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c't-Stories 2009


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11 Antworten in diesem Thema

#1 ShockWaveRider

ShockWaveRider

    verwarnter Querulant

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Geschrieben 15 Juli 2009 - 15:49

So, gerade die Stories der Ausgaben 2/2009 - 14/2009 inkorporiert.
Die Storysparte der c't hat mittlerweile ein durchgehend gutes Niveau erreicht, zumindest auf der sprachlichen Ebene. Die Lektüre macht Spaß.
Natürlich gibt es Unterschiede hinsichtlich Originalität, Tiefe der Idee, Charakterisierung der Personen, Ausgestaltung des Plots etc.

Meine Highlights bislang sind:

Gero Reimann: Kalchas wie Kotzende Hunde
Desirée und Frank Hoese: Load
Frank Hebben: Krematorium

Hier die Notizen zu den Einzelstories:

Arno Endler: African Dream
(c't 02/2009 S. 196-200)
Die EU verweigert Afrikanern die Einreise. Als die Grenzkontrollen auf automatisches Auslesen von zwangsimplantierten Chips umgestellt werden, wittern Atembé und Rundé ihre Chance.
Brauchbarer Ansatz, auch ganz nett beschrieben, liest sich aber unabgeschlossen, wie das erste Kapitel eines Romans

Gero Reimann: Kalchas wie Kotzende Hunde oder Warum Iphigenie in Aulis nicht geopfert werden konnte
(c't 03/2009 S. 200-203)
Gerion schreibt einige griechische Sagen neu, insbesondere die Ilias und das, was sich auf Aulis zutrug. Dabei verwendet er auch politisch unkorrekte Ausdrücke, die einige Feministinnen, aber vor allem das Kontrollprogramm des Aulis-Servers auf den Plan rufen.
Knackig, sprachgewaltig, hemmungslos und böse. Klasse!

Guido Seifert: Gangster sind die Besten
(c't 04/2009 S. 206-210)
Der übergewichtige Angestellte Finn Timmler wird nach seinem Tod upgeloadet. Aber nicht in Manets Seerosengarten, wie von ihm gewünscht. Sondern als Gladiator in einer römischen Arena.
Nette Upload-Variante, knackig geschrieben, TV-Interview mit Staatssekretär geschickt eingebaut. Dennoch zu viel Erklärungen, zu wenig Handlung. Aber sonst würde man wohl nichts kapieren.

Dr. Kurt Braatz: Selling Bill
(c't 05/2009 S. 212-214)
Der damalige Pressechef von Microsoft Deutschland erinnert sich an den Auftritt von Bill Gates bei "Wetten dass..." und wie er damit das seinerzeit darniederliegende Image von Microsoft gehörig aufpolieren konnte - obwohl er nicht über einen Stuhl sprang.
Keine Story, sondern eine nette Anekdote mit interessanten Hintergrundinfos.

Desirée und Frank Hoese: Load
(c't 06/2009 S. 228-233 + c't 07/2009 S. 200-206)
Silver, einizige Überlebende eines Polizei-Terrorangriffs in der Area, wird ein Chip gestohlen. Snipes, Betreiber eines illegalen Casinos, erkennt ihn wieder. Da kommt ihm Jingles gerade recht, ein Cyberboxer mit erstklassigen Reflexen.
Erneut eine hervorragende Cyber-noir-Story von den Hoeses. Knallhart, stilistisch brillant bis in die letzte Metapher, und gnadenlos durchdachter Plot bis zur finalen Katastophe.

Jan Gardemann: Fremd
(c't 08/2009 S. 196-200 + c't 09/2009 S. 194-196)
Jaro Kerper verliert während einer Autofahrt mit seiner Familie sein Gedächtnis. Eine Nebenwirkung seiner Probandentätigkeit für eine Firma, die eine Technologie zum Gedankenlesen weiter entwickelt? Oder weiß Liwanu, ein Freund der Familie, mehr darüber?
Nette Idee über Gedankenlesen und Bewusstseinsüberschreibung. Aber zu viele Erklärungen, zu wenig Handlung.

Peter Triesberger: Die Roboterfreundin
(c't 10/2009 S. 196-198)
Eine Gruppe von Programmieren will Naoko verbessern, eine japanische Androidin, die für die Bedürfnisse einsamer Japaner entwickelt wurde. Aber in einigen Männern erwachen zutiefst menschliche Gefühle.
Bekannte Idee, ordentlich geschrieben, aber wenig stringente Handlungsführung, Ende lahm.

Arno Endler: Überraschung
(c't 11/2009 S. 202-205)
Mittels der Einstein-Hawking-Kerne haben die Menschen die Invasion der martialischen Tellanier 400 Jahre zuvor gesehen. Die gesamte Menschheit wurde in der Zwischenzeit mit Generationenschiffen ins All evakuiert. Nur Adam bleibt als Empfangskomitee zurück. Mit besonderer Mission.
Bekannte Versatzstücke, aber interessant variiert. Insgesamt gut geschrieben, nur das Ende enttäuscht ein wenig.

Christian Weis: Rattenkommando
(c't 12/2009 S. 194-198 + c't 13/2009 S. 206-209)
Nach einem verheerenden Krieg schirmt der Computer ARGOS eine kleine Gemeinschaft Überlebender gegenüber der Verelendung und dem Sterben außerhalb ab. Trotz ausgeklügelter Sicherheitsmaßnahmen versuchen immer wieder Menschen von außen, in die Enklave einzudringen. Lena gelingt dies schwerverletzt. Und was sie von draußen erzählt, rührt Mirko und lässt in ihm und anderen Zweifel aufkommen, ob ARGOS' Haltung wirklich menschlich ist.
Starkes Setting, atmosphärisch dicht beschrieben, vor allem am Anfang. Im weiteren Verlauf gleitet es zunehmend in moralische Betrachtungen ab, das Ende erscheint zu abrupt und zu glatt.

Frank Hebben: Krematorium
(c't 14/2009 S. 200-203)
In einer zukünftigen Welt sind die Menschen auch von ihrer körperlichen Ausstattung her nur auf ihre Arbeit hin optimiert. Der Protagonist ist nur noch ein mit Nylonstoff überzogener Torso ohne Augen und Mund, der Baumaschinen bedient. Nach einem Unfall greift er sich illegalerweise ein medizinisches OP-Gerät, mit dessen Hilfe er sich selbst sehen kann - und begreift das wahre Ausmaß seiner "Transformation".
Kleines melancholisches Kabinettstückchen, sehr eindringlich und pessimistisch beschrieben. Wahnsinn!

Gruß
Ralf

Bearbeitet von ShockWaveRider, 26 Januar 2010 - 09:28.

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#2 ShockWaveRider

ShockWaveRider

    verwarnter Querulant

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Geschrieben 28 September 2009 - 04:26

Und weiter geht es mit den fünf Stories in den sechs Ausgaben 15-20/2009.

Da scheint wieder ein herausragender c't-Story-Jahrgang heranzureifen. Auch in diesem Quintett gab es keinen echten Aussetzer. Lediglich Edgar Philips' Story zeigte leichte Schwächen. Die Beiträge von phlox und Gerigk sind sehr gut, die von Salamée und Horwatitsch herausragend.
Im einzelnen:

Sami Salamée: Snuff†™n†™Play
(c†™t 15/2009 S. 198-202)
Sim und Isabelle schnupfen ein Implantat, mit dessen Hilfe man Szenen aus der Zukunft sehen kann. Aber die Software scheint gehackt. Steckt Nachbarin Melanie dahinter, deren sexuelle Avancen einst von Isabelle abgelehnt wurden?
Nette Variante bekannter Idee, tolle Details und eine wahnsinnig intensive Sprache. Endlich schreibt Salamée eine klassisch gebaute, verständliche Story, ohne an Sprachqualität einzubüßen.

bruna phlox: Phantom
(c†™t 16/2009 S. 182-184)
Jeff Eliotts Psychotherapiepraxis läuft schlecht. Bis Bob anklopft, ein Roboter mit Phantomschmerzen.
Bekannte Idee, niedlich variiert und rundum gut geschrieben. Total süße Glosse!

Edgar Philips: dumb dust
(c†™t 17/2009 S. 184-188 + 18/2009 S. 186-188)
Architekt Forest besichtigt am Vorabend der Eröffnung die von ihm erbaute NanoMed-Fabrik noch einmal. Da setzt ein Blitzschlag eine ausrangierte Nanobots frei, die eigentlich in einer Kunststoffsäule als Dekoration dienen sollen. Bekommt er im Alleingang die wildgewordene Nanohorde wieder in den Griff?
Irre Idee, anfangs starke Beschreibungen. Leider ist der Plot arg vorhersehbar und vermag daher immer weniger zu fesseln. Vielleicht hätte man eine zweite Person in der Fabrik auftreten lassen sollen?

Frank G. Gerigk: Nan-King Park
(c†™t 19/2009 S. 196-199)
Ein Kleinkrimineller gelangt nach einer Prügelei ungeplant in den Besitz eines Hypnotisierstifts. Damit versucht er, endlich die Gunst der schönen Lynn zu erringen. Doch Lynn hat ihre eigenen Pläne.
Schöne Variation bekannter Idee, Slang gut getroffen, rasant erzählt. Mir fehlt ein wenig Originalität, sonst hervorragend!

Bernhard Horwatitsch: Memmie
(c†™t 20/2009 S. 204-207)
Memmie ist Harps Meisterwerk: eine fühlende Roboterfrau. Aber Harp ist tot. Hat Memmie etwas mit der Tat zu tun? Und warum erinnert sie sich nicht?
Deutlich verbesserte Version der ursprünglich in der Anthologie "Projekt Mensch" erschienenen Story. Genial die enzyklopädische Denkweise der maschinellen Protagonistin. Auch sonst hervorragend geschrieben, eindringlich, fesselnd bis zum offenen Ende. Super!

Jetzt freue ich mich auf die Ausgaben 21/2009 - 01/2010!

Gruß
Ralf

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#3 Helmuth W. Mommers

Helmuth W. Mommers

    Illuminaut

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Geschrieben 03 Oktober 2009 - 16:23

Ich habe gerade erst damit angefangen und sehe schon die ersten drei Storys etwas kritischer.

Arno Endler - African Dream - schwach, obwohl gut geschrieben. - Nicht sehr glaubwürdig: Mit dem Einschleusen zweier Afrikaner in die EU, die eine falsche, leicht aufzudeckende Identität annehmen, ist es nicht getan, wenn man eine halbe Milliarde Afrikaner ins Gelobte Land bringen will. Das geht nicht lange gut, dann fliegt das Ganze auf.

Gero Reimann - Kalchas wie kotzende Hunde oder Warum Iphigenie in Aulis nicht geopfert werden konnte - Obwohl stilistisch überragend, wenn auch, passend zur Historie, gedrechselt wie von einem Geschichtsschreiber des Altertums (darin liegt wahrscheinlich die wahre Schönheit der Geschichte), kann mich diese nicht befriedigen (was mir bei diesem Autor ohnehin schwer fällt). - User können interaktiv eine Rolle in virtuellem historischem Geschehen einnehmen. Filter verhindern Fortsetzung wegen Ingredienzien von Sex, Gewalt, Drogen, etc. Was wollte uns der Autor damit sagen? Er zeichnet ein Bild der Antike, das wir aus den Überlieferungen kennen, voller Gewalt, Sex und Drogen, ohne Rock'n'roll, doch nichts Neues, was für unsere Gegenwart oder Zukunft relevant wäre, nur dass der Einfluss der User immer grösser wird. Dafür ist mir das überkopferte Beispiel nicht drastisch genug.

Guido Seifert - Gangster sind die Besten - Die Idee missbräuchlich verwendeter elektronischer Identitäten ist an sich immer eine Story wert. Leider ist der Schluss für mich unverständlich und unbefriedigend. - Schwache Dialoge (z.T. unnatürlich, so redet niemand: „Dein Furor“ im Sinne von Wut; „Ich sehe lediglich in das Antlitz eines Verbrechens“), mäßiger Stil („Finn riss sich herum“), zu viele Anglizismen, u.a. „Ein bisschen fun“ klein geschrieben, „eines Heros“ statt eines Heroen, „gefakte“, gemorpht“, „Producer“, „Identities“, etc. - No Sir! Dürftige Leistung!

Bearbeitet von Helmuth W. Mommers, 04 Oktober 2009 - 03:56.


#4 Helmuth W. Mommers

Helmuth W. Mommers

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Geschrieben 06 Oktober 2009 - 11:11

Desirée & Frank Hoese - Load
In gewohnt flotter Manier abgefasste Dark New World Action-Story, die allerdings erst in der zweiten Hälfte richtig auf Touren kommt - und offensichtlich nach weiteren Abenteuern von Silver, Jingles & Snipes ruft. Das Ambiente erinnert an die Erzählungen aus der „Zyanid Connection“, die Campden Town Area an die Outskirts, über allem geistern die Segnungen von Neurochips, Drogen und virtuellen Ausflügen. Ich schätze die Hoeses sehr, hoffe aber, dass sie neben solchen und ähnliche Beiträgen in der CT vermehrt auch (wieder) zu anderen Themen finden.

Jan Gardemann - Fremd
Was als Tour-de-force begann, wurde sogleich in langatmigen, mit Wissenschaft überfrachteten, uninteressanten Erklärungen erstickt - das erinnert mich fatal an die Frühzeit der Science Fiction, als der Autor noch glaubte, jede technische Entwicklung en detail erklären zu müssen. Wie schade! - hat Gardemann doch das Zeug, eine rasante Story hinzulegen. Chance verpasst.

#5 Guido Seifert

Guido Seifert

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Geschrieben 06 Oktober 2009 - 14:31

Guido Seifert - Gangster sind die Besten - Die Idee missbräuchlich verwendeter elektronischer Identitäten ist an sich immer eine Story wert. Leider ist der Schluss für mich unverständlich und unbefriedigend.

Wenn einem Leser ein Text unverständlich ist, mag das im Ergebnis unbefriedigend sein. Daran muss nun nicht der Autor schuld sein.

Schwache Dialoge (z.T. unnatürlich, so redet niemand: „Dein Furor“ im Sinne von Wut

Der Sprecher nennt sich Decimus und lässt Gladiatoren für sich "arbeiten". Damit liegt die Assoziation mit Decimus Iunius Brutus Scaeva, dem ersten Veranstalter von Gladiotorenkämpfen, auf der Hand. Offenbar hat sich meine Figur ein wenig mit der römischen Antike beschäftigt. Somit sollte Decimus´ Verwendung von lateinischen Fremdwörtern nicht verwundern. Betrachtet man seine sonst eher flapsige Art zu sprechen, wird zudem wahrscheinlich, dass er ein Wort wie Furor im Hinblick auf sein Opfer mit einem spöttischen Unterton aussprechen dürfte.

zu viele Anglizismen, u.a. [...] „eines Heros“ statt eines Heroen

Es handelt sich hier um einen Gräzismus, der aber durch einen Flüchtigkeitsfehler meinerseits nicht eindeutig als solcher erkennbar ist: Ich habe schlicht vergessen, das Genitiv-Apostroph zu setzen.

„gefakte“, gemorpht“, „Producer“, „Identities“, etc.

Diese Wörter werden im Zusammenhang einer Medien-Parodie gebraucht. Die besagte TV-Show "spielt" offenbar im deutschsprachigen Raum (Moderator Jonas Jaschke, Staatssekretär Max Gaubisch). Der agile Moderator scheint nun ein besonders "hipper" Zeitgenosse zu sein, der sich mit solcherart ausländischem Wortgeklingel als würdiger Vertreter eines tradionsvergessenen und rückgratlosen Volkes zeigt, dessen Identitätsdefizit sich eben auch am mangelnden Sprachbewusstsein festmachen lässt.

Das auch von amtlicher Seite gebrauchte Wort "Identities" ist in dieser Hinsicht nichts anderes als "JobCenter" - ein Ding, das früher mal "Arbeitsamt" hieß und auch mit neuem Namen nichts besser machen kann.

"Gemorpht" - ein Anglizismus? Man krame doch bitte die Reste seiner klassisch-humanistischen Bildung zusammen: hä morphä - griechisch: Gestalt, Leibesbildung.

No Sir! Dürftige Leistung eines Rezensenten!

#6 Helmuth W. Mommers

Helmuth W. Mommers

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Geschrieben 10 Oktober 2009 - 16:38

No Sir! Dürftige Leistung eines Rezensenten!

Schlechter Stil, lieber Guido!

#7 Helmuth W. Mommers

Helmuth W. Mommers

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Geschrieben 10 Oktober 2009 - 16:41

Hier die nächsten drei Storys:

Peter Triesberger - Roboterfreundin
Sprachwitz und Situationskomik und ein Stil, bei dem jedes Wort sitzt, nein flutscht, macht diese kleine Story mit altbackener Idee zu einem kurzweiligen Lesevergnügen. Der Schlusssatz ist der i-Punkt drauf. Sehr nett.

Arno Endler - Überraschung
Der Autor überrascht mit schwachem Stil und noch schwächerem Plot. Das ist wie eine Fanstory aus den Anfängen der deutschen SF.

Christian Weis - Rattenkommando
Routiniert heruntergespulte Nach-der-großen-Verwüstung-Story, bietet sie keine neuen Ideen, dafür ein etwas kitschig anmutendes Happy-End, das nicht wirklich happy für die Beteiligten ist, denn verdammt sind sie alle.

#8 Guido Seifert

Guido Seifert

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Geschrieben 12 Oktober 2009 - 14:22

Schlechter Stil, lieber Guido!

Lieber Helmuth, wenn wir über Stilfragen sprechen möchten, bitte ich, einmal darüber nachzudenken, was es heißt zu bekennen, eine Story nicht verstanden zu haben und sich dennoch bemüßigt zu fühlen, sie zu verreißen. Nichts für ungut Guido

#9 Jan Gardemann

Jan Gardemann

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Geschrieben 13 Oktober 2009 - 08:44

Jan Gardemann - Fremd
Was als Tour-de-force begann, wurde sogleich in langatmigen, mit Wissenschaft überfrachteten, uninteressanten Erklärungen erstickt -

Das Schöne an den c†™t Stories ist ja gerade, dass man sich als Autor auf technischem Gebiet so richtig austoben kann und auch soll. Ich finde es z.B. total faszinierend, wie die Gedankenlesemaschinen in der Realität tatsächlich arbeiten und wollte das in der Geschichte auch unbedingt unterbringen.
Zu wissen, wie die Computertechnik funktioniert, ist in der heutigen Zeit genau so wichtig, wie das Verstehen von gesellschaftlichen Prozessen. Die c†™t leistet da echte Pionierarbeit. Die c†™t Storyrubrik bildet mit ihrem Anspruch auf authentische Technik daher auch fast schon ein eigenes Sub-Genre innerhalb der deutschsprachigen SF. Nach dem Wegfall der „Visionen“ stellt diese Rubrik für mich die letzte interessante Herausforderung dar, eine moderne, zeitgemäße Zukunftskurzgeschichte zu erzählen. Zu dieser Art von Geschichten gehört unbedingt der genaue Blick auf die Funktionsweise der Technik (das war bei meiner Visionen-Story „Geschichtsstunde für Marsianer“ auch extrem der Fall); dieser Blick war und ist ein besonderes, stilbildendes Mittel für diese Stories. Die Frage, wie man die Schilderung der Technik interessant in eine Geschichte einbettet, muss sich der c†™t Storyautor jedes mal neu stellen - mit den unterschiedlichsten Resultaten. In meinen c†™t Stories wirst du also immer wieder technische Schilderungen finden, denn ohne die wäre es keine c†™t Story.

#10 Helmuth W. Mommers

Helmuth W. Mommers

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Geschrieben 03 November 2009 - 11:35

Frank Hebben - Krematorium
In für Hebben typischen düsterem, postapokalyptischem Szenario, einer technisch-maschinellen Zukunft, ist die Loslösung vom Fleische Programm. Der Mensch wird zum Werkzeug degradiert. Doch warum? Wer hat was davon? Darauf gibt der Autor keine Antwort. Die Story lebt von starken Bildern und kühner Sprache, hinterlässt aber ein zwiespältiges Gefühl bei mir. Wieder beweist Hebben sich als begnadeter Schaumschläger, der Impressionen liefert, aber bei der Substanz geizt.

Sami Salamé - Snuff & Play
Völlig überdreht und surreal, als ob der Autor auf Speed wäre. Um die Story zu goutieren, muss man wohl selbst high sein. - Der Autor spielt virtuos auf der Klaviatur der Sprache, erzeugt aber immer wieder Missklänge. Weniger wäre mehr.

Bruna Phlox - Phantom
Netter Auftakt, schwacher Schluss.

Edgar Philips - Dumb Dust
Was spröde begann, entwickelte sich bereits ab dem ersten Viertel zu einem rasanten, gespenstischen Alptraumszenario. Sehr gute Unterhaltung, unterstützt von Hintergrundwissen, das die Story weitgehend glaubhaft machte.

Frank G. Gerigk - Nan-King Park
SF-Gehalt dürftig, hat noch nicht mal mit IT zu tun. Weder originell, noch geistreich oder witzig, ist es dennoch eine nette Story, mit einer schönen kleinen Schlussnote.

Bernhard Horwatitsch - Memmie
Variation eines alten Themas, interessant aufbreitet. - Todeszeitpunkt irritierend, einmal 2-3 Stunden, einmal 20 Std.?

Olaf Kemmler - Die Weisheit der Hydra
Stilistisch und erzählerisch sehr gut, ich bin versucht „hervorragend“ zu sagen, mit starken Charakteren, bietet die Erzählung vom Standpunkt der SF zwar wenig Neues, wenig Aufregendes, wirkt aber sehr authentisch, was den Hintergrund, die Seefahrt und den Fischfang, den Hunger in der Welt, betrifft. Etwas störend und nur auf das Verständnis des Lesers gemünzt sind die Erklärungen über das Wesen der neuen künstlichen Intelligenz; ich finde es immer unglaubwürdig, wenn Informationen freiwillig preisgegeben werden, sei es vom Täter in einem Krimi, vom Bösewicht in 007, sei es von Kapitän und erster Offizierin, die sogar das „Herz der Hydra“ offen legt. Mit der Story von Edgar Philips das Highlight dieses Jahrgangs.

#11 ShockWaveRider

ShockWaveRider

    verwarnter Querulant

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Geschrieben 05 Januar 2010 - 11:20

Meine Notizen zu den Stories der Ausgaben 21/2009 - 26/2009:

Olaf Kemmler: Die Weisheit der Hydra
(c't 21/2009 S. 200-203 + 22/2009 S. 210-213)

Die Kapitäne Petersen und Nweke machen Jagd auf einen der letzten Kabeljauschwärme in einer vom Hunger gezeichneten Welt. Nweke hat den besten Computer der Welt an Bord, aber Petersen hat mit Frau Nordecks Entwicklung "Hydra" eine neuartige Technik dabei, die sich als überlegen erweist - aber ein überrashendes Eigenleben an den Tag legt.
Dichte Atmosphäre, stilistisch hervorragend, Charaktere, Ideen, Weltentwürfe - alles stimmig und detailliert ausgearbeitet - bis hin zur "Hydra"! Olafs Beste bislang. Und ein Highlight des Story-Jahrs 2009!

Raphael Grascher: Mein bester Freund
(c't 23/2009 S. 208-212)

Tarker strandet mit einem Prototyp-Raumer auf einer Planeten. Kein Wasser, keine Nahrung - aber die KI könnte ein Notsignal senden, wenn sie sich selbst dabei zerstören würde. Aber sie hat Angst vor dem Tod.
Super Idee, interessante Dialoge, Atmosphäre und Sprache dicht. Nur das Ende erscheint aufgesetzt und leicht tränendrüsig.

Jan Gardemann: Techne
(c't 24/2009 S. 224-227 + 25/2009 S. 208-211)

In einem Hochgebirgskeller befindet sich ein Rechner, in dem der Wissensschatz der Menschheit abgespeicehrt ist. Wächterprogramme in virtuellen Räumen wehren Virenangriffe ab und bewachen die Daten seit 500 Jahren. Eines Tages tauchen Spuren auf, die in der Wissensdatenbank nicht verzeichnet sind.
Irre! Spannend, dichte Atmosphäre, stilistisch brillant, Hintergrund gut ausgearbeitet, Plot sauber komponiert. Jans Beste bislang, m.E. auch die beste Story aus dem c't-Fundus und ein weiteres Highlight des Story-Jahrgangs 2009!

Frank und Desirée Hoese: FSK Law
(c't 26/2009 S. 210-212)

In einer virtuellen Realität soll ein Spezialkommande Verbrecher jagen. Da die Medien nicht nur positiv berichten, werden im nächsten Level Kommando, Bösewichter und Settings schrittweise verweichlicht.
Köstlich! Rasante Satire auf Mediengläubigkeit und political correctness. Teilweise zum Schenkelklopfen!

Die Story-Sektion der c't läuft nach einem insgesamt guten Jahrgang noch zu einer echten Jahresendrallye auf. Die Stories von Kemmler und Gardemann setzen neue Marken in einem soliden Story-Jahr 2009, dem bis dato die ganz großen Würfe fehlten.

Gruß
Ralf

Bearbeitet von ShockWaveRider, 26 Januar 2010 - 09:26.

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#12 Helmuth W. Mommers

Helmuth W. Mommers

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Geschrieben 10 Januar 2010 - 11:33

Bin bis Ende Januar im Ausland und stelle fest, dass ich meine Kommentare zu den übrigen Storys nicht auf den Laptop übertragen habe. Wen's interessiert, sie sind auf der Website von sf-fan.de im Lesezirkel zu finden.

Aber obige Wertungen von ShockWaveRider kann ich unterschreiben. Und Techne ist ein weiterer Höhepunkt.


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