Hallo liebe SF-LiebhaberInnen, angeregt durch die Diskussionen im Schwesterthread SF-Romane mit Ich-Erzähler suche ich hier nach Romanen mit irgendwie ungewöhnlicher Struktur oder einem eigenwilligen Stil (z.B. Erzählperspektive, alles in Reimen geschrieben,...). Kurzgeschichten würde ich hier gerne ausklammern, da diese vermutlich öfter für Experimente gebraucht werden (Bei großen Protesten können wir diese Einschränkung aber auch gerne aufheben). Hier ein paar Beispiele (Die Liste wird ständig um neue Beiträge aus dem Thread ergänzt.):
J.J. Abrams und Doug Dorst - Das Schiff des Theseus - Enthält zusätzlichen externen Gimmicks (Postkarten und sonstiges) & Randnotizen Carl Amery - Der Untergang der Stadt Passau - Eine der drei Ebenen der Handlung ist ganz bewusst in Fraktur gesetzt (Chronik des Egid). Nicht als Gag, sondern diese Ebene hat eine bestimmte erzählerische Funktion, die damit betont wird. Carl Amerys - An den Feuern der Leyermark - Einzelne Passagen sind in Dialekt geschrieben. Iain Banks - Förchtbar Maschien - Große Teile des Texts sind in einer Art Lautschrift geschrieben, da der Ich-Erzähler an einer Lese-Rechtschreibschwäche leidet. Iain Banks - Der Einsatz der Waffen - Die zwei Hauptstränge der Handlung sind gegenläufig angeordnet. Nach einem Prolog beginnt Kapitel "One". Diesem folgt Kapitel (römisch ...) XIII, wobei diese römisch nummerierten dann gewissermaßen runtergezählt werden. Alfred Bester - Der brennende Mann - Wird am Ende typographisch sehr wild. John Brunner - Am falschen Ufer der Zeit, Schafe blicken auf, Morgenwelt, Der Schockwellenreiter - Collagenromane, d.h. "normale" Erzählung wechselt sich mit Ausschnitten aus Zeitungen, TV, Plakaten usw. ab, wodurch manche "Kapitel" nur aus einem oder zwei Sätzen bestehen. Anthony Burgess - A Clockwork Orange - Komplett in der Kunstsprache Nadsat verfasst. Frank Hebben - Der Algorithmus des Meeres - Verwendet keine Anführungszeichen um wörtliche Rede oder Gedanken zu trennen. Reinhard Jirgl - Nichts von euch auf Erden - Er spielt u.a., ähnlich wie China Miéville mit dem "&"-Zeichen im oben schon erwähnten "Gleismeer", mit Zeichen wie "=" und "?" herum. Amie Kaufman und Jay Kristoff - Illuminae - Ist von Aufbau her auch als eine Abfolge verschieden gestalteter Dokumente konzipiert, die jeweils spezielle Wirkungen vermitteln wollen. Das reicht von Seiten in fast schon Schreibmaschinen-Layout bis hin zu eingefügten Plänen. Daniel Keyes - Blumen für Algernon - Die Rechtschreibung des Ich-Erzählers verändert sich mit seiner Intelligenz. Dadurch trägt auch der Stil zur Dramarturgie und Tragik der Geschichte bei. Ann Leckie - Die Maschinen - Das ist strukturell insofern ungewöhnlich, weil es sprachlich durchgehend in der weiblichen Form gehalten ist. Dem im Roman eine wichtige Rolle spielenden Volk der Radch ist aus sprachlicher Sicht das Geschlecht völlig egal. Ursula LeGuins - Always Coming Home - Eigentlich gar kein Roman, sondern mehr eine Ansammlung von ethonologischem Material, also Berichten, "überlieferten Texten", Mythen, Kochrezepten etc. Manchen Ausgaben lag seinerzeit eine Audiokassette mit Gesängen der beschriebenen Kesh-Kultur bei. Thomas M. Disch - Camp Concentration - Wird sprachlicher und typographisch immer konfuser, bis manche Passagen schliesslich komplett unverständlich werden. Cormac McCarthy - Die Straße - Verwendet keine Anführungszeichen um wörtliche Rede oder Gedanken zu trennen. China Mieville - Das Gleismeer - Er verwendet immer "&" anstelle des "und". David Mitchell - Der Wolkenatlas - Jeder Erzählstrang ist in einem anderen Stil geschrieben, wobei der Strang in einer Zukunft eine Art primitiven Rudimentärsprache erzählt wird. William S. Burroughs - Nova Express - Inhalt - Sprache ist ein außerirdisches Virus, das den irdischen Affen befällt, und jetzt, nachdem die Erde ausgebeutet ist, weiterziehen will. Stil - Weiterentwicklung der cut-up-Technik. Arno Schmidt - Schwarze Spiegel - AS hat viel mit Interpunktion als Ausdrucksmittel gespielt Robert Shea und Robert Wilson - Illuminatus-Trilogie - U.a.: Ständiger Wechsel der Erzählperspektive und Zeit, teils mitten im Satz. Vladimir Sorokin - Telluria - Das Buch besteht aus 50 Kapiteln, die alle jeweils eine eigene Geschichte mit eigenen Figuren erzählen, und es gibt, was Figuren und Handlungsstränge angeht, nur wenige Überschneidungen zwischen den Kapiteln. Da aber alles in der gleichen zukünftigen Welt spielt und immer wieder das Land Telluria bzw. die von ihm hergestellten "Tellurnägel" eine zentrale Rolle einnehmen ist das Ganze als Roman zu verstehen und nicht als Sammlung von 50 Kurzgeschichten. Kim Stanley-Robinson - Aurora - Der Ich-Erzähler ist eine künstliche Intelligenz, die zuerst überhaupt mal lernen muss, wie man erzählt. Das Ergebnis ist zwar nicht so wild wie bei anderen Autoren, der Roman wechselt aber ganz bewusst mehrfach das stilistische Register. Walter-John Williams - Aristoi - Da die Hauptperson quasi multitasking-multipel ist, kommt der Roman zweispaltig gesetzt, wenn zwei Personalitäten gleichzeitig denken. Jack Womack - Zufällige Akte sinnloser Gewalt - Roman in Tagebuchform, die Sprache ändert sich mit Veränderungen der Ich-Erzählerin.
Wenn Euch ein Titel einfällt, beschreibt bitte auch kurz, worin die Besonderheit besteht. Vielen Dank an alle Mitwirkenden, Rene
Bearbeitet von Renew, 28 März 2016 - 19:18.