

AndroSF 132: Detlef Klewer (Hrsg.), NECROSTEAM
#1
Geschrieben 15 January 2021 - 17:23

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Ohne Hunde leben? Ich bin doch nicht blöd!
#2
Geschrieben 29 January 2021 - 23:16
Bin durch. Wer noch?
Obwohl ich nicht unbedingt begeisterte Anthologienleserin bin, hat mir diese insgesamt sehr gut gefallen. Mit Steampunk verbindet mich eine gewisse Hassliebe, einerseits gefällt mir die Grundidee, andererseits hat es vor vielen Jahren einen Teil meines Freundeskreises in pedantische Kostümbastler verwandelt, die jeden, der nicht mitgezogen hat, ausgrenzten und so die Bubble zum Platzen brachten. Cthulhu und Mythos hingegen geht immer und überall, in jedem Medium, am liebsten in atmosphärisch dichten Videogames.
Die Verbindung dieser beiden doch ziemlich unterschiedlichen Genres (Steampunk mit seiner Technikbegeisterung, der Mythos mit der Botschaft, wie lächerlich und unbedeutend der Menschen Verstand und Technik doch ist) finde ich interessant und hier gut gelungen.
Mein Favorit:
"Der Dschinn"
Vielleicht, weil es weder Steampunk noch Mythos ist. Also, man kann schon in der Bedrohung einen Mythosbezug erkennen oder konstruieren, aber das steht nicht im Mittelpunkt. Es ist in erster Linie eine teils surreale, teils drogenvisionäre, intensive Horrorstory, die zwar von der Stimmung her manchmal an Lovecraft streift, aber letztendlich den Weg ins Verderben aus der Ich-Perspektive zeichnet. Und das derart intensiv und verstörend, dass man nachher eine kurze Pause braucht. Applaus.
Meine Highlights:
"Der Krieg der Universitäten"
Nicht die spannendste, actionreichste oder beängstigendste Geschichte der Sammlung, aber sprachlich ein Hochgenuss. Dialoge, Beschreibungen, Überleitungen und Tempo machen es zu einer Zeitreise, in der man sich verlieren kann. Diese Sprache und "Dialogregie" hätte Bridgerton gut vertragen.
Vor diesem Sprachtalent kann man nur den viktorianischen Spitzenhut ziehen.
"Das Dorf der Anderen"
Sicher die "kommerziell-professionellste" und am Besten unterhaltende Geschichte der Sammlung. Steampunk, Mythos, Kolonialismus-, Rassismus- und Sexismuskritik in einem Tomb-Raider-Jules-Verne-Indiana-Jones-Crossover. Es wird geschwitzt, gekämpft, geschossen, das Grauen bekommt seinen großen Auftritt, die Prota ist sympathisch und die Anspielung auf Frauen / Männerfußball bringt zumindest einen Hauch Humor in das Massaker. Wenn das der Auftakt zu einer Heftromanserie wäre, ich würde ein Jahresabo abschließen.
"Der Tempel"
Diese Story bringt einfach die beste Antwort auf die Ausschreibung, erfüllt die Erwartungshaltung perfekt. Es ist Lovecraft minus Rassismus, erweitert um Derleth und eingegossen in ein (wenn auch nicht allzu ausgeprägtes) Steampunk Gerüst. Es gibt die Reise zum Mysterium, die einsickernde bedrohliche Wahrheit, die den Geist der Entdecker verwirrt, dem Verstand zusetzt, die grauenhafte Enthüllung, die ihn dann bricht. Punktlandung.
Positiv anzumerken ist, dass es noch einige weitere Geschichten mit dem Prädikat "lesenswert" gibt, und keine einzige, die wirklich schlecht ist. Auf "Der schwarze Obelisk", "Vorator ex Machina" und "Fleisch" hätte ich persönlich verzichten können, aber das Lesen dieser Stories war trotzdem keine verschwendete Lebenszeit.
In Summe eine empfehlenswerte Sammlung.
#3
Geschrieben 05 February 2021 - 19:12
Mein Lob für eine sehr lesenswerte Anthologie: keine Geschichte war wirklich schlecht, die Illustrationen sind äußerst passend und detailverliebt, ästhetisch ansprechend. Allerdings habe ich andere Highlights als Dadaistin:
Necrosteam
Im wahrsten Wortsinne eine äußerst dichte Atmosphäre im Ruhrpott mit aktuellen Anspielungen zur Klimakatastrophe, die mir sehr logisch vorkommen: eine Steam-Area muss ein CO2-Problem kreieren. Ich mochte insbesondere die Bilder des verrußten Potts, der Dampfroboter (die mich an Cybermen erinnern), der Luftschiffe.
Der schwarze Obilisk
Wieder sind es die Luftschiffe und ihre Besatzung , die mich begeistern sowie der reale Bezug zu einem länglichen, riesigen Objekt, dass in das Sonnensystem eintritt. Dazu kommen stimmige Charaktere und ein kontinuierlicher Spannungsaufbau.
[color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]Vorator ex Machina[/color]
[color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]Düstere Bilder eines verderbten Londons und eine neue Interpretation des Rippers. [/color]
[color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]Zusammengefasst: Ich mochte die steampunk-lastigen Geschichten mit ein wenig Lovercraft-Würze. Die stark dem Mythos verbunden Stories mit etwas Steampunk-Hintergrund waren nicht so mein Geschmack. Aber auch die waren interessant und alle lesenswert.[/color]
#4
Geschrieben 06 February 2021 - 07:30
[color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]Zusammengefasst: Ich mochte die steampunk-lastigen Geschichten mit ein wenig Lovercraft-Würze. Die stark dem Mythos verbunden Stories mit etwas Steampunk-Hintergrund waren nicht so mein Geschmack. Aber auch die waren interessant und alle lesenswert.[/color]
Und bei mir war es genau umgekehrt, da ich den Mythos sehr schätze und bei Steampunk zumindest geistig immer ein wenig die Augen verdrehe.
Aber ja, ich kann nachvollziehen, dass es bei umgekehrter Voraussetzung spiegelverkehrt abläuft.
Vorator ex Machina war mir einfach zuviel von allem. SP + Cthulhu mischen ist ja schon eine Herausforderung, da noch den Ripper reinmixen, hat es meiner Meinung etwas ins Lächerliche gezogen. Es erinnerte mich ein wenig an Mischmach wie "Invasion aus der Vergangenheit" - funktioniert toll als Trash, wahrscheinlich auch als Pen & Paper Oneshot im CoC Universum, aber für mich persönlich nicht als Story. Aber dicht geschrieben, keine Frage. Wo ich ein wenig Schnappatmung bekam, waren jene (glücklicherweise sehr seltenen) Momente (in anderen Geschichten), in denen die Großen Alten als besieg- und zähmbar dargestellt wurden. "Kommt, lasst uns Hydra fangen gehen!"
Nein, nein, nein. Das sind Quasi-Götter, die uns Menschen weit überlegene Zivilisationen - um zehntausende Jahre Technologiefortschritt überlegene! - mit Leichtigkeit und belanglos im Vorübergehen ausgelöscht haben. Ein bisschen mehr Respekt vor unseren wahren Herrschern, bitte!
Bearbeitet von Dadaistin, 06 February 2021 - 07:41.
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