnis phantastisch! 45

Cover : Jan Hoffmann

Update - Nachrichten und Neuerscheinungen (Horst Illmer)

Interviews
Carsten Kuhr: Interview mit Tad Williams
Christian Endres: Interview mit Richard Kadrey
Bernd Jooß: Interview mit Hannes Riffel
Christian Endres: Interview mit Frank Festa
Bücher, Autoren & mehr

Leseprobe »Die Kanibalen von Candyland« von Carlton Mellick III

Johannes Rüster: phantastisch! leben – Folge 10: Heldenleben

Christian Endres: phantastisch! im Dialog – E-Book – Das Buch der Zukunft?

Horst Illmer: Zur Person: Miriam Meckel

Christian Hoffmann: Return of the Fuzzies

Sonderdruck aus dem DLR Magazin 131: Manuela Braun: Science oder Fiction?

Achim Schnurrer: Klassiker der phantastischen Literatur – Kindermann, Bahrdt und Geiger – Teil 3

Rezensionen


Im Heft
Horst Illmer: China Miéville »Der Krake«
Günter Puschmann: Tsutomu Nihei »ABARA«
Andreas Wolf: Brett McBean »Die Bestien«
Carsten Kuhr: Richard Kadrey »Sandman Slim – Höllendämmerung«
Dominic Grittner: Marcel Theroux »Weit im Norden«
Günter Puschmann: Syd Mead »Sentury II«
Andreas Wolf: Jeffrey Thomas »Tagebuch aus der Hölle«
Günter Puschmann: George Mann »Affinity Bridge«
Andreas Wolf: Stefan Melneczuk »Rabenstadt«

zusätzlich Im Internet
Dominic Grittner: Andreas Gruber »Ghostwriter«
Günter Puschmann: Kady Cross »Das Mädchen mit dem Stahlkorsett«
Sonja Stöhr: George Mann »Affinity Bridge«
Christian Endres: Cory Doctorow »For The Win«
Christian Endres: Patrick Rothfuss »Die Furcht des Weisen (1)«
Günter Puschmann: Bernd Perplies »Magierdämmerung – In den Abgrund«
Christian Endres: Joe R. Lansdale »Gauklersommer«
Günter Puschmann: Gail Carringer »Glühende Dunkelheit«
Christian Endres: Bill Willingham »Down the Mysterly River«

Comic & Film
Christian Endres: Gangster, Vampire und Aliens
Olaf Brill & Michael Vogt: Ein seltsamer Tag – Teil 2 und 3
Christian Endres: Decodierte Superhelden
Rüdiger Schäfer: Kreaturen

Story
Niklas Peineke: »Rache ist eine schwere Schaufel«

Forum


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Michael K. Iwoleit : Psyhack

Geschrieben von †  a3kHH , in Rezensionen 15 Januar 2012 · 1.015 Aufrufe

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Michael K. Iwoleit : Psyhack
Fabylon 2007
ISBN 978-3-927071-13-1
224 Seiten, 10,- €
Leseprobe

Marek Yanner ist ein Kriminieller aus dem BioTec-Bereich. Nach jedem Auftrag wird seine Erinnerung daran gelöscht, für jeden Auftrag werden neue Daten, teilweise komplette neue Persönlichkeiten eingespielt. Bei einer dieser Einspielung wird ihm ein Virus (ein sogenannter Psy-Hack) untergeschoben, der zunächst dazu führt, daß er einen Manager eines Großkonzerns tötet und im folgenden seine Originalpersönlichkeit, David Prescott, wiederherstellt. Er rächt sich an denjenigen, die ihn gelöscht haben und findet seine Familie wieder.

"Psyhack" ist ein SF-Krimi an der Grenze zum Cyberpunk. Er schildert eindringlich eine mögliche Negativ-Entwicklung im BioTec-Bereich und stellt eine Welt dar, in dem die aktuellen politischen Negativtendenzen (Eurokratie, Sonderrolle Großbritanniens) in der nahen Zukunft deutlich die Oberhand gewonnen haben. Die Konsequenzen einer möglichen Erinnerungsmanipulation für die Gesellschaft wird am Beispiel des Protagonisten, seiner Familie und seines Umfelds eindringlich geschildert, inhaltlich gehört der Roman zur ganz großen SF.

Im Gegensatz zu vielen anderen Cyberpunk-Romanen ist "Psyhack" allerdings deutlich weniger dynamisch und stark selbstreflektierend. Vieles wird als Erzählung gebracht, was den Fluß der Geschichte deutlich verlangsamt, oftmals sogar stört. Der Roman ist die Ausarbeitung einer Novelle. Das merkt man deutlich, denn im Vergleich zu anderen (brillianten) Texten von MKI ("Der Moloch", "Terminal") ist der Roman "Psyhack" relativ holprig geschrieben. Teilweise erkennt man, welche Stellen später eingefügt wurden und welche aus der Original-Story stammen. Der Autor hat es nicht geschafft, die bereits in der Original-Story vorhandenen Erzählungen bei der Transposition der Kurzgeschichte in die Romanform umzuschreiben, aus einer hervorragenden Novelle einen ebenso hervorragenden Roman zu machen. Die Original-Novelle erhielt 2006 den Deutschen Science Fiction-Preis DSFP, 2008 kam der Roman auf den 2. Platz des Kurd Lasswitz-Preises und des DSFP.

Michael K. Iwoleits Bedeutung für die deutsche SF hat sich allerdings seit dem Erscheinen dieses Romans nicht unwesentlich gewandelt. Als legitimer geistiger Nachfolger von Wolfgang Jeschke ist er derjenige des deutschen Fandoms, der sich um die internationale SF kümmert. Etwa in Form der ISF-Website INTERNOVA (Links siehe unten). Im neuen NOVA, der Nummer 18, ist neben Kurzgeschichten arabischer und israelischer Autoren (Guy Hasson, Lavie Tidar, Achmed A.W. Khammas) auch ein mehr als lesenswertes Interview dieser drei Autoren vorhanden. Dieses "Nahost-Special" kann ich jedem SF-Fan nur warm ans Herz legen.

Ein Wort noch zur Ausstattung. Der Roman "Psyhack" wurde verlegt von FABYLON, dem Verlag der ehemaligen Perry Rhodan-Autorin Uschi Zietsch alias Susan Schwartz. Wie alle Bücher dieses Verlages ist auch "Psyhack" mit Hochglanz-Cover erschienen und sieht sehr nobel aus. Ich kann jedem nur empfehlen, dieses Verlagsprogramm einmal durchzustöbern, neben Kurzgeschichtenbänden deutscher Autoren findet man dort auch exclusive Veröffentlichungen von Hans Kneifel, Ernst Vlcek, eine eigene Romanserie, erotische Phantastik und und und ...

Homepage Michel K. Iwoleit


NOVA


NOVA-Forum


INTERNOVA


INTERNOVA-Forum




FABYLON-Verlag


Ernst Vlcek : Sternensaga


Ernst Vlcek, Susan Schwartz u.a. : SUNQUEST-Saga


ARS AMORIS


Uschis Blog



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Anne McCaffrey : Schiffs-Zyklus

Geschrieben von †  a3kHH , in Rezensionen 14 Januar 2012 · 852 Aufrufe

Von Anne McCaffrey habe ich viel gelesen. Begonnen hatte dies vor Jahrzehnten mit den Romanen um die Drachenreiter von Pern. Gerade die ersten fünf in Deutschland erschienenen Bände lese ich immer wieder, speziell die Geschichten um Menolly und Moreta haben ihre ganz eigene Magie.

Aber meiner Meinung nach sind die Pern-Romane weder ihre besten noch ihre bedeutendsten Werke. Während die ersten Bände noch originell sind, wiederholt sich die Geschichte aus "Dragonflight" und "Dragonsearch" doch regelmäßig, so daß mir das Lesen der späteren Romane des Pern-Zyklus keinen Spaß mehr machte. Nein, mich ganz persönlich haben zwei andere Zyklen von ihr tief beeindruckt, weniger vom Inhalt als mehr von der Machart her. Für mich ganz persönlich sind die Romane aus dem Schiffs- und dem Piraten-Zyklus die bedeutendsten Werke von Anne McCaffrey. Zumindestens haben sie den größten Impact auf meine Bibliothek gehabt.

Ausgangsbasis im Schiffs-Zyklus ist eine Menschheit, die sich weit im All ausgebreitet hat. Krankheiten können und werden mit modernsten Mitteln behandelt. Doch auch in dieser Gesellschaft gibt es Menschen, die unheilbar krank werden. Oder so geboren sind. Und hier bietet diese Menschheit eine Wahl an : Diese Babys können entweder ein Leben als Mensch mit (suboptimalem) Exoskelett führen oder als Zentraleinheit eines Raumschiffes leben. Wobei diese Zentraleinheiten (sogenannte "Brains") sich selbst bewusst sind und sozusagen das Schiff an sich darstellen. Denn statt laufen zu lernen, lernen sie das Fliegen im Weltall. Genauer gesagt sind sie an eine Lebenserhaltungsmaschine in einer Titan-Legierung angeschlossen und ansonsten genauso menschlich wie Du und ich. Nur andere Fähigkeiten haben sie. Und diese Brains sind immobil insofern, als sie sich nicht aus dem Schiff entfernen können. Dazu haben sie dann ihren beweglichen Konterpart, den sogenannten "Brawn".

Das erste Buch des Schiffs-Zyklus ist bereits 1969 erschienen und basiert auf ab 1961 erschienenen Kurzgeschichten um Helva, das Schiff, das sang :

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Anne McCaffrey : The Ship Who Sang
Corgi Books 1980 (4. Auflage)
200 Seiten


Als Kind wird Helva in das Brainship-Programm aufgenommen. Sie entwickelt sich und ihre Fähigkeiten, als Hobby versucht sie, zu singen. Was ihr auch gelingt und sie allgemeine als "das Schiff, das singt" bekannt macht. Sie geht eine innige Beziehung mit ihrem Partner Jennan ein, verliert ihn jedoch bei einem Unfall. Aus der tiefen Depression, in die sie nach seinem Tod verfällt, reisst ihr neuer Partner sie heraus und sie wird das erste Brainship, das mit dem neuesten Interstellar-Antrieb den Pferdekopfnebel erreicht.

Sehr lyrisch und mitreissend ist dieser Roman ein Klassiker, von McCaffrey selbst als einer ihrer besten bezeichnet. Ich habe ihn immer wieder gerne gelesen, weil ich die Kombination aus platonischem Liebesroman und SF hier besonders gut getroffen finde. Erst auf deutsch in der Heyne-Ausgabe, später dann im Original.

Es lies sich nämlich nicht vermeiden, die Geschichten im amerikanischem Original zu lesen, da die Übersetzungen der Fortsetzungen auf sich warten liessen. Wie ich oben schrieb, sind die Geschichten um Helva aus den 60ern, der Roman als solcher 1969 erschienen. Mehr als zwanzig Jahre später, 1992, folgte die erste Fortsetzung mit Geschichten um das Brainship Nancia.

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Anne McCaffrey & Margaret Ball : Partnership
Baen Books 1992
320 Seiten

Auf ihrem Jungfernflug wird Nancia als Transport für reiche Schnösel benutzt, die sich innerhalb der FSP-Gesellschaft unmöglich gemacht haben. Diese Schnösel stellen sich als psychopathische kriminelle Elemente heraus und das Buch erzählt, wie Nancia mit diesen Leuten umgeht.

Tatsächlich erzählt das Buch noch viel mehr : Es kritisiert lautstark das amerikanische Rechtssystem, in dem zufällig erlangtes Wissen und nicht vorschriftsmäßig erlangte Beweise nicht zu einer Verurteilung von Kriminellen führen darf. Dies wird sehr geschickt als psychologisches Problem dargestellt und von den Autorinnen als negative Eigenschaften der Protagonisten zum Leser transportiert.

Die Helva-Geschichten waren noch pure McCaffrey. Das sind auch die einzigen Geschichten des Schiffs-Zyklus, die nicht in Kooperation mit anderen Autorinnen geschrieben wurden. Und diese fremden Einflüsse merkt man deutlich. Sie gefallen mir mal mehr, mal weniger, seltenst überhaupt nicht. Und sie motivierten mich, die Bücher der Co-Autorinnen zu lesen. Und das ist in meinen Augen für mich ganz persönlich Anne McCaffreys grösste Leistung.

Margaret Ball hat sich leider deutlich anderen Hobbies zugewandt, ihren Kindern und dem Quilten. Was schade ist, denn ihre Flameweaver-Bücher haben mir sehr gefallen. Das ist bei der nächsten Co-Autorin etwas anders, sie schreibt noch heute und ich habe nicht wenige ihrer Romane in meinen Regalen stehen :

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Anne McCaffrey & Mercedes Lackey : The Ship Who Searched
Baen Books 1992
300 Seiten

Hypatia Cade, so benannt nach der letzten Bibliothekarin der großen Bibliothek von Alexandria, erwischt ein außerirdisches Virus und wird zu einer Shell Person. Auf den Spuren der "Ancients" verliebt sie sich in ihren Partner und ist die erste Shell Person, die sich einen mobilen Androidenkörper bauen lässt.

Wenn zwei große Geschichtenerzählerinnen mit einem Faible für Liebesgeschichten zusammentreffen, potenziert sich die Story. So auch hier, selten so einen herrlich schmachtenden und dabei wenig kitschigen Roman gelesen. Dies war der Anstoß, mich mit Mercedes Lackey zu beschäftigen und in der Zwischenzeit habe ich einiges von ihr im Regal stehen. Dagegen habe ich vom nächsten Co-Autor bisher noch nichts weiter gelesen, was unter anderem daran liegen könnte, das wenig von ihm ins Deutsche übersetzt wurde, englischsprachige Originalromane immer schwerer zu bekommen waren und Stirling scheinbar erst heutzutage zu Höchstform aufläuft.

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Anne McCaffrey & S.M. Stirling : The City Who Fought
Baen Books 1994
430 Seiten

Diesmal ein Brain als Verwalter einer Sternenstadt, bedroht von Piraten und Plünderern. Deutlich weniger unkritisch als die Vorgänger-Romane gegenüber Brains eingestellt, legen McCaffrey und Stirling hier ein spannendes Kammerspiel vor, das sich zu lesen lohnt.

Der letzte Band des Zyklus, den ich bisher gelesen habe, hat mit gar nicht gefallen :

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Anne McCaffrey & Jody Lynn Nye : The Ship Who Won
Baen Books 1995
330 Seiten

Charialle, das Brainship, und Keff, ihr Partner, entdecken auf einem Planeten eine Technologie, die die beherrschende Klasse zu Magiern macht.

Wie gesagt, überhaupt nicht mein Geschmack, das Buch kann sich nicht entscheiden, ob es Fantasy oder SF ist. Und zum ersten Mal in dieser Serie sind die Protagonisten auch nicht gut beschrieben und ihre Aktionen und Reaktionen nicht wirklich nachvollziehbar. Vielleicht einer der Gründe, warum ich mich nie intensiver mit Jody Lynn Nye beschäftigt habe, was sicherlich ihr gegenüber ungerecht ist.

Aber insgesamt hat mir dieser Zyklus viel gegeben, mich auf neue Autoren aufmerksam gemacht und mich viel sensibler gegenüber dem Stil einzelner Autoren werden lassen. Meines Wissens sind Anne McCaffrey und Marion Zimmer-Bradley auch die einzigen Autorinnen ihrer Generation, die in dieser Art und Weise neue Autorinnen und Fans protegiert haben. Und nicht nur aus ihrer eigenen Clique, Mercedes Lackey kommt aus der Ecke von MZB. Und Mercedes Lackey hat, was ich persönlich wiederum sehr angenehm finde, dieses Prinzip der Kooperationen weitergeführt ("Serrated Edge"-Serie etc.), so daß man durchaus von einem von Anne McCaffrey und Marion Zimmer-Bradley ausgelöstem Schneeball-Effekt sprechen kann. Diese Betreuung des Nachwuchses, diese Weitergabe des Wissens an nachfolgende Generationen halte ich für mich persönlich für die grösste Leistung dieser beiden Autorinnen.

Zurück zum Schiffs-Zyklus : So sehr er mir auch gefällt, gibt es doch deutliche inhaltliche Kritik durch Behindertenverbände. Im heutigen Rückblick muß man auch konstatieren, daß die im Zyklus angesprochenen Behinderungen mit modernen Mitteln ganz anders "behoben" werden könnten, als Anne McCaffrey es sich vor 50 Jahren überlegte. Handy, GPS-System, intelligente Exoskelette, weiterentwickelte Chirurgie machen die Ausgangsbasis der Romane fragwürdig. Man denke nur an die relativ unproblematisch (und teilweise schon gar nicht mehr als "anders" wahrgenommenen) unter uns lebenden Contergan-Kinder. Sarah Einstein sagt dazu :

This is not the sort of future disability advocates envision. No, we see a future without stairs. A world in which people no longer build doorways too small for a power chair to pass through and every raised threshold also has a ramp. One in which all public meetings and performances have a sign language interpreter available and restaurants have large print and Braille menus on hand. We envision a future in which disability—like race, gender, ethnicity, and other identity axes—may inform, but certainly not define, who a person is.

Quelle

Ich kann die Lektüre dieses Essays nur empfehlen. Allerdings, und hier geht mir persönlich die Kritik etwas weit, sollte man berücksichtigen, daß die Romane 50 bzw. 25 Jahre alt sind und inhaltlich auch in ihrer Zeit gesehen werden müssen. Sie haben sich, was die Behandlung Behinderter angeht, schlicht und einfach überholt und sind diesbezüglich veraltet. Andererseits gehen Robert A. Heinlein und Louis McMaster Bujold mit Behinderungen anders um und deren Bücher sind auch nicht gerade taufrisch. Aber da mögen sich berufenere Köpfe drüber unterhalten, für diese Diskussion bin ich einfach nicht weit genug im Thema drin.

Die Romane des Schiffs-Zyklus sind im Deutschen alle bei Bastei erschienen :

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Wer mag, kann sie also auch in der deutschen Übersetzung von Ralph Tegtmeier geniessen.


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D. W. Schmidt : Perlamith - Der Graue Berg

Geschrieben von †  a3kHH , in Rezensionen 06 Januar 2012 · 793 Aufrufe

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D.W. Schmitt : PERLAMITH - Der Graue Berg
Wurdack-Verlag 2011
ISBN 978-3-938065-76-1
208 Seiten, 12,95 Euro


Die Raumflotte von Menz hat den Nachbarplaneten Rogamar angegriffen und besetzt. Jev Maltin, Pilot der Verteidigungsstreitkräfte von Rogamar wird auf eine Geheimmission entsandt, um die Besatzer zu bekämpfen. Schnell wird deutlich, daß Menz und Rogamar nur Stellvertreterfunktionen in der Auseinandersetzung galaktischer Mächte haben und zwischen ihnen und den Interessen der Fernen Erde aufgerieben werden können ...

Der erste Band eines Mehrteilers, in sich abgeschlossen, flott und spannend erzählt. Im Gegensatz zur epischen Breite aktueller Space Operas eher kurz gehalten, empfand ich diesen Roman als angenehmes Leseerlebnis für Zwischendurch. Dies um so mehr, als hier zwar keine tiefgründigen Probleme angesprochen werden, der Autor aber sehr wohl eine profunde Kenntnis klassischer SF aus Buch und Film ("Farscape") in diesen Roman einfliessen liess. Ich bin einmal gespannt auf den nächsten Teil.


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Anne McCaffrey : Killashandra-Zyklus

Geschrieben von †  a3kHH , in Rezensionen 02 Januar 2012 · 943 Aufrufe

Anne McCaffrey ist tot ! Sie starb im Alter von 85 Jahren am 21. November in ihrem Haus in Irland. Jahrzehntelang hat sie, genauer ihre Romane, mich begleitet. Zeit, einige dieser Romane wieder einmal in die Hand zu nehmen.

Mein allererstes Buch von ihr waren wohl die Drachenreiter von Pern, als Übersetzung bei Heyne erschienen. Die Fortsetzungen davon erschienen auch regelmäßig in Übersetzungen bei Heyne, ansonsten sah es schlecht aus. Und so begann ich vor Jahrzehnten, Anne McCaffrey im Original zu lesen. Weniger die Drachenreiter-Romane, deren Inhalt ich als repetitiv empfand, als ihre anderen Zyklen und Einzelromane. Unter anderem auch die Geschichtem um Killashandra Ree, die Kristallsängerin.

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Anne McCaffrey : Crystal Singer
Del Rey 1982
300 Seiten

Nach zehn Jahren Gesangsausbildung auf dem Planeten Fuerte müssen ihre Lehrer zugeben, daß sie nie ein großer Solo-Star werden wird. Frustriert flüchtet Killashandra aus der Schule und trifft einen Kristallsänger, der durch seine Arbeit offenbar genug Geld verdient, um extrem luxuriös Urlaub machen zu können. Statt eine zweitklassige Gesangssolistin zu werden, beschließ Killashandra Ree, sich auf Ballybran zur Kristallsängerin ausbilden zu lassen und dort Karriere zu machen. Doch das ist nicht ganz ohne Tücken : Die nur auf Ballybran existierenden Kristalle können nur mit einem Schallwerfer, der die menschliche Stimme verstärkt, abgebaut werden. Die Kristalle von Ballybran sind als Teil vieler technischer Geräte wichtig für die menschliche Gesellschaft, insbesondere der Schwarze Kristall erlaubt interstellare Kommunikation. Und während ein auf Ballybran heimischer Symbiont zwar das Leben um Jahrhunderte verlängert, führt er auch zu erheblichen regelmäßigen Gedächtnisverlusten und Paranoia. Killashandra wird zur Kristallsängerin, findet Schwarzen Kristall und installiert ihr erstes interstellares Kommunikationsnetz. (Weitere Details findet man in der englischen Wikipedia.)

"Crystal Singer" ist eine erweiterte Fassung der in den Jahren 1974/1975 in Roger Elwoods "Continuum" erschienenen Kristallsänger-Stories. Im Gegensatz zu diesen Geschichten endet der Roman nicht mit Killashandras Tod, es erschienen auch noch zwei Fortsetzungen. Mich hat an diesem Roman zweierlei fasziniert : Erstens die flüssige Erzählung, Storytelling at its best ! Und zweitens die Verbindung von SF und Musik, vor dreißig Jahren noch ein Novum (zumindestens für mich). Ersteres ist ein Markenzeichen von Anne McCaffrey und hat mich motiviert, auch ihre anderen Romane zu lesen. Im Nachhinein muß ich sagen, daß dies eine sehr gute Entscheidung war, denn die Drachenreiter-Romane wurden immer weniger interessant und wer nur diese kennt, hat ein leicht schiefes Bild der Autorin.

Interessant fand ich an diesem Roman die ausführliche Darstellung des Begriffs der Privatsphäre, den Anne McCaffrey hier zelebriert. Wenn ich auch nicht vollständig mit der Autorin konform gehe, ist die Ausformung dieses Begriffs in einer zukünftigen Gesellschaft in diesem Roman doch ein hochinteressantes Gedankenspiel. Mir ist nicht klar, inwieweit dieses autobiographisch ist. In jedem Fall ist der Beginn des Romans, der Schock nach der Erkenntnis, nie eine große Sängerin zu werden, in großen Teilen von Anne McCaffrey so oder ähnlich erlebt worden. Sie hat selbst neun Jahre lang Musik studiert und musste 1962/1963 feststellen, daß sie in ihrem Hobby nie wirklich große Erfolge feiern würde. Details dazu findet man in der Biographie ihres Sohnes Todd "Dragonholder: The Life and Dreams (So Far) of Anne McCaffrey".

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Anne McCaffrey : Killashandra
Del Rey 1986
370 Seiten

Killashandra Ree geht nach Optheria, um dort ein Musikinstrument, das mit Kristallen arbeitet zu reparieren. Nicht nur deckt sie auf, daß die dortige Regierung mit Gedankenmanipulationen ihrer Bevölkerung terrorisiert, sondern entdeckt auch ihre große Liebe, Lars Dahl.

Ein schmalziger zweiter Teil, eine Mischung aus Liebesroman und Space Opera. Inhaltlich nicht weiter bemerkenswert, jedoch werden hier die Grundlagen für den Abschluß der Trilogie gelegt. Es macht Spaß (mir zumindest), diesen Kitschroman "zwischendurch" zu lesen, Anne McCaffrey zeigt einmal mehr ihre Klasse im Geschichtenerzählen.

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Anne McCaffrey : Crystal Line
Del Rey 1993
300 Seiten

Im dritten Teil der Geschichten um die Kristallsänger ist Killashandra Ree mit Lars Dahl zusammen, trennt sich von ihm und findet wieder zu ihm hin. Dabei gehen auch an ihr die Wirkungen des Ballybran-Symbionten nicht spurlos vorüber, nach mehreren Jahrhunderten ist ihr Gedächtnis ein Sieb und ihre Paranoia deutlichst vorhanden. Wie sie davon geheilt wird und wie das (unausweichliche) Happy End aussieht, erzählt dieser Roman.

Wie an der Inhaltsangabe zu merken, halte ich diese Geschichte, ebenso wie den zweiten Teil, für ziemlich schmalzig. Eigentlich wären diese Romane nicht weiter bemerkenswert, wäre Anne McCaffrey nicht so eine große Erzählerin, die auch in eine solche Liebesschmonzette noch nachdenkenswerte nicht-triviale Punkte einpflegt. Einerseits ist da das ausdrückliche Statement, daß man auch seine Beziehung zum Partner pflegen soll, statt sich einfach scheiden zu lassen, wenn's einem nicht mehr passt. Dies stellt die Autorin sehr klar in der Ehe zwischen Killashandra und Lars dar, die wegen des Gedächtnisverlustes Killashandras in die Brüche geht und nach ihrer Heilung wieder intakt wird. Diese Demenz von Killashandra Ree hat auch noch eine andere Dimension : Meiner Meinung nach ist sie eine deutliche Aussage der Autorin für eine generalisierte Weltsicht und wider das Spezialistentum mit Scheuklappen. Anne McCaffrey zeigt am Beispiel der vollkommen auf das Auffinden von Kristallen fixierten Killashandra, wie eng eine solche Sichtweise werden kann und wieviel einem dabei doch entgeht. Vielleicht überinterpretiert, aber das ist das, was ich aus diesen Romanen herausziehe.

Ein Wort noch zu den amerikanischen Covern, die einen ganz eigenen Stil pflegen. Die Cover der ersten beiden Romane sind von Michael Whelan, in der SF-Szene kein Unbekannter. Eine Übersicht über seine SF-Cover findet man hier, auf seiner Homepage sind weitere faszinierende Bilder zu finden. Und für diejenigen mit etwas zu großer Brieftasche auch einige Originale im Shop. Das Bild des dritten Bands ist von Rowena Morrill, deren Asimov-auf-dem-Thron-Bild ebenfalls allseits bekannt ist. Auch in ihre Homepage lohnt es sich reinzugucken, ein Buchcover kann die Bildkomposition nicht wirklich einfangen. Als Beispiel dazu das Originalbild des dritten Bandes.

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Gelesen im August, September, Oktober und November 2011 (III)

Geschrieben von †  a3kHH , in Rezensionen 29 Dezember 2011 · 791 Aufrufe

Ich lese viel moderne SF und Fantasy. Einerseits in meiner Rolle als DSFP-Juror, andererseits bin ich auch neugierig, was sich international aktuell so tut. Doch zwischendurch packt es mich immer wieder und ich brauche klassische SF. Und so habe ich im letzten Halbjahr zum Beispiel wieder einmal zu Roger Zelazny gegriffen :

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Roger Zelazny : Mein Name ist Legion (My Name is Legion)
Deutsche Erstausgabe 1980, Originalausgabe 1976
Übersetzung von Jens Röser
Bastei-Lübbe 21133


In Naher Zukunft wird die Welt total vernetzt, die Daten aller Bürger in einem Zentralcomputer gespeichert. Doch einer der Programmierer bekommt in letzter Minute Zweifel und löscht seine Daten aus dem System. Nicht mehr existent laut Computer arbeitet er als einer der letzten Privatdetektive, hauptsächlich in den Fällen, in denen das System, repräsentiert durch eine (die ?) Strafverfolgungsbehörde, nicht mehr weiterkommt.

Dies ist kein Roman, sondern eine Sammlung dreier Kurzgeschichten :
  • Rumokos Sohn (The Eve of Rumoko, 1969)
  • 'Kjawalll'kje'k'koothai'lll'kje'k (1973)
  • Daheim ist der Henker (Home is the Hangman, 1975)
In typischem Zelazny-Stil zeigen diese Stories eine leicht depressive Welt, die durch die Hoffnung, repräsentiert durch den Protagonisten, sich noch zum Besseren wenden kann. Ansonsten kann man diese Geschichten mit Fug und Recht als einfache SF-Kriminalstories kategorisieren. Allerdings derartig gut geschrieben, daß die letzte ("Home is the Hangman") sogar einen Nebula Award erhielt. Ich mag diesen realistisch-optimistischen Ansatz, es macht immer wieder Spaß, diese Stories zu lesen.

Und als ich so vor meinen Regalen stand und nach Klassikern suchte, kam ich auf Harry Harrison. Zu ihm muß man wenig sagen, "Deathworld", die Stahlratte, Soylent Green : Alles aus seiner Feder. Und alles lesenswert. Aber diesmal blieb ich bei Goldmann hängen :

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Harry Harrison : Brüder im All (Two Tales and Eight Tomorrows)
Deutsche Erstausgabe 1968, Originalausgabe 1965
Übersetzung von Hans-Ulrich Nichau
Goldmann SF 097


Auch dies ist kein Roman, sondern eine Sammlung von Kurzgeschichten aus den Jahren 1958-1965 :
  • Brüder im All (Final encounter ,1964)
  • Der dritte Jon (Captain Bedlam ,1957)
  • Kannibalen (The pliable animal ,1962)
  • Kapitaen Honario Harpplayer (Captain Honario Harpplayer, R.N. ,1963)
  • Der Missionar (The streets of Ashkelon ,1962)
  • Rettungsaktion (Rescue operation ,1964)
  • Das Selbstportrait (Portrait of the artist ,1964)
  • Tod durch Unfall (Unto my manifold dooms ,1964)
  • Was Teddy sagt, wird gemacht (I always do what Teddy says ,1965)
  • Wegen besonderer Faehigkeiten (According to his abilities ,1964)
Es fehlt allerdings die Einführung von Brian Aldiss, die in der Originalausgabe die Geschichten einleitet. Zu den Geschichten selber : Was soll man dazu sagen ? Klassische amerikanische SF der Goldenen Jahre, allerdings mit einem deutlich weiterem Horizont geschrieben, als man aus den USA erwarten kann. Denn die Harrisons haben ihren Urlaub oft in Europa verbracht, die nationalistische Scheuklappensichtweise, die bei aller Liebe doch die US-amerikanische SF dominiert (hat ?), fehlt bei Harrison.
Wie gesagt, man kann über jede einzelne der Geschichten einen längeren Blog-Eintrag schreiben. Ich möchte hier nur eine hervorheben, "Der Missionar". Die Wesker kennen keine Gewalt und keine Religion, der Händler John Garth bringt ihnen stattdessen die wissenschaftliche Methodik bei. Als ein Missionar auftaucht und den Weskers von Gott erzählt, wenden sie diese wissenschaftliche Technik auf ihn an und kreuzigen ihn. Theoretisch hätte er nach drei Tagen auferstehen sollen, aber wie zu erwarten misslingt das Experiment. Stattdessen stellen die Weskers fest, daß sie jetzt Mörder sind. Deprimierend und ohne Happy-End kritisiert Harrison in dieser Story beide Extreme, die rein wissenschaftliche ebenso wie die rein religiöse Sichtweise. Wenn man die christlichen Fundamentalisten in den Staaten heutzutage betrachtet, haben diese und ähnliche frühzeitige Warnungen wenig gefruchtet.

Und gelesen habe ich auch wieder einen meiner Lieblingsromane :

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Alan Dean Foster : The Man Who Used the Universe
Warner Books, New York 1983
315 Seiten

Erzählt wird die Geschichte von Kees van Loo-Macklin, aufgewachsen in einem Kinderheim. Seine ersten Schritte als Kleinkrimineller, der Aufbau seines kriminellen Imperiums, sein Wandel zur legalen Seite der menschlichen Gesellschaft bis hin zur Position des Herrschers des menschlichen Imperiums (für die, die das Buch schon gelesen haben : ;-) ) ist immer wieder ein Genuß. Faszinierend auch, das Foster die ganze Geschichte an einer rein psychologischen Motivation des Protagonisten aufhängt. Die Motivation des "Helden" ist das Kindheitstrauma des Verlassenwerdens durch die Mutter und der daraus resultierende Kontrollzwang. Ich les' den seit Jahren im amerikanischen Original, das Buch ist schon ziemlich derangiert. Ist aber auch auf Deutsch erschienen unter dem Titel "Dunkle Mission", Knaur SF 5789.

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Andreas Eschbach : Herr aller Dinge

Geschrieben von †  a3kHH , in Rezensionen 26 Dezember 2011 · 790 Aufrufe

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Andreas Eschbach : Herr aller Dinge
Lübbe Hardcover 2011
690 Seiten, 22 €
ISBN 978-3785724293

Als Kinder begegnen sie sich zum ersten Mal: Charlotte, die Tochter des französischen Botschafters, und Hiroshi, der Sohn einer Hausangestellten. Von Anfang an steht der soziale Unterschied spürbar zwischen ihnen. Doch Hiroshi hat eine Idee. Eine Idee, wie er den Unterschied zwischen Arm und Reich aus der Welt schaffen könnte. Als er und Charlotte sich Jahre später wieder begegnen, sieht er dies als Zeichen des Himmels, dass sie beide schicksalhaft miteinander verbunden sind. Er beschließt, seine Idee umzusetzen und die Welt in einem Maße zu verändern, wie dies noch nie zuvor jemand versucht hat – denn nur so, sagt er sich, wird er Charlottes Liebe gewinnen. Er ahnt nicht, worauf er sich einlässt. Was mit einer bahnbrechenden Erfindung beginnt, führt ihn auf die Spur eines uralten Geheimnisses: Es hat schon einmal eine hoch entwickelte Zivilisation gegeben – und sie hat das schrecklichste Verbrechen des Universums begangen… (Klappentext)

Als Kind hat Hiroshi die Eingebung, wie man alle sozialen Probleme auf einen Schlag beseitigen kann : Geld ist nur eine Wertschätzung von Arbeit und Arbeit kann man durch die Entwicklung eines sich selbst produzierenden Roboters überflüssig machen. Dann können die Menschen wieder ihren Neigungen nachgehen. Zusammen mit seiner Freundin Charlotte, Tochter des französischen Botschafters in Japan und Medium, verfolgt er sein Leben lang diesen Traum. Da werden auf einer Insel im sibirischen Eismeer außerirdische Naniten gefunden ...

Ein typischer Eschbach, übersprudelnd vor Ideen, die in alle Richtungen führen. Davon enden jedoch sehr viele im Nichts, so daß man als Leser am Ende des Romans sich etwas unbefriedigt fühlt. Dies tut dem Lesevergnügen jedoch keinen Abbruch, der Roman liest sich flüssig und Eschbach zeigt ein weiteres Mal, was für ein großer Erzähler er ist.

Doch trotzdem bleibt der Roman etwas unentschlossen zwischen Jugendbuch und Erwachsenenliteratur stehen, so als wäre sich der Autor nicht sicher gewesen, für welche Zielgruppe er schreibt. Einerseits sind Figurenzeichnungen und der gesamte Plot einfach gestrickt, ideal für Kinder und Jugendliche. Andererseits zeigt Andreas Eschbach Ideen und Verhaltensweisen auf, deren Konsequenzen relativ komplex sind und die deutlich auf ein erwachseneres Publikom zielen. Oftmals werden diese Ideen jedoch nur angerissen, nicht ausgeführt, so daß ich nicht weiss, was ich davon halten soll. Mein ganz persönlicher, subjektiver Eindruck ist, daß die gleichzeitig von Eschbach geschriebene brilliante Jugendbuchserie, die mit Black*Out begann, sozusagen in diesen Roman herübergeschwappt ist.

Ein Wort noch zu dem Druckfehler "PatriCIA", der durchgängig im Roman vorhanden ist. Wie Andreas Eschbach im Lesezirkel auf SF-Fan sagte, ist dies ein Alleingang eines Setzers gewesen, der nach der finalen Abnahme noch Verbesserungen meinte einfügen zu müssen.


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Stefan Burban : Nahende Finsternis

Geschrieben von †  a3kHH , in Rezensionen 24 Dezember 2011 · 1.421 Aufrufe

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Stefan Burban : Nahende Finsternis
Der Ruul-Konflikt #3
Atlantis-Hardcover 2011
280 Seiten

Das Asalti-System scheint von den Ruul annektiert worden zu sein. Zwei terranische Erkundungsteams werden zur Aufklärung ausgesandt. Insbesondere das Schicksal der Bevölkerung, der pazifistischen Asalti, ist unklar. Die Entdeckungen der Terraner sind schockierend : Die Asalti werden als biologische Steuereinheiten der Ruul-Kampfschiffe mißbraucht. Und die Großinvasion beginnt ...

Der dritte Band des Ruul-Konflikts, der zweite, der bei Atlantis als Hardcover herausgegeben wurde. Und wie schon sein Vorgänger, "Düstere Versuchung", ist auch dieser Roman spannende Military SF der intelligenteren Art.

Deutlicher noch als beim ersten Hardcover lässt Stefan Burban hier seine Protagonisten plastisch werden und vermeidet billige Klischees. Und dies nach beiden Seiten hin : Weder beschreibt er dumpfe "Yessir"-Soldaten noch oktroyierte er jedem Handlungsträger eine tiefe seelische Krise auf. Diese "Normalität" hat mir besonders gut gefallen.

Die Idee der biologischen Schiff-Prozessoren ist klar und deutlich von "Babylon 5" geklaut. [Die diese Idee übrigens wiederum von Anne McCaffrey übernommen hatten, dazu demnächst mehr.] Der Autor führt dies aber im vorliegendem Band nicht weiter aus und da die Ruul auch deutlich anders als die Schatten beschrieben werden, bleibt abzuwarten, was Stefan Burban in den nächsten Romanen aus diesem Konzept macht. Da keine Telepathen in Sichtweite sind, hat dieses Szenario durchaus das Potential, zu einer innovativen Hommage zu werden.

Genau wie im ersten Hardcover ist die Handlung spannend und bietet einiges an überraschenden Wendungen. Mein einziger Kritikpunkt an dieser Stelle ist die geringe Eindringtiefe in die Gesellschaft der Ruul. Gerade im Vergleich mit dem von mir erst vor kurzem gelesenen Roman "Eobal" und dem "Dominic Flandry"-Zyklus fällt dieses Manko deutlich auf. Hier hätte ich mir eine stärkere Charakterisierung der "Bösen" gewünscht.

Auch die Gesellschaftsstruktur des Asalti bleibt blaß. Dies ist aber offenbar auch genau die Intention des Autors, denn ihr Hauptmerkmal, der Pazifismus, wird deutlich dargestellt und beleuchtet. Im Rahmen der Invasion der Ruul wird er auf die Probe gestellt und Stefan Burban nimmt hier deutlich Stellung gegen einen absoluten Pazifismus bis hin zur Selbstaufgabe. Das hat mir gefallen, denn ich persönlich teile genau diesen Standpunkt. Wie aber Gandhi gezeigt hat, ist dieser Standpunkt keinesfalls der einzig funktionierende, wie es im Roman suggeriert wird. Auch hier hätte ich mir eine kritischere Auseinandersetzung mit dem Thema gewünscht.

Als Fazit kann man festhalten, daß die Ruul-Romane bisher spannende und angenehm lesbare MilSF-Geschichten sind, die sich nicht hinter ihren amerikanischen Vorbildern verstecken müssen. Im Gegenteil : Da jeder Roman eigenständig lesbar ist und nicht die Detailkenntnis seiner Vorgänger erfordert, ist der Ruul-Zyklus eine angenehme Abwechslung zu den aktuellen Fortsetzungsromanen angloamerikanischer Provenienz. Ich warte auf jeden Fall schon ungeduldig auf den nächsten Band.


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Ronald M. Hahn : Captain Enfick

Geschrieben von †  a3kHH , in Rezensionen 10 Dezember 2011 · 1.073 Aufrufe

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Ronald M. Hahn : Captain Enfick
Unitall / HJB 2011
190 Seiten
ISBN 9-783905-937657

Nobby Enfick, genannt "Captain", gelangt in den Besitz einer Zeitmaschine, reist zurück ins Jahr 1934 und ändert damit die Geschichte.

Wie man der Inhaltsangabe entnehmen kann, ist die Handlung weder besonders innovativ noch neu. Tatsächlich bezieht der Roman seine Wirkung mehr aus dem "Wie" als aus dem "Was" der Geschichte. Ronald M. Hahn hat hier eine flammende Brandrede gegen den Multikulti-Kult der heutigen Linken geschrieben. Man merkt, das ihm das Thema am Herzen liegt.

Schade nur, das Stil und Inhalt diesem Anspruch des Autors nicht standhalten. Zunächst einmal fragt sich der geneigte Leser, warum zum Teufel Hahn hier primitiv-vulgäre Verunglimpfungen des Fandoms vornimmt, wenn er dies in geschliffener Kritik in Nebensätzen deutlich präziser und wirkungsvoller erreicht. Die Analogie "Nobby Enfick = Klaus N. Frick" ist weder besonders geschmeidig noch für die Geschichte notwendig. Ein neutralerer Name wäre hier wesentlich geschickter gewesen. Und was sollen so primitive Verballhornungen wie "Gumminasium" ? Mit diesem klamaukigem Quatsch versaut der Autor seine Kritik an dem Quoten- und Gleichmacherei-Fimmel gewisser linker Kreise, die laut Hahn zu Auswüchsen führen können wie Abiturverlosungen (denn man kann doch nicht einen Doofen diskriminieren, indem man Leistung von ihm fordert) oder Diskriminierung von Deutschen durch Bevorzugung von Personen mit Migrationshintergrund, die bereits in der vierten Generation vom Sozialamt leben und ja lt. Fama immer noch von den Deutschen diskriminiert werden. Dieses, ebenso wie seine beissende und nicht ganz unzutreffende Kritik am Perry Rhodan-Fandom, geht aber unter in Hahns vulgärem Klamauk, der das gesamte Buch durchzieht. Hier wäre der Lektor gefragt gewesen.

Und das ist auch der Vorwurf, den ich Hans Joachim Bernt, dem Herausgeber und Eigentümer des HJB-Verlages mache. Dieses Buch ist nicht wirklich lektoriert, man war viel zu interessiert daran, diesen Roman um jeden Preis schnell zu veröffentlichen. Verständlich, aber ein Fehler. Statt hier klar und deutlich auf die Mängel hinzuweisen und Ronald M. Hahn zu einer Überarbeitung zu bewegen, wurde dieser suboptimale Roman angenommen, um die Gesellschaft der in meinen Augen fragwürdigen Romane der "Verbotenen Zone", die HJB unter diesem Label veröffentlicht, zu veredeln - und zu verharmlosen. Eine solche Aufwertung wäre mit einem ambitioniertem Lektorat meiner Meinung nach sogar möglich gewesen. Aber so hat HJB weder seine "Verbotene Zone" interessanter und weniger unangenehm (für mich zumindestens) als bisher gemacht, noch dem Autor einen Gefallen getan. Bedauerlich, wirklich schade. Denn linkskonservative Science Fiction der intelligenteren Art wäre schon eine interessante Lektüre.


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Dirk van den Boom : Eobal

Geschrieben von †  a3kHH , in Rezensionen 27 November 2011 · 779 Aufrufe

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Dirk van den Boom : Eobal
Atlantis-Verlag 2011
170 Seiten
ISBN 978-3-941258-58-7 (Paperback)

Casimir Daxxel ist Konsul der "Galaktische Akte" auf Eobal, einer Randwelt zwischen dem terranischen Hoheitsgebiet und dem Imperium der reptiloiden Meraner. Eines Tages erhält er nicht nur Unterstützung durch den Marine-Sergeant Josefine Zant als Leibwächterin, sondern findet auch die Leiche seines Freundes Dhloma, des turulianischen Botschafters, im Foyer seines Konsulats vor. Auf der Suche nach seinem Mörder überstürzen sich die Ereignisse …

Ein Diplomat der Sterne ? Das erinnert mich sofort an James Retief. Reptiloide Meraner, turulianische Welten als Puffer zwischen ihnen und den Terranern ? Das hat doch eine starke Ähnlichkeit mit der Umgebung von Dominic Flandry. Einen Roman zu schreiben, der inhaltlich so nah an den klassischen Romanserien von Keith Laumer und Poul Anderson ist, finde ich mutig. Und so habe ich mich neugierig mit den beiden Serien im Hinterkopf ans Lesen von "Eobal" gemacht.

Und wurde ausnehmend positiv enttäuscht. Denn die Ähnlichkeiten sind nur sehr oberflächlich, Dirk van den Boom vermeidet jegliche tiefergehende "Hommage" an diese großen Serien. Stattdessen ist "Eobal" ein eigenständiger und flüssig lesbarer SF-Kriminalroman mit einigen ganz eigenen Vorzügen. Casimir Daxxel ist kein omnipotenter Held, der mit Witz und Charme jede Situation elegant meistert, sondern ein Mensch wie Du und ich, der aus einer verfahrenen Lage das Beste macht. Dabei nutzt Dirk van den Boom diesen "Mr. Everybody" aus, um augenzwinkernd einige Seitenhiebe auf das männliche Geschlecht loszuwerden. So wird unser Daxxel regelmäßig durch den Hüftschwung weiblicher Wesen (menschliche als auch menschenähnliche Außerirdische) von seinen Untersuchungen abgelenkt – eine zwangsläufige Reaktion, wie jeder Mann bestätigen kann.

Ein weiterer Vorzug dieses Romans ist die kompromißlose emanzipierte Darstellung der Frauen. Sie reden nicht über Emanzipation, sondern sind emanzipiert, gleichberechtigt den männlichen Konterparts gegenüber. Dabei stellt van den Boom keine utopische Idealgesellschaft dar, sondern weist auch deutlich auf antiemanzipatorische, biologisch bedingte Traditionen hin, die Männer immer noch bei der Karriere bevorzugen. Nichtsdestotrotz wissen sich van den Booms Protagonistinnen zu behaupten und ihre männlichen Kollegen zu manipulieren und oftmals auch zu dominieren. Die Lösung des Kriminalfalls unterstreicht dies nochmals deutlich.

Im Unterschied zu Keith Laumer und Poul Anderson stellt Dirk van den Boom die reptiloiden Meraner deutlich differenzierter dar und gibt im Verlauf der Geschichte auch Einblicke in die Geschichte und Sozialstruktur dieser außerirdischen Gesellschaft. Daß Daxxel von einem tödlich verwundeten, mit klassischen Vorurteilen gegen diese ausländischen Menschen behafteten Meraner, adoptiert wird, fand ich sehr faszinierend und lässt mich auf eine eventuelle Fortsetzung hoffen.

Ein letzter, nicht zu unterschätzender Vorzug von "Eobal" ist seine Länge. Mit Seite 170 ist die Geschichte abgeschlossen, keine Cliffhanger oder ungeklärte Handlungsstränge. Das oben angesprochene lose Ende ist das Einzige, daß eine Fortsetzung andeutet. Also kein Ziegel, keine Trilogie, maximal der Beginn einer Reihe unabhängiger, in sich abgeschlossener Romane. In dieser Form erinnert mich "Eobal" an die glorreichen Zeiten der "Heyne Science Fiction und Fantasy", als in den 60ern und 70ern auch kürzere, in sich abgeschlossene Romane noch eine Chance hatten, veröffentlicht zu werden.

Insgesamt ein lesenswerter Roman, als Weihnachtsgeschenk sehr zu empfehlen. Speziell als Hardcover, die edle Ausführung mit Lesebändchen der "Edition Atlantis" macht beim Lesen einfach mehr Spaß als ein "einfaches" Taschenbuch. Ich selber hoffe, demnächst mehr von Casimir Daxxel und Josefine Zant alias "Schnuppsi" zu lesen.


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Harald Giersche (Hrsg.) : Prototypen

Geschrieben von †  a3kHH , in Rezensionen 26 November 2011 · 1.062 Aufrufe

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Harald Giersche (Hrsg.) : Prototypen und andere Unwägbarkeiten
ISBN 978-3-981394603
Begedia-Verlag 2011
phatastic episodes V
200 Seiten

Christian Endres : Das erste Orakel
Ein Mann ist auf der Suche nach dem ersten Orakel, das ihm die dringendste Frage seines Lebens beantworten soll. Seit einem Vierteljahrhundert ist er schon auf der Suche danach, Frau, Familie, Freunde und sonstige soziale Kontakte hat er weit hinter sich gelassen. Als er auf einem einsamen Planeten havariert, findet er das Objekt seiner Begierde. Doch die Antwort des Orakels ist eine andere, als er es erwartet hat.
Nette Pointen-Story, die ihren Charme jedoch hauptsächlich durch das vermittelte Gefühl gewinnt. Endres hat hier die Einsamkeit und den egozentrischen Fanatismus des Suchers beeindruckend eingefangen.

Dirk Ganser : Das Leuchten in der Ferne
Um Tschernobyl herum leben die verstrahlten Ureinwohner, "Nachkommen der Pioniere, die die Auswirkungen fehlerhafter Abschirmungen auf die Umwelt beobachtet und dokumentiert haben". Und sie gehen ritualisiert immer noch der gleichen Tätigkeit nach.
Hochmoralische Geschichte, bei der der erhobene Zeigefinger aus jeder Zeile spriesst. Seit Ende der 80er ist dieser Stil ebenso wie die triviale Weltsicht überholt, Moderne geht anders.

Sven Klöpping : Der Entwicklungsplanet
Auf dem Entwicklungsplaneten kämpfen neue Robotermodelle gegen alte, um sich zu optimieren und irgendwann im Krieg der Menschen verheizt zu werden.
Nette Geschichte, der der letzte Kick fehlt. Allerdings gelingt es Klöpping ziemlich gut, den Standpunkt eines Roboters darzustellen und alles aus seiner Perspektive zu erzählen.

Miriam Pharo : Der Junge
Die Menschheit ist von einer Seuche praktisch ausgerottet, allein sucht eine Frau nach weiteren Überlebenden. Da trifft sie auf einen Jungen ...
Bissig, böse, pointiert : So eine Kurzgeschichte liest man gerne. Tatsächlich habe ich nach dem brutalem Ende fast zwangsläufig wieder zum Anfang zurückgeblättert und die Geschichte unter ganz anderen Vorzeichen noch einmal genossen. Zwar eine Pointen-Story ohne tieferen philosophischen Hintergrund, aber dafür eine der oberen 10%.

Lucas Edel : Der Tag der Zikade
Joe Finrich ist einer dieser lieben, netten,absolut uneigennützig handelnden Menschen. Und so bleibt er beim Exodus der Menschen von der Erde als Einziger zurück.
Lucas Edel stellt exemplarisch an einem SF-Szenario den Egoismus und die Ellenbogenmentalität der heutigen Gesellschaft in all seinen vielen Facetten dar. Mir persönlich etwas zu moralisch, doch insgesamt habe ich die Story genossen.

Frank Lauenroth : Goldene Zeiten
Ein Wissenschaftler entwickelt eine Verbindung von Gewehr und Zeitmaschine. Was Attentätern ganz neue Perspektiven aufzeigt ...
Eine frisch von der Leberweg erzählte und sehr gelungene Kriminalgeschichte, eine Mischung aus einem Asimov-SF-Krimiklassiker und einem Bogart-Film. Eine der besten Geschichten dieser Anthologie, die mich jetzt sehr neugierig auf "Boston Run" gemacht hat.

Thorsten Küper : Handlungsreisende
Die Corporation hat die Umwelt der Erde endgültig ruiniert, ihre Manager versuchen, sich ins All abzusetzen. Dort erwarten sie jedoch Piraten ...
Gut erzählt, aber insgesamt doch etwas platt. Der Story fehlt es an inhaltlicher Tiefgründigkeit, was die unzweifelhaft gelungenen Charakterisierungen der Piraten konterkariert. Schade, denn so bleibt die Story nur Mittelmaß.

Heidrun Jänchen : Die Isolierbox
Auf einer Erde der Nahen Zukunft werden drei gegen Radioaktivität immune Mutanten zur Bergung von Forschungsergebnissen eingesetzt. Einer stirbt, die anderen beiden fliehen vor der Käfighaltung durch das Militär.
Gut und spannend geschrieben, aber insgesamt belanglos.

Heinz Löbel : Zeiten
Harvey flieht mit der von ihm konstruierten Zeitmaschine vor der Gängelung und Bevormundung durch den Konzern, für den er sie entwickelt hat. Dann versucht er, die Zeitmaschine in der Vergangenheit zu zerstören ...
Inkonsistent und unlogisch, die Geschichte ist einfach nicht gut durchdacht. Was schade ist, denn stilistisch ist sie eigentlich gar nicht so schlecht.

Frederik Brake : pax vobiscum
Eine Art Steampunk-Version des Ersten Weltkriegs, in dem die Soldaten mit cybernetischen Ersatzteilen versorgt werden und nach und nach ihre Menschlichkeit verlieren. Kompromißlos erzählt Frederik Brake dies aus der Sicht eines jungen Patrioten, der sich schwerverletzt im Krankenhaus mit einem desillusioniertem Cyborg unterhält. Eine hervorragende Antikriegsgeschichte in der Tradition Remarques.

Nina Horvath : Die Duftorgel
Die Kommunaktion mit Aliens, die alleine durch Gerüche kommunizieren, ist schwierig. Iva Giese hat ein Kommunikationsgerät prototypisch entwickelt und rettet damit einen jungen Wissenschaftler. Obwohl sie für eine solche Rettungsmission nicht wirklich qualifiziert ist, wird sie von ihren Mitwissenschaftlern dazu gedrängt. Die zu allem Überfluß diese Mission auch noch versuchen zu sabotieren ...
Eine nette Geschichte, soweit es die Kommunikation mit den Aliens und den Rettungsversuch geht. Bis dahin auch in meinen Augen gut, aber nicht weiter bemerkenswert. In meinen Augen brilliant wird die Geschichte ab dem Zeitpunkt, an dem die Archäologie-Studentin Nina Horvath sich kritisch mit der wissenschaftlichen und universitären Gesellschaft auseinandersetzt. Hier zieht sie plötzlich vom Leder und setzt bisssige Kommentare ab, daß man sich den letzten Teil der Geschichte genüßlich auf der Zunge zergehen lassen kann. Würde sie eine SF-Geschichte schreiben, die sich nur in diesem Milieu bewegt, wäre diese zweifelsohne preiswürdig. Mir persönlich hat "Die Duftorgel" genau und nur wegen dieses letzten Teils ganz besonders gut gefallen.

Uwe Post : Träumen Bossgegener von nackten Elfen ?
Post hat wieder zugeschlagen. In seiner neuesten Story kämpfen sich drei Level-200-Charaktere durch ihr düsteres Fantasy-Universum, als dieses sich plötzlich mit dem nahegelegenem HAPPYLIFE, einer Casual-Welt mit rosa Ponys und fliegenden Herzchen, vermischt. Konsterniert gehen unsere Helden auf die Suche nach dem fiesem Bossgegner, der alles verursacht haben muß. Oder doch ein Programmierer-Bug ?
Gewohnt chaotisch überhöht Uwe Post hier die Stereotypen virtueller Welten und wirbelt sie gekonnt durcheinander. Die Kreativität dieser Story ist unglaublich, die feinen Details machen den besonderen Charme der Postschen Creation aus. "Die Konstrukteure des Ganzkörper-Rollenspiels MAGEDAWN hatten sich nicht um den Unterschied zwischen den Geschwindigkeiten von Licht und Schall geschert. [...] Die allgegenwärtigen Stufe-1-Ratten [...] In der ewigen Dämmerung von MAGEDAWN ging zum ersten Mal die Sonne auf. Und sie zeigte ein lachendes Gesicht." Mein persönlicher Favorit dieser Anthologie.

Niklas Peinecke : 300 PS intravenös
Werbung per Mücken hat so seine Tücken ...
Eine nette, kurze und bitterböse Extrapolation heutiger Werbemethoden. Lesenswert, insbesondere auch wegen der Auswahl und Darstellung der Protagonisten der Geschichte.

Merlin Thomas : Wunschkind
Über die kontrollierte (Er-)Zeugung von Kindern in der Zukunft. Gut erzählt, aber genau dieses Thema habe ich in der letzten Zeit etwas zu oft behandelt gelesen, von daher ist es für mich etwas überstrapaziert.

Harald Giersche : Die Reise
Ein Mann auf dem Weg zum Mars, zu seiner großen Liebe Julie.
Harald Giersches Antwort auf die Frage "Do Androids Dream of Electric Sheep ?" und zugleich ein sehr besinnlicher Ausklang dieser Anthologie.


Eine nette, kleine lesenswerte Anthologie, die zeigt, daß es auch neben NOVA und den Kurzgeschichten-Sammlungen des Wurdack-Verlags möglich ist, gute Story-Bände herauszugeben. Ich stimme allerdings Michael Schmidts Kritik zu, daß keinesfalls jede Geschichte eine Offenbarung an den Leser darstellt. Tatsächlich halte ich einige Stories dieser Anthologie für suboptimal, andere für überarbeitungsbedürftig. Dieser Mix aus (nach meiner persönlichen Sicht) guten, mittelmäßigen und suboptimalen Geschichten erinnert mich persönlich an die "Best of ..."-Anthologien des Heyne-Verlags, in denen Auswahlen aus dem "Magazine of Fantasy and Science Fiction" und "Isaac Asimov's Science Fiction Magazine" erschienen. Auch dort gefiel mir nicht jede Geschichte, es waren aber viele gute und einige sehr gute dabei. Ebenso wie meiner Einschätzung nach hier in den "Prototypen". Von daher teile ich Michael Schmidts Meinung, daß die Jubelarien im Lesezirkel auf dem SFN doch deutlich verfrüht sind, kann aber diese Anthologie guten Gewissens jedem SF-Fan weiterempfehlen. Ebenso wie die "phantastic episodes" I - IV, die mir ebenfalls beim Lesen viel Spaß gemacht haben.






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