Das trieft ja geradezu vor Resignation und Hoffnungslosigkeit
Eigentlich nicht. Ich würde es eher als "Lernfähigkeit" bezeichnen. Es ist schlichtweg ein Resümee meines Geschichtsstudiums, in dem ich verfolgen konnte, dass alle Ansätze, die auf einem "neuen und besseren Menschen" aufbauten gescheitert sind, wohingegen Modelle, die nicht die Menschheit verbessern wollten, sondern die ganz sachbezogen bei den Umständen ansetzten, deutlich besser funktionierten. Und was für einen Sinn hätte die Geschichte, wenn man aus den Erfahrungen nicht lernt, sondern wenn jede Generation aufs Neue Anlauf nimmt und mit dem Kopf vor dieselbe Wand läuft?
Resigniert bin ich gar nicht. Denn meine zweite Lehre aus der Geschichte wäre, es geht immer weiter. Probleme werden gelöst, wenn sie da sind. Leider nicht früher - aber der Mensch ist auch sehr anpassungsfähig, sobald er es muss, und findet dann am ehesten Alternativen, wenn er schlicht nicht so weitermachen kann wie bisher.
20% der deutschen Wähler sind aktuellen Umfragen zufolge durchaus zum (grünen) Umdenken bereit, zumindest was Ihren Wahlzettel angeht.
Je nachdem, wonach man fragt, bekommt man andere Zahlen. Politische Aussagen sind ohnehin eine ziemliche Gemengelage von Befindlichkeiten, die echte, sinnvolle Verhaltensänderungen genauso beinhalten wie Dinge, die sich gut und richtig anfühlen, aber doch nichts bringen, und auch rein ideologische und ideelle Bewegungen, deren direktes Verhältnis zu den tatsächlich sinnvollen Verhaltensänderungen allenfalls lose ist.
Es gibt immer ein paar Leute, die sich anders verhalten ... Genau genommen verhält sich jedes Individuum anders als "die Menschen" an sich
Aber alle zusammen ergeben im Durchschnitt halt einen gewissen Mainstream. Und der bleibt von aktuellen Stimmungslagen nicht unbeeinflusst und ändert sich selbstverständlich. Was Energiepolitik betrifft, dürfte sich die Veränderung so ziemlich im Takt mit der tatsächlichen Energielage entwickeln - sprich, je schwerer es ist, die klassischen Energieträger anzuzapfen, je mehr Probleme man damit hat und je teurer es wird, umso größer dürfte die Prozentzahl derer werden, die bereit sind, ihr eigenes Verbrauchsverhalten auf diesem Gebiet umzustellen. Der Zeitpunkt, wo dann
alle bereit sind, ihr Verhalten umzustellen, dürfte der Zeitpunkt sein, wo man auch kein Öl mehr hat und umstellen muss
http://www.scifinet....tyle_emoticons/default/devil.gif
Nichts anderes wollte ich mit meiner obigen Aussage ausdrücken, und "wachsende Prozentzahlen" auf dem Weg dorthin sind dementsprechend kein Ausdruck dafür, dass die "Menschen an sich" sich verändern, und sie sind vor allem kein Lösungsansatz für die Probleme des Status Quo, weil sie eben erst dann in einen vollständigen Umschwung einmünden, sobald der Status Quo ohnehin aus Sachgründen heraus unmöglich ist. Es markiert einfach nur den fließenden Übergang einer aus Sachzwängen resultierenden Veränderung - es ist kein Beleg dafür, dass die Menschen an sich durch frühzeitige und weitgehende Verhaltensänderung etwas aufgeben, bevor sie es müssen, und damit die resultierenden Sachzwänge verhindern können.
Nur der Punkt, ab dem das Individuum etwas als "notwendigen Sachzwang" empfindet, der variiert je nach Bildung oder Beeinflussbarkeit.
Und, ja, es persönlich "besser" zu machen oder als Vorbild zu wirken, ist nie verkehrt. Problematisch ist es erst dann, wenn man das eigene vorbildliche Verhalten als einzig mögliche und richtige Problemlösung stilisiert und sich damit sachbezogenen Lösungen in den Weg stellt. An diesem Punkt schlägt dass dann in ideologisches Gutmenschentum um, und aus "gut gemeint" wird ein gesellschaftliches Harakiri, das am Ende nichts verbessert, sondern vermeidbare Opfer provoziert. Schlecht wird "persönliches Bessermachen" an dem Punkt, wo man förmlich darauf wartet, dass irgendwas schiefläuft, wenn die anderen nicht mitziehen, damit diejenigen "bestraft werden", die "nicht so weit sind, wie man selbst". Wo aus dem "ich mach's besser" ein "ich hab's doch gesagt!" wird.
"Modern Economics differs mainly from old Political Economy in having produced no Adam Smith. The old 'Political Economy' made certain generalisations, and they were mostly wrong; new Economics evades generalisations, and seems to lack the intellectual power to make them." (H.G. Wells: Modern Utopia)