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Sind aktuelle Dystopien "literarisches Kleingeld"?


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27 Antworten in diesem Thema

#1 T. Lagemann

T. Lagemann

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Geschrieben 26 Februar 2021 - 07:13

Hallo zusammen,

 

im aktuellen Leichenberg rezensiert Thomas Wörtche die Neuübersetzung Goerg Orwells "1984", dabei skizziert er auch - zumindest habe ich das so wahrgenommen - das Dilemma aktueller dystopischer Romane.

 

http://www.kaliber38...e/leich0221.htm

 

Ich zitiere:

 

Dystopien sind gerade das Thema à la mode, und es ist schon interessant zu sehen, wie sie im Gegensatz zu Orwells Hammer zu literarischem Kleingeld geschrumpft sind. Der Unterschied ist deutlich: Viele der heutigen Dystopielein rechnen einfach ein paar Trends, die eh deutlich zu sehen sind, hoch: Umwelt, Klima, neu reingekommen: Pandemien (naja, so neu nun auch wieder nicht), Stromausfall, Wassernot, Überwachung, Social Scoring und so weiter (wenig Atomkrieg, gerade, nu), garniert mit ein paar Protagonisten, die mit den jeweiligen Katastrophen im Handgemenge liegen. Ausnahmen wie Max Annas' "Finsterwalde" und ein paar andere bestätigen die Regel. (...) Kein Mensch wird jedoch bestreiten, dass 1984 funktioniert hat und immer noch funktioniert, gerade weil es die Erzählkonventionen des 19. Jahrhunderts vermeidet, deren untote Wiedergängerhaftigkeit es schafft, Dystopien heute so zu inszenieren, wie einen Kriminalroman des Golden Age, siehe oben.

 

Ist Wörtches Blick auf Dystopien à la mode zu pessimistisch?

 

Viele Grüße

Tobias


"Wir sind jetzt alle Verräter."
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

(James Corey, Calibans Krieg)

"Sentences are stumbling blocks to language."

(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)

"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"

(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
  • • (Buch) gerade am lesen:Ich lese zu schnell, um das hier aktuell zu halten.
  • • (Film) gerade gesehen: Im Westen nichts Neues

#2 simifilm

simifilm

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Geschrieben 26 Februar 2021 - 09:24

Ich überblicke die literarischen Neuerscheinungen der letzten Jahre zu wenig, um hier etwas wirklich Belastbares sagen können. Aber mir scheint, dass Wörtche insofern recht hat, als die Dystopie längst zu einem Mainstream-Genre geworden ist, dessen Versatzstücke - wie es bei einem populären Genre üblich ist - immer wieder neu kombiniert werden. Zumindest im Film ist das aber keine neue Entwicklung, und ich behaupte, dass das auch in der Literatur nicht anders ist. Da entsteht dann sehr viel nicht sonderlich originelle Massenware, zumal seit Orwell, Huxley und Co. erstaunlich wenig Elemente neu dazugekommen sind. 

 

Genres funktionieren bis zu einem gewissen Grad immer über ihre Vertrautheit. Viele Genre-Fans wollen von ihrem Lieblingsgenre ja gerade, dass es sich so "anfühlt", wie sie es gewohnt sind. Dass damit das Aufrüttelnde, Widerborstige, das wirklich wirkungsvolle Dystopien wohl auszeichnet - auszeichnen sollte? -, wegfällt, ist wohl richtig. Ob das aber per se schlecht ist, ist eine andere Frage.


Signatures sagen nie die Wahrheit.

Filmkritiken und anderes gibt es auf simifilm.ch.

Gedanken rund um Utopie und Film gibt's auf utopia2016.ch.

Alles Wissenswerte zur Utopie im nichtfiktionalen Film gibt es in diesem Buch, alles zum SF-Film in diesem Buch und alles zur literarischen Phantastik in diesem.
 

zfs40cover_klein.jpg ZFS16_Coverkleiner.jpg

  • • (Buch) gerade am lesen:Samuel Butler: «Erewhon»
  • • (Buch) als nächstes geplant:Samuel Butler: «Erewhon Revisited»
  • • (Film) gerade gesehen: «Suicide Squad»
  • • (Film) Neuerwerbung: Filme schaut man im Kino!

#3 My.

My.

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Geschrieben 26 Februar 2021 - 09:43

Das Gros der von Wörtche gemeinten "Dystopien" - sie verdienen oft genug diese Bezeichnung nicht; es sind eher "Schlechte Laune"-Bücher (*) - nervt in der Tat. Es werden immer wieder die gleichen Themen mit den gleichen Konsequenzen in den gleichen Szenarien durchgekauft und am Ende wiegen diese "Stücke" so viel wie die alten DDR-Pfennig (< 1 g), die wogen gefühlt nichts.

Natürlich gibt es auch heute Ausnahmen; die gibt es immer. Das Gros jedoch ist nicht mal mehr Klein-, sondern allenfalls Inflationsgeld.

 

My.

 

 

(*) "Alles ist Scheiße,

alles ist Müll,

es gibt wirklich gar nichts,

was ich von euch will."

[Systemfehler: ]


Bearbeitet von My., 26 Februar 2021 - 09:46.


#4 Uwe Post

Uwe Post

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Geschrieben 26 Februar 2021 - 13:33

Wir leben ja schon in einer Dystopie, daher ist es knifflig, eine solche überzeugend zu schreiben.

 

Überraschend wären dann eher Utopien, auf die ich mich ja inzwischen genau deswegen verlegt habe.


Bearbeitet von Uwe Post, 26 Februar 2021 - 13:33.

Herausgeber Future Fiction Magazine (deutsche Ausgabe) ||| Aktueller Roman: ERRUNGENSCHAFT FREIGESCHALTET ||| uwepost.de ||| deutsche-science-fiction.de

#5 T. Lagemann

T. Lagemann

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Geschrieben 26 Februar 2021 - 14:04

Hallo Uwe,

Wir leben ja schon in einer Dystopie, daher ist es knifflig, eine solche überzeugend zu schreiben.

 

Überraschend wären dann eher Utopien, auf die ich mich ja inzwischen genau deswegen verlegt habe.

und ich dachte angesichts all des auf vielen Kanälen erfolgten Lobs, dass der Hope-Punk die Utopie ersetzt habe ... Okay, Spaß beiseite. In der "Edition UEBERLICHT" gibt es aktuell eine laufende Ausschreibung, in der es heißt

 

"Wir möchten gerne ursprüngliche SF, am liebsten Utopien."

 

 

Ich weiß zwar nicht, was ursprüngliche SF ist (denn wo setzt man den Ursprung der SF an?), aber meine Denkmurmel kullert schon ein Weilchen Richtung Utopie, momentan ist das Ergebnis jedoch wie damals in Kindertagen auf dem Spielplatz: Im Knickern war ich nicht so gut. Ich lasse also die Murmel noch etwas murmeln ...

 

Zur Dystopie: Die letzte, die ich gelesen habe, war (glaube ich) tatsächlich "Finsterwalde" von Max Annas. Obwohl man sich natürlich darüber unterhalten kann, ob das nun eine Dystopie oder ein hochpolitischer Roman (mit Krimihandlung) ist. Ich lese Annas viel zu gern, um bei so einer Unterhaltung mitmachen zu wollen. Zudem habe ich auch ein Problem mit den Schubladen ... Womit ich wieder in Kindertagen bin und meinem Kleiderschrank, der eher dem Morgen nach 'nem Chaostag glich.

 

Apropos Chaostage: Ich habe ja den Trailer zu "Tribes Of Europe" gesehen und war entsetzt. Von allem Etwas und das im chicen Look. Und ein klein wenig befürchte ich, dass es bei einer zweiten Staffel zum "Roman zur Serie" kommt. Auf jeden Fall aber wird im Bereich der Fan Fiction arg viel geschrieben werden, das den "Kosmos" (ein anderes Wort fiel mir nicht ein) von "Tribes Of Europe" mit, ähm, Leben füllt. Nun ja, ich habe eigentlich nur Mad Max 1 gemocht und daher kommt die Serie für mich ohnehin nicht in Frage. Außerdem bin ich in einem Alter, in dem das Identifizieren mit jungen Held*innen zunehmend schwerer fällt.

 

So, ich arbeite jetzt mal an einer anderen Utopie: Ich verschwinde in der Garage und trainiere auf dem Rollentrainer meine Beine und meine Ausdauer - vielleicht klappt es ja dieses Jahr mit einem Langstreckenradrennen.

 

Viele Grüße

Tobias


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#6 My.

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Geschrieben 26 Februar 2021 - 14:11

Wir leben ja schon in einer Dystopie, 

 

Das bestreite ich. Pessimismus ist rechtens, in extremen Ausprägungen jedoch ganz sicher ein Fall für Psychologen und Psychotherapeuten. Ich denke, der Versuch, unsere Realität als Dystopie zu argumentieren, führt zu einer ganzen Reihe von Symptomen, die den F-Diagnosen zuzurechnen wären.

 

My.



#7 Nina

Nina

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Geschrieben 26 Februar 2021 - 19:59

Man muss aber auch sagen: Dystopien sind etwas, das auch junge Leute, vor allem Mädels, durchaus anzusprechen vermag. Jugendliteratur war für Leute ab dem mittleren Alter immer schon pfui, trivial und böse. Dazu wird ein Buch, das etwas in Sachen Liebe, Romantik, Sex enthält meiner Erfahrung nach wesentlich trivialer beurteilt, wenn das Ganze tendenziell eher Frauen als Männer anspricht. Ob was Bestand hat oder nur ein kurzfristiger Trend ist, wird man sehen.

 

 

 

[color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]Apropos Chaostage: Ich habe ja den Trailer zu "Tribes Of Europe" gesehen und war entsetzt. Von allem Etwas und das im chicen Look.[/color]

"Tribes of Europe" fand ich an und für sich ganz interessant. Klar, es geht vieles in Richtung chic, aber das tun praktisch alle Serien. Beispielsweise fällt mir auf, egal, wie kaputt wer ist, wie lange wer in der Wildnis war, wie viele andere Sorgen wer hat - die Haare sind so gut wie immer chic. (Während wir hier ständig verfügbares Warmwasser haben, allerlei Pflegemittel und im Alltag der Blick in den Spiegel - tja.) Das betrifft aber längst nicht nur SF-Serien, gerade bei Historienserien wundere ich mich über moderne Haarschnitte, frisch gewaschen, gelegt und gefönt und perfekt gezupfte Augenbrauen bei den Damen. Und natürlich sind die Achselhaare rasiert. Das ist aber kein Dystopienproblem, das ist allgemein bei modernen Serien so. 

"Von allem etwas" ist aber das älteste Konzept bei Dystopien überhaupt. Also dass man mehrere Gesellschaften gegenüberstellt, meistens sind es halt nur zwei, um die Gegensätze hervorzuheben. In dem Fall sind es halt drei Gesellschaften, die einen, die auf dem Öko-Trip sind und sich von anderen isolieren, die anderen, die einen auf Mad Max mit schicken schwarzen Klamotten machen und eine Militärgesellschaft und drei Geschwister geraten eben in jeweils eine der Gesellschaften. Das ist per se keine üble Idee. Der vierte ist auf so einer Art Fantasy-Heldenmission mit einem magischen Artefakt beschäftigt. 


Bearbeitet von Nina, 26 Februar 2021 - 20:01.


#8 Dadaistin

Dadaistin

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Geschrieben 26 Februar 2021 - 22:49

Eine Dystopie kann immer noch dystopisch sein, egal welche Elemente sie verwendet, um den sozialen, moralischen, empathischen Niedergang glaubhaft zu machten und wie sie die Gesellschaft darin und danach zeichnet. Man braucht keinen Atomkrieg, klar - aber er schadet auch nicht. Ebenso wenig wie eine Ãœberzeichnung und Weiterführung heute bereits erkennbarer Trends keineswegs "fantasielos", sondern vielmehr konsequent dystopisch ist. Facebook beherrscht die Welt mit Gedankenchips? Warum nicht!  Die Klimaerwärmung stürzt uns in ein Chaos, aus dem bewaffnete Radikalökos und Barbarenstämme hervorgehen? Wenn es gut gemacht ist, lese ich es gerne. China hat sich die Erde untertan gemacht? Ok, nein, das ist eher eine politwissenschaftliche Analyse und Vorschau auf 2040. Im Ernst: Wenn ein Genre gerade in Mode ist, aus welchen Gründen auch immer, wird es immer suboptimale Vertreter und Wellenmitschwimmer geben, aber das ändert weder etwas am Genre selbst, noch an seinen guten Vertretern und Werken. Da irgendwelche Regeln aufstellen oder erdichten zu wollen, was denn nun "gute" und was "Kommerz-" Dystopie sein soll, halte ich für ebenso amüsant und entbehrlich wie ein "oh nein, der Mainstream hat ein Genre entdeckt, dass ich mag und jetzt wird es verwässert!" Wehklagen. Das ist wie raunzenden Metal-Fans am Rande eines Festivals zuzuhören, die abwechseln diskutieren, was denn nun "TRUE" sei und was nicht, ehe sie zwei Bier später in einem "Früher war alles besser" allgemeinen Konsens finden. Amüsant, aber nicht ernstzunehmen.

 

Wir leben ja schon in einer Dystopie, daher ist es knifflig, eine solche überzeugend zu schreiben.

 

Überraschend wären dann eher Utopien, auf die ich mich ja inzwischen genau deswegen verlegt habe.

 

Nein, wir leben nicht in einer Dystopie. Es gibt Gefahrenpotential und Tendenzen, die in eine Zukunft führen könnten, die aus heutiger perspektiver dystopisch wirkt. Nein, wir steuern vielleicht sogar auf einigen Ebenen in eine Dystopie hinein, aber wir leben in keiner. Und Utopien bzw. SF Romane mit utopischer, positiver Grundstimmung gibt es reichlich, sie sind nur meistens nicht als "Utopie" gelabelt oder mit einem aktualisierten grunzend durchs Dorf getriebenen Buzzword beworben. Habe ich da gerade irgendwo tatsächlich Hope-Punk gelesen?  :bighlaugh:

 

 Pessimismus ist rechtens, in extremen Ausprägungen jedoch ganz sicher ein Fall für Psychologen und Psychotherapeuten.

Da stimme ich zu. Wenn man glaubt, dass man bereits von einem Deep State beherrscht wird, der Adreno aus Kids abzapft, dann auf jeden Fall.  

"Tribes of Europe" fand ich an und für sich ganz interessant. Klar, es geht vieles in Richtung chic, aber das tun praktisch alle Serien. Beispielsweise fällt mir auf, egal, wie kaputt wer ist, wie lange wer in der Wildnis war, wie viele andere Sorgen wer hat - die Haare sind so gut wie immer chic. (Während wir hier ständig verfügbares Warmwasser haben, allerlei Pflegemittel und im Alltag der Blick in den Spiegel - tja.) Das betrifft aber längst nicht nur SF-Serien, gerade bei Historienserien wundere ich mich über moderne Haarschnitte, frisch gewaschen, gelegt und gefönt und perfekt gezupfte Augenbrauen bei den Damen. Und natürlich sind die Achselhaare rasiert. Das ist aber kein Dystopienproblem, das ist allgemein bei modernen Serien so. 

"Von allem etwas" ist aber das älteste Konzept bei Dystopien überhaupt. Also dass man mehrere Gesellschaften gegenüberstellt, meistens sind es halt nur zwei, um die Gegensätze hervorzuheben. In dem Fall sind es halt drei Gesellschaften, die einen, die auf dem Öko-Trip sind und sich von anderen isolieren, die anderen, die einen auf Mad Max mit schicken schwarzen Klamotten machen und eine Militärgesellschaft und drei Geschwister geraten eben in jeweils eine der Gesellschaften. Das ist per se keine üble Idee. Der vierte ist auf so einer Art Fantasy-Heldenmission mit einem magischen Artefakt beschäftigt. 

Das ist eine tolle Analyse. Ich frage mich immer noch, warum es mir so gut gefällt. Am schauspielerischen Talent oder den Dialogen kann es ja nicht liegen... 


Bearbeitet von Dadaistin, 26 Februar 2021 - 22:56.


#9 Uwe Post

Uwe Post

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Geschrieben 27 Februar 2021 - 11:10

Gerade die SF sollte mit "wir" nicht nur "ich und meine Blase" sondern "wir Terraner" denken. Natürlich war meine These eine absichtliche Ãœbertreibung, aber zumindest in einigen Ländern würde man dem womöglich widersprechen. 

 

Aber darum geht es ja gar nicht, sondern um eine spezifische Wahrnehmung eines Rezensenten. Dergleichen lässt sich immer treffend diskutieren. Klar dürfte sein: Ein vor 70 Jahren erschienener Roman muss völlig anders eingeordnet und beurteilt werden als ein vor 7 Monaten herausgekommener. Ein Vergleich hinkt zwangsweise, wenn er nicht sogar am Rande der Überflüssigkeit balanciert und einfach nur ein Mittel zum Zweck ist, populäre SF per se abzuqualifizieren. Was wir ja auch in der Szene regelmäßig schaffen, wenn mal wieder in irgendwelchen "muss man gelesen haben"-Listen kein einziges Buch von deutschen SF-Autoren aus diesem Jahrhundert erwähnt wird.

 

[color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]Womit wir wieder bei: "Früher war alles besser" wären. Das ist übrigens ein ironischer Titel eines Songs der Metal-Band Saltatio Mortis. Früher war noch Alkohol im Bier, und natürlich waren früher alle netter![/color]

 

[color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]Dementsprechend ernst sollte man das alles hier nehmen:[/color]

 

[color=rgb(40,40,40);font-family:helvetica, arial, sans-serif;]Gar nicht.[/color]


Bearbeitet von Uwe Post, 27 Februar 2021 - 11:12.

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#10 Sierra

Sierra

    Giganaut

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Geschrieben 27 Februar 2021 - 12:21

Man muss aber auch sagen: Dystopien sind etwas, das auch junge Leute, vor allem Mädels, durchaus anzusprechen vermag. Jugendliteratur war für Leute ab dem mittleren Alter immer schon pfui, trivial und böse. Dazu wird ein Buch, das etwas in Sachen Liebe, Romantik, Sex enthält meiner Erfahrung nach wesentlich trivialer beurteilt, wenn das Ganze tendenziell eher Frauen als Männer anspricht. Ob was Bestand hat oder nur ein kurzfristiger Trend ist, wird man sehen.

 

 

[font="arial;"]Ich sehe das im Jugendbuch auch als eine positive Entwicklung an.  Es bringt zudem nichts, Genres pauschal zu in die Tonne zu kloppen. Man muss sich wie immer die einzelnen Titel anschauen und bewerten. Und auch im Jugendbereich gibt es Titel, die das dystopische Setting mehr oder wenig gut / originell mit typisch jugendliterarischen Fragestellungen verknüpfen. [/font][font="arial;font-size:11pt;"]Jedwede Bewertung wird aber schwierig, wenn 1984 die einzige, "weltliterarisch" geadelte Kontrastfolie bildet.[/font]


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#11 Aramor

Aramor

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Geschrieben 27 Februar 2021 - 12:22

Natürlich war meine These eine absichtliche Ãœbertreibung, aber zumindest in einigen Ländern würde man dem womöglich widersprechen. 

Guter Punkt. Ein US Amerikaner in gewissen Situationen, ein Angehöriger einer ethnischen Minderheit (oder einfach nur nicht systemkonformer Mensch) in China ist beim Dystopie-Erlebnis mittendrin statt nur dabei. Ich empfehle dazu den Subreddit "Boring Dystopia". 

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#12 Uwe Post

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    FutureFictionMagazin'o'naut

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Geschrieben 27 Februar 2021 - 12:38

 

 

[color=rgb(40,40,40);font-family:arial;font-size:14.6667px;]Jedwede Bewertung wird aber schwierig, wenn [/color]1984[color=rgb(40,40,40);font-family:arial;font-size:14.6667px;] die einzige, "weltliterarisch" geadelte Kontrastfolie bildet.[/color]

 

Zumal deren Bezugspunkt die Mitte des 20. Jahrhunderts ist, das ist mehrere Generationen entfernt. Zu glauben, dass ein solches Buch auf Leser irgendwie besser wirkt als ein (gutes) zeitgenössisches, kommt mir schon ein bisschen weltfremd vor.

 

Es ist doch positiv, dass sich Autorinnen, Autoren und Leserinnen und Leser kritisch mit der Zukunft auseinandersetzen, und zwar anhand mehr als nur eines Buches.


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#13 Naut

Naut

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Geschrieben 27 Februar 2021 - 16:46

Off-topic: Metal war früher definitiv nicht besser. Seit 2000 haben sich großartige Subgenres entwickelt. :)
Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#14 T. Lagemann

T. Lagemann

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Geschrieben 27 Februar 2021 - 20:23

Hallo zusammen,

 

Thomas Wörtche ist ein kritischer Geist - vor allem auf dem Feld der Kriminalliteratur. In einem Artikel im Culturmag (culturmag.de) benannte er Anfang 2020 das Problem aktueller Kriminalromane wie folgt zusammen:

Nicht mehr ein Erfolgstitel wird kloniert (Dan Brown ist dafür ein gutes Beispiel oder die Welle der „Öko“-Thriller im Gefolge von Frank Schätzings „Der Schwarm“), sondern einzelne, als besonders verkaufsträchtig eingeschätzte Elemente werden kombiniert, als störend oder verstörend eingeschätzte Elemente schon vor dem Produktionsprozess ausgeschlossen. Den Konzernverlagen (und dem Kettenbuchhandel, der mit der Forderung nach immer mehr „optimierten“ Produkten in die Verlagsprogramme hineinregiert) arbeiten „Schreibschulen“ und ähnliche Unternehmungen zu, die ein Regelwerk von „geht“ in einem Kriminalroman oder „geht nicht“ erstellen, das nicht mehr von ästhetischen, poetologischen oder erkenntnistheoretischen Erwägungen geleitet wird, sondern von rein betriebswirtschaftlichen.

 

*zu finden im zweiten Teil von "Crime Fiction und das literarische Feld in Deutschland" zu finden da -> http://culturmag.de/...d-teil-1/123561

 

So wie im Krimi werden wohl auch bei Dystopien (und gewiss auch anderen Subgenres der SF) verschiedene Module so kombiniert, dass das Endprodukt verkauft werden kann. Natürlich muss verkauft werden, aber wenn man sich Wörtches Artikel durchliest, dann stößt man auf all die Autoren, die in den 80ern und 90ern innovativ und experimentierfreudig (erzählerisch, stilistisch ...) den Krimi aus den Tiefen der vermeintlichen "Schundliteratur" bis in die Feuilletons hinein geschrieben haben. Auch die wurden gekauft (teils sogar sehr gut), sind aber inzwischen trotz des enormen Anwachsen des Krimi-Marktes so gut wie verschwunden.

 

Und damit bin ich wieder bei "Tribes of Europe" und meinem "Von allem Etwas und das im chicen Look" - auch wenn ich jetzt nur den Trailer (und eine kurze Inhaltsangabe) für meine Einschätzung heranziehen kann, ist da für mich nur Schema F.

 

Und damit bin ich bei meinem Delany Dilemma. Sein Roman "Nova" und der Erzählungsband "Treibglas" haben mir das Lesen von SF arg verleidet. Wenn ich sehe bzw. lese, was alles möglich war, frage ich mich, warum das nicht mehr möglich ist. Okay, natürlich ist es noch möglich, es gibt Autoren wie Dath, Marrak, Post, Iwoleit ... Aber denen stehen die Vorschaulisten der Verlage gegenüber - in denen sich vermehrt Autoren finden, die als Selfpublisher feste - also buchhalterisch planbare - Größen geworden sind.

 

Wo bleibt in den Vorschaulisten das Mutige, das Visionäre? In der Dystopie? In der Space Opera? Und, und, und ...?

 

Mit "Ich werde hier sein im Sonnenschein und im Schatten" gab es vor gar nicht mal all zu langer Zeit einen (Alternativ-)Roman, denn ich als "mutig" bezeichnen würde. Und mit Raphaela Edelbauers "Dave" (ich habe ihn angefangen zu lesen und bin hellauf begeistert) gibt es wieder einen Roman, den ich (Stand: Seite 50) als mutig bezeichnen würde. Und wo erscheinen diese Romane? In SF-Reihen? Nö. Und wer erinnert sich an Arno Schmidts "Gelehrtenrepublik" oder an "KAFF auch Mare Crisium"?

 

Mir liegt nichts ferner, als hier eine Diskussion über was-ist-gute, was-ist-weniger-gute und was-ist-schlechte SF anzustoßen. Geschmäcker sind verschieden. Und sie werden auch nach dem fünften Zoff verschieden bleiben. Es geht auch nicht um geht und schlecht. Es geht mir um Fortschritt. Und ich darf mir doch wünschen, dass es trotz der Brandhorstisierung und Eschbachisierung der SF (au weia, ich habe es wieder getan ...) auch noch Neues in Sachen SF gibt, eben das Innovative, das Experimentelle, das Mutige - eben etwas, das sich nicht liest, wie nach Erfolgsrezept (aka Schema F) zusammengeschrieben.

 

Ja, ich weiß, ich bin off-topic geworden, daher noch flott zurück zum Thema: Ich frage mich, wie ein dystopischer Roman sein müsste, der mehr bietet als das Einerlei aus bekannten Versatzstücken? Mit "Finsterwalde" hat Max Annas tief ins Herz des Politischen gezielt - aber er ist eh ein sehr politischer Autor (der die Kunst beherrscht, das nicht aus seinen Texten herausquillen zu lassen).

 

Ein letztes off-topic: Ich wusste noch nicht, dass Saltatio Mortis eine Metall-Band ist, ich habe die immer für eine Mittelalterband gehalten. Okay, die letzten CDs klingen arg nach Metall (die aktuelle habe ich mir deshalb schon nicht mehr gekauft), aber "Manufactum II" z.B. ist richtig schön fetziges Mittelalter ...

 

Und nun schalte ich zurück zu Edelbauers "Dave".

 

Viele Grüße

Tobias


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"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
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#15 Dadaistin

Dadaistin

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Geschrieben 27 Februar 2021 - 21:14

Es geht auch nicht um geht und schlecht. Es geht mir um Fortschritt. Und ich darf mir doch wünschen, dass es trotz der Brandhorstisierung und Eschbachisierung der SF (au weia, ich habe es wieder getan ...) auch noch Neues in Sachen SF gibt, eben das Innovative, das Experimentelle, das Mutige - eben etwas, das sich nicht liest, wie nach Erfolgsrezept (aka Schema F) zusammengeschrieben.

Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen - das gibt es ja immer noch, sogar oft genug, ist aber im deutschsprachigen Raum vor allem Bereich der Klein(st)verlage und jener Selfpublisher zu finden, die nicht "to market" schreiben. Die Vögte haben bei Ace in Space (Ach Je Verlag) so manche Konvention gebogen, wenn schon nicht gebrochen. Ertlov schmeißt in der Avatar Reihe jegliche Erfolgsformel und Erzählkonvention über den Haufen - und verkauft sich trotzdem (oder deswegen?) wie geschnitten Brot. Gabriele Nolte hat quasi das Subgenre des dysfunktionalen Familienausflugs ins All wenn schon nicht erfunden, so doch in neue, innovative Bahnen gelenkt. All diese Beispiele sind jetzt vielleicht nicht am Wühltisch bei Thalia zu finden, aber wir haben 2021 und die Welt dreht sich ohnehin zu 90% online weiter.



#16 Nadine

Nadine

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Geschrieben 27 Februar 2021 - 21:56

Im Ernst: Wenn ein Genre gerade in Mode ist, aus welchen Gründen auch immer, wird es immer suboptimale Vertreter und Wellenmitschwimmer geben, aber das ändert weder etwas am Genre selbst, noch an seinen guten Vertretern und Werken. Da irgendwelche Regeln aufstellen oder erdichten zu wollen, was denn nun "gute" und was "Kommerz-" Dystopie sein soll, halte ich für ebenso amüsant und entbehrlich wie ein "oh nein, der Mainstream hat ein Genre entdeckt, dass ich mag und jetzt wird es verwässert!" Wehklagen. Das ist wie raunzenden Metal-Fans am Rande eines Festivals zuzuhören, die abwechseln diskutieren, was denn nun "TRUE" sei und was nicht, ehe sie zwei Bier später in einem 

Genau. Auch gut zu beobachten in Autorenforen.

"Mainstream ist doof und primitiv." gemischt mit dem Seufzer, weshalb nicht die "wirklich guten" Bücher gekauft werden, also die eigenen oder die guter Freunde.

Dann folgt Phase 2, wenn es nämlich wirklich jemandem aus dem Forum gelingt, in die Bestsellerliste zu kommen und jahrelang voll im Trend zu schwimmen. Dann freut man sich nämlich nicht darüber, dass jetzt alle das gute Zeugs hören und offenbar bekehrt wurden, sondern man beschimpft es als kommerzialisiert und verraten.

Man muss sich halt entscheiden, ob man in Ruhe hinter der Dornenhecke vor der Welt verborgen mit ein paar Insidern schlummern möchte, oder ob der Prinz Dornröschchen knutscht und dann alle mit auf das schöne Schloss dürfen.

 

Wie war das: Alles, was man später als im Alter von 35 kennenlernt, ist Teufelszeug?

 

Gerade die SF sollte mit "wir" nicht nur "ich und meine Blase" sondern "wir Terraner" denken.

Mir wird gerade klar, weshalb im deutschsprachigen Raum das Wort "Bubble" verwendet wird.

Besonders innerhalb des nicht gerade jugendlichen SF-Fandoms klingt "Ich und meine Blase" ganz wunderbar. :thumbup:

 

Übrigens habe ich das Zitat ganz anders verstanden: Nämlich so, dass es gar nicht mehr um das Entwerfen einer realistischen Dystopie geht, um eine Warnung an die Gesellschaft, sondern dass die Dystopie nur eine Kulisse ist, in der Gegenwartsängste mit einem stur nach Lehrbuch konstruierten Plot (Action, Romance, Krimi oder alles kombiniert) gefällig als Unterhaltung inszeniert werden, um sich gut zu verkaufen (Autoren leben ja längst nicht mehr nur von netten Mäzenen).

 

Dieser Aussage stimme ich zu. Die wirklich interessanten Dystopien und Zukunftsvisionen mit neuen Blickwinkeln finden sich momentan verstärkt (nicht ausschließlich) in der Gegenwartsroman und werden von Menschen geschrieben, die bislang keine SF-Autoren waren oder nicht stark als solche aufgefallen sind (Oder jahrelang ihre Herkunft aus dem Rollenspieluniversum verborgen haben). Tom Hillenbrand, Kathleen Weise, Marc-Uwe Kling, Hans Rath, Ulrike Poznanski ... fallen mir spontan ein.

Das bereichert ungemein, finde ich.

Wo dagegen das Label "Dystopie" draufklebt, erwarte ich mittlerweile Zombies, verzweifelte Teenagerinnen, Gangs in zerfetzten Lederklamotten, etc.

Wobei meistens die Vorreiterinnen gar nicht schlecht sind ("Tribute von Panem", "Euer schönes Leben kotzt mich an" - das gibt es bald sogar als Neuauflage) und mich persönlich vor allem die späteren Romane langweilen, denen der Esprit fehlt (Möglicherweise, weil die Autorinnen harte Abgabetermine hatten, um den Trend nicht zu verpassen, da reift ein Roman nicht unbedingt gut.)


Europa ist nicht nur ein Kontinent.

 


#17 Nadine

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Geschrieben 27 Februar 2021 - 22:03

Jepp, dieses Generische hat den Krimi auch stark erwischt. Habe unlängst einen Fitzek gehört und nach einer Viertelstunde gedanklich Notizen dazu gemacht, wann ich welchen Plottwist erwarte und wie das Ende aussieht - kann man wirklich zu 90% vorhersagen.

Würde ich dann trotzdem gerne hören, wenn mir die Figuren und die Kulisse etwas zu bieten hätten. Die Agentenromane von Ken Folett und Frderick Forsyth sind ja durchaus ebenfalls generisch und trotzdem mag ich keine Minute davon verpassen.

 

Ein letztes off-topic: Ich wusste noch nicht, dass Saltatio Mortis eine Metall-Band ist, ich habe die immer für eine Mittelalterband gehalten. Okay, die letzten CDs klingen arg nach Metall (die aktuelle habe ich mir deshalb schon nicht mehr gekauft), aber "Manufactum II" z.B. ist richtig schön fetziges Mittelalter ...

Meines Erachtens klingen sie nach ZDF Fernsehgarten, aber ich mochte sie auch schon nicht, als sie noch "Die Galgenvögel" hießen. :closedeyes:  


Europa ist nicht nur ein Kontinent.

 


#18 Aramor

Aramor

    Ufonaut

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Geschrieben 27 Februar 2021 - 22:11

Genau. Auch gut zu beobachten in Autorenforen.

"Mainstream ist doof und primitiv." gemischt mit dem Seufzer, weshalb nicht die "wirklich guten" Bücher gekauft werden, also die eigenen oder die guter Freunde.

THIS!  Und wenn es dann noch mit Aussagen wie "Meine Bücher sind viel besser als das erfolgreiche Zeug, weil kein Sex / Blut / lachendes Einhorn darin vorkommt" verbrämt wird, ist der Schreiber endgültig bei mir unten durch. Dieses Bewerben einer Weglassung anstatt herauszustreichen, was Gutes DRINNEN ist, wirkt wie ein unbeholfener Abhebungsversuch.   

Jepp, dieses Generische hat den Krimi auch stark erwischt. Habe unlängst einen Fitzek gehört und nach einer Viertelstunde gedanklich Notizen dazu gemacht, wann ich welchen Plottwist erwarte und wie das Ende aussieht - kann man wirklich zu 90% vorhersagen.

Die Fitzeks sind schon seit Längerem derart generisch und vorhersehbar, dass es mich nicht wundern würde, wenn die eine KI vorschreibt. Oder tausend dressierte Schimpansen an tausend Schreibmaschinen, wie bei Mr. Burns im Keller.



#19 Nadine

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    Temponaut

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Geschrieben 27 Februar 2021 - 22:39

Die Fitzeks sind schon seit Längerem derart generisch und vorhersehbar, dass es mich nicht wundern würde, wenn die eine KI vorschreibt. Oder tausend dressierte Schimpansen an tausend Schreibmaschinen, wie bei Mr. Burns im Keller.

Es ist bei Autoren oft so, dass sie für ihre erste Idee viel Zeit haben und dann der Vorrat an innovativen Ideen, die man in einem spannenden und dafür geeigneten Kontext raushauen kann, eine Weile trägt - und dann die Zeit fehlt, um diesen Vorrat wieder aufzuladen. Dann werden die Romane immer generischer.

Natürlich nicht bei allen! Es gibt auch viele Autoren, die mit den Jahren immer besser werden oder gleichbleibend gut. Oder die sich Zeit zwischen den Romanen nehmen (Da sehe ich auch einen Eschbach).

 

Generisch bedeutet auch nicht zwangsläufig, dass ein Roman nur schlecht oder langweilig ist. Wie bei den Heftromanen auch, freuen sich Millionen Menschen, abends auf die Couch zu fallen und in ihren Lieblings-Lesewelten zu versinken, die nicht so anstrengend unvorhersehbar sind, wie die Wirklichkeit.


Europa ist nicht nur ein Kontinent.

 


#20 T. Lagemann

T. Lagemann

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Geschrieben 28 Februar 2021 - 14:51

Hallo,

Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen - das gibt es ja immer noch, sogar oft genug, ist aber im deutschsprachigen Raum vor allem Bereich der Klein(st)verlage und jener Selfpublisher zu finden, die nicht "to market" schreiben. Die Vögte haben bei Ace in Space (Ach Je Verlag) so manche Konvention gebogen, wenn schon nicht gebrochen. Ertlov schmeißt in der Avatar Reihe jegliche Erfolgsformel und Erzählkonvention über den Haufen - und verkauft sich trotzdem (oder deswegen?) wie geschnitten Brot. Gabriele Nolte hat quasi das Subgenre des dysfunktionalen Familienausflugs ins All wenn schon nicht erfunden, so doch in neue, innovative Bahnen gelenkt. All diese Beispiele sind jetzt vielleicht nicht am Wühltisch bei Thalia zu finden, aber wir haben 2021 und die Welt dreht sich ohnehin zu 90% online weiter.

 

da wird mir dann klar, wie sehr ich auf Abstand zur Selfpublisher- und Kleinverlag-Szene gegangen bin. Ich schaue zwar immer wieder mal in Leseproben hinein, aber wenn es da nicht funkt, dann kaufe ich nicht. Bei "Wasteland" z.B. war das so. Der Ton klingt schnoddrig, an und für sich gefällt mir derlei. Aber ich habe auch Jörg Juretzkas Ton aus z.B. "Rotzig & Rotzig" im Ohr und den von Sara Gran (bzw. ihrer Heldin Claire deWitt), dann gibt es ja auch noch Elmore Leonhard, der auf subtile Weise cool und schnoddrig ist. Und damit klingt der Ton in "Wasteland" für mich nicht neu, vor allem aber - Obacht, das ist nur meine persönliche Sicht - bemüht. Nun ja, und die Story - so aus der Inhaltsangabe ersichtlich - war dann auch nichts für mich.

 

Gestern war in einer SF-Gruppe auf fb mal wieder Werbetag: Und ein recht erfolgreicher Selfpublisher warb für einen seiner Romane. Ich war nach dem zweiten Absatz raus, denn da hatten mich bereits drei Stolpersteine aus dem Lesefluss gerissen. Und wenn das Lesen nicht fließt ... :-(

 

Bevor ich mich um Kopf und Kragen schreibe, schließe ich meine Antwort mit der Vermutung, dass die SF möglicherweise zur Zeit nichts für mich ist. Ich habe schon mal eine lange SF-Lesepause eingelegt, vielleicht beginnt gerade die nächste ...

 

Viele Grüße

Tobias


"Wir sind jetzt alle Verräter."
"Ha!", machte die alte Dame. "Nur wenn wir verlieren."

(James Corey, Calibans Krieg)

"Sentences are stumbling blocks to language."

(Jack Kerouac in einem Interview mit der New York Post, 1959)

"Na gut, dann nicht, dann bin ich eben raus
Ich unterschreib' hier nichts, was ich nicht glaub'
Na gut, dann nicht, nicht um jeden Preis
Ich gehöre nicht dazu, das ist alles was ich weiß"

(Madsen, Strophe 1 des Songs "Na gut dann nicht")
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#21 Dadaistin

Dadaistin

    Cybernaut

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Geschrieben 28 Februar 2021 - 21:19

Warum um Kopf und Kragen reden? Das sind ja alles durchaus valide Punkte. Wobei ich in meinen Gruppen nur selten wirklich "erfolgreiche" SPs eigenwerben sehe. Es ist meist die AutorInnen der zweiten und dritten Reihe, die sich am Massenspammen beteiligen. Bei Wasteland stimme ich zu, und die Bemühtheit der "abgefahrenen Space-Web-3.0-Sprache" war auch in Ace in Space eine der Sachen, die mir zumindest an manchen Stellen nicht 100% behagten. Aber es ist letztendlich nur ein einziges Beispiel. Lesen im SP Bereich, der Kleinverlagszene und dem Kindlekosmos ist immer eine Art von Schatzsuche. Man wühlt sich durch -zig mittelmäßige Bücher und so manchen Schrott, bis man auf Gold oder zumindest Silber stößt. Aber das ist dann umso befriedigender. Ich hole einmal per zufälligem Copy + Paste etwas aus meinem aktuellen Lesestoff:  

Hier ließen sich gelangweilte Creesh von heruntergekommenen Menschenjungen diskret ihre Sahvorahchten massieren, wurden garantiert echte Artefakte für einen Bruchteil ihres eigentlichen Wertes gehandelt - und potenzielle Kunden abgestochen, wenn sie den Betrug witterten. Diebe stahlen, Huren hurten, Hehler verkauften unverhohlen ihre heiße Ware an alle, die zahlen konnten. Gier und Geld, Claims und Mineraleinheiten bewirkten hier, was die offizielle Politik des Rates verzweifelt wie vergeblich anstrebte - Egalität. Sexismus, Speziesismus und alle Vorurteile in Bezug auf Äußerlichkeiten und Herkunftsplanet wurden ausgelöscht, hinweggefegt von der Strahlkraft des Kontostands.

 

Wieder ein paar Sprungpunkte weiter, wieder Zufallsübertrag:  

†¦ verschmilzt Franks Bewusstsein mit dem von Dilara. Ohne Vorwarnung teilt er plötzlich ihre Gedanken, ihre Gefühle, ihre Erinnerungen. Er hört die Schmähungen, die ihr als Flugunfähige zu Hause nachgerufen wurden, sieht Fäuste, die auf sie einprügeln, die hämischen Gesichter ihrer reinrassigen oder zumindest halbblütigen Artgenossen, wenn sie über sie hinwegschweben. Er spürt den Zorn über die Jahre wachsen, sich in Grubenkämpfen und Raufereien entladen, ihre anschwellende Wut, Aggression und den Hass in ihren Adern. Er wird Zeuge, wie ihre Hände Genicke brechen, Zähne ausschlagen, ihre rituellen Klingen Kehlen aufschlitzen und Feinde ausweiden. Er sieht Tausende Flaschen, die geleert werden, Hunderte Liebhaber und Dutzende Liebhaberinnen mit orgasmenverzerrten Fratzen, fühlt ihre Ekstase als Flucht vor der Dunkelheit in sich selbst, als Bestätigung von †¦
 
†¦ und er sieht sich selbst durch ihre Augen.

 

 

Inhaltlich sicher Geschmacksfrage, der zweite Absatz kommt auch irgendwo zwischen brutal und halb esoterisch angerollt, aber der Lesefluss ist irre gut. Ich glaube, letztendlich läuft es darauf hinaus, wie man seine Bücher und sein Kindlefutter wählt. Niemand von uns würde blind der Verlagswerbung oder einem Klappentext vertrauen - hoffe ich zumindest. Wir alle haben aber Lieblingsautoren oder Verlage, von denen wir noch nicht enttäuscht wurden, auf die wir setzen können. Damit reduzieren wir die Gefahr von Enttäuschungen, schränken aber auch unseren Horizont ein. Als Fischer Tor mit dem Pickup der Selfpublisher begann, war ich anfangs sehr gespannt und optimistisch. Aber letztendlich haben sie auch nur auf sichere Pferde gesetzt und handwerklich sehr gute, aber inhaltlich konservative und innovationsarme Bücher von Top-Sellern gebracht. Aus wirtschaftlicher Sicht verständlich, aber damit blockt man den großen (und vielleicht) einzigen Vorteil der SP-Szene aus - Nonkonformität. Wenn du eine SF-Pause einlegen willst, kann ich das natürlich nachvollziehen. Aber es ist das Wesen jeder Auszeit, dass man mitunter Interessantes versäumt.  



#22 Peter-in-Space

Peter-in-Space

    Kenonaut

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Geschrieben 07 März 2021 - 13:57

Das Gros der von Wörtche gemeinten "Dystopien" - sie verdienen oft genug diese Bezeichnung nicht; es sind eher "Schlechte Laune"-Bücher (*) - nervt in der Tat. Es werden immer wieder die gleichen Themen mit den gleichen Konsequenzen in den gleichen Szenarien durchgekauft und am Ende wiegen diese "Stücke" so viel wie die alten DDR-Pfennig (< 1 g), die wogen gefühlt nichts.

Natürlich gibt es auch heute Ausnahmen; die gibt es immer. Das Gros jedoch ist nicht mal mehr Klein-, sondern allenfalls Inflationsgeld.

 

My.

 

 

(*) "Alles ist Scheiße,

alles ist Müll,

es gibt wirklich gar nichts,

was ich von euch will."

[Systemfehler: ]

 

 

Das bestreite ich. Pessimismus ist rechtens, in extremen Ausprägungen jedoch ganz sicher ein Fall für Psychologen und Psychotherapeuten. Ich denke, der Versuch, unsere Realität als Dystopie zu argumentieren, führt zu einer ganzen Reihe von Symptomen, die den F-Diagnosen zuzurechnen wären.

 

My.

Warum komme ich nicht umhin, jedes Deiner Worte gerade extremst abzufeiern?


Wenn es eine Krisensituation gibt, sucht der intelligente Mensch nach einer Lösung,

der dumme Mensch nach Schuldigen.

(Verfasser unbekannt)

  • • (Film) gerade gesehen: NN
  • • (Film) als nächstes geplant: NN
  • • (Film) Neuerwerbung: NN

#23 quanat

quanat

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Geschrieben 08 März 2021 - 15:35

[ .... ] Bevor ich mich um Kopf und Kragen schreibe, schließe ich meine Antwort mit der Vermutung, dass die SF möglicherweise zur Zeit nichts für mich ist. Ich habe schon mal eine lange SF-Lesepause eingelegt, vielleicht beginnt gerade die nächste ...

 

Viele Grüße

Tobias

 

 

[ .... ] Wenn du eine SF-Pause einlegen willst, kann ich das natürlich nachvollziehen. Aber es ist das Wesen jeder Auszeit, dass man mitunter Interessantes versäumt.  

 

Das steht bei zu einseitigem Literaturkonsum oder Bevorzugung einer "Kategorie" stets zu befürchten. Es gibt alleine schon von der Zahl der Veröffentlichungen her betrachtet mehr Lesenswertes für jedes Bedürfnis außerhalb der Science Fiction (zumal die Konkurrenz vor Shelley´s Frankenstein gar nicht bestand), so daß sorgfältige Auswahl kostbare Zeit spart.

 

Ich lese die Empfehlungen von Tobias (Lagemann) mit aufmerksamem Vergnügen, genrebefreit.  


Bearbeitet von quanat, 08 März 2021 - 15:50.


#24 Dadaistin

Dadaistin

    Cybernaut

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Geschrieben 09 März 2021 - 21:49

Das steht bei zu einseitigem Literaturkonsum oder Bevorzugung einer "Kategorie" stets zu befürchten. 

Das ist natürlich vollkommen richtig. Und trifft genauso auf Serien- und Filmkonsum zu. Bei der Rückkehr hat man dann oft dieses diffuse "too late to the party" Gefühl.  Hello, fellow kids...



#25 Naut

Naut

    Semantomorph

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Geschrieben 10 März 2021 - 08:23

Das ist natürlich vollkommen richtig. Und trifft genauso auf Serien- und Filmkonsum zu. Bei der Rückkehr hat man dann oft dieses diffuse "too late to the party" Gefühl.  Hello, fellow kids...

Ein Gefühl, das mit dem Alter (bei mir) glücklicherweise stark abgenommen hat. :)


Liest gerade: Atwood - Die Zeuginnen

#26 quanat

quanat

    Giganaut

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Geschrieben 10 März 2021 - 09:16

[ .... ] Und trifft genauso auf Serien- und Filmkonsum zu. Bei der Rückkehr hat man dann oft dieses diffuse "too late to the party" Gefühl. [ .... ]

 

Das Medium Film (in welchem Format auch immer) nehme ich davon aus, da es zu den Grundnahrungsmitteln zählt. Tatsächlich besuche ich täglich kulturelle - in Deinem Sinne - Partys, von denen ich hoffe, sie geben mir das Gefühl ganz lebendig zu sein. Daher habe ich eher selten das Gefühl, den Vibe zu verpassen, denn auf jeder guten Party erhält man in der Regel (von den richtigen Leuten) schon den Tip für die nächste ...

 

Cheers


Bearbeitet von quanat, 10 März 2021 - 09:16.


#27 Dadaistin

Dadaistin

    Cybernaut

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Geschrieben 16 März 2021 - 20:44

(...)  denn auf jeder guten Party erhält man in der Regel (von den richtigen Leuten) schon den Tip für die nächste ...

Was auf jeden Fall besser ist als sich auf einen Algorithmus zu verlassen.



#28 quanat

quanat

    Giganaut

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Geschrieben 17 März 2021 - 11:10


[ .... ] das Dilemma aktueller dystopischer Romane [ .... ] Ist Wörtches Blick auf Dystopien à la mode zu pessimistisch?

 

In diesem Zusammenhang ein lesenswerte Betrachtung der Wochenzeitung "Die Zeit" vom 4.12.2020 anlässlich des Climate Fiction Festivals letzten Dezembers in Berlin:

 

"Das ist eine Gefahr für die Climate Fiction, wie auch für das Nature Writing: dass sie mithilfe von vererbten Methoden, durch die die Erfahrung von Natur und Angstlust ästhetisiert und damit schöngeredet wurde, darauf hinweisen, wie gefährlich real und akut eben diese Erfahrungen geworden sind und sie genau dadurch irrealisieren. Anja Kampmanns Roman Wie hoch die Wasser steigen wurde von der Kritik genau das attestiert: Er sei zu schwärmerisch, zu schwebend in seinen Bildern, eine "literarische Fototapete" ohne analytische Tiefe."

 

https://www.zeit.de/...www.google.com/




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